TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/3 G305 2187851-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.2018
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Entscheidungsdatum

03.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2187835-1/9E

G305 2187842-1/9E

G305 2187830-1/9E

G305 2187851-1/9E

G305 2187846-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die jeweils zum 08.02.2018 datierten Beschwerden 1.) XXXX, geb. am XXXX StA. Irak, 2.) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, 3.) XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, 4.) XXXX, geb. XXXX StA. Irak, und 5.) des mj. XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, alle wohnhaft in XXXX, alle vertreten durch die XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, XXXXjeweils vom 19.01.2018, Zl. XXXX und Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Die gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VI. der angefochtenen Bescheide gerichteten Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer, 1.) XXXX (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer oder kurz: BF1), 2.) XXXX(im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin oder kurz: BF2), 3.) XXXX (im Folgenden: minderjährige Drittbeschwerdeführerin oder kurz: mj. BF3), 4.) XXXX(im Folgenden: minderjähriger Viertbeschwerdeführer oder kurz: mj. BF4) und 5.) XXXX(im Folgenden: minderjähriger Fünftbeschwerdeführer oder kurz: mj. BF5) sind Staatsangehörige der Republik Irak und stellten am 23.07.2015, um 08:20 Uhr bzw. um 08:45 Uhr, einen Antrag auf internationalen Schutz. Am darauffolgenden Tag (24.07.2015, ab 17:17 Uhr) fand eine Erstbefragung des BF1 vor Organen der XXXX statt. Die BF2 wurde ebenfalls am 24.07.2015, ab 18:01 Uhr vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde niederschriftlich einvernommen.

Anlässlich seiner Erstbefragung sagte der BF1 zur Reiseroute im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er und die übrigen Beschwerdeführer am 18.08.2014 mit dem Flugzeug von XXXXnach ISTANBUL (Türkei) ausgereist seien. Dort hätten sie ein Jahr lang gelebt. Danach seien sie mit dem Bus nach BODRUM gefahren, von wo aus sie schlepperunterstützt mit dem Boot nach KLEIMENOS (GRIECHENLAND) übergesetzt seien. Dort seien sie aufgegriffen worden und hätten eine schriftliche Aufforderung zum Verlassen Griechenlands erhalten. Sodann seien sie von ATHEN mit dem Bus nach THESSALONIKI und von hier aus schlepperunterstützt nach Österreich gefahren [BF1 in Niederschrift über die Erstbefragung vom 24.07.2015, S. 4]. Die BF2 bestätigte die Angaben des BF1 zur Reiseroute [BF2 in Niederschrift über die Erstbefragung vom 24.07.2015, S. 4].

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF1 an, dass er Sunnit sei und im Herkunftsstaat ganz normal gelebt habe. In seiner Heimatstadt habe es zwischen Sunniten und Schiiten einen Bürgerkrieg gegeben. Er habe die Heimat verlassen müssen, weil sie vor den Schiiten keine Ruhe gehabt hätten [BF1 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 5]. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die BF2 - wie schon der BF1 - an, dass es in ihrer Heimatstadt einen Bürgerkrieg zwischen den Sunniten und Schiiten gegeben hätte. Ihr Mann sei Sunnit. Sie hätten die Heimat verlassen müssen, weil sie vor den Schiiten keine Ruhe gehabt hätten. Deshalb habe sie mit ihrem Mann flüchten müssen [BF2 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 5]. Weitere Fluchtgründe nannte auch sie nicht.

Die minderjährigen Beschwerdeführer stützten ihre Fluchtgründe im Wesentlichen kurz zusammengefasst auf jene des BF1, bezeichneten jedoch keine eigenen Fluchtgründe.

Für den Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat gaben der BF1 und die BF2 im Wesentlichen übereinstimmend an, dass sie vor allem Angst hätten und es keinen Frieden für sie selbst und die Familie gebe. Auch gebe es dort keine Sicherheit.

2. Anlässlich einer am 23.08.2017 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme sagte der BF1 zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass er den Herkunftsstaat aus religiösen Gründen im Allgemeinen verlassen habe. Als er in XXXX lebte, sei jedem jungen Sunniten der Kopf abgeschnitten oder er sei erschossen worden. Bei ihm selbst habe das Problem im Jahr 2012 angefangen, weshalb er sich entschlossen hätte, das Land zu verlassen. Sein Hauptgrund seien die Milizen gewesen. Bei den Checkpoints seien die Ausweise kontrolliert worden und er sei immer gedemütigt worden. Sein größter Fehler sei es gewesen, bei "dieser Firma anzufangen". Er und seine drei Freunde hätten dort als Security begonnen. Als er dort anfing, hätten sie gewusst, dass er Sunnit sei. Dann sei er am Telefon bedroht worden. Er sei angerufen, beschimpft und gedemütigt worden. Ihm seien Vorwürfe gemacht worden, dass er ein Rassist sei, oder radikal oder vom IS. Er und seine Freunde hätten SMS erhalten. Als er ein SMS erhielt, habe dringestanden, dass er der Nächste sei oder dass seine Zeit bald kommen würde. Ende Juni 2014 sei dann eine Schießerei gewesen. Er und seine drei Freunde hätten immer zur selben Zeit angefangen und zur selben Zeit aufgehört. Sie hätten von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr gearbeitet. Bei Dienstschluss hätten sie die Firma verlassen und seien ins Auto gestiegen. Da sei geschossen worden. Amar, sein Freund, sei zuerst gestorben [BF1 in Verhandlungsniederschrift des BFA vom 23.08.2017, S. 6].

