Entscheidungsdatum
29.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G305 2178993-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl, XXXX, vom 17.11.2017, Zl.: XXXX, vertreten durch den XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu
Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 25.05.2017, 10:35 Uhr, stellte der im Bundesgebiet nicht zum Aufenthalt berechtigte XXXX, geb. XXXX alias XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) vor Organen der Landespolizeidirektion XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Noch am selben Tag, wurde er ab 14:03 Uhr durch ein Organ der Landespolizeidirektion XXXX einer Erstbefragung unterzogen. Anlässlich dieser gab der unverheiratete und kinderlose BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass ihn die Schiitenmilizen umbringen werden. Sie hätten schon viermal auf ihn geschossen. Deshalb habe er den Herkunftsstaat verlassen. Bei seiner Rückkehr fürchte er sich davor, umgebracht zu werden. [Angaben des BF in Erstbefragungsprotokoll vom 25.05.2017, AS 5]. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht. Auch erteilte er eine detaillierte Auskunft zu seiner Fluchtroute.
3. Am 07.08.2017 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, XXXX (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates gab er im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er bei einer Behörde gearbeitet hätte, die in einem schiitischen Bezirk sei. Er habe eine Drohung bekommen, die er nicht ernst genommen hätte. Als er eines Tages auf dem Weg zu seiner Arbeit gewesen sei, habe ein schwarzes Auto angehalten, dem bewaffnete Personen entstiegen seien. Sie hätten ihm gesagt, er müsse seine Arbeit kündigen, weil er Sunnit sei und sie wollten keine Sunniten. Daraufhin hätten ihn diese Personen mit der Waffe zu Boden geschlagen und seien weggefahren. Er sei nach Hause gegangen. Um Mitternacht sei auf sein Haus geschossen worden und sie hätten einen Drohbrief hinterlassen. Im Drohbrief, dem eine Patrone beilag, habe gestanden: "Euer Sohn Ahmed muss sich uns anschließen". Am nächsten Tag sei er trotzdem in die Arbeit gegangen. Auf dem zur Arbeit habe wieder ein Auto angehalten, aus dem bewaffnete Männer gestiegen seien. Sie hätten ihn am Kragen festgehalten und gefragt, ob er sich ihnen anschließe. Als er mit nein geantwortete hätte, hätten sie ihm fünfmal in den Rücken geschossen. Am 08.08.2013 sei er ins Spital gegangen und habe man ihn dort operiert. Am 23.08.2013 sei er aus dem Krankenhaus entlassen worden und am 27.08.2013 habe er den ärztlichen Befund erhalten. Erst im Jahr 2014 sei es ihm langsam besser gegangen. Am 15.05.2014 habe er schließlich bei der Polizei Anzeige erstattet. Am 18.05.2014 habe er von der Polizei ein Schreiben erhalten, dass man dieser Sache nachgehe. Jetzt hätten diese Personen gewusst, dass er nicht gestorben sei und er habe erneut eine Drohung erhalten. Er habe dann keine Lösung mehr gesehen, außer den Irak zu verlassen [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 07.08.2017, AS 71 f]. Über Nachfragen durch das Organ, das bei der belangten Behörde die Einvernahme des BF führte, gab letzterer an, dass dem Auto beim ersten Mal vier Personen entstiegen seien [AS 72]. Beim zweiten Mal seien nur zwei Personen ausgestiegen. Im Auto seien mehr gewesen. Wenig später sagte er aus, dass beim zweiten Vorfall vier Personen dem Fahrzeug entstiegen seien [AS 73]. Die Frage, wie er denn ins Krankenhaus kam, beantwortete er dahin, dass Leute, die die Schüsse gehört hätten, gekommen seien und ihn in einem zivilen Fahrzeug ins Krankenhaus gebracht hätten. Er habe sich grob an die Situation im Auto erinnern können, wie er ins Krankenhaus gebracht wurde. Im Krankenhaus sei er dann bewusstlos geworden und habe sich an nichts erinnern können [AS 73]. Über Nachfrage, wann er den Irak verlassen hätte, gab er an, dass das im August 2016 gewesen sei [AS 74]. Seine beiden, im Herkunftsstaat lebenden Brüder seien nicht bedroht worden. Nur er sei bedroht worden, weil er bei einer schiitischen Behörde gearbeitet hätte [AS 75]. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht.
4. Mit Bescheid vom 17.11.2017, Zl. XXXX, dem BF am 21.11.2017 durch Hinterlegung zugestellt, wies die belangte Behörde den auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Antrag des BF vom 25.05.2017 gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen werde (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die zum 04.12.2017 datierte, am selben Tag per Telefax an die belangte Behörde übermittelte Beschwerde des BF, die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht wolle den Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass ihm internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG Folge gewährt werde, in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkennen, in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG erteilen und die gegen ihn ausgesprochene Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak aufheben und eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumen.
