TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/7 G305 2178612-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2018
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Entscheidungsdatum

07.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2178612-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, XXXX, vom 19.10.2017, XXXX, vertreten durch den XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 22.09.2015, 17:55 Uhr, stellte der im Bundesgebiet nicht zum Aufenthalt berechtigte XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) vor Organen der Landespolizeidirektion XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 23.09.2015, wurde er ab 09:53 Uhr durch ein Organ der Landespolizeidirektion XXXX einer Erstbefragung unterzogen. Anlässlich dessen gab der verheiratete und kinderlose BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er von den Milizen angefordert worden sei, für sie zu kämpfen, was er jedoch abgelehnt hätte. Deshalb sei er bedroht worden. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er sich vor den Sanktionen durch den IS und andere Milizen [Angaben des BF in Erstbefragungsprotokoll vom 23.09.2015,

S. 5]. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht. Auch erteilte er eine detaillierte Auskunft zu seiner Fluchtroute.

3. Am 19.06.2017 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, XXXX(in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme gab er zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass in seinem Stadtviertel fast nur Christen und lediglich zwei bis drei muslimische Familien gelebt hätten. Einmal sei die Kirche XXXX zerstört worden und die Christen seien ins Ausland geflüchtet. Die dadurch leerstehenden Häuser seien von verschiedenen Gruppen übernommen worden. Ca. eineinhalb Monate vor seiner Ausreise seien zwei Autos zu ihm nach Hause gekommen. Die Insassen hätten mit ihm gesprochen und ihn aufgefordert, für sie Waffen zu tragen. Sie hätten angegeben, dass sie gegen Terroristen kämpfen würden. Wenn er sie nicht unterstütze, werde er bestraft. Er habe Angst bekommen und sei nicht mehr nach Hause gegangen. Er habe dann seine Arbeit verlassen und habe damals zehn Tage bei einem Freund in XXXX geschlafen. Zu dieser Zeit seien die Männer zu ihm nach Hause gekommen und hätten seinen Vater nach seinem Verbleib gefragt. Als sein Vater krank geworden sei, habe er ihn besuchen wollen. Auf dem Weg dorthin sei er am 11.07.2015 von den Männern mit den Allradautos entführt und für 16 Tage festgehalten worden. Während dieser Zeit sei er auch von zwei älteren Männern vergewaltigt worden. Seine Verwandten hätten 50.000,00 US-Dollar Lösegeld gezahlt und er sei frei gelassen worden. Er sei dann wieder zu seinem Freund nach Bagdad gegangen und habe sich zur Ausreise entschlossen. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 5].

4. Mit Bescheid vom 19.10.2017, XXXX, dem BF am 30.10.2017 durch Hinterlegung zugestellt, wies die belangte Behörde den auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Antrag des BF vom 22.09.2015 gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen werde und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die zum 24.11.2017 datierte, am selben Tag an die belangte Behörde per E-Mail übermittelte Beschwerde des BF, die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht wolle den Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass seinem Antrag auf internationalen Schutz vom 22.09.2015 Folge gegeben und ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt werde, allenfalls die gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufheben und eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären, sowie eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen und ihm die Gelegenheit zu geben, seine Fluchtgründe noch einmal persönlich und unmittelbar zu schildern.

6. Am 04.12.2017 legte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde des BF samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge kurz: BVwG) vor. Hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

7. Am 04.06.2018 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF und eines Dolmetschers für die Muttersprache des BF durchgeführt.

Anlässlich dieser Verhandlung stellte die beschwerdeführende Partei ihre Identität dahingehend klar, dass der Name vollständig "XXXX" lautet, und das mit XXXX angegebene Geburtsdatum und die Angaben zur irakischen Staatsangehörigkeit korrekt seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX) und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung. Seine Muttersprache ist arabisch.

Er ist gesund und nimmt auch keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung.

Er ist mit der am XXXX geborenen XXXX, seiner Cousine, ebenfalls irakische Staatsangehörige, verheiratet. Er ehelichte sie vor einem Standesamt in XXXX. Zwei Monate nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat verließ auch sie aus unbekannter Ursache den Herkunftsstaat und lebt sie seither in SAMSON (Türkei). Die Ehe ist bisher kinderlos geblieben und hat das Ehepaar auch keine adoptierten Kinder. Abgesehen davon hat der BF selbst keine (außerehelichen) Kinder [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 5].

