Entscheidungsdatum
06.08.2018Norm
AÜG §17 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Köchle als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, vertreten durch B, ***, ***, Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 11. April 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgegenstand, Verfahrensgang:
1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl (in der Folge: die belangte Behörde) vom 11. April 2017, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe es als Geschäftsführer und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der C GmbH mit Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Überlasserin bei der Ausübung der bewilligungsfreien Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich, die grenzüberschreitende Überlassung von zwölf in der Tatbeschreibung des Straferkenntnis namentlich, unter Anführung von Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Arbeitsbeginn genannten Arbeitskräften nicht der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet habe, obwohl die Meldung jeweils spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich zu erstatten sei.
Dadurch habe der Beschwerdeführer § 22 Abs.1 Z. 2 und § 17 Abs. 2 AÜG verletzt. Gestützt auf § 22 Abs. 1 Z. 2 AÜG wurde über den Beschwerdeführer wegen dieser als erwiesen angenommenen Verwaltungsübertretung eine einheitliche (Gesamt-)Geldstrafe in der Höhe von 1.500,-- Euro verhängt, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von (insgesamt) 90 Stunden angedroht und dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren in der Höhe von 150,-- Euro vorgeschrieben.
In der Begründung des Straferkenntnisses wird festgehalten, dass sich dieses auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf die Anzeige der Finanzpolizei gründe. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 17.10.2016 seien Unterlagen übermittelt worden, welche bedauerlicherweise nicht vor Ort direkt verfügbar gewesen seien und habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass das gegen ihn geführte Verfahren eingestellt werde. Zu dieser Eingabe des Beschwerdeführers sei eine Stellungnahme der anzeigenden Finanzpolizei eingeholt worden, in der darauf hingewiesen worden sei, dass durch den Beschwerdeführer auf den konkreten Tatvorwurf der Nichterstattung der ZKO-4 Überlassungsmeldungen nicht eingegangen worden sei. Auch nachdem der Beschwerdeführer von dieser Stellungnahme der Finanzpolizei Kenntnis genommen habe, sei durch diesen wieder nur auf das Bereithalten der Unterlagen eingegangen worden.
Es sei – so die Bescheidbegründung nach Wiedergabe der angewandten Rechtsnormen weiter – unbestritten, dass es der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als zur Vertretung nach außen Berufener der C GmbH zu verantworten habe, dass der Meldeverpflichtung nach § 17 Abs. 2 AÜG nicht nachgekommen worden sei.
Hinsichtlich des Verschuldens sei auf § 5 Abs.1 VStG zu verweisen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und eine Rechtsvermutung für das Verschulden des Beschuldigten, der in Umkehrung der Beweislast seine behauptete Schuldlosigkeit durch Beibringung von Beweismitteln nachzuweisen habe, gelte. Dieser Entlastungsbeweis sei dem Beschwerdeführer jedoch nicht gelungen.
Bei der Strafbemessung berücksichtigte die Behörde die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd, als erschwerend die Anzahl der überlassenen Arbeitnehmer.
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer durch seine anwaltliche Vertretung fristgerecht Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt wurde. In dieser Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, es seien bereits im Oktober 2016 „die notwendigen Unterlagen“ betreffend acht der spruchgegenständlichen Personen vorgelegt worden und würden diese mit der Beschwerde – ebenso wie Unterlagen betreffend zwei weitere der spruchgegenständlichen Personen – erneut übermittelt.
Auch seien mit Ausnahme eines spruchgegenständlichen Arbeiters, der aber auch noch vor Arbeitsbeginn nachgemeldet worden sei, bereits am 28.10.2015 alle Arbeitskräfteüberlassungen gemeldet worden. Es würden der Beschwerde alle Unterlagen, so auch sämtliche Arbeitsverträge, die ebenfalls vorlägen, nocheinmal beigefügt.
Zwar seien die Unterlagen nicht „am Mann“ gewesen, es seien jedoch alle Unterlagen vorhanden gewesen und sei kein einziger Mitarbeiter illegal beschäftigt worden. Als Beilage zur Beschwerde wurden unter anderem diverse Unterlagen betreffend acht der spruchgegenständlichen Personen übermittelt, darunter auch ZKO3-Meldungen, die nicht der C, sondern von anderen Unternehmen erstattet worden waren. ZKO4-Meldungen wurden hinsichtlich keiner der spruchgegenständlichen Personen übermittelt.