6. Am 07.12.2017 legte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde des BF samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge kurz: BVwG) vor. Hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.
7. Am 22.06.2018 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF und eines Dolmetschers für die Muttersprache des BF durchgeführt.
Anlässlich dieser Verhandlung stellte er seine Identität dahingehend klar, dass sein Name richtig "XXXX" lautet und auch die Angaben zur Staatsangehörigkeit Irak korrekt seien. Das ursprünglich mit XXXX dokumentierte Geburtsdatum berichtigte er auf den XXXX.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (XXXX, geb. XXXX alias XXXX) und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung. Seine Muttersprache ist arabisch.
Er ist gesund, verfügt über einen auffallend athletischen Körperbau und nimmt auch keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung.
Er ist ledig und lebt im Bundesgebiet mit niemandem zusammen. Er hat weder leibliche, noch an Kindesstatt angenommene Kinder [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 5].
Im Herkunftsstaat besuchte er die Schule bis zur 12. Schulstufe. Zuletzt besuchte er eine Berufsschule im Zweig Elektrizität. Im Herkunftsstaat war er in der watte- und verbandsmittelproduzierenden Industrie tätig und bediente dort eine Maschine, mit der Fäden für Verbandszeug hergestellt wurde. Jenes Unternehmen, in dem er tätig war, führte die Bezeichnung "XXXX". Er arbeitete täglich von Sonntag bis Donnerstag einer jeden Woche, dies jeweils von 07:00 Uhr bis 14:00 Uhr, und brachte ca. 200,00 US-Dollar pro Monat ins Verdienen. Bei diesem Unternehmen begann er zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2005 zu arbeiten und war dort bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt tätig [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 5 f].
1.2. Die im Herkunftsstaat lebende Kernfamilie des BF besteht aus dessen Vater, XXXX, seiner Mutter, XXXX, und aus seinen unverheirateten Brüdern, XXXX und XXXX und leben sämtliche Mitglieder der Kernfamilie des BF im Bezirk XXXX in XXXX in einem Mietshaus. In diesem Haus wohnte auch der BF bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat. [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 13]. Mit seiner Mutter hat er alle ein bis zwei Monate über Facebook Kontakt. Die Brüder des BF gehen keiner Arbeit nach und werden vom gemeinsamen Vater erhalten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 14].
Der BF ist unverheiratet, kinderlos und hat keine Sorgepflichten [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 07.08.2017, AS 70; PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 4 f].
1.3. Im Herkunftsstaat gehörte der BF keiner politischen Organisation oder bewaffneten Gruppierung an.
Mit den Behörden oder den Gerichten des Herkunftsstaates hatte er keine Probleme.
Dass er mit der Polizei des Herkunftsstaates, insbesondere aus religiösen Gründen Probleme gehabt hätte, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden. Er ist im Herkunftsstaat nicht vorbestraft [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 07.08.2017, AS 71].
Es konnte nicht festgestellt werden, dass er im Herkunftsstaat politisch tätig gewesen wäre. Auch hat er nie an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen. Er war auch nie Mitglied einer radikalen extremistischen Gruppierung oder einer verbotenen Organisation [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 12].
Es konnte nicht festgestellt werden, dass er auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religionszugehörigkeit im Herkunftsstaat Probleme gehabt hätte.
Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass er bei seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat Probleme gehabt hätte.
1.4. Der BF reiste am 29.04.2017 von XXXX ausgehend in die Türkei aus, von wo aus er schlepperunterstützt mit einem syrischen Schlepper nach Griechenland und von hier aus mit Hilfe eines marokkanischen Schleppers, den er in ATHEN kontaktierte, nach Italien weiterreiste [Angaben des BF in der Erstbefragung vom 25.05.2017, AS 3 und AS 5].
Es konnte nicht festgestellt werden, dass er zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Monats August 2016 aus dem Herkunftsstaat ausgereist wäre [Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 12 und S. 13].
Es steht fest, dass er illegal zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2017 ins Bundesgebiet gelangte und hier vor den Organen der Sicherheitsbehörde am 25.05.2017, um 10:35 Uhr, einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz stellte. Noch am selben Tag wurde er ab 14:03 Uhr einer Erstbefragung durch Organe der öffentlichen Sicherheitsbehörden unterzogen.
1.5. Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.6. Er hat keine im Bundesgebiet lebenden bzw. hier aufhältigen Verwandten bzw. hier lebende bzw. aufhältige nahe Angehörige [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 14].
