Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.
Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. J*****, 2. B*****, 3. Ing. H*****, 4. M*****, 5. Dr. S*****, 6. E*****, 7. J***** und 8. B*****, vertreten durch Mag. Martin Bican, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. H*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Garzon, Rechtsanwalt in Wien, 2. DI T*****, 3. A*****, beide vertreten durch Mag. Ender Bozkurt, Rechtsanwalt in Wien, 4. DI S*****, 5. DI Dr. A*****, beide vertreten durch Dr. Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, 6. DI Dr. P*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Garzon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2018, GZ 13 R 124/17a-137, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 31. Mai 2017, GZ 27 Cg 355/09p-130, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Parteien sind – bzw waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Streitanhängigkeit (RIS-Justiz RS0109183) bei angemerkter Teilungsklage (RIS-Justiz RS0118029) – Miteigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus. Es handelt sich um ein sogenanntes Mischhaus, das teilweise im Wohnungseigentum und teilweise im schlichten Miteigentum steht. An den Wohnungen, an denen Wohnungseigentum nicht besteht, wurden einzelnen Wohnungseigentümern und auch schlichten Miteigentümern durch Benutzungsregelungen ausschließliche Benützungsrechte eingeräumt.
Die Kläger begehren die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft hinsichtlich der noch im schlichten Miteigentum stehenden 418/979-Anteile durch Begründung von Wohnungseigentum (§ 3 Abs 1 Z 3 WEG) entsprechend dem Teilungsvorschlag, der die Wohnungseigentumsbegründung nach dem im Jahr 1997/1998 abgeschlossenen Wohnungseigentumsvertrag vorsah. Dieser Teilungsvorschlag sei dahingehend zu ergänzen, dass bei einigen der im schlichten Miteigentum stehenden Objekte auch die – näher bezeichneten – zwischenzeitigen Umbauten (Einbeziehung von Gang-WC und Bassena-Bereichen samt Wanddurchbrüchen) zu berücksichtigen seien. Eine Neufestsetzung der Nutzwerte bedeute keine Beeinträchtigung der bisherigen Wohnungseigentümer. Selbst unter Berücksichtigung dieser Umbauten sei eine Teilung ohne unverhältnismäßige Ausgleichszahlungen möglich. Dem Viert- und der Fünftbeklagten seien die Wohnungen 4, 11 und 12 als Eigentümerpartnerschaft, dem Erstkläger die Wohnungen 1 und 14, dem Erstbeklagten die Wohnungen 5 und 6, der Zweitbeklagten die Wohnung 18, der Fünftklägerin die Wohnung 16, der Viertklägerin die Wohnung 23 und dem Drittkläger die Wohnung 25 zuzuweisen.
Die erst-, viert- und fünftbeklagten Parteien wendeten insbesondere ein, die seinerzeitige Nutzwertberechnung sei wegen der späteren Umbauten überholt. Die Rückbaukosten seien in Relation zum Gesamtwert des Hauses unverhältnismäßig hoch. Der Teilungsvorschlag der Kläger, der eine Zusammenlegung von Wohnungseigentumsobjekten mit Objekten, an denen kein Wohnungseigentum bestehe, vorsehe, sei unzulässig. Nur die im schlichten Miteigentum stehenden Objekte – ohne die bereits im Wohnungseigentum stehenden Objekte zu tangieren – seien Gegenstand der Teilung. Der Teilungsvorschlag betreffe allgemeine Teile des Hauses, die nur mit – hier nicht vorliegender – Zustimmung aller Miteigentümer aufgeteilt werden dürften. Dies gelte besonders für die bereits erfolgte Zusammenlegung der Wohnungen Top 24 und 25, wobei der in die Top 25 eingezogene allgemeine Teil des Hauses wieder ein solcher werden müsse. Um nicht gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertfestsetzung zu verstoßen, müsse die Ermittlung der Mindestanteile auch auf die Mindestanteile der bestehenden Wohnungseigentumsobjekte Bezug nehmen. Dies habe das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang jedoch ausgeschlossen.