Mit (nach Vorlage der Beschwerde und des Bezug habenden Verwaltungsaktes bei der belangten Behörde eingelangter und von dieser an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelter) Eingabe vom 10.07.2017 wurde die Beschwerde insofern ergänzt, als vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer nicht der Arbeitgeber der im Straferkenntnis angeführten Personen sei. Die „polnischen Mitarbeiter“ seien Arbeitnehmer der D und „die slowakischen Mitarbeiter“ seien Mitarbeiter der E, wobei die diesbezüglichen Werkverträge und der Dienstleistungsauftrag als Beilage übermittelt würden.
1.3. Der Finanzpolizei Team *** für das Finanzamt *** wurde die Beschwerde zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. In der daraufhin erstatteten Stellungnahme wird insbesondere festgehalten, dass durch den Beschwerdeführer (bzw. das von diesem zu vertretene Unternehmen) in seiner Eigenschaft als grenzüberschreitender Überlasser zu keinem Zeitpunkt eine ZKO4-Meldung erstattet worden sei. Da aufgrund der Nichtmeldung die Tat ohne Zweifel vorliege, werde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
1.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat im Hinblick auf
§ 44 Abs. 1 VwGVG eine (aufgrund des sachlichen Zusammenhanges gemeinsame, das zu LVwG-S-1258/001-2017 protokollierte und das zu LVwG-S-1259/001-2017 protokollierte Verfahren betreffende) öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der durch Befragung des Beschwerdeführers und durch Einvernahme des Zeugen F, sowie durch Einsicht in die Akten des Verfahrens, auf deren Verlesung verzichtet wurde, sowie weiter durch Verlesung der mit G am 06.11.2015 aufgenommenen Niederschrift Beweis erhoben wurde.
2. Feststellungen:
2.1. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der der C GmbH mit dem Sitz in ***, ***, Deutschland (in der Folge: C).
2.2. Bei einer Kontrolle durch Organe der Finanzbehörde am 06.11.2015 in der spruchgegenständlichen H-Filiale in ***, ***, wurden die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezeichneten Arbeitskräfte beim Auf- bzw. Abbauen von Regalen oder beim Befüllen von Regalen angetroffen.
2.3. Die Arbeitskräfte polnischer, deutscher und slowakischer Staatsangehörigkeit wurden von der C in unterschiedlichen Vertragsketten, insbesondere über Unternehmen mit Sitz in Polen und der Slowakei rekrutiert, um eine vertragliche Verpflichtung der C gegenüber der H GmbH (in der Folge: H) mit Sitz in ***, ***, Deutschland, zu erfüllen.
2.4. Die Tätigkeiten der spruchgegenständlichen Personen beruhten auf einem zwischen der H und der C schriftlich eingegangenen Vertragsverhältnis, nach dem sich die C gegenüber der H im Wesentlichen verpflichtetet hatte, Merchandising Arbeiten durchzuführen, Regale auf- und abbauen sowie Regale mit Waren zu befüllen.
Grundlage des zwischen der H und der C bestehenden Vertragsverhältnisses ist eine Rahmenvereinbarung vom 30.3.2009 samt Anlage 1 (Preisliste zur Rahmenvereinbarung) und Anlage 2 (Leistungsbeschreibung) sowie Zusatzvereinbarung „Administration“ vom 30.03.2009.
Aus den schriftlichen Vertragsgrundlagen, von denen im vorliegenden Fall nicht abgewichen wurde, ergibt sich Folgendes:
Gegenstand des durch den Rahmenvertrag zwischen der C und der H begründeten Vertragsverhältnisses ist die Bereitstellung von Bezugsmöglichkeiten für Dienstleistungen im H System (das sind alle H Unternehmen) seitens H ist. Vertragsgemäß sind die allgemeinen Bedingungen der Zusammenarbeit von H und C in Österreich und Deutschland geregelt, wobei „H seinen Einfluss geltend macht, den Auftragnehmer während der Vertragslaufzeit zu listen“. Durch die Listung kann der Auftragnehmer zu den gemäß Anlage 1 vereinbarten Konditionen und Preisen H Systemgüter (das sind systemnotwendige oder -dienliche Investitions- und nicht zum Verkauf bestimmte Verbrauchsgüter bzw. Dienstleistungen) bei H Unternehmen (das ist jeder gegenwärtige oder zukünftige H-Markt und jede sonstige H Gesellschaft unabhängig vom jeweiligen Rechtsträger – alle H Unternehmen bilden das H System) anbieten. Die Anlagen zum Vertrag werden als Ergänzung verstanden. Der Einzelauftrag kommt durch schriftliche Bestellung oder durch Übermittlung der Bestellung über ein von H bereitgestelltes EDV-System zu Stande. Die Preise ergeben sich aus der Anlage 1, wonach für Tätigkeiten gemäß Anlage 2 inklusive Reisekosten ein Tagessatz von 198,-- Euro und ein Stundensatz exklusive Reisekosten von 19,80 Euro vereinbart ist. Der Auftragnehmer ist berechtigt, Vorauszahlungen zu verlangen.
