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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des A A in B, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Jänner 2018, Zl. W156 2167255- 1/12E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 3. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 27. Juli 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Jänner 2018 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 Der Revisionswerber erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluss vom 26. Juni 2018, E 818/2018-6, ablehnte und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 9.2.2018, Ra 2017/20/0344, mwN).
10 Zur Zulässigkeit der gegenständlichen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber zunächst vor, dass die Zulassungsvoraussetzungen einer Revision unionsrechtskonform interpretiert werden müssten. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Ablehnungsbeschluss ausgeführt, dass er die Güterabwägung nach Art. 8 EMRK nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür zu prüfen habe. Ausgehend davon sei der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltlichen Prüfung verpflichtet. Andernfalls entstünde eine für die Anwendung des Unionsrechts unerträgliche Lücke, indem der eine Gerichtshof nur einen Teilaspekt des Unionsrechts zu prüfen hätte, während für den Rest des Prüfungsauftrages keine verbindliche Prüfungszuständigkeit bestünde.
11 Soweit der Revisionswerber damit zum Ausdruck bringt, dass seiner Ansicht nach der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall nicht berechtigt sei, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, unterlässt er es darzulegen, aus welchen unionsrechtlichen Bestimmungen sich eine Nichtanwendbarkeit der Regelung des Art. 133 Abs. 4 B-VG ergäbe.
12 Weiters führt die Revision ein dringendes öffentliches Interesse der Republik Österreich an arbeitswilligen, jungen Menschen, die bereit seien, weniger reizvolle Tätigkeiten auszuüben, an. Der Revisionswerber sei in diese Kategorie "hungriger" arbeitswilliger Zuwanderer einzuordnen. Er verfüge zwar nur über eine bescheidene Schulbildung, habe aber seine Deutschkenntnisse erstaunlich verbessert und auf Gesprächsniveau gebracht. Er engagiere sich intensiv bei kommunalen und privaten Hilfsprojekten und verfüge über eine Arbeitszusage.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 26.6.2018, Ra 2018/20/0192, mwN).
14 Das BVwG hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine alle Umstände des Einzelfalles würdigende Gesamtbeurteilung der Interessenlage vorgenommen und es verabsäumt die Revision fallbezogen darzulegen, inwiefern die Entscheidung des BVwG von der angeführten Rechtsprechung abweicht. Soweit die Revision auf eine mittlerweile vorliegende Arbeitszusage und die verbesserten Deutschkenntnisse verweist, so ist zu entgegen, dass der Berücksichtigung der vorgebrachten Sachverhaltsänderungen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG zu beachtende Neuerungsverbot entgegensteht (vgl. VwGH 25.4.2017, Ra 2016/18/0201, mwN). Dies gilt auch für die erstmalig in der Revision beantragte Einholung eines "präsumptiven Geheimberichtes der deutschen Bundesregierung" zur Situation in Afghanistan.
15 Soweit der Revisionswerber den fehlerhaften Aufbau des Erkenntnisses des BVwG rügt und diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2016, Ra 2016/11/0081, verweist, ist auszuführen, dass die Revision nicht aufzeigt, in welchen Punkten das Erkenntnis von einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn der zitierten Rechtsprechung abweicht, sodass eine nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht mehr möglich wäre.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. September 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200430.L00Im RIS seit
17.10.2018Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018