Anlässlich ihrer am 23.08.2017 durch ein Organ der belangten Behörde durchgeführten niederschriftlichen Befragung gab die BF2 im Kern an, dass ihr Ehegatte wegen seiner Zugehörigkeit zu den Sunniten per SMS bedroht worden sei. Hierauf erklärte sie, dass sie und die minderjährigen Beschwerdeführer sich den Fluchtgründen ihres Mannes anschließen. XXXX sei nur ein für die Schiiten "sicheres Land". Die Milizen würden die Sunniten und die Katholiken umbringen. Als Grund für seine Bedrohung nannte sie den Umstand, dass er Sunnit sei [BF2 in Verhandlungsniederschrift des BFA vom 23.08.2017, S. 5].

3. Mit den hier verfahrensgegenständlichen, jeweils zum 19.01.2018 datierten Bescheiden, Zl. XXXX und XXXX wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführer (BF1 bis mj. BF5) auf Gewährung von internationalem Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines/einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und auf Zuerkennung des Status eines/einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG vom 24.07.2015 ab (Spruchpunkt II.) und sprach weiter aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen die Beschwerdeführer erlassen werde (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

4. Gegen diese, den Beschwerdeführern am 24.01.2018 bzw. 25.01.2018 durch persönliche Ausfolgung direkt zugestellten Bescheide richten sich deren, jeweils zum 08.02.2018 datierten, der belangten Behörde am 21.02.2018 im Wege ihrer Rechtsvertretung übermittelten Beschwerden, die sie mit den Anträgen verbanden, 1.) ihnen in Stattgebung ihrer Beschwerden den Status eines/einer Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, 2.) in eventu ihnen den Status eines/einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG zuzuerkennen, 3.) in eventu festzustellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig und daher festzustellen ist, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG vorliegen und den BF daher gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen sei, oder 4.) die angefochtenen Bescheide zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Erstbehörde zurückzuverweisen, 5.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens durchzuführen.

5. Am 02.03.2018 legte die belangte Behörde die gegen die vorbezeichneten Bescheide gerichteten Beschwerden, die angefochtenen Bescheide und die Bezug habenden, jeden einzelnen Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor; hier wurden die Beschwerdesachen der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugewiesen.

6. Am 27.07.2018 wurde vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich der die einzelnen Beschwerdesachen gemäß § 39 Abs. 1 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung miteinander verbunden wurden und in deren Rahmen der BF1, die BF2 und die mj. BF3 im Beisein einer Dolmetsch für die arabische Sprache als Parteien einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der im Spruch genannte BF1 (XXXX, geb. XXXX) ist Staatsangehöriger der Republik Irak. Er gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Seine Muttersprache ist arabisch.

Die im Spruch genannte BF2 (XXXX, geb. am XXXX) ist ebenfalls Staatsangehörige der Republik Irak. Sie ist Araberin und gehört ebenfalls der arabischen Volksgruppe an. Sie ist Muslima sunnitischer Glaubensrichtung und kleidet sich im religiösen Sinne traditionell.

Der BF1 und die BF2 haben am 13.12.2005 traditionell und vor einem Shariagericht geheiratet. Die BF2 ist eine Cousine des BF1 [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 25 und 30 unten].

Die minderjährigen Beschwerdeführer, die mj. BF3 (XXXX geb. am XXXX), der mj. BF4 (XXXX, geb. am XXXX) und der mj. BF5 (XXXX, geb. XXXX) sind ebenfalls Staatsangehörige der Republik Irak. Sie sind ebenfalls der arabischen Sprache mächtig und gehören der muslimischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung an.

Die minderjährigen Beschwerdeführer sind allesamt unverheiratet und leben in keiner eheähnlichen Lebensgemeinschaft.

1.2. Zur Einreise der Beschwerdeführer ins Bundesgebiet und zu deren persönlichen Situation im Irak:

Die beschwerdeführenden Parteien sind gesund und sie nehmen keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung.

Der BF1 besuchte von 1994 bis 2000 (sohin über einen Zeitraum von sechs Jahren) die Grundschule und in der Folge von 2000 bis zum Jahr 2003 die Mittelschule in XXXX. Die Mittelschule brach er in zeitlicher Nähe zu seiner Eheschließung ab. Anschließend arbeitete er als Taxifahrer und in der Folge auch als Security-Mitarbeiter, dies um für den Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sorgen [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 6f; BF1 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 1].

Die BF2 besuchte im Herkunftsstaat (ebenfalls in XXXX) von 1994 bis 2000 (sohin sechs Jahre lang) die Grundschule. Eine weiterführende Schulausbildung belegte sie jedoch nicht. Sie machte auch keine Lehre. Seit der Eheschließung mit dem BF1 betätigte sie sich als Hausfrau [BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 26; BF2 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 1].

Im Zeitpunkt ihrer am 18.08.2014 erfolgten Ausreise war keine bzw. keiner der minderjährigen Beschwerdeführer schulpflichtig bzw. besuchte keiner von ihnen die Schule im Herkunftsstaat.