Die Leistungsbeschreibung ist als Anlage 2 beigefügt. Aus dieser ergibt sich u.a., dass die notwendige Personalstärke durch die H als Auftraggeber vorgegeben und während einer Baumaßnahme geändert werden kann. Der Auftragnehmer, also die C, ist nach der Leistungsbeschreibung für die Beachtung aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen für das von ihm eingesetzte Personal verantwortlich. Der Einsatz von Subunternehmern ist vom Auftragnehmer anzuzeigen und vom Auftraggeber zu erlauben. Zur Erfüllung der beauftragten Leistungen stellt der Auftragnehmer qualifiziertes Personal zur Verfügung. Die Merchandisingleistung, die in dem Grundpreis der Merchandisingarbeiten enthalten ist, umfasst detailliert angeführte Einzelleistungen, wie z.B. An- und Abreise zur Baustelle, Spesen, Übernachtungen etc. Weiters erfolgt die Durchführung der Maßnahme auf Weisung des Auftraggebers in Tag und/oder Nachtarbeit. Die C als Dienstleister stellt je 5 Mitarbeiter (1 Team) einen Teamleiter, die primäre Ansprechpartner des von H gestellten Einrichtungsmanager sind.
Die Arbeitsorganisation erfolgt durch die H, wobei die H entsprechend der „Zusatzvereinbarung Administration“ u.a. folgende Leistungen an den Auftragnehmer erbringt: Gesamtleitung der Auftragsdurchführung, Planung und Überwachung der Leistungserbringung des Auftragnehmers, Koordination zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, Feinabstimmung des zeitlichen und örtlichen Arbeitskräftebedarfes und Einsatzes sowie der örtlichen Arbeitsorganisation, Schulung und auftragsspezifische Ausbildung bzw. Einarbeitung des vom Auftragnehmer eingesetzten Personals.
2.5. Die von der C über andere Unternehmen rekrutierten spruchgegenständlichen Personen erbrachten ihre Arbeitsleistungen in einer zum H-System gehörigen Betriebsstätte in Österreich, im H-Markt *** unter Aufsicht eines der Sphäre der H zugehörigen Mitarbeiters. Die eingesetzten Arbeitskräfte erhielten ein nach Einheitssatz bestimmtes Entgelt. Ein gewährleistungstauglicher Erfolg wurde zwischen der H und der C nicht vereinbart.
2.6. Für keine der zwölf spruchgegenständlichen Personen lag im Kontrollzeitpunkt eine durch die C erstattete ZKO4-Meldung (Meldung einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung gemäß § 17 Abs. 2 AÜG) vor.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Die getroffenen Feststellungen beruhen insbesondere auf den Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugens in der mündlichen Verhandlung und auf dem Inhalt der in den Akten befindlichen Verträgen, hinsichtlich derer weder aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich Zweifel an ihrer Echtheit bestehen, noch solche Zweifel von der belangten Behörde oder der Abgabenbehörde im Laufe des Verfahrens vorgebracht worden wären. Zu betonen ist, dass die Aussagen des Beschwerdeführers als glaubwürdig anzusehen sind, da dieser bei der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen persönlichen Eindruck gemacht hat und seine Aussagen überdies schlüssig, nachvollziehbar, in den wesentlichen Punkten widerspruchsfrei und insbesondere auch mit den im Akt befindlichen Unterlagen (insbesondere den Verträgen und Zusatzvereinbarungen) und den niederschriftlich gemachten, in der mündlichen Verhandlung verlesenen Aussagen des (im Ausland lebenden, zur Verhandlung eingeladenen aber nicht erschienenen) Einrichtungsleiters G in Einklang zu bringen sind.
