Entscheidungsdatum
07.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G314 2201141-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, serbische Staatsangehörige, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.06.2018,Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,
dass es in Spruchpunkt I. zu lauten hat: "Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 2 FPG erlassen." und im zweiten Satz des Spruchpunkts III. zu lauten hat: "Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt".
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Am XXXX.2018 wurde die Beschwerdeführerin (BF) wegen ihres nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert. Am 18.06.2018 wurde sie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ua zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung vernommen. Mit Mandatsbescheid vom selben Tag wurde über die BF die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung "gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Die Rückkehrentscheidung wurde im Wesentlichen mit dem aufgrund der Überschreitung der erlaubten Dauer des visumfreien Aufenthalts nicht rechtmäßigen Aufenthalt der BF im Bundesgebiet und mit dem Fehlen entgegenstehender privater und familiärer Bindungen begründet. Der Lebensmittelpunkt der BF befinde sich in Serbien. Sie sei in Österreich unterstandslos und weder beruflich noch sozial integriert. Ihr in Österreich aufhältiger Ehemann sei seit Anfang 2018 in Haft und habe keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich. Die BF sei nicht mit der Obsorge für ihre ebenfalls in Österreich lebenden Kinder betraut und lebe mit ihnen seit Juni 2017 nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt. Es bestünde keine relevante Bindung zu ihrer im Bundesgebiet lebenden Schwester. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde im Spruch des angefochtenen Bescheids auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützt und in der Begründung mit der bei der BF bestehenden Fluchtgefahr iSd § 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG begründet. Sie sei des Öfteren im Bundesgebiet untergetaucht und für die Behörde nicht greifbar gewesen. Seit 2016 seien Zustellversuche an ihrer Meldeadresse erfolglos gewesen. Sie habe bei ihrer Einvernahme angekündigt, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachzukommen. Mangels einer realen menschenrechtsrelevanten Gefahr sei es ihr zumutbar, den Ausgang des Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse an einem Verbleib in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück. Dazu wurde (offenbar versehentlich) ausgeführt, dass § 18 Abs 2 Z 2 BFA-VG erfüllt sei.
Am 21.06.2018 wurde die BF nach Serbien abgeschoben.
Gegen den Bescheid richtet sich die wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde mit den Anträgen, eine Beschwerdeverhandlung zur Einvernahme der BF sowie eines Vertreters des Kinder- und Jugendhilfeträgers und eines Vertreters der Wohngemeinschaft, in der die Kinder der BF untergebracht seien, durchzuführen (letztere zum Beweis für regelmäßige Besuchskontakte und den liebevollen Umgang der BF mit ihren Kindern sowie zu den Auswirkungen einer allfälligen Trennung), den angefochtenen Bescheid aufzuheben, eine Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer für unzulässig zu erklären und ihr eine "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 AsylG zu erteilen. Die BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA Form und Häufigkeit der Kontakte zu ihren Kindern sowie die Auswirkungen einer dauerhaften Trennung auf das Familienleben und auf deren Wohl hätte ermitteln müssen. Die Söhne der BF hätten ein Recht auf Kontakte zu ihrer Mutter; ihr Wohl sei bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Da es sich um Kleinkinder handle, seien körperliche Nähe und nonverbale Interaktionen notwendig, die nicht durch fernmündliche Kontakte ersetzt werden könnten. Aus der Obdachlosigkeit könne nicht auf eine fehlende soziale Integration der BF, die weit fortgeschrittene Deutschkenntnisse habe, geschlossen werden. Die BF wendet sich in der Beschwerde auch gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Der angefochtene Bescheid weise insoweit einen wesentlichen Begründungsmangel auf, weil die Aberkennung im Spruch auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützt worden sei, in der Begründung aber § 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG hervorgehoben und thematisiert, jedoch auch ausgeführt worden sei, dass § 18 Abs 2 Z 2 BFA-VG erfüllt sei. Es sei nicht erkennbar, auf welcher Grundlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei. Es bestünde keine Fluchtgefahr, weil die BF anlässlich von Besuchen bei ihren Kindern jederzeit greifbar gewesen sei.
Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 18.07.2018 einlangte.