Ausgehend von der im ersten Rechtsgang vom Berufungsgericht überbundenen Rechtsansicht zur Beschränkung der Wohnungseigentumsbegründung an den verbleibenden schlichten Miteigentumsanteilen wies das Erstgericht im zweiten Rechtsgang die Teilungsklage ab.
Es stellte insbesondere Folgendes fest:
„1998 wurde an einzelnen Objekten Wohnungseigentum begründet. Die im schlichten Miteigentum stehenden Wohnungen sind aufgrund von Benützungsvereinbarungen zugewiesen: Top 1, 14 an Erstkläger, Top 25 an Drittkläger, Top 23 an Viertklägerin, Top 16 an Fünftklägerin, Top 5 und 6 an Erstbeklagte, Top 18 an Zweitbeklagte, Top 4, 11, 12 an Viert- und Fünftbeklagte je zur Hälfte.
2004 wurden folgende bauliche Änderungen vorgenommen: Bei Top 4 Änderung der Raumeinteilung, bei Top 5 und 11 jeweils Einbau von Bad und WC und Veränderung der Raumeinteilung.
Zu nicht feststellbaren Zeitpunkten wurden folgende bauliche Veränderungen durchgeführt: Bei Top 12, 14, 18 und 25: Jeweils Integrierung eines Gang-WC´s und einer Zugangsfläche zur Wohnung in den Wohnungsverband, bei Top 23 Integrierung eines Gang-WC´s in den Wohnungsverband, Abtrennung des Badezimmers mit einer Mauer und Abschließung einer Gangtüre sowie einer Tür zwischen zwei Zimmern.
Unter Berücksichtigung dieser Änderungen beträgt die Summe der Nutzwerte aller Liegenschaftsanteile 1.009.“
Auf Basis dieses neuen Gesamtnutzwerts stellte das Erstgericht die einzelnen Nutzwerte für die Wohnungen, an denen noch kein Wohnungseigentum begründet wurde, fest. Rechtlich folgerte es zusammengefasst, die Begründung von Wohnungseigentum sei nur zulässig, wenn sie sich auf alle wohnungseigentumstauglichen Objekte beziehe, die nach der Widmung der Miteigentümer als Wohnungseigentumsobjekte vorgesehen seien. An allgemeinen Teilen des Hauses könne Wohnungseigentum nicht begründet werden. Grundlage für die Einverleibung des Wohnungseigentums sei ein Nutzwertgutachten iSd § 9 Abs 1 WEG oder die rechtskräftige Entscheidung über die gerichtliche Nutzwertfestsetzung iSd § 9 Abs 2 WEG. Maßgeblich für die Bewertung sei der Zeitpunkt der Gutachtenserstattung. Durch die Veränderung der Objekte sei es zwangsläufig zu einer Verschiebung der Nutzwerte und geringfügigen Anteilsverschiebungen gekommen. Die Teilung durch Wohnungseigentumsbegründung sei ausschließlich auf die noch im schlichten Miteigentum stehenden 418/979-Anteile zu beziehen, während aufgrund der Umbauarbeiten an den Wohnungen die Summe der Nutzwerte aller Anteile zum Zeitpunkt der Gutachtenserstattung 1009 betrage. Daran scheitere die Klage auf Begründung von Wohnungseigentum. Die Teilung nur der schlichten Miteigentumsanteile wäre nur möglich, wenn die in der Zwischenzeit erfolgten Veränderungen in den Objekten nicht berücksichtigt würden.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Das Gesetz regle nicht, wie im streitigen Teilungsprozess die für die Parifizierung nötigen Nutzwerte ermittelt werden müssen. Jedenfalls müsse aber ermittelt werden, ob eine ausreichende Zahl an Wohnungseigentumsobjekten vorhanden sei oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden könne. Der Nutzwert sei eine Maßzahl, aus der der Wert eines Wohnungseigentumsobjekts im Verhältnis zu den Werten der anderen Wohnungseigentumsobjekte zu erkennen sei. Eine zwingende gesetzliche Anordnung, ihn mit eins festzusetzen, bestehe nicht, sie sei aber eine empfohlene Methode, welche der Sachverständige auch seinem Gutachten zugrunde gelegt habe. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen, „das Gutachten an dessen Ergebnis orientiert“ also so abzufassen, dass die Wohnungseigentumsbegründung am schlichten Miteigentum möglich sei.
Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die ordentliche Revision zu. Der Oberste Gerichtshof habe zu den Fragen, ob bei einem Mischhaus die Festsetzung der Nutzwerte im Teilungsverfahren auf die noch im schlichten Miteigentum stehenden Objekte beschränkt sei und deshalb keine Änderung der bestehenden Wohnungseigentumsobjekte erfolgen dürfe, sowie ob das Gericht dem beizuziehenden Sachverständigen rechtliche Vorgaben zu machen habe, welche die Begründung von Wohnungseigentum in Mischhäusern möglich machen (Auswahl des Referenzobjekts, Bestimmung des Nutzwerts), noch nicht Stellung genommen.
Rechtliche Beurteilung
Die – von den erst- viert- und fünft- sowie sechstbeklagten Parteien beantwortete – Revision der Kläger ist zulässig und im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.
1.1 Die Begründung von Wohnungseigentum gilt als Sonderform der Realteilung (RIS-Justiz RS0106352 [T1]; RS0013236 [T2]; RS0101771 [T5]). Der Realteilung kommt grundsätzlich der Vorrang vor der Zivilteilung zu (§ 843 ABGB; RIS-Justiz RS0013236).
1.2 Der Gesetzgeber des WEG 2002 verfolgte das Gesamtziel, die Entstehung neuer Mischhäuser zu verhindern und bestehende Mischhäuser allmählich in „volle“ Wohnungseigentumshäuser umzuwandeln (5 Ob 68/07x mwN). Im Mischhaus erfolgt die Realteilung durch zusätzliche Begründung von Wohnungseigentum an den schlichten Miteigentumsanteilen. Dem steht § 35 Abs 2 WEG nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht entgegen, weil bei dieser speziellen Form der Realteilung die Miteigentumsgemeinschaft der Mit- und Wohnungseigentümer nicht beseitigt wird, sondern in anderer Form fortbesteht (5 Ob 68/07x; 5 Ob 12/09i; RIS-Justiz RS0101771 [T7]).
1.3 Die Realteilung durch gerichtliche Wohnungseigentumsbegründung hat jedem Miteigentümer entsprechend seinem Anteil Wohnungseigentum einzuräumen. Es müssen daher wohnungseigentumsfähige Objekte in ausreichender Zahl vorhanden sein oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können. Die Miteigentümer müssen auch über ausreichende Mindestanteile verfügen, welche die Zuweisung von Sondernutzungsrechten an konkreten Objekten erlauben (RIS-Justiz RS0101771 [T3]). Gibt es mehr Miteigentümer als (mögliche) Wohnungseigentumsobjekte, ist die Realteilung dennoch möglich, wenn ein Miteigentümer auf ein eigenes Wohnungseigentumsobjekt verzichtet (RIS-Justiz RS0101771 [T2]) oder zwei Miteigentümer eine Wohnungseigentumspartnerschaft gründen wollen (5 Ob 93/10b mwN).
1.4 Weder die Realteilungsklage noch die gerichtliche Entscheidung muss eine konkrete Wohnungseigentumsbegründung durch Festsetzung von Nutzwerten für die Wohnungseigentumsobjekte enthalten (RIS-Justiz RS0101774 [T5, T6]; RS0013835 [T3]). Mindestvoraussetzung ist nur, dass an der Liegenschaft Wohnungseigentum zu begründen ist (RIS-Justiz RS0101771 [T12]; RS0101774 [T4]). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wenn – wie hier – ein konkreter Teilungsvorschlag durch Begründung von Wohnungseigentum an schlichten Miteigentumsanteilen mit Festsetzung eines Einzel- und Gesamtnutzwerts vorliegt. Über diesen muss das Gericht verhandeln, ist aber nicht daran gebunden. Folgt es diesem Teilungsvorschlag nicht, ist die Klage nicht abzuweisen, sondern die angemessene Realteilung zu verfügen (5 Ob 151/08d = RIS-Justiz RS0113832 [T8 bis T10]). Eine konkrete Teilung durch Zuordnung bestimmter Wohnungseigentumsobjekte mit entsprechenden Anteilen abweichend vom Teilungsvorschlag ist daher grundsätzlich zulässig.