Es konnten keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine berufliche oder soziale Aufenthaltsverfestigung des BF im Bundesgebiet festgestellt werden. Er geht im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nach und lebt von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er verfügt auch über keinerlei Grundkenntnisse der deutschen Sprache [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 14 f].
1.7. Es konnte beschwerdegegenständlich nicht festgestellt werden, dass er im Herkunftsstaat einer Verfolgung oder Bedrohung durch (schiitische) Milizen ausgesetzt gewesen wäre.
Auch konnte nicht festgestellt werden, dass Angehörige von (schiitischen) Milizen zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 versucht hätten, den BF zu rekrutieren und weil er sich nicht rekrutieren lassen wollte, deshalb zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 Gewalt gegen ihn in der Form anwendeten, dass sie ihm einen Schlag auf den Hinterkopf versetzten, der zur sofortigen Bewusstlosigkeit des BF geführt habe, ihn darüber hinaus auf den linken Oberarm schlugen, was zu einem Muskelbruch geführt habe, und ihm mit einer automatischen Langwaffe (Kalaschnikow) oder einer Faustfeuerwaffe Schusswunden in nicht feststellbarer Anzahl im Bereich des Rückens zufügten, sodass er im Krankenhaus operiert werden musste [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6 f].
Abgesehen davon konnte nicht festgestellt werden, dass der BF aus religiösen Gründen, weil er Sunnit ist, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung durch (schiitische) Milizen ausgesetzt war.
Auch konnte entgegen den Angaben des BF, dass er am 15.05.2014 gegen "schiitische Milizen" Anzeige erstattet hätte, nicht festgestellt werden, dass er tatsächlich schiitische Milizen oder eine der im Herkunftsstaat tätige schiitische Miliz oder bestimmte Angehörige einer schiitischen Miliz angezeigt hätte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 12; AS 91].
Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er nach dem von ihm behaupteten Vorfall im Jahr 2013 bzw. nach der von ihm behaupteten Anzeige bei der Polizei des Herkunftsstaates weiteren Bedrohungen ausgesetzt gewesen wäre, die ihn schließlich dazu bewogen hätten, den Herkunftsstaat im Jahr 2017 nach Österreich zu verlassen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 16].
1.8. Am Dienstag, den 10.06.2014, eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach des ISIL - Islamic State of Iraq and Levante (später ISIS, dann IS) - die Millionenstadt Mossul (Ninive-Ebene), darunter das Regierungsgebäude, den Mossul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fielen auch weite Teile der Ninive-Ebene unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Mossul gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel war es, einen islamischen Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Irak zu errichten. In Mossul wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer des IS schwere Waffen und Munition beschlagnahmen.
Nach ihrem Einmarsch in Mossul markierten Angehörige der IS-Truppen die Besitztümer von Minderheiten und fordern eine "Jihad-Steuer" von den wenigen verbliebenen Einwohnern. Dabei gerieten die christlichen Assyrer und Yeziden unter Druck und wurden zu Binnenflucht getrieben. In den Länderinformationen scheint nicht auf, dass muslimische Araber, darunter solche sunnitischer Glaubensrichtung, von den Angehörigen des IS unter Druck gesetzt oder gar vertrieben worden wären
(https://zavd.de/wp-content/uploads/2015/12/ZAVD-Dokumentation-Ereignisse-Irak-2014.pdf). Auch ist anlassbezogen nicht hervorgekommen, dass der BF, der zudem über die IS-Hochburg AL RAQQA ausgereist ist, einer asylrelevanten Bedrohung durch den IS ausgesetzt gewesen wäre.
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mossul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.
Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.
Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass der BF einer asylrelevanten Bedrohung durch den IS oder durch die Polizei des Herkunftsstaates ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihm - selbst bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - nicht möglich gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.
Zu innerstaatlichen Fluchtalternativen des BF als arabischer Sunnit im Irak:
Für den Süden des Irak (BABIL, BASRA, KERBALA, NAJAF, MISSAN, MUTHANNA, QADDISIYA, THI-QAR und WASSIT) liegen generell nur wenige Berichte über Menschenrechtsverletzungen von schiitischen Milizen an Sunniten vor. Weitere Regionen, in denen vor allem Sunniten leben, sind MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA oder ANBAR.
Im Süden des Irak leben ca. 400.000 Sunniten sowie Angehörige anderer Minderheiten. Die Region Südirak hat ca. 200.000 flüchtende irakische Staatsangehörige aufgenommen. Im Regelfall können sich irakische Staatsangehörige mit einer irakischen ID-Karte in den Gebieten des Südiraks frei und ohne Einschränkungen bewegen. Basra betreffend besteht Berichten zufolge grundsätzlich auch für Binnenflüchtlinge die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems. Laut eines Berichtes der IOM haben in BASRA zudem 80% der Binnenflüchtlinge die Möglichkeit, am örtlichen Bildungssystem und am Arbeitsmarkt teilzuhaben. In den meisten Gemeinden ist es auch für Frauen möglich, Berufen nachzugehen, allerdings vor allem solche, die von zuhause aus ausgeübt werden können.