Im Herkunftsstaat besuchte er von 1998 bis 2009 die Schule in seiner Heimatstadt XXXX. In der zwölften Schulstufe brach er die Schule ab. Dass er unmittelbar danach nach Europa ausgereist wäre, konnte nicht festgestellt werden [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 5]. Er wurde im Alter von sechs Jahren eingeschult, ging 11 oder 12 Jahre zur Schule und wiederholte er zwei Mal die Klasse [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 6].

Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit seiner Tätigkeit für ein Unternehmen, das mit Ersatzteilen für Bagger und Kräne handelte und verdiente er mit dieser Tätigkeit, die er ab einem nicht festgestellten Zeitpunkt ausübte, 600,00 US-Dollar monatlich. Dass er schon während seiner Schulzeit für dieses Unternehmen gearbeitet hätte, konnte nicht festgestellt werden [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 5]. Ob er sich parallel zu seiner Arbeit als Flüchtlingshelfer für Binnenflüchtlinge, die von ANBAR oder MOSSUL nach BAGDAD geflohen waren, betätigt hätte, konnte nicht festgestellt werden [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 6]

1.2. Die Ehegattin des BF und seine Familie (bestehend aus seinem Vater BAKR, seiner Mutter Alia und seiner Schwester Zenab) halten sich in SAMSON (Türkei) auf [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 4].

Er unterhält aktuell Kontakt zu einem in der Stadt XXXX (Irak) lebenden Onkel mütterlicherseits, der dem Beruf eines Taxifahrers nachgeht [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 7].

1.3. Im Herkunftsstaat gehörte der BF keiner politischen Organisation oder einer bewaffneten Gruppierung an. Mit den Behörden, den Gerichten oder der Polizei seines Herkunftsstaates hatte er keine Probleme. Er ist im Herkunftsstaat auch nicht vorbestraft [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 4].

Es konnte nicht festgestellt werden, dass er im Herkunftsstaat politisch tätig gewesen wäre. Fest steht, dass er auch nie an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen hat. Er war auch nie Mitglied einer radikalen extremistischen Gruppierung oder einer verbotenen Organisation. Er hat auch nie eine Waffe getragen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass er auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religionszugehörigkeit im Herkunftsstaat Probleme gehabt hätte.

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass er bei seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat Probleme gehabt hätte.

1.4. Am 31.08.2015 verließ der BF gemeinsam einem namentlich nicht genannten Cousin BAGDAD mit dem Flugzeug nach ARBIL im Norden des Herkunftsstaates. Von dort aus reisten sie mit dem Bus nach ANKARA (Türkei), wo sie drei Tage lang blieben. In der Folge reisten sie nach IZMIR weiter, wo sie auf einen Schlepper trafen. Dieser brachte den BF, dessen Cousin und eine größere Anzahl weiterer Personen mit dem Schlauchboot auf die griechische Insel MYTILINI. Dort wurden die Angekommenen aufgegriffen und schriftlich zum Verlassen des Landes aufgefordert. Sodann fuhren sie mit dem Schiff nach ATHEN und setzten ihre Reise über die sogenannte Balkanroute fort, wo sie schlepperunterstützt und ohne Reisedokument illegal Österreich erreichten und hier am 22.09.2015, 17:55 Uhr, den verfahrensgegenständlichen Asylantrag stellten [Angaben des BF in der Erstbefragung am 23.09.2015, S. 3 und 4; Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S, 3 f.]

1.5. Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.6. Er hat im Bundesgebiet keine hier lebenden bzw. aufhältigen Verwandten, noch allfällig hier lebende bzw. aufhältige nahe Angehörige [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 7].

Es konnten keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine berufliche oder soziale Aufenthaltsverfestigung des BF im Bundesgebiet festgestellt werden.

1.7. Anlassbezogen konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Herkunftsstaat als Helfer für Binnenflüchtlinge tätig gewesen wäre. Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass er je für eine Hilfsorganisation tätig gewesen wäre. [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017; dagegen jedoch PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 6]

Es konnte nicht festgestellt werden, dass zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2015 bewaffnete Personen versucht hätten, ihn dazu zu bewegen, sich ihnen anzuschließen und mit der Waffe gegen Terroristen zu kämpfen.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er bei dieser Gelegenheit mit folgenden Worten bedroht worden wäre: "Wenn Du nicht die Waffe nimmst und das machst, was wir Dir sagen, werden wir Dich bestrafen und Dich foltern." [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9].