1.5 Unverhältnismäßig hohe Umbau- oder Teilungskosten sowie ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich können die Realteilung „untunlich“ machen (5 Ob 4/09p = RIS-Justiz RS0013865 [T9]). Ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich hindert die Realteilung jedoch nicht, wenn die von einer Anteilsverminderung betroffenen Miteigentümer auf eine Ausgleichszahlung verzichten und mit der Verminderung ihrer Anteile einverstanden sind (5 Ob 93/10b = RIS-Justiz RS0013856 [T12] = RS0013854 [T10]).
2.1 Das Berufungsgericht schließt im konkreten Fall eine Realteilung durch Begründung von zusätzlichen Wohnungseigentum im Mischhaus aus. Seiner Meinung nach greift der Ausspruch der Wohnungseigentumsbegründung an den schlichten Miteigentumsanteilen mit 448/1009-Anteilen in das bereits mit 561/979-Anteilen bestehende Wohnungseigentum ein und kommt daher im Ergebnis einer Neufestsetzung der Nutzwerte am gesamten Haus gleich, die der Gesetzgeber dem speziellen Verfahren nach den §§ 9 f WEG vorbehalten hat.
2.2 Der erkennende Senat teilt diese Auffassung nicht:
2.3 Die in der Judikatur geforderte Beschränkung der Wohnungseigentumsbegründung auf die schlichten Miteigentumsanteile (5 Ob 68/07x; 5 Ob 12/09i) ist im Kontext mit dem gesetzlichen Teilungsverbot des § 35 Abs 2 WEG zu sehen. Nach dieser Bestimmung ist die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft bei bestehendem Wohnungseigentum nicht zulässig. Sie verbietet nach der Argumentation des Obersten Gerichtshofs aber nur die Zivilteilung, also die gänzliche Aufhebung der sowohl schlichte Miteigentümer als auch Wohnungseigentümer erfassenden Miteigentumsgemeinschaft, während die (zusätzliche) Begründung von Wohnungseigentum als Sonderform der Realteilung die Miteigentumsgemeinschaft in anderer Form fortbestehen lässt. Zu 5 Ob 12/09i stellte der Oberste Gerichtshof klar, dass mit Formulierungen wie „das bestehende Wohnungseigentum wird nicht tangiert“ gemeint ist, dass dieses während eines Teilungsverfahrens durch Begründung von zusätzlichem Wohnungseigentum an den schlichten Miteigentumsanteilen nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden kann. Die Beseitigung des Mischhauses ändert aber nach den Überlegungen des Obersten Gerichtshofs die Rechtsqualität der bestehenden Miteigentümergemeinschaft, weshalb alle schlichten Miteigentümer und Wohnungseigentümer dem Verfahren beigezogen werden müssen. Das ist im vorliegenden Fall erfolgt.
2.4 Die Beschränkung auf die Wohnungseigentumsbegründung an den schlichten Miteigentumsanteilen bedeutet nämlich nicht, dass die für die bestehenden Wohnungseigentumsobjekte anlässlich der Begründung von Wohnungseigentum noch nach dem Regime des WEG 1975 festgesetzten Nutzwerte zwingend unverändert bleiben müssen. Die bisherigen Wohnungseigentümer dürfen nur ihr Miteigentumsrecht verbunden mit Wohnungseigentum als dem ausschließlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Objekt nicht verlieren. Der Mindestanteil ist der Miteigentumsanteil, der zum Erwerb von Wohnungseigentum an einem Wohnungseigentumsobjekt erforderlich ist. Er entspricht dem Verhältnis des Nutzwerts des Objekts zur Summe der Nutzwerte aller Wohnungseigentumsobjekte der Liegenschaft (§ 2 Abs 9 WEG). Er ist nur eine Zahl, die das Verhältnis sämtlicher Objekte auf der Liegenschaft zueinander ausdrückt. Eine Änderung dieser Zahl, die Nutzwertneufestsetzung, greift nicht in das einem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und darüber zu verfügen (§ 2 Abs 1 WEG) ein. Sie bedeutet keine unmittelbare Eigentumsveränderung, insbesondere auch keine Änderung der Anteilsverhältnisse (RIS-Justiz RS0106054), sondern bildet nur die Grundlage für eine nachfolgende Änderung des Mindestanteils und muss allenfalls im Rechtsweg durchgesetzt und verbüchert werden (RIS-Justiz RS0106055).