3.2. Dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer der C mit Sitz in Deutschland ist, ist ebenso unstrittig, wie der Umstand, dass der Sitz der Unternehmensleitung der H, also jener Ort, an dem die Hauptverwaltung tatsächlich geführt wird, in Deutschland liegt. Ebenso steht außer Streit, dass das für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes relevante Vertragsverhältnis (H – C) in Deutschland abgeschlossen wurde. Ebenso unstrittig und aufgrund der im Akt befindlichen Lichtbildaufnahmen und Kopien der Ausweise auch ohne Zweifel festzustellen ist, dass sich die spruchgegenständlichen Personen zum angelasteten Tatzeitpunkt in der spruchgegenständlichen H-Filiale in *** befanden und bei der Erbringung der genannten Dienstleistungen von Organen der Finanzpolizei angetroffen wurden.
3.3. Dass durch die C selbst Überlassungsmeldungen im relevanten Zeitpunkt erstattet worden wären, wurde seitens des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt vorgebracht und ist aus den im Akt befindlichen ZKO3-Meldungen ersichtlich, dass diese durch die vom Beschwerdeführer genannten Unternehmen in Polen bzw. der Slowakei vorgenommen wurden, was auch für die Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers, dass er die angetroffenen Arbeitskräfte über diese Unternehmen rekrutiert habe, spricht, womit seine Angaben der entsprechenden Feststellung zugrunde gelegt werden konnten.
3.4. Die Feststellung, wonach die spruchgegenständlichen Arbeiter ihre Tätigkeiten unter Aufsicht eines der H-Sphäre zuzuordnenden Einrichtungsleiters durchgeführt haben, ergibt sich zum einen aus den glaubwürdigen Aussagen des Beschwerdeführers, der ausführte, dass die Arbeiten unter Aufsicht einerseits des für mehrere Filialen zuständigen G, andererseits des nur für die Filiale in *** zuständigen Herrn I, durchgeführt worden seien, die beide von H gestellt worden seien und auch aus der in der mündlichen Verhandlung verlesenen niederschriftlichen Aussage des im Ausland lebenden, vor der Finanzbehörde im Zuge der Amtshandlung befragten Einrichtungsleiter der H, G, der zur Teilnahme an der Verhandlung eingeladen wurde, aber nicht erschienen ist und aus dessen Aussage sich ergibt, dass dieser für die H als Einrichtungsleiter in der gegenständlichen H-Filiale in *** eingesetzt war.
Die Art der Tätigkeit, nämlich Regalauf- bzw. abbau und Befüllung von Regalen, die von den angetroffenen Arbeitskräften erbracht wurde, ist unbestritten.
3.5. Die Feststellung dazu, welches Vertragsvertragsverhältnis zwischen der C und der H der Tätigkeit der angetroffenen Arbeiter zugrunde liegt und wie die vertragliche Beziehung zwischen der C und der H ausgestaltet ist, ergibt sich neben den Angaben des Beschwerdeführers insbesondere aus den im Akt befindlichen Verträgen samt Zusatzvereinbarungen, wobei sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass von den schriftlichen Verträgen abgewichen worden wäre oder Zusätzliches oder Abweichendes zwischen der H und der C vereinbart worden wäre. Hervorzuheben ist, dass sich aus der tatsächlichen Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit der Zusatzvereinbarung „Administration“ ergibt, dass die Arbeitsorganisation, ebenso die Feinabstimmung des Arbeitskräftebedarfes durch H erfolgte und dass das Entgelt nach Einheitssatz bestimmt wurde. Auch hat der Beschwerdeführer bei der Verhandlung ausgeführt, dass er der H für einen bestimmten Auftrag nur das verrechnen dürfe, was tatsächlich an Arbeit geleistet worden sei, was bedeute, dass er der H in Fällen, in denen für einen bestimmten Auftrag zunächst eine Pauschalsumme vorgesehen gewesen sei, die Arbeiten aber in weniger Arbeitstagen als vorgesehen verrichtet worden seien, die C der H nur die tatsächlich geleisteten Arbeitstage verrechnen habe dürfen. Konkrete Vereinbarungen, aus denen sich die Vereinbarung eines gewährleistungstauglichen Erfolges der Dienstleistung ergeben würden, liegen keine vor.