Auch konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden, dass er von Angehörigen einer Miliz angeworben bzw. von ihnen bedroht worden wäre.

Selbst bei einer etwaigen Wahrunterstellung seiner Behauptung, bedroht worden zu sein, konnte nicht festgestellt werden, dass er aus religiösen Gründen, aus Gründen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe des Herkunftsstaates oder aus sonstigen asylrelevanten Gründen fortgesetzt bedroht oder gar verfolgt worden wäre [PV des BF in Verhandlungsprotokoll vom 04.06.2018, S. 16].

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er das Opfer einer Entführung geworden wäre.

Es steht fest, dass der BF weder eine allfällig gegen seine Person gerichtete Bedrohung, noch eine Entführung seiner Person der Polizei des Herkunftsstaates angezeigt hat [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 12 und 14].

Es steht fest, dass er nicht etwa wegen einer gegen ihn gerichteten Drohung den Herkunftsstaat verlassen hat. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass der den Herkunftsstaat verlassen hätte, weil er entführt worden wäre [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 17].

1.9. Am Dienstag, den 10.06.2014, eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach des ISIL - Islamic State of Iraq and Levante (später ISIS, dann IS) - die Millionenstadt Mossul (Ninive-Ebene), darunter das Regierungsgebäude, den Mossul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fielen auch weite Teile der Ninive-Ebene unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Mossul gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel war es, einen islamischen Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Irak zu errichten. In Mossul wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer des IS schwere Waffen und Munition beschlagnahmen.

Nach ihrem Einmarsch in Mossul markierten Angehörige der IS-Truppen die Besitztümer von Minderheiten und fordern eine "Jihad-Steuer" von den wenigen verbliebenen Einwohnern. Dabei gerieten die christlichen Assyrer und Yeziden unter Druck und wurden zu Binnenflucht getrieben. In den Länderinformationen scheint nicht auf, dass muslimische Araber, darunter solche sunnitischer Glaubensrichtung, von den Angehörigen des IS unter Druck gesetzt oder gar vertrieben worden wären

(https://zavd.de/wp-content/uploads/2015/12/ZAVD-Dokumentation-Ereignisse-Irak-2014.pdf). Auch ist anlassbezogen nicht hervorgekommen, dass der BF, der zudem über die IS-Hochburg AL RAQQA ausgereist ist, einer asylrelevanten Bedrohung durch den IS ausgesetzt gewesen wäre.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mossul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass der BF einer asylrelevanten Bedrohung durch die BAGDAD aktiven schiitischen Milizen ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihm - selbst bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

1.10. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates, der Republik Irak, weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses, noch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme.

Er hat sich noch längere Zeit nach dem behaupteten Vorfall mit dem Rekrutierungsversuch bei einem Freund in XXXX aufgehalten. Da sich sowohl die auf eine vorgebliche "Bedrohung" gestützte Fluchtgeschichte, als auch die Geschichte mit der Entführung seiner Person als ein den festgestellten Tatsachen widersprechendes Gedankenkonstrukt entpuppte, konnte gegenständlich kein konkreter Anlass festgestellt werden, weshalb er den Herkunftstaat fluchtartig verließ. Beschwerdegegenständlich konnte nicht festgestellt werden, dass er vor seiner Ausreise einer individuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt gewesen wäre, oder im Falle seiner Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein könnte.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt wäre oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die daraus gezogenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich der hg. durchgeführten mündlichen Verhandlung, den beigeschafften länderkundlichen Informationen und die amtswegig eingeholten Auskünfte.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität (XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, sowie auf dessen Kenntnis und Verwendung der arabischen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten des Irak. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Die zu seiner Ausreise aus dem Irak, zu seiner weiteren Reiseroute und zu seiner Einreise in Österreich getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus den Angaben des BF anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörden und des BFA, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.