2.5 Der Veränderlichkeit des Nutzwerts trägt das WEG in § 9 Abs 2 iVm Abs 3 Rechnung (nachträgliche Änderung des Nutzwerts in bestimmten Fällen). Außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle lässt die Rechtsprechung eine Neufestsetzung des Nutzwerts beispielsweise bei Widmungsänderungen (wie von allgemeinen Teilen auf Zubehör) oder bei Neuschaffung von Wohnungseigentumsobjekten (Dachbodenausbau) zu (Nachweise bei T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 9 WEG Rz 59). Die zusätzliche Begründung von Wohnungseigentum an (durch bauliche Maßnahmen noch zu errichtenden bzw wie hier bereits errichteten, allgemeine Teile beanspruchenden) Wohnungseigentumsobjekten im Mischhaus ist vergleichbar der Umwidmung von allgemeinen Teilen auf Zubehör oder der Neuschaffung von Wohnungseigentumsobjekten als Grund für die Neufestsetzung der Nutzwerte anzusehen.
2.6 Die Nutzwertneufestsetzung ist – ebenso wie die erstmalige Festsetzung des Nutzwerts (§ 9 Abs 2 WEG) – dem wohnungeigentumsrechtlichen Außerstreitverfahren vorbehalten (§ 52 Abs 1 Z 1 WEG). Darin sehen die Erst- und der Sechstbeklagte das wesentliche Hindernis für die Realteilung. Sie argumentieren in der Revisionsbeantwortung zudem mit der Fristgebundenheit eines Antrags auf Nutzwertneufestsetzung iSd § 10 WEG und der fehlenden Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer zu den erfolgten Umbauten in jenen Wohnungen, die im schlichten Miteigentum stehen.
2.7 In den Fällen der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum durch ein Teilungsurteil, das sich bei Vorliegen eines konkreten Teilungsvorschlags nicht nur auf den Ausspruch der grundsätzlichen Begründung von Wohnungseigentum zu beschränken hat, ist es aber zulässig, die Nutzwerte im Urteil festzusetzen (Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht II23 § 3 WEG Rz 13 f), basierend auf einem Nutzwertgutachten eines Sachverständigen (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4, § 3 WEG Rz 24). In diesem Fall erfolgt die Nutzwertfestsetzung eben in einem streitigen Teilungsprozess in Form eines Rechtsgestaltungsurteils, ansonsten ist sie dem Exekutionsverfahren nach § 351 EO vorbehalten (RIS-Justiz RS0118839 [T2]) Hinsichtlich der „neuen“ Wohnungseigentumsobjekte findet eine erstmalige Nutzwertfestsetzung statt und keine Änderung der Nutzwerte. Die Fristgebundenheit eines Antrags auf Nutzwertfestsetzung in bestimmten Fällen (§ 9 Abs 2 WEG) überzeugt deshalb nicht als Gegenargument. Es ist auch nicht verständlich, warum die grundsätzliche Zuordnung des Nutzwert (neu-)festsetzungsverfahrens in das wohnungs-eigentumsrechtliche Außerstreitverfahren der Realteilung durch Begründung von zusätzlichen Wohnungseigentum im Mischhaus mit konkreter Nutzwertfestsetzung, die sich auch auf das bestehende Wohnungseigentum auswirkt, entgegen stehen sollte. Zufolge § 52 Abs 2 Z 1 WEG 2002 haben in derartigen Verfahren sämtliche Wohnungseigentümer Parteistellung. Dieser zwingenden Beiziehung trägt die Rechtsprechung im Realteilungsverfahren betreffend ein Mischhaus Rechnung, in dem sie alle schlichten Miteigentümer und Wohnungseigentümer als einheitliche Streitpartei (§ 14 ZPO) ansieht. Damit ist das Gehör der „alten“ Wohnungseigentümer gewährleistet.
