Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Karl F. Engelhart, Rechtsanwalt, Wien 3, Esteplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** GmbH (Handelsgericht Wien, AZ 38 S 74/13d), vertreten durch die Dr. Engelhart & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch die Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 68.000.000 EUR sA, hier wegen Ablehnung über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. April 2018, GZ 4 R 181/17t-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Beklagte lehnte im vor einem Gerichtshof anhängigen erstinstanzlichen Zivilprozess die Senatsvorsitzende wegen des Verdachts der Befangenheit ab. Der Ablehnungssenat des Erstgerichts wies den Ablehnungsantrag mit der Begründung zurück, dass er verspätet und auch inhaltlich unberechtigt sei (ON 6). Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten nicht Folge, weil das Erstgericht zutreffend von einer verspäteten Ablehnung ausgegangen sei, sodass eine Prüfung ihrer materiellen Berechtigung unterbleiben könne, und sprach aus, dass der Revisionsrekurs (nach § 24 Abs 2 JN) jedenfalls unzulässig sei (ON 10).
Den dennoch eingebrachten „(außerordentlichen) Revisionsrekurs“ der Beklagten (ON 11) wies das Erstgericht als nach der zitierten Bestimmung absolut unzulässig zurück (ON 12). Der Rekurs, den die Beklagte auch dagegen erhob, blieb erfolglos, weil ihm das Rekursgericht – ebenfalls unter Berufung auf § 24 Abs 2 JN – nicht Folge gab; es sprach aus, dass der Revisionsrekurs (nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO) jedenfalls unzulässig sei (ON 16).
Rechtliche Beurteilung
Auch der nunmehr gegen diese Entscheidung gerichtete (weitere) „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Beklagten (ON 17) ist absolut unzulässig.
I.1. Nach § 24 Abs 2 JN findet gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. Diese Bestimmung wird in ständiger Rechtsprechung, von der abzugehen die Argumente des Revisionsrekurses ON 17 keinen Anlass bieten, dahin ausgelegt, dass ein weiteres Rechtsmittel gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts (sei es aus meritorischen oder formellen Gründen) jedenfalls – also unabhängig vom Vorliegen einer Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSv § 528 Abs 1 ZPO – unzulässig ist (RIS-Justiz RS0098751, RS0122963, RS0046010). Liegen Entscheidungen des Erstgerichts und des Rekursgerichts vor, die sich mit derselben – wenn auch verfahrensrechtlichen – Frage befasst haben und zum selben Ergebnis, nämlich einer Zurückweisung des Ablehnungsantrags gelangt sind, ist die Rechtsmittelbeschränkung des § 24 Abs 2 JN anzuwenden (RIS-Justiz RS0044509 [T5]). Anderes gilt nur dann, wenn das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung gerichteten Rekurses ablehnt (Mayr in Rechberger, ZPO4 [2014] § 24 JN Rz 5 mwN; Ballon in Fasching/Konecny³ [2013] § 24 JN Rz 8; RIS-Justiz RS0044509, RS0045974 [T8], RS0122963 [T3]).
I.2. Ein solcher Fall liegt hier allerdings
– entgegen der aktenwidrigen Argumentation der Beklagten – nicht vor.
Das Erstgericht hat die Ablehnung als unberechtigt angesehen, weil sie verspätet erfolgt sei und zudem kein Ablehnungsgrund vorliege; die (allein ergebnisorientierte) Forderung der Beklagten, die vom Erstgericht angenommene Verspätung als denkunmöglich „wegzudenken“, also die Begründung des Erstgerichts unbeachtet zu lassen, weil sie angeblich unzutreffend sei, ist absurd und unerfüllbar:
Hat das Rekursgericht doch den dagegen erhobenen Rekurs keineswegs aus formellen Gründen zurückgewiesen, sondern vielmehr den (primär) mit verspäteter Geltendmachung begründeten erstinstanzlichen Beschluss aus demselben Grund inhaltlich bestätigt.
Auch die weiteren Rechtsmittelausführungen der Beklagten, mit der Rekursentscheidung ON 10 sei ihr Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen worden, eindeutiger könne man den Ausnahmetatbestand gar nicht erfüllen, und es liege „evidente Difformität“ dieser beiden Beschlüsse (ON 6 und 10) vor, die überdies auf die Beurteilung der nunmehr gegenständlichen Beschlüsse (ON 12 und 16) „nachwirkten“, grenzen an Mutwilligkeit und sind jedenfalls unvertretbar.
Der Revisionsrekurs der Beklagten (ON 11) gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Ablehnungsantrags (welche Entscheidungsform § 24 Abs 2 JN ausdrücklich vorsieht) ist aber jedenfalls unzulässig (4 Ob 44/16y mwN).
I.3. Die inhaltliche Richtigkeit der angesprochenen Rechtsansicht der Vorinstanzen ist daher einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof im Ablehnungsverfahren entzogen, weshalb die darauf abzielenden Ausführungen der Beklagten unbeachtlich sind.
II.1. Die vom Rekursgericht bestätigte Zurückweisung des Revisionsrekurses ON 11 hat den Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zur Folge, wofür, wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 1 Nc 28/03p (= RIS-Justiz RS0098751 [T7]) klarstellte, – anders als die Beklagte darzustellen versucht – keine speziellen Prämissen vorausgesetzt werden. Denn ein bestätigender Beschluss liegt immer dann vor, wenn in beiden Instanzen entweder meritorisch oder formal gleichlautend entschieden wurde (RIS-Justiz RS0044456); was die Beschlüsse ON 12 und 16 betrifft, ist dies zweifellos gegeben.
II.2. Da durch die Zurückweisung eines Ablehnungsantrags keine abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes nach einer Klage oder einem (sonstigen) Sachantrag oder überhaupt einem (materiellen) Rechtsschutzbegehren erfolgt, liegt auch kein der Klagezurückweisung (§ 528 Abs 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO) vergleichbarer Fall vor (4 Ob 44/16y; 3 Ob 70/10f mwN). Das gilt auch für die Zurückweisung des absolut unzulässigen Revisionsrekurses im Ablehnungsverfahren.
II.3. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs weder Art 92 Abs 1 B-VG noch Art 6 EMRK Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen bzw Rechtsmittelausschlüssen (RIS-Justiz RS0074833; RS0043962; RS0074613) und gewähren auch kein Recht auf einen Instanzenzug oder den Zugang zu einem Höchstgericht, somit auch nicht das Recht auf einen durchlaufenden Instanzenzug an den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0044092; 8 Ob 31/16s). Es bestehen somit keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (3 Ob 41/93 = SZ 66/87; RIS-Justiz RS0053031).
II.4. Wesentliche Verfahrensmängel oder Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
II.5. Der absolut unzulässige Revisionsrekurs ON 17 ist daher zurückzuweisen.
Textnummer
E122947European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00154.18W.0921.000Im RIS seit
19.10.2018Zuletzt aktualisiert am
19.10.2018