2.3. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht einerseits auf seinen Angaben vor den Vernehmungsorganen der Sicherheitsbehörde und der belangten Behörde, sowie auf seinen Angaben in der Beschwerde und den vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Parteienvernehmung (in der Folge kurz: PV) gemachten Angaben.

So hatte er anlässlich seiner Erstbefragung vor einem Organ der Sicherheitsbehörden zu seinen Fluchtgründen befragt, einsilbig angegeben, dass er von den Milizen angefordert worden sei, für sie zu kämpfen, was er jedoch abgelehnt hätte. Deshalb sei er bedroht worden. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er sich vor den Sanktionen durch den IS und andere Milizen.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde sagte er dagegen aus, dass in seinem Stadtviertel fast nur Christen und lediglich zwei bis drei muslimische Familien gelebt hätten. Einmal sei die Kirche XXXX zerstört worden und die Christen seien ins Ausland geflüchtet. Die dadurch leerstehenden Häuser seien von verschiedenen Gruppen übernommen worden. Ca. eineinhalb Monate vor seiner Ausreise seien zwei Allradautos zu ihm nach Hause gekommen. Die Insassen hätten mit ihm gesprochen und ihn aufgefordert, für sie Waffen zu tragen. Sie hätten angegeben, dass sie gegen Terroristen kämpften. Wenn er sie nicht unterstütze, werde er bestraft. Er habe Angst bekommen und sei nicht mehr nach Hause gegangen. Er habe dann seine Arbeit verlassen und zehn Tage bei einem Freund in XXXX geschlafen. Zu dieser Zeit seien die Männer zu ihm nach Hause gekommen und hätten seinen Vater nach dem Verbleib des BF gefragt. Als sein Vater krank geworden sei, habe er ihn besuchen wollen. Auf dem Weg dorthin sei er am 11.07.2015 von den Männern mit den Allradautos entführt und für 16 Tage festgehalten worden. Während dieser Zeit sei er auch von zwei älteren Männern vergewaltigt worden. Seine Verwandten hätten 50.000,00 US-Dollar Lösegeld gezahlt und er sei frei gelassen worden. Er sei dann wieder zu seinem Freund nach XXXX gegangen und habe sich zur Ausreise entschlossen. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht.

Anlässlich seiner Vernehmung als Partei sagte er vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass er zu Hause gewesen sei, als zwei "hohe Autos" mit bewaffneten Personen gekommen seien, die ihm gesagt hätten, er müsse eine Waffe tragen und gegen die "Terroristen im Allgemeinen" kämpfen. Sie hätten auch gesagt, dass er bestraft und gefoltert werde, wenn er die Waffe nicht nehme und das mache, was ihm gesagt werde [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9]. Auf die Frage, wer diese Männer waren, die ihn nach seinen Angaben bedroht haben sollen, gab er vage und sehr unbestimmt zur Antwort: "Man kann davon ausgehen, dass es bewaffnete Parteien in schwarzer Kleidung waren. Das sind so mafiaartige Parteien. Wir haben im Irak mehr als 72 bewaffnete Gruppierungen." [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 13]. Die Diktion seiner Antwort lässt erhebliche Zweifel an dieser Darstellung aufkommen, zumal nach der allgemeinen Lebenserfahrung jemand, der etwas erlebt hat, wie es der BF vorgibt, konkrete Angaben zu den Personen machen kann, mit denen er es zu tun hatte und sich nicht einfach mit einer Antwort begnügt, die sich lediglich in einer allgemeinen, möglicherweise aus einem Länderbericht entnommenen Beschreibung erschöpft.