Für den Lebensunterhalt der mitbeschwerdeführenden Parteien kam der BF1 mit seiner Erwerbstätigkeit als Taxifahrer und dann als Security-Mitarbeiter in der in XXXX betriebenen Niederlassung der Firma G4S auf. Die angeführten Erwerbstätigkeiten übte er auf nichtselbständiger Basis aus [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 7 oben]. Er verdiente gut und konnten er und die Familie davon gut leben. Er war in der Lage, von den erzielten Einkünften Ersparnisse zu bilden. Die beschwerdeführenden Parteien hatten keine finanziellen Sorgen [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 20]. Der BF1 und die mitbeschwerdeführenden Parteien lebten fast bis zu ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat in einem in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX gelegenen Einfamilienhaus der Familie des BF1 mit einer Grundfläche von ca. 300 m² [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 7 unten]. Das Haus besteht noch immer und stand dieses bis zum Tod des Vaters, im März 2012, in dessen Eigentum. Der Vater des BF1 starb eines natürlichen Todes [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 7].

Der BF1 und die BF2 sind grundsätzlich arbeitsfähig. Der die Altersvoraussetzungen erfüllende Teil der minderjährigen Beschwerdeführer (die mj. BF3 und der mj. BF2) ist mittlerweile schulpflichtig.

Am 18.08.2014 reisten die beschwerdeführenden Parteien mit dem Flugzeug vom Flughafen XXXX nach ISTANBUL (Türkei) aus. Anschließend lebten sie bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt im Juli des Jahres 2015 in ISKYSHAHIR (Türkei), als sie mit dem Bus nach BODRUM fuhren und von hier schlepperunterstützt mit dem Boot nach KLEIMENOS (Griechenland) übersetzten. Dort wurden sie von den griechischen Behörden aufgegriffen und aufgefordert, Griechenland zu verlassen. Nach sieben Tagen setzten sie mit dem Schiff nach ATHEN über und fuhren von hier aus mit dem Bus nach THESSALONIKI und von hier aus mit dem PKW zur mazedonischen Grenze. Die Grenze überquerten sie zu Fuß. Von Mazedonien reisten sie mit verschiedenen Verkehrsmitteln, teils schlepperunterstützt, über die "Balkanroute" nach Österreich, wo sie zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt ohne Reisepass (sohin illegal) einreisten. Im Zeitpunkt des Antritts ihrer Reise am Flughafen XXXX und (zumindest) bei ihrer Ankunft in der Türkei waren die beschwerdeführenden Parteien noch im Besitz des Reisepasses. Der Verbleib des Reisepasses konnte nicht festgestellt werden [BF1 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 3 f; BF2 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 3f; PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 8f]

Am 23.07.2015, 08:20 Uhr bzw. 08:45 Uhr stellten der BF1 und die BF2 für sich und deren minderjährige Kinder vor einem Organ der öffentlichen Sicherheitsbehörde den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz [BF1 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 2; BF2 in Erstbefragungsprotokoll, S. 2].

Der BF1 hat noch im Herkunftsstaat lebende Verwandte, und zwar seinen Cousin, XXXX, sowie seine Schwestern, die zu einem nicht

festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX, die ebenfalls zu einem nicht

festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX, die zu einem nicht

festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX und die zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX, sowie zwei Halbschwestern, die zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX und die zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX. Bis auf die Halbschwester XXXX sind alle Schwestern des BF1 verheiratet und haben Kinder. Schwester XXXX lebt in XXXX, die Schwestern XXXX und XXXX in XXXX, die Schwestern XXXX, XXXXund XXXX in XXXX, Schwester XXXX. Die Brüder des BF, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX leben außerhalb des Herkunftsstaates [BF1 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 3; PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 9f]. Die Eltern des BF1 sind beide eines natürlichen Todes verstorben.

Wie der BF1 hat auch die BF2 im Herkunftsstaat lebende bzw. dort aufhältige Verwandte, und zwar ihre Mutter, XXXX, und zwei Schwestern der BF2, die jeweils zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt geborene XXXXund XXXX. Sie leben gemeinsam in einem Haus in XXXX mit einer Grundfläche von ebenfalls 300 m². Diese beiden Schwestern sind kinderlos. In XXXX leben noch weitere Schwestern der BF, und zwar die jeweils zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt geborene XXXX (verheiratet, 4 Kinder), XXXX (verheiratet, 4 Kinder), XXXX (verheiratet, 2 Kinder) und XXXX (verheiratet, 2 Kinder). Die siebte Schwester der BF2, XXXX(verheiratet, sieben Kinder), lebt in der Türkei [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 31f; BF2 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 3].

Die BF2 steht mit ihren Schwestern über die sozialen Medien in Kontakt.

1.3. Zur persönlichen Situation der beschwerdeführenden Parteien in Österreich:

Sowohl der BF1, als auch die BF2 haben mit Ausnahme ihrer Kinder (den mitbeschwerdeführenden Parteien) keine im Bundesgebiet lebenden Verwandten [PV des BF1 und PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 10f und 32].

Sowohl der BF1, als auch die BF2 sind im Bundesgebiet ohne Beschäftigung bzw. befinden sich die beschwerdeführenden Parteien in der Grundversorgung des Bundes.

Für den städtischen Bauhof der Stadtgemeinde XXXX verrichtete der BF1 lediglich sporadisch und im Ausmaß von nur wenigen Stunden (im Oktober und im November 2015 jeweils 22,00 Stunden; im März, August und September 2016 jeweils 22,00 Stunden und im Mai 2017 jeweils 5,00 Stunden) handwerkliche Tätigkeiten, wie zum Beispiel in der Tischlerei, in der Straßengärtnerei und in der Fahrzeugpflege. Für seine sporadische Mithilfe bezog er pro Stunde ein Gehalt [PV des BF1 und PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 11 und 33; Bestätigungsschreiben des Stadtamtes XXXX vom 20.02.2018].

