Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der außerstreitigen Familienrechtssache der Antragsteller 1. F***** G*****, geboren am ***** 1996, 2. L***** G*****, geboren am ***** 1998, und 3. E***** G*****, geboren am ***** 2000, *****, gegen den Antragsgegner Ing. P***** G*****, vertreten durch Mag. Thomas Kaumberger, Rechtsanwalt in Pressbaum, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Mai 2018, GZ 45 R 586/17k-283, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 12. September 2017, GZ 1 Pu 60/10p-261, 1 Fam 9/15k-29, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht erhöhte den vom Vater für seinen Sohn monatlich zu zahlenden Unterhalt von bisher 350 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2010 bis 31. 3. 2010 um monatlich 315 EUR, vom 1. 4. 2010 bis 31. 3. 2011 um monatlich 275 EUR, vom 1. 4. 2011 bis 31. 8. 2014 um monatlich 350 EUR, vom 1. 9. 2014 bis 31. 5. 2015 um monatlich 210 EUR und vom 1. 6. 2015 bis 31. 12. 2015 um monatlich 265 EUR und wies den Antrag des Vaters auf Unterhaltsbefreiung für den Zeitraum 1. 9. 2014 bis 31. 5. 2015 ab.
Das Erstgericht setzte den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt für seine ältere Tochter von bisher 300 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2010 bis 31. 3. 2010 um monatlich 365 EUR, vom 1. 4. 2010 bis 31. 12. 2012 um monatlich 325 EUR, vom 1. 1. 2013 bis 31. 5. 2013 um monatlich 245 EUR und ab 1. 6. 2013 bis 31. 12. 2015 um monatlich 315 EUR hinauf.
Weiters erhöhte das Erstgericht den vom Vater für seine jüngere Tochter monatlich zu leistenden Unterhalt von bisher 300 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2010 bis 31. 3. 2010 um monatlich 250 EUR, vom 1. 4. 2010 bis 31. 12. 2012 um monatlich 325 EUR, vom 1. 1. 2013 bis 31. 3. 2015 um monatlich 245 EUR sowie vom 1. 4. 2015 bis 31. 12. 2015 um monatlich 315 EUR.
Das Rekursgericht bestätigte über den jegliche Erhöhung bekämpfenden und erkennbar weiterhin eine Befreiung für die Zeit des Zivildienstes (ab 1. 9. 2014 bis 31. 5. 2015) gegenüber dem Sohn anstrebenden Rekurs des Vaters diese Entscheidung hinsichtlich der Töchter, änderte sie aber hinsichtlich des Sohns teilweise ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Dagegen erhob der Vater einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorlage widerspricht dem Gesetz.
1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
2. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Unterhaltsanspruchs ist für jedes Kind einzeln zu berechnen; eine Zusammenrechnung der Begehren mehrerer Unterhaltsberechtigter hat nicht stattzufinden (RIS-Justiz RS0017257 [T3, T4]; RS0112656 [T1]). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet grundsätzlich nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert im Sinn des § 58 Abs 1 JN (RIS-Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist daher regelmäßig der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735 [T1]). Zusätzlich begehrte, bereits fällig gewordene Beträge sind dann nicht gesondert zu bewerten (RIS-Justiz RS0103147 [T1, T6]; RS0114353; RS0122735 [T5]). Sind jedoch, wie hier, nur Teilbeträge eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Gegenstand des Rekursverfahrens, bildet deren Summe den Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz (RIS-Justiz RS0046547 [T1]; RS0111964 [T3]).
3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich für den Sohn ein Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts von 25.490 EUR ([315 EUR x 3] + [275 EUR x 12] + [350 EUR x 41] + [210 EUR x 9] + [265 EUR x 7] + [350 EUR x 9]), für die ältere Tochter von 22.810 EUR ([365 EUR x 3] + [325 EUR x 33] + [245 EUR x 5] + [315 EUR x 31]) und für die jüngere Tochter von 20.925 EUR ([250 EUR x 3] + [325 EUR x 33] + [245 EUR x 27] + [315 EUR x 9]).
Da somit die nach § 62 Abs 3 AußStrG maßgebliche Wertgrenze von 30.000 EUR bei keinem Kind erreicht wird, kommt ein „außerordentlicher“ Revisionsrekurs nicht in Betracht. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe des Vaters als mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung an das Rekursgericht (§ 63 AußStrG) oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht (vgl RIS-Justiz RS0109505).
Textnummer
E122801European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00140.18X.0829.000Im RIS seit
18.10.2018Zuletzt aktualisiert am
04.09.2019