Zehn Tage später sei er nach Hause gegangen, weil sein Vater krank war. Bevor er ins Haus gegangen war, sei ein Auto dagestanden und daneben zwei Personen, die ihn kraftvoll am Hemd gepackt und ihn ins Auto, einen Personenkraftwagen der Marke OPEL, gezogen hätten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 10]. Sie hätten ihn auf den Boden gesetzt, und ihm eine Waffe angelegt [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9]. Als der BF dazu aufgefordert wurde, die Position zu beschreiben, die er im Fahrzeug der Entführer eingenommen hatte, demonstrierte er, dass er in den Fußmulden vor dem Rücksitz mit nach unten geneigtem Oberkörper und Kopf kniete bzw. lag und mit seinem Gesicht in die Fußmulden blickte. Dabei will er nichts gesehen, oder von der Umgebung etwas mitbekommen haben. Auch gab er an, dass er während der Fahrt in den Kofferraum gesteckt worden sei. Auf die Frage, warum er in den Kofferraum gesteckt wurde, gab er zur Antwort "Vielleicht hatten sie Angst, weil gerade Verkehrsstau war und viele Menschen da waren" [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 11]. Auf die Frage, wer die Entführer waren, gab er an, dass er das nicht wisse. Auch wisse er nicht, warum er entführt wurde [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 13]. Hält man sich vor Augen, dass der BF in einem Personenkraftwagen entführt wurde, während er in den Fußmulden vor dem Rücksitz gekniet bzw. gelegen haben soll, stehen seine Angaben, dass bei der Entführung im Fahrzeug nach seinen Angaben neben ihm noch weitere vier Personen (Fahrer, Beifahrer und hinten zwei weitere Personen) anwesend gewesen sein sollen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 11 oben], im Widerspruch zu den Denkgesetzen, zumal eine derartige Anzahl an Personen im Fahrgastraum eines "normalen" PKW unmöglich Platz gehabt haben kann, wo noch dazu ein erwachsener Mann von der Größe des Beschwerdeführers entlang der Fußmulden kniete. Wenn der BF nach seinen Angaben in seiner kauernden bzw. liegenden Position im rückwärtigen Fußraum des PKW nach unten blickte und er auch angab, während der Fahrt nichts von der Umgebung mitbekommen zu haben, und er weiter angab, dass die Entführer den Sitz umgeklappt und ihn in den Kofferraum gesteckt hätten, "weil gerade Verkehrsstau war und viele Menschen da waren" [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 11], so ist seine Wahrnehmung nicht nachvollziehbar, zumal er angegeben hatte, auf Grund seiner Position nichts von der Umgebung mitbekommen zu haben. Hätte er wahrgenommen, dass viele Menschen da waren, hätte er auch etwas von der Umgebung wahrnehmen und sehen müssen, wohin seine Entführer mit ihm fuhren. Die diesbezüglich gestellte Frage verneinte er jedoch [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 11].

Vergleicht man das Vorbringen des BF bei seiner Erstbefragung, wo er noch sehr vage angegeben hatte, dass er von den Milizen aufgefordert worden sei, für sie zu kämpfen und weil er abgelehnt hätte, sei er bedroht worden, so bekam seine Darstellung der Fluchtgründe in seiner Darstellung vor der belangten Behörde insofern eine Wendung, als dort nicht mehr die Rede war, dass Milizen versucht hätten, ihn anzuwerben. Nunmehr waren es vom BF keiner Miliz mehr zugeordnete, bewaffnete Männer, die mit zwei Allradautos gekommen wären und ihn aufgefordert hätten, für sie Waffen zu tragen. Sie hätten ihm gesagt, dass er bestraft werde, wenn er sie nicht unterstützen würde [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 5].

Anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde war nun auch nicht mehr die Rede davon, dass er die Aufforderung, für diese Männer zu kämpfen, abgelehnt hätte. Auch war keine Rede davon, dass er bedroht worden wäre, weil er es abgelehnt hätte, sie zu unterstützen. Damit setzte er sich in einen eklatanten Widerspruch zu seinem ursprünglichen Vorbringen, das im Wesentlichen auf einer Drohung durch bewaffnete Männer gründete, da er nicht bereit gewesen sei, der an ihn herangetragenen Aufforderung Folge zu leisten, mit ihnen zu kämpfen. Diese Version hielt er auch in seiner PV vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht aufrecht. Auch hier heißt es, dass (zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt) bewaffnete Personen in zwei "hohen Autos" gekommen wären und ihm gesagt hätten, er müsse eine Waffe tragen und gegen Terroristen kämpfen. Auch hätten sie ihm wörtlich gesagt "Wenn Du nicht die Waffe nimmst und das machst, was wir Dir sagen, werden wir Dich bestrafen und Dich foltern." Dass er die an ihn herangetragene Aufforderung, die Waffe zu nehmen und gegen Terroristen zu kämpfen, abgelehnt hätte, lässt sich seinen vor dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben auch nicht entnehmen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9]. Auch mit diesen Angaben setzte er sich in einen eklatanten Widerspruch zu seinen Angaben in der Erstbefragung, die der allgemeinen Lebenserfahrung folgend der Wahrheit am nächsten kommen müssten.