Feststellungen:
Die BF stammt aus der serbischen Stadt XXXX. Sie ist mit dem serbischen Staatsangehörigen XXXX, der bis 24.05.2018 über einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" verfügte und am 23.05.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" stellte, verheiratet.
Die BF verfügt über einen am 24.07.2014 ausgestellten und bis 24.07.2024 gültigen serbischen Reisepass, mit dem sie erstmals im August 2014 in das Bundesgebiet einreiste und bei ihrem Ehemann Unterkunft nahm. Sie war in dessen Unterkunft (XXXX) von XXXX.2014 bis XXXX.2014 mit Nebenwohnsitz und von XXXX.2014 bis XXXX.2016 mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Am XXXX.2015 kam XXXX als Sohn der BF und ihres Ehemanns in XXXX zur Welt. Am 12.05.2015 beantragte die BF die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus". Mit Bescheid vom 16.12.2015 wurde dieser Antrag wegen unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen. Am XXXX.2016 kam XXXX, das zweite Kind der BF und ihres Ehemanns, in XXXX zur Welt. XXXX und XXXX sind serbische Staatsangehörige und verfügen weder über Reisepässe noch über österreichische Aufenthaltstitel.
Die BF kehrte trotz gewalttätiger Übergriffe ihres Ehemanns, die auch ihre Kinder gefährdeten, immer wieder zu ihm zurück. Am XXXX.2015 erstattete ihre Cousine wegen Gewalt von XXXX gegen die BF und das gemeinsame Kind Anzeige bei der Polizei. XXXX leugnete die Tat, räumte aber ein, dass er der BF eine Ohrfeige gegeben habe. Am XXXX.2015 schlug er die BF, die dadurch auf XXXX, den sie im Arm hielt, fiel. Daraufhin wurde gegen XXXX ein Betretungsverbot erlassen und eine Wegweisung erwirkt. Die BF zog mit XXXX zu ihrer Tante nach XXXX, wo sie sich ohne Wohnsitzmeldung aufhielt, kehrte aber im Jänner 2016 zu ihrem Ehemann zurück.
Mit dem Schreiben des BFA vom 27.04.2016 wurde die BF aufgefordert, sich zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu äußern, weil sie sich nach der Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet aufhielt. Dieses Schreiben wurde der BF an ihrer damaligen Meldeadresse am 04.05.2016 durch Hinterlegung zugestellt, aber nicht behoben. Sie erstattete keine Stellungnahme.
Von XXXX.2016 bis XXXX.2016 war die BF in einem Notquartier der Caritas an der Adresse XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet, von XXXX.2016 bis XXXX.2017 in einem Frauenhaus in der XXXX. Zwischen XXXX.2017 und XXXX.2017 bestand eine Hauptwohnsitzmeldung an der Adresse XXXX, in einer Notunterkunft für von Obdachlosigkeit bedrohte Familien des Vereins XXXX. Der Versuch, ihr dort am 13.02.2017 das Schreiben des BFA vom 08.02.2017, mit dem sie neuerlich aufgefordert wurde, sich zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu äußern, zuzustellen, scheiterte, weil sie nach der Auskunft des Zustellers verzogen war. Daraufhin erfolgte am 14.02.2017 die Abmeldung der BF von diesem Wohnsitz. Zwischen XXXX.2017 und XXXX.2017 war sie in einem Übergangswohnhaus für wohnungslose Familien in der XXXX, mit Hauptwohnsitz gemeldet, zwischen XXXX.2018 und XXXX.2018 an der Adresse XXXX, in einem Frauenhaus. Zwischen XXXX.2017 und XXXX.2017, zwischen XXXX.2017 und XXXX.2018 sowie zwischen XXXX.2018 und ihrer Festnahme am XXXX.2018 bestand keine Wohnsitzmeldung der BF.