Der BF hätte auch die Möglichkeit in anderen mehrheitlich sunnitisch besiedelten Gebieten des Herkunftsstaates zu leben, darunter die Provinzen in MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA und ANBAR. Anlassbezogen sind keine Umstände hervorgekommen, dass es ihm nicht möglich wäre, dorthin zu ziehen und zu leben.
Es ist ihm überdies möglich, ohne Bürgschaft in die Autonome Region Kurdistan einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen ERBIL als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu Kurdistan oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in ERBIL frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einzureisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragten. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der Autonomen Region Kurdistan bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann ein Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.
Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region AL SULAYMANIYAH zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodass den Daueraufenthalt beantragen. In AL SULAYMANIYAH ist nach UNHCR kein Bürge notwendig, um sich hier niederlassen oder eine Arbeitsbewilligung zu können. Berichten der IOM zufolge leben 90% aller Binnengeflüchteten in AL SULAYMANIYAH in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83% Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in AL SULAYMANIYAH am Bildungssystem teilnehmen. Binnengeflüchtete haben in AL SULAYMANIYAH die Möglichkeit in den verschiedensten Feldern zu den gleichen Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.
Quellen:
IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,
http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf (Letzter Zugriff am 28.06.2018)
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12. 4. 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 28.06.2018)
1.9. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates, der Republik Irak, weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses noch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme.
Er hat sich noch fast vier Jahre nach dem von ihm behaupteten Vorfall, anlässlich dessen er von mutmaßlichen Angehörigen einer (schiitischen) Miliz auf dem Weg von seiner Arbeit nach Hause angegriffen und dabei auf den Hinterkopf geschlagen worden sei, dass er bewusstlos geworden sei, anlässlich dessen gegen seinen linken Oberarm geschlagen worden sei, dass er sich den Muskel gebrochen habe und ihm schließlich eine nicht feststellbare Anzahl von Schusswunden im Rücken zugefügt worden seien, in XXXX gelebt und sich dort aufgehalten, ohne noch einmal mit einer Miliz Kontakt gehabt zu haben. Da er sich in den unterschiedlichen Versionen der von ihm vor den Organen der Sicherheitsbehörde bzw. vor den ihn einvernehmenden Organen der belangten Behörde und schließlich vor dem BVwG präsentierten Fluchtgeschichte in eklatante Widersprüche verstrickte, und sich auch die aus dem Bericht des Krankenhauses dargestellte Identität des Verletzungsopfers nicht mit den Angaben des BF zu seiner Identität (Namen, Geburtsdatum) in Einklang bringen lassen, konnte anlassbezogen kein konkreter Anlass für ein fluchtartiges Verlassen des Herkunftsstaats im Jahr 2017 festgestellt werden. Beschwerdegegenständlich konnte nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise einer individuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt gewesen wäre, oder er im Falle seiner Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein könnte.
Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt wäre oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die daraus gezogenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich der hg. durchgeführten mündlichen Verhandlung, den beigeschafften länderkundlichen Informationen und die amtswegig eingeholten Auskünfte.
2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität (XXXX, geb. XXXX alias XXXX), Staatsangehörigkeit (Irak), Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit (Muslim sunnitischer Glaubensrichtung) des BF Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese im Wesentlichen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, sowie auf seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemachten Angaben zu seiner Identität [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 4] und auf dessen Kenntnis und Verwendung der arabischen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten des Irak. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die zu seiner Ausreise aus dem Irak, zu seiner weiteren Reiseroute und zu seiner Einreise in Österreich getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus seinen Angaben anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörden, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.
2.3. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:
Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht einerseits auf seinen Angaben vor den Vernehmungsorganen der Sicherheitsbehörde und der belangten Behörde, sowie auf seinen Angaben in der Beschwerde und den vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Parteienvernehmung (in der Folge kurz: PV) gemachten Angaben.
So hatte er anlässlich seiner Erstbefragung vor einem Organ der Sicherheitsbehörde zu seinen Fluchtgründen befragt, einsilbig angegeben, dass er den Herkunftsstaat deshalb verlassen hätte, weil ihn die Schiitenmilizen umbringen würden und sie bereits viermal auf ihn geschossen hätten [Angaben des BF in Protokoll der LPD XXXX vom 25.05.2017, S. 5].