Auf Grundlage der Vertragsgrundlagen und der Aussagen des Beschwerdeführers sowie der Angaben des Einrichtungsleiters ist davon auszugehen, dass die Gesamtleitung, Planung, Koordination, Feinabstimmung des Arbeitskräftebedarfes, Überwachung der Arbeiten vor Ort durch einen unmittelbaren Ansprechpartner und Verantwortlichen von H erfolgt ist und die H Leistungen wie Feinabstimmung des zeitlichen und örtlichen Arbeitskräftebedarfes und Einsatzes, der örtlichen Arbeitsorganisation, und sogar Schulung und auftragsspezifische Ausbildung bzw. Einarbeitung des vom Auftragnehmer eingesetzten Personals erbracht hat.
4. Erwägungen:
4.1. § 17 Abs. 2 AÜG idF BGBl. Nr. 94/2014 hat folgenden Wortlaut:
„(2) Der Überlasser hat bei bewilligungsfreier Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich die grenzüberschreitende Überlassung der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden. […].“
4.2. Dem Beschwerdeführer wird im angefochtenen Straferkenntnis unter Zugrundelegung des § 17 Abs. 2 AÜG angelastet, dass das von ihm vertretene Unternehmen die grenzüberschreitende Überlassung von (näher genannten) Arbeitskräften nicht der ZKO gemeldet hat. Voraussetzung für eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers ist somit, dass die C als Überlasserin zu qualifizieren und damit zur Erstattung von ZKO4-Meldungen verpflichtet war, was wiederum das Vorliegen einer grenzüberschreitenden Überlassung der spruchgegenständlichen Arbeitskräfte durch die C nach Österreich voraussetzt.
4.3. Vorliegend führt eine Betrachtung des für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes maßgeblichen Rechtsverhältnisses zwischen der H und der C aus folgenden Gründen zu dem Ergebnis, dass keine grenzüberschreitende Überlassung von Arbeitskräften durch die C stattgefunden hat:
Für die Beurteilung, ob eine Beauftragung mittels Werkvertrag oder eine Arbeitskräfteüberlassung anzunehmen ist, ist nach der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl insbes. VwGH 22.08.2017, Ra 2017/11/0068), bei der insbesondere die vom EuGH in der Rs Martin Meat (EuGH 18. Juni 2015, C-586/13, Martin Meat) angesprochenen Kriterien zu berücksichtigten und zu gewichten sind: Von entscheidender Bedeutung sind demnach insbesondere die Fragen, ob ein für einen Werkvertrag essenzieller „gewährleistungstauglicher“ Erfolg vereinbart wurde, ob also die Vergütung/das Entgelt auch von der Qualität der erbrachten Leistung abhängt bzw. wer die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt (EuGH 18. Juni 2015, C-586/13, Martin Meat Rn 35 ff), wer die Zahl der für die Herstellung des Werkes jeweils konkret eingesetzten Arbeitnehmer bestimmt (EuGH 18. Juni 2015, C-586/13, Martin Meat Rn 38) und von wem die Arbeitnehmer die genauen und individuellen Weisungen für die Ausführung ihrer Tätigkeiten erhalten (EuGH 18. Juni 2015, C-586/13, Martin Meat Rn 40).
Ausgehend davon, dass die Vereinbarung eines gewährleistungstauglichen Erfolges nicht festgestellt werden konnte und nach den Feststellungen die Gesamtleitung, Planung, Koordination, Feinabstimmung des Arbeitskräftebedarfes, Überwachung der Arbeiten vor Ort durch einen unmittelbaren Ansprechpartner und Verantwortlichen der H erfolgt ist und die H auch Leistungen wie die Feinabstimmung des zeitlichen und örtlichen Arbeitskräftebedarfes und -einsatzes, der örtlichen Arbeitsorganisation, und sogar die Schulung und die auftragsspezifische Ausbildung bzw. Einarbeitung des von der C als Auftragnehmerin eingesetzten Personals erbracht hat, ist vorliegend von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen.
In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich somit, dass die C als die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft aufgrund ihres Vertragsverhältnisses mit der H Arbeitskräfte an diese überlassen hat.
Dabei handelt es sich aber um keine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung, zumal die Überlassung der Arbeitskräfte in Deutschland erfolgt ist, hat doch die H ebenso wie die C ihren Sitz in Deutschland, erfolgte die gesamte Vertragsvereinbarung in Deutschland und ergab die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses in rechtlicher Hinsicht die Bereitstellung von Arbeitskräften durch die C an die H zwecks Erbringung von Dienstleistungen innerhalb des H Systems in Deutschland und Österreich.