Am XXXX.2017 wurden XXXX, bei dem eine Entwicklungsstörung mit autistischen Verhaltensweisen besteht, und XXXX den Eltern mangels adäquater Grundversorgung in den Bereichen Ernährung, Pflege, Wohnraum und medizinischer Versorgung abgenommen. XXXX war anfangs in einer Krisenpflegefamilie untergebracht, XXXX in einem Krisenzentrum. Nunmehr leben beide in einer Kleinkinderwohngemeinschaft in XXXX, wo sie sich gut entwickeln. Eine Unterbringung in einer Pflegefamilie scheiterte bislang am Fehlen von Aufenthaltstiteln und Reisedokumenten. Mit dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 23.05.2018, XXXX, wurde der BF und ihrem Ehemann die Obsorge für die beiden Kinder wegen einer nicht anders abwendbaren Gefährdung des Kindeswohls entzogen und dem Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen.
Die BF besucht ihre Kinder regelmäßig in der Wohngemeinschaft. Fixe Besuchszeiten für Eltern bestehen dort nicht. Die Mutter-Kind-Kontakte funktionieren gut, die BF ist ihren Kindern zugewandt. Ein Unterbleiben von Besuchskontakten zu ihrer Mutter würde sich negativ auf das Wohl der Kinder auswirken. Am XXXX.2018 wurde die BF anlässlich eines Besuchs bei den Kindern festgenommen.
Vor der Abnahme der Kinder hatte sich die BF gegenüber Vertretern der Kinder- und Jugendhilfe und der Familienhilfe aggressiv und nicht kooperationsfähig verhalten. Sie weist hinsichtlich ihrer Erziehungsfähigkeit deutliche Einschränkungen auf. Eine Rückführung der Kinder in ihre Obsorge ist möglich, wenn der Aufenthaltsstatus der Familie geklärt ist, die BF in der Lage ist, mit der Kinder- und Jugendhilfe zu kooperieren und die Gewaltproblematik zwischen ihr und ihrem Ehemann aufgearbeitet wird. Zu letzterem ist die BF nicht bereit, zumal sie von ihrem Ehemann ausgehende Gewalt bestreitet.
Der Ehemann der BF wurde in Österreich bereits mehrmals strafgerichtlich verurteilt. 2008 und 2013 wurde er zu (bereits endgültig nachgesehenen) bedingten Freiheitsstrafen verurteilt, 2017 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wobei die Probezeit anlässlich der Folgeverurteilung auf fünf Jahre verlängert wurde. Unter anderem wegen eines Vorfalls bei der Abnahme der Kinder (er wehrte sich mit einer Eisenstange gegen mehrere Polizisten, die die Abnahme unterstützen, und verletzte diese, während die BF versuchte, mit den Kindern zu fliehen) erfolgte im Februar 2018 eine Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (davon zehn Monate bedingt). Gegen ihn ist deshalb ein (noch nicht rechtskräftig beendetes) Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme anhängig. Nach der Verbüßung des unbedingten Strafteils wurde er am 15.06.2018 nach Serbien abgeschoben.
Die BF kehrte nach ihrer Einreise nach Österreich immer wieder nach Serbien zurück, wo ihre Eltern leben, und hielt sich dort in deren Haus auf. Ihre Kinder verblieben stets in Österreich. Zuletzt reiste sie am 17.10.2017 aus Serbien in den Schengenraum ein und hielt sich von da an bis zu ihrer Abschiebung durchgehend in Österreich auf. Abgesehen von den Zeiten, in denen eine Wohnsitzmeldung bestand, war sie hier ohne festen Unterstand und nächtigte auf der Straße, in Parks, bei Freunden oder bei ihrer in XXXX lebenden Schwester, die jedoch nicht berechtigt war, sie in ihrer Wohnung unterzubringen, und zu der mittlerweile aufgrund eines Zerwürfnisses kein Kontakt mehr besteht.
Die BF ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, arbeitete hier aber "schwarz" (ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung und ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung), um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Außerdem wurde sie von ihren Eltern, ihrer Schwester und ihrem Ehemann finanziell unterstützt. Sie leistet keinen Geldunterhalt für ihre Kinder. Bei ihrer Verhaftung verfügte sie über Barmittel von EUR 1.125, die sie für die Kosten eines Anwalts angespart hatte, mit dessen Hilfe sie die Obsorge für die Kinder zurückerlangen wollte.
Die BF spricht Serbisch. Deutschkenntnisse können nicht festgestellt werden. Ihr wurde nie ein österreichischer Aufenthaltstitel erteilt. Sie erklärte gegenüber dem BFA bei ihrer Einvernahme am 18.06.2018, dass sie das Bundesgebiet ohne ihre Kinder nicht freiwillig verlassen werde.