Eine vergleichende Betrachtung der Angaben, die der BF anlässlich seiner Erstbefragung vor den öffentlichen Sicherheitsbehörden und seinen Angaben, die er vor der belangten Behörde gemacht hatte, zeigt einen weiteren Widerspruch mit den in der Erstbefragung gemachten Angaben auf.

Hatte er in der Erstbefragung noch angegeben, dass er den Herkunftsstaat deshalb verlassen hätte, weil er von Milizen bedroht worden sei, weil er es abgelehnt hätte, für sie zu kämpfen, so brachte er bei seiner Einvernahme durch die belangte Behörde als Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates erstmals eine Entführung ins Spiel. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hielt er seine Angaben bezüglich einer Entführung seiner Person, wenn auch in einer die Glaubwürdigkeit erschütternden Weise, aufrecht. So sagte er vor der belangten Behörde aus, dass er nach dem Vorfall mit der Rekrutierung zehn Tage bei einem Freund in XXXX geschlafen hätte und dass die Männer, die versucht hätten, ihn zu rekrutieren, in dieser Zeit zu ihm nach Hause gekommen wären und seinen Vater gefragt hätten wo er sei. Als sein Vater erkrankte und der BF ihn besuchen wollte, sei er auf dem Weg dorthin von den "Männern mit den Allradautos" entführt und festgehalten worden [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 5]. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht hielt er daran fest, dass er nach dem Rekrutierungsversuch bei einem Freund gewohnt hätte und nach einer Erkrankung des Vaters nach Hause gegangen sei. Bevor er ins Haus ging, habe ein Auto dagestanden und seien neben diesem zwei Personen gewesen, die ihn am Hemd gepackt und ins Auto (einen PKW der Marke Opel) gezogen hätten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9 und 10 unten]. Schon mit seinen unterschiedlichen Angaben zu den jeweiligen Fahrzeugen der Entführer - einmal war es ein Allradfahrzeug, ein anderes Mal ein PKW der Marke OPEL - verstrickte er sich in einen neuerlichen Widerspruch. Während er anlässlich seiner Befragung vor der belangten Behörde die Entführer eindeutig in Zusammenhang mit jenen Personen brachte, die versucht hatten, ihn zu rekrutieren, gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er keine Angabe zur Identität seiner Entführer machen könne. Aus seiner Antwort auf die Frage, wer denn die Entführer waren, dass er dies nicht wisse, lässt sich weder ein Anhaltspunkt auf die Identität der Entführer erkennen, noch ein Zusammenhang zu jenen bewaffneten Männern herstellen, die nach seinen Angaben versucht haben sollen, ihn zu rekrutieren [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 13]. Der Widerspruch in den Angaben zur Identität der Entführer wird noch offenkundiger, wenn man sich die verneinende Antwort des BF auf die Frage "haben Sie die Personen, die Sie entführten, zuvor schon einmal gesehen?" vor Augen führt [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 15].

Auch der Umstand, dass der BF keine Angaben zum Motiv für die Entführung machen konnte, lässt seine Darstellung, entführt worden zu sein, aus der Sicht des erkennenden Bundesverwaltungsgerichtes unglaubwürdig und insgesamt als ein nicht den Tatsachen entsprechendes Gedankenkonstrukt erscheinen.