Die beschwerdeführenden Parteien sind - soweit ersichtlich - strafrechtlich unbescholten und weisen diese gegenwärtig eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf.

Weder der BF1, noch die BF2 engagieren sich in einem Verein oder in einer karitativen Organisation. In Österreich besuchen weder der BF1, noch die BF2 bestimmte Kurse, eine Schule, oder eine Universität [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 12 und S. 33]. Der BF1 hat zwar zwei Deutschkurse auf den Niveaus A2 und B1 belegt; von diesen beiden Deutschkursen brachte er lediglich den Deutschkurs auf dem Niveau A2 mit einer Prüfung zum Abschluss [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 11].

Der BF1 und die BF2 verfügen über Grundkenntnisse der deutschen Sprache.

1.4. Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Parteien:

Weder der BF1, noch die übrigen beschwerdeführenden Parteien waren Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung, oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates. Er war auch nie inhaftiert bzw. hatte weder mit den Behörden, noch mit den Gerichten, noch mit der Polizei des Herkunftsstaates Probleme [BF1 in Niederschrift des BFA vom 23.08.2017, S. 5].

Die beschwerdeführenden Parteien hatten weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses, noch auf Grund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme mit den Behörden oder den Gerichten ihres Herkunftsstaates.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 oder die übrigen beschwerdeführenden Parteien Probleme mit den Milizen des Herkunftsstaates gehabt hätte bzw. einer Bedrohung oder Verfolgung durch diese unterlegen wäre.

Um seiner Familie, bestehend aus der BF2, der mj. BF3, dem mj. BF4 und dem mj. BF5, den Lebensunterhalt sicherzustellen, ging der BF1 im Herkunftsstaat zunächst einer Erwerbstätigkeit als Taxifahrer nach und war dann, ab Anfang April 2014 für die Dauer von vier Monaten als Security-Mitarbeiter der Firma XXXX tätig. Seine Aufgabe als Security-Mitarbeiter bestand im Wesentlichen darin, ein Gebäude, in dem Unterkünfte und Büroräumlichkeiten von auf den Erdölbasen tätigen internationalen Erdölingenieuren zu schützen [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 7 und S. 15].

Als Security-Mitarbeiter verwendete er ein Funkgerät als Kommunikationsmittel. Er war auch im Besitz eines Wertkartenhandys, dessen Nummer jedoch nicht angemeldet war bzw. im Telefonbuch stand und zu der lediglich seine Familie und Freunde Zugang hatten. Dass über diesen Personenkreis hinaus noch weitere Personen Zugang zur Telefonnummer des BF1 gehabt hätten, konnte anlassbezogen weder festgestellt noch glaubhaft gemacht werden [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 17]. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er auf der Arbeitsstelle mit seinen Arbeitskollegen Probleme gehabt hätte bzw. dort aus religiösen oder politischen Gründen Drohungen oder Anfeindungen ausgesetzt gewesen wäre [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 21].

Dass ihm auf sein Mobiltelefon Droh-SMS mit einer an ihn gerichteten Beschimpfung und damit verknüpfter Drohung übermittelt worden wären, konnte nicht festgestellt werden.

Selbst bei Wahrunterstellung dieser Behauptung, kam anlassbezogen nicht hervor, wer ihm Kurznachrichten des vom BF1 behaupteten Inhalts übermittelt haben könnte. Dass die behaupteten Droh-SMS entsprechend der Behauptung des BF1 von Milizen abgesendet worden seien, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Es steht jedoch fest, dass der BF1 selbst nie Kontakt zu einer Miliz hatte, bzw. von einer Miliz kontaktiert worden wäre. Es steht fest, dass er persönlich zu keinem Zeitpunkt Berührungspunkte, gleich welcher Art, mit einer Miliz gehabt hätte [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 18].

Dass der BF1 zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2014 auf der Heimfahrt von der Arbeit in ein Schussattentat unbekannter Angreifer auf involviert gewesen wäre, bei dem einer der drei Fahrzeuginsassen tödlich verletzt worden sein soll, während er und ein weiterer Fahrzeuginsasse unbeschadet davon gekommen sein sollen, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden, ebensowenig wie die Behauptung des Erstbeschwerdeführers, dass dieser Angriff den Hauptgrund für die Ausreise der beschwerdeführenden Parteien aus dem Herkunftsstaat gebildet hätte [vgl. PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, 19; PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 33].

Anlassbezogen konnte nicht festgestellt werden, dass der BF1 als Sunnit von Schiiten telefonisch beschimpft, gedemütigt oder bedroht worden wäre. Nach eigenen Angaben hatte der BF1 - vom behaupteten Vorfall mit dem Schussattentat abgesehen - keine Probleme im Herkunftsstaat [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 20].

Es steht fest, dass der BF1 weder die behaupteten Droh-SMS, noch ein Schussattentat der Polizei bzw. den Sicherheitskräften des Herkunftsstaates angezeigt hat [PV des BF1 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 19].

Dass er ab diesem Zeitpunkt als Taxifahrer und als Security-Mitarbeiter der Firma XXXXtätig gewesen wäre, konnte ebensowenig festgestellt werden [siehe dazu PV des BF1 Ebda., S. 20].