Anlässlich seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme vor der belangten Behörde gab er zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er bei einer Behörde gearbeitet hätte, die in einem schiitischen Bezirk sei. Er habe eine Drohung bekommen, die er nicht ernst genommen hätte. Als er eines Tages auf dem Weg zu seiner Arbeit gewesen sei, habe ein schwarzes Auto angehalten, dem bewaffnete Personen entstiegen seien. Sie hätten ihm gesagt, er müsse seine Arbeit kündigen, weil er Sunnit sei und sie wollten keine Sunniten. Daraufhin hätten ihn diese Personen mit der Waffe zu Boden geschlagen und seien weggefahren. Er sei nach Hause gegangen. Um Mitternacht sei auf sein Haus geschossen worden und sie hätten einen Drohbrief hinterlassen. Im Drohbrief, dem eine Patrone beilag, habe gestanden: "Euer Sohn Ahmed muss sich uns anschließen". Am nächsten Tag sei er trotzdem in die Arbeit gegangen. Auf dem zur Arbeit habe wieder ein Auto angehalten, aus dem bewaffnete Männer gestiegen seien. Sie hätten ihn am Kragen festgehalten und gefragt, ob er sich ihnen anschließe. Als er mit nein antwortete, hätten sie ihm fünfmal in den Rücken geschossen. Am 08.08.2013 sei er ins Spital gegangen und habe man ihn dort operiert. Am 23.08.2013 sei er aus dem Krankenhaus entlassen worden und am 27.08.2013 habe er den ärztlichen Befund erhalten. Erst im Jahr 2014 sei es ihm langsam besser gegangen. Am 15.05.2014 habe er schließlich bei der Polizei Anzeige erstattet. Am 18.05.2014 habe er von der Polizei ein Schreiben erhalten, dass man dieser Sache nachgehe. Jetzt hätten diese Personen gewusst, dass er nicht gestorben sei und er habe erneut eine Drohung erhalten. Er habe dann keine Lösung mehr gesehen, außer den Irak zu verlassen [Angaben des BF in Niederschrift des BFA vom 07.08.2017, AS 71 f]. Über Nachfragen durch das Organ, das bei der belangten Behörde die Einvernahme des BF führte, gab letzterer an, dass dem Auto beim ersten Mal vier Personen entstiegen seien [AS 72]. Beim zweiten Mal seien nur zwei Personen ausgestiegen. Im Auto seien mehr gewesen. Wenig später sagte er aus, dass beim zweiten Vorfall vier Personen dem Fahrzeug entstiegen seien [AS 73]. Die Frage, wie er denn ins Krankenhaus kam, beantwortete er dahin, dass Leute, die die Schüsse gehört hätten, gekommen seien und ihn in einem zivilen Fahrzeug ins Krankenhaus gebracht hätten. Er habe sich grob an die Situation im Auto erinnern können, wie er ins Krankenhaus gebracht wurde. Im Krankenhaus sei er dann bewusstlos geworden und habe sich an nichts erinnern können [AS 73]. Über Nachfrage, wann er den Irak verlassen hätte, gab er an, dass das im August 2016 gewesen sei [AS 74]. Seine beiden, im Herkunftsstaat lebenden Brüder seien nicht bedroht worden. Nur er sei bedroht worden, weil er bei einer schiitischen Behörde gearbeitet hätte [AS 75]. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht.
Anlässlich seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht setzte er sich mit seinen Angaben, wie tieferstehend darzustellen sein wird, in einen eklatanten Widerspruch zu seinen Angaben, die er vor der belangten Behörde im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 07.08.2017 gemacht hatte.
So gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zu seinen Angaben vor der belangten Behörde an, dass er im Herkunftsstaat nicht bei einer Behörde gearbeitet hätte, sondern seit einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2005 in der Industrie tätig gewesen sei. So habe er in XXXX in einem Industriebetrieb, der die Bezeichnung "XXXX" führt und Watte und Verbandsmittel herstellt, an einer Maschine gearbeitet, mit der Fäden für Verbandszeug hergestellt werden. Bei diesem Unternehmen habe er ca. 200,00 US-Dollar verdient (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 5 f). Dagegen gab er vor der belangten Behörde an, dass er seit dem Jahr 2012 bei einer in einem schiitischen Bezirk gelegen Behörde in BAGDAD gearbeitet hätte [Angaben des BF vor der belangten Behörde am 07.08.2017, AS 71 und AS 75].