Somit wurden gegenständlich zwar Arbeitskräfte grenzüberschreitend eingesetzt, dies jedoch nicht durch die C als Überlasserin iSd AÜG, da die Arbeitskräfte von der C an die H in Deutschland überlassen und erst in der Folge innerhalb des H Systems grenzüberschreitend eingesetzt wurden. Inwiefern es dazu einer ZKO-Meldung durch H bedurft hätte, ist gegenständlich nicht relevant.
Eine Verpflichtung der C zur Erstattung von ZKO-Meldungen betreffend die durch diese an die H überlassenen Arbeitskräfte ist davon ausgehend jedenfalls nicht anzunehmen.
4.4. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Materialien (319 der Beilagen XXV. GP) zum ASRÄG 2014, BGBl. I 94/2014 zu verweisen, die zur Entsendung bzw. Überlassung von Arbeitskräften Folgendes ausführen:
„Für den Fall, dass ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich oder ein/e Beschäftiger/in ohne Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes an ihn/sie überlassene Arbeitskräfte zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt er/sie gemäß § 7a Abs. 1 letzter Satz AVRAG in Bezug auf die Verpflichtungen zur Bereithaltung und Übermittlung der Lohnunterlagen oder gemäß § 7b Abs. 1 AVRAG in Bezug auf die Verpflichtung zur Entsendemeldung und zur Bereithaltung und Übermittlung der in § 7b Abs. 5 AVRAG genannten Unterlagen sowie der Lohnunterlagen als Arbeitgeber/in und ist er/sie bei Verletzung dieser Verpflichtungen verwaltungsstrafrechtlich zu belangen. In der Praxis werden nämlich oftmals Arbeitskräfte die von einem/einer Überlasser/in mit Sitz im Ausland an einen/eine Beschäftiger/in mit Sitz in demselben Staat überlassen werden, im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags durch den/die ausländische/n Beschäftiger/in nach Österreich entsandt. In derartigen Fällen ist nicht eindeutig, wer die Entsendemeldung zu erstatten oder die Unterlagen bereit zu halten bzw. zu übermitteln hat und wer von einer allfälligen Sanktion betroffen ist. So ist etwa nach § 7d Abs. 2 AVRAG nur der Fall der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung, nicht aber der Fall der Entsendung von überlassenen Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen erfasst. Nun wird - für diese Konstellation - klargestellt, dass der/die entsendende Beschäftiger/in als Arbeitgeber/in nach §§ 7a oder 7b AVRAG angesehen wird und ihn/sie die entsprechenden Verpflichtungen trifft.“
Durch die Novelle BGBl. Nr. 94/2014 wurde also klargestellt, dass im Fall einer Arbeitskräfteüberlassung im Ausland mit anschließender Entsendung nach Österreich der entsendende Beschäftiger als Arbeitgeber nach §§ 7a oder 7b AVRAG angesehen wird und ihn die entsprechenden Verpflichtungen treffen.
Da die C die spruchgegenständlichen Personen in Deutschland an die H überlassen hat, wäre somit allenfalls zu prüfen, ob hinsichtlich der spruchgegenständlichen, im Ausland von der C an die H überlassenen Arbeitskräfte eine Entsendung durch die H stattgefunden hat und von dieser somit eine Entsendemeldung zu erstatten gewesen wäre, was aber in diesem Verfahren nicht von Relevanz ist.
Zusammengefasst war vorliegend ausgehend von dem festgestellten Sachverhalt die Überlassung der Arbeitskräfte durch die C an die H nicht als grenzüberschreitend im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen anzusehen und somit die C – unabhängig davon, welche allfälligen (Ketten-)Vertragsverhältnisse der Überlassung der Arbeitskräfte von C an H vorgelagert waren, weshalb auf diese auch nicht weiter einzugehen war – nicht zur Erstattung der Meldungen gemäß § 17 Abs. 2 AÜG verpflichtet, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.
5. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird und im Übrigen lediglich Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen waren, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (zB VwGH vom 25. September 2017, Ra 2017/20/0282).
Schlagworte
Arbeitsrecht; Arbeitskräfteüberlassung; Entsendung; Meldung; Arbeitgeber; Unionsrecht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1258.001.2017Zuletzt aktualisiert am
15.10.2018