Die BF2 lebte mit dem BF1 im Familienhaus in XXXX und bekleidete dort die Rolle einer Hausfrau. Sie lebte dort die Rolle einer den religiösen Traditionen verpflichteten Frau und zeigte diese durch Tragen des Hijab auch nach außen hin. Weder sie noch die minderjährigen Beschwerdeführer waren Anfeindungen oder Drohungen aus politischen oder religiösen Gründen ausgesetzt. Ihre Fluchtgründe bzw. die der minderjährigen Beschwerdeführer (der mj. BF3, des mj. BF4 und des mj. BF5) stützen sich auf die vom BF1 behaupteten Fluchtgründe [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 34].

Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte beschwerdegegenständlich nicht festgestellt werden. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass eine der beschwerdeführenden Parteien (hier besonders der BF1 und die BF2) vor deren Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer individuellen Verfolgung aus den von ihnen genannten Gründen ausgesetzt gewesen wären, oder bei ihrer Rückkehr in den Irak ausgesetzt sein könnten.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, der Religion, ihrer Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Gesinnung ausgesetzt sein könnten oder dass sonstige Gründe vorliegen würden, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstünden.

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien bei ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder auf Grund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder sie als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wären.

1.5. Zur allgemeinen Situation der beschwerdeführenden Parteien im Herkunftsstaat:

1.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt MOSSUL der Provinz NINAVA gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von KIRKUK, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Irak registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz AL ANBAR bzw. deren Metropolen FALLOUJA und RAMADI als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSSUL, Provinz NINAVA, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von MOSSUL sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des TIGRIS sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von MOSSUL eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine, wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier ABADI MOSSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt TALLAFAR durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie eine Enklave um HAWIJA südwestlich von KIRKUK.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt KIRKUK betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass die beschwerdeführenden Parteien einer asylrelevanten Bedrohung durch den IS nach der erfolgten Übernahme der Stadt am 10.06.2014 ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es den beschwerdeführenden Parteien - selbst bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 23.05.2018)

Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 23.05.2018)

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 23.05.2018).

1.5.2. Zur Lage Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft im Irak:

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch kommt es vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden.

Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert, Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft werden häufig zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen. Seitens des irakischen Staates liegt jedoch keine systematische Verfolgung und Misshandlung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vor. Mit einem Anteil von ca. 35 % - 40 % der Gesamtbevölkerung bilden die Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft die größte Gruppe der Minderheiten des Irak und sind in Gesellschaft und in der Politik vertreten und treten auch zu den Parlamentswahlen im Mai 2018 auch sunnitische Parteien an.

Die Sicherheitslage im Irak hat sich gegen Ende des Jahres 2017 und Anfang des Jahres 2018 stabilisiert, doch gibt ist es diesbezügliche große Unterschiede zwischen den Regionen. So sind z.B. in ANBAR sehr wenige sicherheitsrelevante Zwischenfälle zu verzeichnen, wohingegen sich die Situation in KIRKUK verschärft darstellt. Die Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN befinden sich in sicherheitsrelevanter Hinsicht in der Mitte dieser Skala und die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle steigt und sinkt von Monat zu Monat. Erst im Februar 2018 sind Berichten zufolge die tragischen Nachwirkungen des Bürgerkrieges in Form von Massengräben zu Tage getreten, die meisten Toten waren in der Region NINEWA zu verzeichnen. Auch darüber hinaus waren nach Joel WING ("Musings on Iraq") eine Reihe von Opfern zu verzeichnet, so hat es insgesamt um die 245 relevante Vorfälle gegeben (in etwa je einen in BASRA, einen in DHI QAR und in SULAIMANIYYA, zwei in BABIL, 12 in ANBAR, 28 in DIAYLA und 42 in NINEWA). Die Situation im Irak schwankt und kann nicht für alle Provinzen einheitlich beurteilt werden. DIYALA ist weiterhin eine der instabilsten Provinzen des Iraks. Im Gegensatz dazu stellt sich die Lage in SALAH AL-DIN entsprechend stabiler dar, die Gewalt ebbt vor allem im Zusammenhang mit dem IS gegen Ende des Jahre 2017 erheblich ab.

Quellen:

Al-Araby, 'Don't enter Baghdad': Wave of murder-kidnappings grips Iraq capital,

https://www.alaraby.co.uk/english/news/2017/5/17/dont-enter-baghdad-wave-of-murder-kidnappings-grips-iraq-capital, 17.05.2017 (Zugriff am 8. Februar 2018)

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Zugriff am 20. Februar 2018)

Institute of war, Final 2014 Iraqi National Elections Results by Major Political Groups (19.05.2014), http://iswiraq.blogspot.co.at/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html#!/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html (Zugriff am 09.03.2018)

Rudaw, Kurdish, Sunni MPs boycott Iraqi parliament session over budget dispute, 01.03.2018,

http://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/03012018 (Zugriff am 09.03.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Zugriff am 8. Februar 2018)

WING, Joel, Musings on Iraq, 649 Deaths, 275 Wounded Feb 2018 In Iraq (UPDATED), 03.03.2018 http://musingsoniraq.blogspot.co.at/ mwN (Zugriff am 07.03.2018)

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht. Es gibt nach wie vor Regionen, die mehrheitlich sunnitisch geprägt sind. Darüber gibt es auch in dem von Schiiten dominierten und weitestgehend stabilen Süden des Iraks sunnitische Enklaven und ein weitestgehend beständiges Nebeneinander von Sunniten und Schiiten.