Sowohl vor der belangten Behörde, als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht sagte er in der Folge aus, dass er im Jahr 2013 bedroht worden sei [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6; AS 71]. In der Version vor der belangten Behörde will er eines Tages auf dem Weg zur Arbeit gewesen sein, als ein schwarzes Auto angehalten habe, aus dem bewaffnete Personen ausgestiegen seien [AS 71]. Sie hätten ihm gesagt, dass er seine Arbeit kündigen müsse, weil er Sunnit sei und dass sie keine Sunniten wollten. Sodann hätten ihn diese Personen mit der Waffe zu Boden geschlagen und seien weggefahren. Um Mitternacht sei auf das Haus, in dem er wohnte, geschossen worden und "sie" hätten einen Drohbrief hinterlassen, in dem gestanden habe: "Euer Sohn XXXX muss sich uns anschließen". Am nächsten Tag sei er trotzdem zur Arbeit gegangen. Am Weg zur Arbeit habe wieder ein Auto angehalten, aus dem bewaffnete Personen ausgestiegen seien. Sie hätten ihn am Kragen festgehalten und gefragt, ob er sich ihnen anschließe. Als er nein sagte, hätten sie ihm fünfmal in den Rücken geschossen [AS 72].
Vor dem Bundesverwaltungsgericht sagte er dagegen in einem gesteigerten Vorbringen aus, dass er mehrmals bedroht worden sei, weil er Sunnit sei. Es sei eine "Bedrohung" zu ihm nach Hause gekommen, doch habe er diese ignoriert und weitergearbeitet, um seine Familie zu erhalten. Er sei gerade auf dem Weg zur Arbeit gewesen, als ein schwarzes Auto stehen geblieben sei. Diesem seien vier schwarz gekleidete und vermummte Personen entstiegen. Sie hätten ihm gesagt: "Du bist ein Sunnit. Entweder Du machst mit uns mit, oder wir töten Dich." Er hätte abgelehnt und sei weiterhin zur Arbeit gegangen. Zwei Tage danach, als er am weg nach Hause von der Arbeit war, hätten sie ihn wieder belästigt. Aus einem schwarzen Auto seien fünf bis sechs Personen ausgestiegen und hätten sie ihn geschlagen und gefragt, ob er mitmache oder nicht. Er sei von ihnen mit den Waffen an den Hinterkopf geschlagen worden, wodurch er bewusstlos geworden sei und man habe ihm den Muskel gebrochen, der nicht mehr nachgewachsen sei. Darüber hinaus habe er zwei Schüsse in den Rücken bekommen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6].
Diese zweite Version unterscheidet sich von der ersten Version vor der belangten Behörde schon dadurch, dass er in der ersten Version zunächst von bewaffneten Männern in einem schwarzen Auto bedroht worden sein wollte, anschließend sei auf das Haus, in dem der BF wohnte, geschossen und ein Drohbrief hinterlassen worden und dann habe es zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 den Vorfall mit dem Angriff auf die körperliche Integrität des BF gegeben. In der zweiten Version (vor dem BVwG) sei zu Beginn eine "Bedrohung" gestanden. Im Gesamtkontext kann angenommen werden, dass es sich dabei durchaus um ein Drohschreiben gehandelt haben könnte. Abgesehen vom eingetretenen Wechsel in Bezug auf den Rekrutierungsversuch und die Drohung hätten in der Version vor dem BVwG erst nach der eingelangten Drohung vier schwarz gekleidete und vermummte Männer in einem schwarzen Auto versucht, den BF zu bewegen, bei ihnen mitzumachen. Abgesehen davon, war in der Version vor dem BVwG keine Rede von allfällig bewaffneten Personen. In der Version dieser Geschichte vor der belangten Behörde war dagegen keine Rede von einer Drohung mit der Tötung des BF, sollte er bei diesen Personen nicht mitmachen.
Ein weiterer Widerspruch zeigt sich in den Versionen dieser Geschichte vor dem BVwG und vor der belangten Behörde, was den behaupteten Angriff gegen den BF anlangt. So will er in der Version vor der belangten Behörde auf dem Weg zur Arbeit gewesen sein, als wieder ein schwarzes Auto hielt, aus dem bewaffnete Männer stiegen [AS 72]. In der Version vor dem BVwG will er dagegen auf dem Weg von der Arbeit nach Hause gewesen sein, als das schwarze Auto kam, dem fünf bis sechs Personen entstiegen seien [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6]. Unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten des BF, der im Betrieb von täglich von Sonntag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 14:00 Uhr gearbeitet haben will [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6], muss sich der vom BF behauptete Vorfall mit dem Angriff auf seine persönliche Integrität in der Version vor der belangten Behörde in den frühen Morgenstunden und in der Version vor dem BVwG nach 14:00 Uhr, sohin am Nachmittag, zugetragen haben, womit die zeitlichen Angaben um zumindest sieben Stunden auseinanderklaffen.
