TE OGH 2018/9/24 2Ob228/17v

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Veröffentlicht am 24.09.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R***** B*****, vertreten durch Dr. Siegfried Lohse, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagte Partei A*****-AG, *****, vertreten durch Dr. Christoph Brenner, Mag. Severin Perschl, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen 16.183,78 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2017, GZ 11 R 35/17y-36, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 23. Dezember 2016, GZ 3 Cg 44/15m-31, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Bei einem Verkehrsunfall kamen die Eltern der Klägerin als Insassen eines Fahrzeugs, dessen Halter die Eltern gemeinsam waren, ums Leben. Die ebenfalls im Fahrzeug befindliche Klägerin wurde schwer verletzt. Unfallsursache war ein geplatzter Reifen, ein Verschulden des Lenkers erwies sich nicht.

Die Klägerin begehrt – soweit für das Revisionverfahren noch relevant – ihrer Erbquote entsprechend ein Drittel der Kosten des Begräbnisses ihrer Eltern einschließlich von ihr dafür angeschaffter Trauerkleidung. Diese Kosten, einschließlich jener für die Trauerkleidung, wurden von einem Konto bezahlt, das mit ausstehenden Zahlungen Dritter an die Verlassenschaften gespeist wurde. Die Erben, insbesondere die Klägerin, leisteten darauf keine Zahlungen.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin die Hälfte der auf ihre Erbquote entfallenden Begräbniskosten (beinhaltend die Trauerkleidungskosten in gleicher Quote) zu. Ein als Fahrzeuginsasse verletzter Mithalter des Fahrzeugs habe einen Ersatzanspruch gegen den anderen Mithalter und den Haftpflichtversicherer. Er könne daher grundsätzlich Ansprüche nach dem EKHG – und daher auch solche nach § 12 Abs 1 Z 5 EKHG auf Ersatz der Begräbniskosten – gegen den Haftpflichtversicherer geltend machen. Dieser Anspruch sei hier im Umfang der Erbquoten auf die Erben übergegangen. Da Mithalter aber solidarisch hafteten, könne sich der Mithalter, wenn er die Forderung eines Gläubigers zur Gänze begleiche, gemäß § 896 ABGB bei den anderen Mitschuldnern anteilig regressieren. Gleiches gelte, wenn einem solidarisch haftenden Mithalter selbst eine Forderung entstanden sei, weshalb er diese nur anteilig geltend machen könne.

Die Revision wurde mangels Rechtsprechung zur Frage zugelassen, ob ein als Insasse seines Fahrzeugs zu Schaden gekommener Mithalter bloß einen anteilig verminderten Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer seines Fahrzeugs habe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig. Weder im zweitinstanzlichen Zulassungsausspruch noch im Rechtsmittel wird eine für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht:

1. Der Deckungsumfang des KFZ-Haftpflichtversicherers ist in § 2 KHVG gesetzlich zwingend umschrieben. Nach Abs 1 dieser Bestimmung umfasst die Versicherung die Befriedigung begründeter oder die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch die Verwendung des versicherten Fahrzeugs Personen verletzt oder getötet werden, Sachen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind oder ein Vermögensschaden verursacht worden ist, der weder Personen- noch Sachschaden ist (bloßer Vermögensschaden). Voraussetzung für die Haftung des Versicherers ist daher, dass den Versicherungsnehmer oder den Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht trifft. § 2 Abs 1 KHVG begründet keine von der Ersatzpflicht dieser Personen unabhängige Schadenersatzpflicht des Versicherers. Trifft weder den Versicherungsnehmer noch einen Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht, so haftet der Versicherer auch dann nicht, wenn der Schaden durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde (7 Ob 137/08k ZVR 2009/84 [zust Ch. Huber]; 2 Ob 73/05g; 2 Ob 243/98v; RIS-Justiz RS0088976 [T2]).

Die Haftung der beklagten Partei für die von der Klägerin als Erbin geltend gemachten Begräbniskosten hängt daher davon ab, ob ihre Rechtsvorgänger (die Verlassenschaften nach den beiden Elternteilen) aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen über einen Schadenersatzanspruch gegen eine der in § 2 Abs 1 KHVG genannten Personen (Versicherungsnehmer oder Mitversicherte) verfügten. Unter den „gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen“ im Sinne dieser Vorschrift sind nach ständiger Rechtsprechung sowohl jene des EKHG als auch die Schadenersatznormen des ABGB zu verstehen (7 Ob 137/08k; 2 Ob 73/05g; 2 Ob 2392/96w; RIS-Justiz RS0065615, RS0081163).

Ein Ersatzanspruch aufgrund einer Verschuldenshaftung des Lenkers scheidet nach den Verfahrensergebnissen aus. Es verbleibt daher die Gefährdungshaftung des Halters nach dem EKHG als Anspruchsgrundlage.

2. Halter des verunfallten Fahrzeugs waren die Eltern der Klägerin gemeinsam. Gemäß § 5 Abs 2 EKHG haften mehrere Halter desselben Kraftfahrzeugs zur ungeteilten Hand. Damit wird nach der Rechtsprechung auf §§ 891 ff ABGB verwiesen, sodass für den Rückgriff im Verhältnis zwischen mehreren Haltern § 896 ABGB einschlägig ist (7 Ob 137/08k mwN). Auch dann, wenn ein Mithalter von einem geschädigten weiteren Mithalter in Anspruch genommen wird, betrifft es ausschließlich das §§ 891 ff ABGB unterliegende Innenverhältnis zwischen den Mithaltern, in welchem Umfang der (von seinem Mithalter) zur Haftung herangezogene Halter Rückgriff beim geschädigten Halter nehmen kann und inwieweit dieser seinen Schaden daher letztlich selbst zu tragen hat (2 Ob 73/05g). Der Anspruch stellende geschädigte Mithalter kann gegen sich selbst als Mithalter keinen Ersatz geltend machen, sondern nur gegen den weiteren Mithalter. Die Berücksichtigung des Innenverhältnisses bei der Berechnung dieses Anspruchs entspricht höchstgerichtlicher Judikatur (7 Ob 137/08k). Ist zwischen den Mithaltern ein besonderes Verhältnis iSd § 896 ABGB nicht erkennbar, hat es bei der subsidiären Teilung nach Köpfen zu bleiben (7 Ob 137/08k).

Dieser bereits bestehenden Rechtsprechung, mit der die angefochtene Entscheidung im Einklang steht, hält die Klägerin keine Argumente entgegen, die iSd § 502 Abs 1 ZPO eine weitere Prüfung erforderlich machen würden.

3. Mit ihrer Revisionsbehauptung, sie habe die Kosten ihrer Trauerkleidung selbst getragen, geht die Klägerin nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Darauf ist nicht einzugehen. Die in diesem Zusammenhang bemängelte Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann in dritter Instanz nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0043371).

4. Da eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten ist, ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Textnummer

E122893

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00228.17V.0924.000

Im RIS seit

16.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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