1.5.3. Zu den innerstaatlichen Fluchtalternativen der beschwerdeführenden Parteien als arabische Sunniten im Irak:

Laut UNHCR wurden in fast allen Teilen des Landes für Binnenflüchtlinge verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit des Vorweisens eines Bürgen, die Registrierung bei lokalen Behörden, sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch mehrere verschiedene Sicherheitsbehörden, da die Regionen fürchten, dass sich IS Kämpfer unter den Schutzsuchenden befinden.

Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person. Eine ID-Karte ist in fast allen Regionen von Nöten, doch besteht nicht in jeder Region die Notwendigkeit eines Bürgen.

Quellen:

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (Zugriff am 08. Februar 2018).

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Zugriff am 20. Februar 2018)

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf, (Zugriff am 08. Februar 2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, Juni 2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Zugriff am 8. Februar 2018)

Es ist möglich, ohne Bürgschaft in die AUTONOME REGION KURDISTAN einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen ERBIL als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu KURDISTAN oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in ERBIL frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einzureisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragten. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der AUTONOMEN REGION KURDISTAN bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.

Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region SULAIMANIYYA zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodann den Daueraufenthalt beantragen. In SULAIMANIYYA ist nach Berichten der UNHCR kein Bürge notwendig, um sich niederzulassen oder eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Berichten der IOM zufolge leben 90 % aller Binnengeflüchteten in SULAIMANIYYA in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83 % Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in SULAIMANIYYA am Bildungssystem teilhaben. Binnengeflüchtete haben in SULAIMANIYYA die Möglichkeit in den verschiedensten Feldern zu den gleichen Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.

In BAGDAD gibt es mehrere sunnitisch mehrheitlich bewohnte Stadtviertel. Zur Einreise von sunnitischen Arabern in das Stadtgebiet BAGDADS müssen sich diese einem Sicherheitscheck unterziehen, vor allem, wenn sie aus vom IS dominierten Gebieten kommen. Darüber hinaus kann es notwendig werden, einen Bürgen vorzuweisen. Auch um BAGDAD herum gibt es Flüchtlingslager und Aufnahmestationen.

Quellen:

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf (Zugriff am 8. Februar 2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12. 4. 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Zugriff am 8. Februar 2018)

1.5.4. Zur Lage der Frauen im Irak:

In der Verfassung der Republik Irak ist die Gleichstellung der Geschlechter verankert und nach Art. 49 Abs. 4 der Verfassung im Irak eine Frauenquote von 25% im Parlament (AUTONOMIEREGION KURDISTAN: 30%) vorgesehen. Dadurch sind im irakischen Parlament derzeit 82 von 328 Abgeordnete Frauen. Die irakische Verfassung spricht auch in der Präambel der Verfassung davon, den Rechten der Frauen besondere Aufmerksamkeit schenken zu wollen und Art. 22 Abs. 1 der irakischen Verfassung regelt das Recht auf Arbeit für alle irakischen Staatangehörigen. Dennoch finden diese verfassungsgesetzlichen Garantien auf einfachgesetzlicher Ebene oftmals keine entsprechende Umsetzung. Nach Art. 41 leg cit gilt, dass im Irak Personenstandsangelegenheiten der Religion entsprechend geregelt werden dürfen.

Vor allem in schiitisch dominierten Bereichen herrschen oftmals islamische Regeln, die auch umgesetzt werden, z. B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten und durch Unterdrückung eines "westlichen" bzw. "nicht konservativen" Lebens- und Kleidungsstils. Dadurch werden die Freizügigkeit der Frauen und somit auch deren Teilnahme am öffentlichen Leben eingeschränkt.

Ehrenverbrechen an Frauen sind im Irak nach wie vor ein großes Problem. Die Gründe dafür sind u.a. schwache Strafverfolgungsbehörden, die Einflussnahme von Milizen sowie die zunehmende Verbreitung besonders strenger und konservativer religiöser Werte. Wird eine Frau einer außerehelichen Freundschaft oder Beziehung mit einem Mann verdächtigt, so kann sie Gefahr laufen, Oper eines Ehrverbrechens zu werden, um die als solche empfundene Verletzung der Ehre der betreffenden Familie zu tilgen. Ehrverbrechen werden von den eigenen Familienangehörigen begangen. Es kommt auch vor, dass der Druck, ein solches Verbrechen zu begehen, von der Großfamilie, dem Clan, der Gemeinde, dem Stamm, einer bewaffneten Gruppe oder anderen externen Akteure ausgeübt wird. Oftmals unterbleiben Anzeigen oder werden solche nicht weiterverfolgt, wobei die Tendenz, solche Verbrechen aufzuklären, steigt. Für die AUTONOME REGION KURDISTAN gilt, dass Ehrenmorde nunmehr als Morde gelten und mit der gleichen Strafe sanktioniert werden, wie andere Verbrechen. In der AUTONOMEN REGION KURDISTAN existieren drei staatliche Frauenhäuser. Im restlichen Irak wurden von seitens des Staates keine Frauenhäuser eingerichtet, um bedrohte Frauen aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren. Vereinzelt betreiben jedoch vor Ort agierende Frauenhilfsorganisationen entsprechende Unterkünfte.