Vor der belangten Behörde behauptete der BF, dass ihn die Angreifer fünf Mal in den Rücken geschossen hätten [AS 72]. Dagegen behauptete er vor dem BVwG, dass ihm nur zwei Mal in den Rücken geschossen worden sei. Daran, dass ihm (nur) zwei Mal in den Rücken geschossen worden sei, hielt er auch über Nachfrage fest. [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 6 f]. Erst als der BF mit seiner Aussage vor der belangten Behörde konfrontiert wurde, dass ihm fünf Mal in den Rücken geschossen worden sei, behauptete er, dass man ihm gesagt hätte, als er am Boden lag "Du bist mit 5 Schüssen angeschossen." Als er ins Spital kam, habe man zwei Schüsse festgestellt [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 11]. Diese (letzte) Angabe setzt voraus, dass ihm dies vor seiner Einlieferung ins Krankenhaus gesagt wurde.
Die Version vor dem BVwG widerspricht jedoch den Denkgesetzen, zumal der BF hier ausgesagt hatte, dass er zunächst einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen habe, wodurch er bewusstlos geworden sei. Daran hielt er auch fest, als er auf seine Angabe, in der Folge von fremden Menschen ins Krankenhaus gebracht worden zu sein, gefragt wurde, ob er diese fremden Menschen wiedererkennen würde, wenn er sie sehe [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 7]. Vor dem BVwG gab er im Gegensatz zu seiner Aussage vor der belangten Behörde an, erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen zu sein, womit er sich mit der Version vor der belangten Behörde erneut in einen eklatanten Widerspruch setzte. Nach dem Schlag gegen seinen Hinterkopf will er von den Angreifern gegen den linken Oberarm geschlagen worden sein, wodurch ihm ein Muskel, der angeblich nicht mehr nachgewachsen sei, gebrochen wurde. Selbst über eine von ihm durchgeführte Demonstration vermochte er den Muskelbruch, der zu einem Schwund der Muskelmasse im linken Oberarm geführt haben soll, nicht glaubhaft zu machen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 8 oben]. Erst danach will er zwei (statt: fünf) Schüsse in den Rücken bekommen haben.
Wenn der BF nach dem ersten Angriff in Gestalt des Schlages gegen seinen Hinterkopf tatsächlich ohnmächtig gewesen sein will, so kann er unmöglich den Schlag gegen den linken Oberarm und die (beiden) Schüsse in den Rücken mitbekommen haben. Bei vorausgesetzter Bewusstlosigkeit kann er auch nicht mitbekommen haben, mit welchen Schusswaffen ihm die behaupteten Schussverletzungen zugefügt wurden.
Vor dem BVwG sagte er aus, dass er erst im Krankenhaus zu Bewusstsein gelangt sei. Er könne daher keine Angaben dazu machen, mit welchem Fahrzeug er nach dem Vorfall ins Krankenhaus transportiert wurde [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 10]. Vor der belangten Behörde sagte er dagegen aus, dass er erst im Krankenhaus bewusstlos geworden sei und dass er von Leuten, die die Schüsse gehört und gekommen seien, mit einem Zivilfahrzeug ins Krankenhaus gebracht worden sei [AS 73 unten]. Neben den bereits geschilderten Widersprüchen lässt auch dieser Widerspruch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt des vom BF geschilderten Vorfall aufkommen.
Ein weiterer Widerspruch zeigt sich darin, dass der BF vor der belangten Behörde behauptete, dass ihm die Schusswunden mit Pistolen zugefügt worden seien [AS 73]. Vor dem BVwG sagte er dagegen aus, dass ihm die Schussverletzungen mit "einer tonlosen Kalaschnikow", sohin mit einer automatischen Langwaffe (Maschinengewehr) zugefügt worden seien [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 7 oben]. Abgesehen davon, dass schon bezüglich der zum Einsatz gelangten Waffen erhebliche Widersprüche festzustellen sind, widerspricht es schon den Denkgesetzen, dass mit einer automatischen Langwaffe, mit der in der Regel Dauerfeuer abgegeben werden, dem BF (lediglich) zwei Schussverletzungen zugefügt wurden. Wie schon oben ausgeführt, kann er in der Version vor dem BVwG, auf Grund der von ihm behaupteten Bewusstlosigkeit nach dem Schlag auf den Hinterkopf, schon nach den Denkgesetzen keine Aussage dazu treffen, dass ihm die Schussverletzungen mit einer Langwaffe zugefügt worden seien.