Im konkreten Anlassfall ist auch das vom BF geschilderte Bedrohungsszenario unglaubwürdig, zumal er zwar angegeben hatte, von bewaffneten Personen aufgefordert worden zu sein, eine Waffe zu tragen und mit ihnen gegen Terroristen zu kämpfen. Während er vor dem BFA noch ausgesagt hatte, dass die bewaffneten Männer unmittelbar nach diesem Vorfall bis zur Entführung des BF bei seinem Vater gewesen wären und sich nach seinem Verbleib erkundigt hätten [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 5], machte er im Rahmen seiner vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgehabten PV keine Angaben zu weiteren Interventionen der bewaffneten Männer im Elternhaus. Der BF sagte vor dem Bundesverwaltungsgericht auch aus, dass er vor diesem Vorfall mit der vorgegebenen Bedrohung und auch danach kein weiteres Mal bedroht worden sei [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 16]. Wenn auch ein Rekrutierungsversuch durch bewaffnete Männer in seinem Herkunftsstaat nicht gänzlich unglaubwürdig erscheint, wird der gegenständliche (einmalige) Rekrutierungsversuch insofern in Zweifel gezogen, als der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht auch angab, wo er sich einfinden sollte, um sich den bewaffneten Männern anzuschließen. Auch vermochte er die Frage, welche Waffe er tragen hätte sollen bzw. von woher er diese bekommen hätte sollen, nicht bzw. nur mit einer Vermutung zu beantworten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 14]. Auch dieser Umstand zieht die Schilderungen des BF bezüglich eines stattgehabten Rekrutierungsversuchs insgesamt in Zweifel, zumal ein Rekrutierungsversuch und eine damit verbundene "Drohung" "Wenn Du nicht die Waffe nimmst und das machst, was wir Dir sagen, werden wir Dich bestrafen und Dich foltern." nur dann Sinn machen würde, wenn dem zu Rekrutierenden gleichzeitig konkrete Anweisungen gegeben werden, wo er sich einzufinden hat, um seine Waffe in Empfang zu nehmen und sich der bewaffneten Gruppierung anschließen kann. Dass er dazu aufgefordert worden wäre, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt wo einzufinden, um seine Waffe entgegen zu nehmen und sich der bewaffneten Organisation anzuschließen, hat der BF zu keinem Zeitpunkt behauptet. Dagegen gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht zu erkennen, dass er eine derartige Anordnung nicht erhalten habe.

In Anbetracht dessen waren die entsprechenden Feststellungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen. Es ist festzuhalten, dass es dem BF nicht gelang, das von ihm behauptete Bedrohungs- und Entführungsszenario glaubhaft zu machen.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

3.1.1. Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2017 erhobene Beschwerde des BF wurde bei dieser am 16.11.2017 eingebracht und langte diese mit dem angefochtenen Bescheid und den Bezug habenden Verwaltungsakten am 04.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der sich eignet, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; vom 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 05.11.1992, Zl. 92/01/0792 und vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH vom 01.06.1994, Zl. 94/18/0263 und vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor einer konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH vom 08.09.1999, Zlen. 98/01/0503 und 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/20/0399 und vom 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.

Soweit die beschwerdeführende Partei in der Beschwerdeschrift geltend gemacht hat, aus wohlbegründeter Furcht aus der alten Heimat geflohen zu sein, weil sie von Milizen bedroht worden sei und sie diesen Umstand als Ursache für ihre Flucht angegeben hätte, so trifft dies zwar auf die Angaben zu, die in der Erstbefragung gemacht wurden. Von diesem Fluchtgrund rückte er in der Folge jedoch ab, als er in der PV vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht die von ihm behauptete Entführung seiner Person als explizit als (ausschließlichen) Fluchtgrund nannte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 17]. Selbst wenn es sich bei jenen bewaffneten Männern, die versucht hatten, ihn zu rekrutieren, um Mitglieder einer Miliz gehandelt habe, ist dem BF entgegenzuhalten, dass es ihm nicht gelang, ein Bedrohungsszenario glaubhaft zu machen. So hatte er vor der belangten Behörde angegeben, dass ihm beim (einmaligen) der unbekannt gebliebenen bewaffneten Gruppierung gesagt worden sei, dass er bestraft werde, wenn er sie nicht unterstützen würde [Angaben des BF in der Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 5]. Ähnlich gestaltete sich auch seine Angabe zur Textierung der Drohung [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 9]. Dessen ungeachtet blieb es bei dieser Drohung, so man diese überhaupt als solche auffassen kann, bei einem einzigen (vom BF selbst bestätigten) Vorfall [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 16]. Wenngleich ein solcher einmaliger Vorfall möglicherweise auch von Relevanz sein könnte, ist es dem BF im konkreten Anlassfall nicht gelungen, mit seinen Angaben eine asylrelevante Bedrohungs- bzw. Verfolgungssituation durch (im konkreten Beschwerdefall nicht konkretisierte) Milizen aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang ist bezeichnend, dass er zwar noch in der Erstbefragung von einer Bedrohung durch Milizen sprach, dies jedoch weder vor der belangten Behörde, noch vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht aufrechthielt. So sprach er vor der belangten Behörde von bewaffneten Männern, die versucht hätten, ihn dazu zu bewegen, sich ihnen anzuschließen. Diese Diktion hielt er im Wesentlichen auch vor dem Bundesverwaltungsgericht bei und bezeichnete die Angehörigen dieser Gruppierung abstrakt als mafiaartige Struktur [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018]. Wenn man nun berücksichtigt, dass der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr eine etwaig von einer Miliz ausgehende Bedrohungssituation, sondern die von ihm behauptete (jedoch nicht glaubhaft gemachte) Entführung als (einzigen) Grund für seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat ins Treffen führte, so erweist sich sein Beschwerdevorbringen gegen die Abweisung gemäß § 3 AsylG, dass er von Milizen bedroht, entführt und vergewaltigt worden sei, als unbegründet. Eine Bedrohung, Entführung und Vergewaltigung seiner Person durch Milizen lässt sich selbst mit der vom BF in der Beschwerdeschrift eingeforderten lebensnahen Betrachtungsweise nicht belegen.