Eine Reihe von AktivistInnenplattformen, NGO¿s und andere internationale Akteure, z.B. UN Women, Iraqi Women Network, Iraqi Women Journalist's Forum und Organization of Women's Freedom in Iraq, kämpfen im Irak gegen die soziale, religiöse und rechtliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frauen an. So arbeitet z.B. das UN Women Nationalkomitee im Irak mit der irakischen Regierung zusammen um die Ziele des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen (UNDAF) für den Referenzzeitraum 2015 - 2019 zu erreichen, zu welchem auch die Miteinbeziehung und Förderungen von Frauen und Mädchen zählen.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 25.07.2018)

UN-Women, Humanitarian actors highlight women's role in recovery and peacebuilding in Iraq, 20.09.2017, http://www.unwomen.org/en/news/stories/2017/9/news-humanitarian-actors-highlight-womens-role-in-recovery-and-peacebuilding-in-iraq (Letzter Zugriff am 26.02.2018)

UN-Women, Iraq, http://arabstates.unwomen.org/en/countries/iraq (Letzter Zugriff am 25.07.2018)

UN-Women, UN Women meets with Women Leaders and Civil Society Organizations in Baghdad [EN/AR/KU], 02.08.2017 https://reliefweb.int/report/iraq/un-women-meets-women-leaders-and-civil-society-organizations-baghdad-enarku (Letzter Zugriff am 02.08.2018)

1.5.5. Zur Lage von Kindern im Irak in Hinblick auf innerstaatlich Vertriebene:

Kinder sind als Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage in den Krisengebieten des Irak betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind entweder für sich genommen von Gewalt betroffen oder dadurch, dass ihre Familienmitglieder zu Opfern von Gewalt wurden. Vor allem Kinder und Jugendliche, die mit ihren Familien innerhalb des Iraks flüchten, sind von besonderer Vulnerabilität. Junge Männer laufen in Krisenherden zudem in Gefahr, als Soldaten rekrutiert zu werden.

Dennoch kann festgestellt werden, dass immer mehr Binnenflüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren, so wird berichtet, dass, obwohl nach wie vor ca. 2,6 Millionen irakische Staatsangehörige nach wie vor Schutz in anderen Teilen des Iraks suchen, Ende des Jahres 2017 ca. 3,2 Millionen Binnenvertriebene wieder in ihre früheren Wohnorte zurückgekehrt sind. Es ist festzustellen, dass sich in Gebieten, die vom IS befreit wurden, das Leben auch für Kinder langsam wieder stabilisiert. Dass Kinder in Regionen, in denen derzeit keine Kriegshandlungen gesetzt werden, z.B. in BAGDAD, ERBIL oder BASRA, von einer über die allgemeine angespannte Sicherheitslage hinausgehenden humanitären Kriegs- oder Krisensituation ausgesetzt wären, konnte nicht festgestellt werden.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Zugriff am 28.07.2018)

IOM, Number of Returns Exceeds Number of Displaced Iraqis: UN Migration Agency, 12.01.2018,

https://www.iom.int/news/number-returns-exceeds-number-displaced-iraqis-un-migration-agency (Zugriff am 28.07.2018)

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016-November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Zugriff am 28.07.2018)

1.6. Zur Lage der beschwerdeführenden Parteien im Herkunftsstaat in Zusammenhang mit den vorgebrachten Fluchtgründen:

Anlässlich seiner Erstbefragung vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde am 24.07.2015 gab der zu seinen Fluchtgründen befragte BF1 an, dass es in seiner Heimatstadt einen Bürgerkrieg zwischen den Sunniten und Schiiten gebe und dass er die Heimat verlassen habe müssen, da sie vor den Schiiten keine Ruhe gehabt hätten.

Vor der belangten Behörde gab er anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 23.08.2017 im Kern an, den Herkunftsstaat deshalb verlassen zu haben, weil er Droh-SMS bekommen hätte. Auch erwähnte er ein Schussattentat, das sich gegen Ende Juni des Jahres 2014 ereignet haben soll und in das er involviert gewesen sein soll.

Anlässlich seiner PV vor dem BVwG nannte er das Schussattentat gegen Ende Juni 2014 als Hauptgrund für die Ausreise der beschwerdeführenden Parteien.

Selbst bei Wahrunterstellung der Droh-SMS, die er im Juni 2014 erhalten haben wollte, und des Schussattentats gegen Ende Juni 2014 kam in der Vernehmung des BF1 als Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.07.2018 nicht hervor, dass er einer Bedrohung bzw. einer systematischen Verfolgung durch Milizen, hier möglicherweise schiitischer Milizen ausgesetzt gewesen wäre.

Wenn er die behaupteten Ereignisse in die Nähe einer Milizurheberschaft zu rücken versuchte, tat er dies im Rahmen einer unsubstantiiert gebliebenen Vermutung. Dass er überdies selbst angab, nie mit einer Miliz in Kontakt gestanden zu haben bzw. von einer solchen kontaktiert worden zu sein, macht seinen Versuch, die von ihm behaupteten Droh-SMS und das von ihm weiter behauptete Schussattentat in die Nähe einer Milizurheberschaft zu rücken, gänzlich unglaubwürdig, weshalb die Darstellung seines Fluchtvorbringens insgesamt als ein im Widerspruch zu den Tatsachen stehendes Gedankenkonstrukt in Erscheinung tritt.

Auch aus den hg. Länderberichten zur Heimatregion und zur Heimatstadt XXXX der beschwerdeführenden Parteien lässt sich kein Hinweis auf die in den Beschwerdeschriften bzw. in der Stellungnahme vom 27.07.2018 behauptete systematische Verfolgung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensrichtung entnehmen. Trotz genauer Befragung des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG kam gegenständlich nicht hervor, dass der BF1 konkreten Bedrohungs- und Verfolgungshandlungen durch (schiitische) Milizen im Juni 2014 ausgesetzt gewesen wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 18.05.2018.