2.8 Das Ergebnis eines Sachverständigen-gutachtens ist nur in Ausnahmefällen eine revisible Rechtsfrage, so etwa wenn es gegen zwingende Denkgesetze verstößt (RIS-Justiz RS0043404). Die Auswahl einer anerkannten Methode für die Festsetzung der Nutzwerte (Wahl des Referenzwerts) entzieht sich der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof.
2.9 Dass im konkreten Fall eine ausreichende Anzahl von Wohnungseigentumsobjekten vorhanden ist, ist ebenso wenig strittig wie deren Wohnungseigentumstauglichkeit. Gegen die (teils notwendige) Begründung von Eigentümerpartnerschaften haben die betroffenen Miteigentümer im Revisionsverfahren keine Einwände erhoben. Zu klären bleibt, ob der Beurteilung durch den Sachverständigen der „Ist-Zustand“ zugrunde zu legen ist, demnach die baulichen Veränderungen der durch Benützungsvereinbarungen einzelnen Miteigentümern zugewiesenen Wohnungen zu berücksichtigen sind.
2.10 An der Liegenschaft wurde im Jahr 1998 teilweise Wohnungseigentum begründet. Zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten wurden einige der Wohnungen, an denen noch kein Wohnungseigentum begründet war, baulich verändert. Teilweise handelte es sich um Einbau von Bad und WC und Veränderung der Raumeinteilung. Bei den Objekten Top 12, 14, 18, 23 und 25 wurden jedoch allgemeine Flächen des Hauses (Gang-WC und Zugangsflächen) in den Wohnungsverband integriert. Schlichten Miteigentümern steht kein Änderungsrecht nach § 16 WEG zu (5 Ob 38/08m; RIS-Justiz RS0083174). Ein Fall des § 37 Abs 5 WEG liegt hier nicht vor. Abgesehen von geringfügigen Änderungen im Inneren des Objekts wären die darüber hinausgehenden baulichen Maßnahmen, insbesondere die Beanspruchung allgemeiner Teile jedenfalls nur mit Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer zulässig gewesen. Ob diese vorlag (allenfalls erteilt im Rahmen der Benützungsregelung) steht nicht fest.
2.11 Eine Eigenmächtigkeit der Umbaumaßnahmen schließt die Realteilung jedoch nicht aus. Die Zulässigkeit oder Tunlichkeit der Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum hängt nämlich nicht davon ab, dass sich die Teilhaber über die konkrete Art und Weise der Gestaltung eines oder einzelner Wohnungseigentumsobjekte einig sind (5 Ob 133/14s = RIS-Justiz RS0124807 [T2]). Zwar kann seit 2002 auch an Substandardwohnungen Wohnungseigentum begründet werden (Illedits in Reich-Rohrwig, Wohnrecht³ § 2 WEG Rz 5), weshalb der Einbau von Badezimmern und Einbeziehung von Gang-WC´s keine zwingende Voraussetzung für die Wohnungseigentumstauglichkeit der einzelnen Wohnungen war. Wenn aber die Begründung von Wohnungseigentum nach dem Ist-Zustand eine vernünftige Lösung ist, weil sie eine Realteilung ohne unverhältnismäßig hohe Umbau- oder Teilungskosten sowie unverhältnismäßigen Wertausgleich ermöglicht und diese damit tunlich macht, entspricht sie dem vom Gesetzgeber angestrebten Ziel der Beseitigung von Mischhäusern.
3. Aufgrund fehlender Feststellungen zu unverhältnismäßig hohen Teilungskosten oder nicht geringfügiger Ausgleichszahlungen ist eine abschließende Beurteilung ausgeschlossen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht – ausgehend von der Zulässigkeit, für die neuen Objekte einen Einzelnutzwert auf Basis eines geänderten Gesamtnutzwerts festzusetzen – neuerlich über die vorgeschlagene Realteilung zu entscheiden haben.
4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Textnummer
E122955European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00110.18I.1003.000Im RIS seit
19.10.2018Zuletzt aktualisiert am
08.05.2019