Wenn der BF in der Beschwerdeschrift auch ausführt, dass er glaube, dass es sich bei den Entführern um schiitische Milizen gehandelt habe, so vermag er damit den in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entstandenen Widerspruch in Hinblick auf die mangelnde Kenntnis der Identität seiner Entführer [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 13] nicht aufzulösen. Auch vermag er mit seinem Hinweis auf die Länderfeststellungen, wonach diese Milizen die Gesetze missachten und sich oft eher wie mafiöse Gruppen verhalten würden und dass Milizen in XXXX immer wieder Kidnappings und Morde an der sunnitischen Bevölkerung begehen würden, eine asylrelevante Bedrohung bzw. Verfolgung seiner Person nicht glaubhaft zu machen.

Doch selbst bei Wahrunterstellung seiner Schilderungen vermochte er anlassbezogen eine mangelnde Schutzfähigkeit seines Herkunftsstaates nicht plausibel machen. Schließlich hatte er angegeben, dass er weder die behauptete Bedrohung durch eine nur vage beschriebene bewaffnete Gruppierung, noch seine Entführung, die er mit dem Bedrohungsszenario nicht in Zusammenhang zu bringen vermochte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 13 oben], bei der Polizei des Herkunftsstaates angezeigt hatte. Damit vermag er sein Beschwerdevorbringen von der mangelnden Schutzfähigkeit des Herkunftsstaates nicht zu untermauern. Wenn er in der Beschwerdeschrift ausgeführt hat, dass die schiitischen Milizen de facto ein Teil der Sicherheitskräfte seien, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, den Schutz des irakischen Staates zu suchen, so verkennt er, dass sich diese Behauptung anhand der Länderinformationen zu XXXX, in dem mehrheitlich sunnitisch und mehrheitlich schiitisch besiedelte Stadtteile bestehen, nicht untermauern lässt. Der BF selbst hat diesen Umstand unter Beweis gestellt, indem er zu einem - ebenfalls in BAGDAD aufhältigen - Freund zog, und in dieser Zeit unbehelligt lebte. Nach dem Rekrutierungsversuch sei er nach eigenen Angaben nicht noch einmal bedroht worden [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 04.06.2018, S. 16].

Insgesamt hat der BF eine asylrelevante Bedrohung bzw. Verfolgung durch schiitische Milizen zu keinem Zeitpunkt behauptet bzw. ist es ihm nicht gelungen, eine solche glaubhaft zu machen. Selbst unter der Annahme, dass er von einer schiitischen Miliz rekrutiert worden wäre und Mitglieder dieser Miliz gesagt hätten: "Wenn Du nicht die Waffe nimmst und das machst, was wir Dir sagen, werden wir dich bestrafen und foltern", ist gegenständlich kein asylrelevanter Grund im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK hervorgekommen.

Selbst bei einer Wahrunterstellung seiner Behauptungen ist beschwerdegegenständlich nicht hervorgekommen, dass ihm bei einer Rückkehr - wie behauptet von Milizen - erneut Folter und unmenschliche Behandlung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK drohen würden.

3.2.3. Aus den angeführten Gründen war daher der gegen Spruchpunkt I. gerichtete Teil der Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine erns

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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