2.2. Zur Person und zu den Reisebewegungen der beschwerdeführenden Parteien:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staats- und Religionszugehörigkeit sowie zum Familienstand der beschwerdeführenden Parteien getroffen wurden, beruhen diese auf den eigenen Angaben des BF1 und der BF2 in der niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde vom 24.07.2015 und in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 23.08.2017, den vorgelegten Unterlagen und den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und der Verwendung der Sprache Arabisch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des BF1 und der BF2 vor dem BFA und in der vom erkennenden Gericht am 27.07.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung.

Die Konstatierungen zur grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des BF1 und zur Dauer und der Art der schulischen Ausbildung und zur beruflichen Tätigkeit des BF1 bzw. der BF2 im Herkunftsstaat gründen auf den Angaben der genannten Personen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht.

Die Konstatierungen zum Schulbesuch der BF2 und dazu, dass sie im Herkunftsstaat die Rolle der Hausfrau bekleidete, beruhen auf ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S 26f]. Jedoch zeigten sich in ihrer Aussage zu ihren im Herkunftsstaat lebenden Verwandten bzw. nahen Angehörigen eklatante Unstimmigkeiten und Widersprüche, zumal sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf die Frage des vorsitzenden Richters "Haben Sie Verwandte im Herkunftsstaat?" zur Antwort gab "Ich und mein Ehemann sind Cousins und Cousinen. Die Schwestern meines Ehemannes leben dort und sein Cousin." [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 31] in der Folge angegeben hatte, dass ihre Mutter und zwei Schwestern, nämlich Schwester XXXX und Schwester XXXX, im Herkunftsstaat leben würden. Diesfalls führte sie ergänzend aus, dass alle drei zuletzt genannten Personen in einem - vor ihr als "arabisches Haus" bezeichneten - Haus, das eine Fläche von 300 m² aufweist, leben. Als die Frage nach weiteren, im Herkunftsstaat lebenden Verwandten gestellt wurde, gab sie wörtlich an: "Nein, nur die ich erwähnt habe. Ein Cousin, meine Mutter und meine Schwestern." [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 31]. Damit brachte sie klar zum Ausdruck, dass nur die zuvor genannten Personen in ihrem Herkunftsstaat leben würden. An einer anderen Stelle, als sie dazu befragt wurde, mit welchen Verwandten sie in Kontakt steht, gab sie an, dass sie mit ihrer Schwester XXXX in Kontakt stehe. Nach dem Alter dieser - bisher noch nicht erwähnten - Schwester befragt, gab die BF2 an, dass sie das nicht wisse, weil sie sieben Schwestern habe, und zwar XXXX. Außer XXXX, die in der Türkei leben soll, würden alle anderen Schwestern mit deren Ehegatten und Kindern in XXXX (sohin im Herkunftsstaat) leben [PV der BF2 in Verhandlungsniederschrift vom 27.07.2018, S. 32]. Hält man sich diese zuletzt gegebene Antwort zu (weiteren) im Herkunftsstaat lebenden Verwandten vor Augen, muss die auf die Frage "Haben Sie noch weitere Verwandte im Herkunftsstaat?" gegebene Antwort der BF2, nachdem sie ihre Mutter sowie die beiden Schwestern XXXX und XXXX als (vermeintlich einzige) im Herkunftsstaat lebende Verwandte angegeben hatte, als unrichtig gewertet werden.

Desweiteren hatten der BF1 und die BF2 anlässlich ihrer Befragung vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde am 24.07.2015 noch angegeben, dass sie und die minderjährigen Beschwerdeführer am 18.08.2014 mit dem Flugzeug von XXXX aus den Herkunftsstaat nach ISTANBUL ausgereist wären und sodann ein Jahr lang in ISKYSHAHIR (Türkei) gelebt hätten [Angaben des BF1 und der BF2 in dem jeweils mit ihnen aufgenommenen Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 4], so ergibt sich bei Wahrunterstellung des Ausreisezeitpunkts aus dem Herkunftsstaat (18.08.2014), dass die beschwerdeführenden Parteien die Türkei nicht vor dem 18.08.2014 verlassen haben können. Sie wollen die Türkei nach ihren Angaben gemeinsam über BODRUM in die Europäische Union verlassen haben. Vor dem Hintergrund der Asylantragstellung am 23.07.2015, zu den Angaben des BF1 und der BF2 über die Dauer ihrer Reise bis nach Österreich (diese soll ca. 15 Tage gedauert haben [BF1 und BF2 in Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 4]) und der am 24.07.2015 erfolgten Erstbefragung stimmen auch die Angaben des BF1 und der BF2 zu einem einjährigen Aufenthalt in der Türkei nicht.

Die zum Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien und zur grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des BF1 und der BF2 getroffenen Konstatierungen beruhen auf ihren diesbezüglichen Angaben vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht und auf dem in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2018 vermittelten persönlichen Eindruck.

Die zu den Reisebewegungen der beschwerdeführenden Parteien getroffenen Konstatierungen gründen im Wesentlichen auf den Angaben des BF1 und der BF2 vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde am 29.12.2015 [BF1 Erstbefragungsprotokoll vom 24.07.2015, S. 4; BF2 Erstbe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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