Die BF ist in strafgerichtlicher Hinsicht unbescholten. Sie leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen und ist erwerbsfähig. Sie hat in Österreich keine weiteren familiären oder sozialen Bindungen und ist hier weder beruflich noch gesellschaftlich integriert. Auch in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, können keine weiteren familiären, sozialen oder gesellschaftlichen Bindungen der BF festgestellt werden.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Identität der BF wird durch ihren (dem BVwG in Kopie vorliegenden) Reisepass belegt, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht. Daraus ergibt sich auch ihr Geburtsort. Die Ehe der BF wird anhand des Beschlusses des Bezirksgerichts XXXX vom 23.05.2018 festgestellt. Der Aufenthaltsstatus ihres Ehemanns ergibt sich aus dem Fremdenregister.
Die BF gab bei ihrer Einvernahme vor dem BFA an, seit vier Jahren zwischen Österreich und Serbien hin und her zu reisen. Die erste Einreise in den Schengenraum, die in ihrem Reisepass dokumentiert ist, war im August 2014. Ihre Wohnsitzmeldungen werden anhand der entsprechenden Einträge im Zentralen Melderegister (ZMR) festgestellt. Daraus und aus dem im ZMR aufscheinenden Unterkunftgebern ergibt sich auch, dass sie zwischen Oktober 2016 und Februar 2018 zeitweilig in Notunterkünften oder Frauenhäusern gemeldet war. Dies steht im Einklang mit den Feststellungen zur Wohnsituation des BF laut dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX.
Die Feststellungen zu den Kindern der BF basieren auf dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX sowie auf den entsprechenden Auszügen aus dem Fremdenregister und dem ZMR.
Die Abweisung des Antrags der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wird anhand des aktenkundigen Bescheids vom 16.12.2015 und der entsprechenden Eintragung im Fremdenregister festgestellt.
Die Feststellungen zu den Übergriffen des Ehemanns der BF gegen sie folgen dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX, aus dem auch hervorgeht, dass XXXX eine Ohrfeige im Juli 2015 und einen Schlag ins Gesicht im November 2015 vor der Polizei zugegeben hatte. Auch zwei Aufenthalte in Frauenhäusern sowie die Erlassung eines Betretungsverbots und einer Wegweisung sprechen dafür, dass die BF Opfer häuslicher Gewalt wurde. Da sie laut ZMR nie in XXXX behördlich gemeldet war, ist davon auszugehen, dass sie sich dort ohne Wohnsitzmeldung aufhielt.
Die Feststellungen zur Zustellung der Schreiben des BFA vom 27.04.2016 ergeben sich aus dem aktenkundigen Schreiben samt Zustellnachweis und Rücksendung. Eine Stellungnahme der BF ist nicht aktenkundig. Die Feststellungen zum Zustellversuch des Schreibens vom 08.02.2017 ergeben sich aus dem Schreiben samt Bericht des Zustellers und Rücksendung.
Die Feststellung zur Abnahme der Kinder, zu ihrer Fremdunterbringung, zur Entziehung der Obsorge und zu den Gründen dafür beruhen auf dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 23.05.2018 sowie auf dessen Protokoll vom 04.04.2018. Die Besuche der BF bei ihren Kindern werden anhand der im Protokoll vom 04.04.2018 geschilderten Kontakte festgestellt. Dies wird dadurch untermauert, dass die BF bei einem solchen Besuch verhaftet wurde. Im Beschluss des Bezirksgerichts XXXX wird ein von Familiengerichtshelferinnen beobachteter Kontakt geschildert, bei dem sich die BF den Kindern zugewandt zeigte und Körperkontakt suchte, aber wenig kindgerechte Angebote setzte. Das Fehlen fixer Elternbesuchszeiten ergibt sich aus dem Aktenvermerk der Landespolizeidirektion XXXX vom 14.06.2018, aus dem hervorgeht, dass an der Adresse der Wohngemeinschaft nicht immer jemand erreichbar ist und dass keine Besuchszeiten in Erfahrung gebracht werden konnten.
Die negativen Auswirkungen fehlender Besuchskontakte zu den leiblichen Eltern auf das Kindeswohl zeigen sich schon daran, dass jeder Elternteil eines minderjährigen Kindes mit dem Kind eine persönliche Beziehung einschließlich der persönlichen Kontakte zu pflegen hat (§ 186 ABGB), dass das Kind und jeder Elternteil grundsätzlich das Recht auf regelmäßige und den Bedürfnissen des Kindes entsprechende persönliche Kontakte haben (§ 187 Abs 1 ABGB) und dass verlässliche Kontakte sowie sichere Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind (§ 138 Z 9 ABGB). Die gilt auch hier, zumal gut funktionierende Kontakte der BF zu ihren Kindern bestehen, deren Abbruch deren Wohl trotz der positiven Entwicklung in der derzeitigen Umgebung sicher nicht zuträglich wäre.
Die festgestellten Defizite in der Kooperations- und Erziehungsfähigkeit der BF ergeben sich ebenfalls aus dem überzeugend und detailliert begründeten Beschluss des Bezirksgerichts XXXX. Die Voraussetzungen für eine Rückführung der Kinder in die Obsorge der BF werden anhand der Angaben des Vertreters der Kinder- und Jugendhilfe im Protokoll vom 04.04.2018 festgestellt. Die BF bestritt gegenüber dem Bezirksgericht XXXX am 04.04.2018, dass ihr Ehemann ihr gegenüber gewalttätig geworden sei, woraus auf eine mangelnde Bereitschaft zur Aufarbeitung des Gewaltthemas geschlossen werden kann.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Ehemanns der BF werden anhand des Strafregisterauszugs festgestellt. Die Tat, die seiner letzten Verurteilung zugrunde lag, wird im Beschluss des Bezirksgerichts Meidling näher geschildert. Die Verbüßung der Strafe ergibt sich aus den Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten und aus den Angaben der BF, das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und die Abschiebung aus dem Fremdenregister. Aufgrund der Aufhebung und Zurückverweisung mit dem Beschluss des BVwG vom 12.06.2018, G311 2197315-1/3E, ist davon auszugehen, dass das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme noch nicht rechtskräftig beendet wurde.
Die Feststellungen zur wiederholten Rückkehr der BF nach Serbien basieren auf ihren Angaben gegenüber dem BFA und auf den Grenzkontrollstempeln in ihrem Reisepass. Die BF schilderte gegenüber dem BFA ihre Wohnungslosigkeit und das Zerwürfnis mit ihrer Schwester.
Es gibt keine Anhaltspunkte für eine legale Erwerbstätigkeit der BF im Bundesgebiet. Sie schilderte am 04.04.2018 vor dem Bezirksgericht Meidling, dass sie keine finanziellen Probleme habe, weil sie in Österreich "schwarz" arbeite, sodass eine entsprechende Feststellung zu treffen ist. Die finanzielle Unterstützung durch ihre Verwandten und die vorhandenen, für Anwaltskosten angesparten Barmittel erläuterte sie bei ihrer Vernehmung durch das BFA. Die Feststellung, dass die BF derzeit keinen (Geld-) Unterhalt für ihre Kinder leistet, ergibt sich daraus, dass sie vor dem BFA behauptete, "für keine Kinder sorgepflichtig" zu sein.
Die Serbischkenntnisse der BF sind aufgrund ihrer Herkunft naheliegend und können auch deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit der Dolmetscherin für diese Sprache problemlos möglich war. Beweisergebnisse für Deutschkenntnisse liegen nicht vor. Weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt, insbesondere dem Fremdenregister, ist zu entnehmen, dass ihr je ein Aufenthaltstitel in Österreich erteilt wurde. Die mangelnde Bereitschaft, das Bundesgebiet ohne ihre Kinder zu verlassen, bekräftigte sie mehrfach vor dem BFA.
Die Feststellung der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der BF basiert auf dem Strafregister. Abgesehen von der vagen Behauptung einer (nicht medikamentös behandelten) Herzschwäche gegenüber dem BFA gibt es keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme. Ihre Erwerbsfähigkeit ergibt sich aus ihrem - abgesehen davon offenbar unproblematischen - Gesundheitszustand, ihrem erwerbsfähigen Alter und ihrer "Schwarzarbeit" im Bundesgebiet.
Es gibt keine aktenkundigen Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende Integration oder Anbindung der BF in Österreich oder in einem anderen Staat, für den die Rückführungsrichtlinie gilt. Es lassen sich auch keine Integrationsbemühungen der BF nachvollziehen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Die BF ist als Staatsangehörige von Serbien Fremde iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben. Die übrigen Fälle des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) kommen hier nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einer dieser Tatbestände erfüllt sein könnte.
Die BF ist als serbische Staatsangehörige mit einem noch bis 2024 gültigen biometrischen Reisepass gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs 4 Z 20 FPG) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Zu den Voraussetzungen für ihre Einreise und ihren Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gehört weiters, dass sie Dokumente vorzeigen kann, die ihren Aufenthaltszweck und die Umstände ihres Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem ihre Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c Schengener Grenzkodex [Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF]; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ [Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs 4 Z 6 FPG]). Außerdem darf sie keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs 1 lit e SDÜ).
Der Aufenthalt der BF zwischen Oktober 2017 und Juni 2018 war aufgrund der massiven Überschreitung des zulässigen visumfreien Aufenthalts und ihrer (nicht legalen) Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nicht rechtmäßig.
Es liegen keine Umstände vor, die dazu führen, dass der BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre. Zwar wurde sie Opfer von Gewalt durch ihren Ehemann; da sie dies aber abstreitet, hätte keine (antragsbedürftige) einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen werden können, sodass die Voraussetzungen des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG nicht erfüllt sind.
Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG ("Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung"; §§ 41 ff FPG) fällt. Im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG hielt sich die BF nicht mehr im Bundesgebiet auf. Somit ist die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG weggefallen. Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG hat daher zu entfallen (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).
Gemäß § 52 Abs 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs 2 BFA-VG).
Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:
Aufgrund der deutlichen Überschreitung des zulässigen visumfreien Aufenthalts hielt sich die BF nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Rückkehrentscheidung wurde im angefochtenen Bescheid daher zutreffend auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützt.
Nunmehr ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die BF nicht mehr in Österreich aufhält. Aufgrund der Ausreise während des Beschwerdeverfahrens ist der Fall unter dem Blickwinkel des § 52 Abs 1 Z 2 FPG zu beurteilen und die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abzuweisen, zumal eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs 1 FPG) nicht in Frage kommt (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 12 und 21).
Seit der Ausreise der BF findet die Rückkehrentscheidung daher in § 52 Abs 1 Z 2 FPG ihre weitere Rechtsgrundlage, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon vor der Ausreise und daher jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm Art 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.
Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).
Die Rückkehrentscheidung greift insbesondere in das Familienleben der BF ein. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass sie ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in Österreich hat, weil sich ihre Kinder im Bundesgebiet aufhalten. Verlässliche Kontakte zu den leiblichen Eltern sind auch nach der Entziehung der Obsorge im Interesse des Kindeswohls geboten (vgl § 138 Z 9 ABGB). Gemäß § 186 ABGB hat die BF mit ihren Kindern eine persönliche Beziehung einschließlich persönlicher Kontakte zu pflegen. Ihrem Interesse an einer Fortsetzung dieses Familienlebens steht aber das große öffentliche Interesse am geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Vorschriften gegenüber. Das Gewicht des Familienlebens der BF im Inland wird dadurch entscheidend gemindert, dass es zu einer Zeit entstand, zu der sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal die BF über keine über die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer hinausgehende Aufenthaltsgenehmigung in Österreich verfügte und ihr dies - insbesondere aufgrund der Abweisung ihres Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels - zweifellos bekannt war. Der BF wird es aber in Zukunft möglich sein, ihre Kinder von Serbien aus im Rahmen visumfreier Aufenthalte in Österreich zu besuchen, sodass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung ihres Familienlebens nicht geboten ist, zumal es zwischen XXXX und zahlreichen serbischen Städten, unter anderem XXXX, regelmäßig günstige Fernbusverbindungen gibt und gegen die BF kein Einreiseverbot erlassen wurde. Außerdem ist der Verbleib der Kinder im Bundesgebiet mangels Aufenthaltsgenehmigung keineswegs gesichert.
Weitere relevante private oder familiäre Anknüpfungen der BF im Bundegebiet bestehen nicht, zumal sie auch während ihres knapp vierjährigen Aufenthalts in Österreich immer wieder zu ihrer Herkunftsfamilie nach Serbien zurückkehrte, wo sie eine Wohnmöglichkeit hat, und in Österreich nie legal erwerbstätig war. Es liegt keine berücksichtigungswürdige Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht vor. Dagegen bestehen starke Bindungen an ihren Herkunftsstaat, wo sie den Großteil ihres Lebens verbrachte. Sie ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und sprachkundig und verfügt dort auch über private und familiäre Bezugspersonen.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF vermag weder ihr Interesse an einem längerfristigen Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Den Behörden zurechenbare überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.
Im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm Art 8 Abs 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass die familiären oder privaten Bindungen der BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen. Das BFA ging somit im Ergebnis zu Recht davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt und daher Art 8 EMRK durch die Rückkehrentscheidung nicht verletzt wird. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.
Da die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids mit der in Spruch angeführten Maßgabe, nunmehr gestützt auf § 52 Abs 1 Z 2 FPG, als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs 9 FPG festzustellen, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat zulässig. Die Unzulässigkeit der Abschiebung wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet. Es sind keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass - auch unter dem Gesichtspunkt des Familienlebens der BF in Österreich - unter Berücksichtigung ihrer konkreten Situation in Serbien die Abschiebung dorthin unzulässig wäre (vgl VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Daher ist Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Bei der BF ist trotz der häufigen Besuche bei ihren Kindern Fluchtgefahr anzunehmen, zumal sie sich - auch nach der Abnahme der Kinder - immer wieder nach Serbien begab, in Österreich zuletzt keinen festen Wohnsitz hatte, seit Oktober 2016 unterstandslos war oder sich in Not- bzw. Übergangsquartieren aufhielt und zeitweilig trotz aufrechter Wohnsitzmeldung postalisch nicht erreichbar war. Es bestehen auch keine fixen Besuchszeiten, zu denen sie mit einiger Wahrscheinlichkeit bei ihren Kindern anzutreffen ist. Die Voraussetzung des § 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG ist daher erfüllt. Bei der Angabe der Z 1 und 2 dieser Bestimmung in Spruch bzw. Begründung des angefochtenen Bescheids handelt es sich offenbar - wie die Begründung zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids zeigt - um (unschädliche) Schreibfehler, zumal eindeutig ist, dass die aufschiebende Wirkung wegen Fluchtgefahr aberkannt wurde (wie nicht zuletzt das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen zeigt). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden, jedoch ist auch im Spruch die richtige Grundlage dafür, nämlich § 18 Abs 2 Z 3 BFA-VG, anzugeben.
Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG kam nicht in Betracht, zumal in der Beschwerde keine konkreten Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß § 18 Abs 5 Satz 1 BFA-VG stützt, angegeben wurden und weder ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF noch konkrete Anzeichen für eine Gefährdung der Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und Nr 13 zur EMRK vorlagen. Eine so unzureichende Versorgungssituation, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor, ebensowenig kriegerische oder sonstige bewaffnete Auseinandersetzungen, die für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würden.
Das Bundesamt hat gemäß § 55 Abs 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde. Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua dann keine Frist für die freiwillige Ausreise, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Da die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt und vom BVwG nicht zuerkannt wurde, ist die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu beanstanden.
Im Ergebnis ist daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids mit der in Spruch angeführten Maßgabe als unbegründet abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck von der BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung möglich wäre, kann eine Beschwerdeverhandlung entfallen. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten Tatsachenbehauptungen der BF, insbesondere über die Kontakte zu ihren Kindern, ausgegangen wird. Die beantragte Einvernahme von Vertretern des Obsorgeberechtigten und der Wohngemeinschaft ist daher nicht zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts notwendig und kann daher unterbleiben.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall, Interessenabwägung, öffentlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2201141.1.00Zuletzt aktualisiert am
15.10.2018