Da sich ein Erlebnis, wie es der BF behauptet, in der Regel tief ins Gedächtnis einprägt, gelingt es einem Opfer nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer, das Erlebte korrekt wiederzugeben. Da der BF dazu jedoch nicht in der Lage war, das behauptete Erlebte korrekt wiederzugeben, bestehen gegründete Zweifel am Wahrheitsgehalt der unterschiedlichen Versionen seiner individuellen Bedrohungs- bzw. Verfolgungssituation. Der behauptete Vorfall im Jahr 2013, wie auch die ohne Beispiel gebliebene Behauptung, nach der erfolgten Anzeige bei der Polizei des Herkunftsstaates wieder Ziel von Verfolgung geworden zu sein, erscheinen dem erkennenden Gericht daher als ein den Tatsachen widersprechendes Gedankenkonstrukt des BF.
Daran vermögen selbst die vorgelegten Urkunden nichts zu ändern. So brachte der BF einen zum 21.08.2013 datierten medizinischen Bericht des Chirurgischen Lehrkrankenhauses BAGDAD zur Vorlage (AS 85), der auf einen am 21.08.2013 geborenen Patienten Bezug nimmt.
Berücksichtigt man das Geburtsdatum des BF im angefochtenen Bescheid (XXXX) und das vom BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG korrigierten Angaben zu seinem Geburtsdatum (nunmehr: XXXX) und die im medizinischen Bericht mit 28 Jahren wiedergegebene Altersangabe des Patienten, so steht dies mit dem tatsächlichen Alter des BF nicht in Einklang, da er im Zeitpunkt der Erstellung des medizinischen Berichtes - ausgehend vom Geburtsdatum XXXX - erst XXXX Jahre alt war bzw. - ausgehend vom nunmehr vom BF als richtig bezeichneten Geburtsdatum XXXX - erst XXXX Jahre alt war. Darüber hinaus erwähnt der medizinische Bericht lediglich, dass der behandelte Patient "an verschiedenen Stellen am Rücken durch Schusswunden verletzt war", während von weiteren Verletzungen, die vom Schlag gegen den Hinterkopf oder dem Schlag gegen den linken Oberarm (behaupteter Muskelbruch) herrühren, nicht die Rede ist [AS 85]. Diese eklatanten Widersprüche lassen erhebliche Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten medizinischen Urkunde aufkommen, zumal auch die Angaben zur Person mit jenen Angaben, die vom BF der belangten Behörde und dem Gericht bekannt gegeben wurden, nicht in Einklang zu bringen sind.
Darüber hinaus hat der BF im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren ein zum 18.05.2014 datiertes Schreiben des Obersten Gerichtshofs in XXXX vorgelegt, das sich auf eine am 15.05.2014 aufgenommene Anzeige bezieht, die sich "gegen unbekannte Personen, welche auf ihn, am Weg zur Arbeit, geschossen haben" Im bezogenen Schriftstück heißt es weiter, dass das zuständige Untersuchungsgericht "der terroristischen Drohung nachgehen werde" [AS 91]. Aus der bezogenen Urkunde geht damit lediglich hervor, dass gegen unbekannte Personen wegen einer "terroristischen Drohung" Anzeige erstattet wurde. Der vom BF behauptete Angriff zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013, der zu schweren Verletzungen des BF geführt haben soll, wurden entgegen der Behauptung des BF vor der belangten Behörde [AS 74] bzw. seinen Angaben vor dem BVwG [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 9 unten] nicht zur Anzeige gebracht, was - unter der Prämisse, dass es sich beim Anzeiger um den BF gehandelt habe, woran ebenfalls auf Grund der mangelnden Übereinstimmung in der Identität gegründete Zweifel bestehen -, nahelegt, dass sich der Vorfall mit der Verletzung der körperlichen Integrität des BF gar nicht ereignet haben kann.
Mit seinen Angaben vor dem BVwG, dass die Polizei des Herkunftsstaates keine Ermittlungen aufgenommen habe [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 22.06.2018, S. 10 oben], setzte sich der BF einmal mehr in Widerspruch zu seinen bisherigen Angaben vor der belangten Behörde [AS 74], wo er angab, am 18.05.2014 ein Schreiben von der Polizei erhalten zu haben, worin gestanden habe, dass man der Sache nachgehe. Seine Angaben widersprechen auch dem Urkundenbeweis [AS 91], hinsichtlich dessen in Anbetracht der mangelnden Übereinstimmung der Identität des BF mit jener des Anzeigers gegründete Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Urkunde ergeben.
Es waren daher die Konstatierungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen.
2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
3.1.1. Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17.11.2017 erhobene Beschwerde des BF wurde bei dieser am 04.12.2017 fristgerecht eingebracht und langte diese mit dem angefochtenen Bescheid und den Bezug habenden Verwaltungsakten am 07.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der sich eignet, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; vom 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 05.11.1992, Zl. 92/01/0792 und vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH vom 01.06.1994, Zl. 94/18/0263 und vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewe