TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/7 G306 2180064-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G306 2180054-1/9E

G306 2180064-1/9E

G306 2180060-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX, Alias XXXX, geb. XXXX, 2.) der XXXX, Alias XXXX, geb. XXXX sowie 3.) des XXXX, Alias XXXX, geb. XXXX, alle StA. Irak, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2017, Zl. XXXX, XXXX und XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1), die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) und der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden BF3), die beiden letzten gesetzlich vertreten durch den BF1, stellten am XXXX.2015 gemeinsam die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

2. Am 08.07.2015 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF1 statt.

3. Am 04.08.2017 wurde der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), im Asylverfahren, auch hinsichtlich der BF2 und des BF3 niederschriftlich einvernommen.

4. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des BFA, dem BF1 zugestellt am 07.11.2017, wurden die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.), sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit per Post am 30.11.2017 beim BFA eingebrachten gemeinsamen Schriftsatz erhoben die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: bfP), vermittels ihrer Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen die zuvor genannten Bescheide an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, jedenfalls jenen des subsidiär Schutzberechtigten, die Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt und langten am 18.12.2017 bei diesem ein.

Das BVwG führte an der Außenstelle in Graz am 05.07.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch an der der BF persönlich teilnahm. Die belangte Behörde legte einen Teilnahmeverzicht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bfP führen die im Spruch angeführten Identitäten (Namen und Geburtsdatum) und sind alle Staatsangehörige der Republik Irak. Sie sind Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Die Muttersprache der bfP ist arabisch.

Der BF1 ist geschieden und der leibliche Vater der BF2 und des BF3 und leben diese im gemeinsamen Haushalt.

Der BF1, die BF2 und der BF3 verließen ihren Herkunftsstaat Irak gemeinsam am 27.05.2015 und reisten am XXXX.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie sich seither durchgehend aufhalten und am selbigen Tag die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben.

Die mit den bfP mitgereiste Ehegattin des BF1 und Mutter der BF2 und BF3, kehrte am XXXX.2017, nachdem sich diese und der BF1 am XXXX.2016 einvernehmlich geschieden haben, freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurück.

Der BF1 ist arbeitsfähig und leidet an Diabetes, wobei sich dessen Behandlung auf die Einnahme von Medikamenten beschränkt und es dem BF1 bekannt ist, dass diese Behandlung auch im Irak, speziell in XXXX möglich ist.

Die BF2 und der BF3 sind gesund.

Die bfP wurden im Irak, konkret in XXXX geboren, wo sie bis zu ihrer gegenständlichen Ausreise im Haus des BF1 gelebt haben.

Der BF1 besuchte 12 Jahre lang die Schule im Irak, schloss ein Studium zum "Mechanik Ing." ab, war zwei Jahre als Klimagerätetechniker im Irak erwerbstätig und betrieb zuletzt bis zu seiner gegenständlichen Ausreise ein Gasthaus in XXXX.

Der BF1 war im Herkunftsstaat in der Lage seinen Lebensunterhalt und jenen seiner Kinder (BF2 und BF3) durch Erwerbstätigkeiten zu sichern.

Die BF2 und der BF3 besuchten in XXXX die Schule.

Im Herkunftsstaat, konkret in XXXX, hält sich weiterhin die Mutter des BF auf, welche das Haus ihrer Schwester bewohnt und von ihren sich im Ausland befindlichen Söhnen, den Brüdern des BF1, finanziell unterstützt wird.

Der BF1 besuchte einen Deutschsprachkurs der Niveaustufe A2 im Bundesgebiet.

Der BF1 geht keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach, sondern leben die bfP überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die BF2 und der BF3 besuchen die Schule im Bundesgebiet und erweisen sich die bfP in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.

Die bfP hatten mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die bfP im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sind oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten sowie der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Die Feststellungen zur Ausreise aus dem Irak und zur Einreise in Österreich, sowie zu den gegenständlichen Asylanträgen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zum gemeinsamen Haushalt, zum Besuch eines Deutschsprachkurses, zum Glaubensbekenntnis, zur Volksgruppenzugehörigkeit und zur Muttersprache der bfP, zum Familienstand des BF1, zur Vaterschaft des BF1 in Bezug auf die BF2 und den BF3, zum Gesundheitszustand der BF2 und des BF3, zur Arbeitsfähigkeit des BF1, zum Nichtvorhandensein einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung, sowie zur freiwilligen Rückkehr der Ehegattin des BF1 in den Irak getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten wurde.

Die Scheidung des BF1 von seiner Ehegattin beruht auf einer Ausfertigung der Vergleichsausfertigung und Beschluss über die Scheidung im Einvernehmen des BG XXXX, Zl.: XXXX, vom XXXX.2016 und ergibt sich das Rückkehrdatum der Ehegattin des BF1 in den Irak aus einer Ausreisebestätigung der "XXXX" (XXXX) vom XXXX.2017.

Die Diabeteserkrankung des BF1, die Behandlung mittels Tabletten, der gesicherte Lebensunterhalt im Herkunftsstaat, der Aufenthalt der Mutter des BF1 in XXXX, deren finanzielle Unterstützung durch die Brüder des BF1 und bewohnen des Hauses ihrer Schwester, das Bewohnen eines eigenen Hauses im Irak durch die bfP bis zu deren Ausreise, das Kontakthalten mit der Mutter sowie Geschwister des BF1, der Schulbesuch der BF2 und des BF3 im Bundesgebiet, der Aufenthalt der bfP im Irak bis zur gegenständlichen Ausreise, sowie die Geburt der bfP, der Schulbesuch der bfP, die Erwerbstätigkeiten des BF1 sowie der Abschluss eines Studiums des BF1 im Irak, beruhen auf dem Vorbringen des BF1 vor der belangten Behörde sowie den Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde sowie aus Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Erwerbslosigkeit des BF1 im Bundesgebiet beruht auf dem Nichtvorbringen einer solchen durch diesen sowie einem Sozialversicherungsauszug und ergibt sich der Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung aus dem Datenbestand des GVS-Informationssystem.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der bfP beruht auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich).

2.2.2. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und ihrer Situation im Fall der Rückkehr in diesen, beruht auf den Angaben des BF1 in dessen Erstbefragung und in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde sowie auf den Ausführungen in der Beschwerde und den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Wie sich aus der Erstbefragungen und der Einvernahme im Verfahren vor der belangten Behörde ergibt, hatte der BF1 ausreichend Zeit und Gelegenheit, die Fluchtgründe der bfP umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurden dieser von der belangten Behörde auch zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage von allfälligen Beweismitteln aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

Dem BF1 wurde wiederholt seitens des BFA die Möglichkeit geboten in freier Erzählung sowie unter Beantwortung konkreter Fragen, die Fluchtgründe darzulegen.

Das BVwG schließt sich im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der bfP an und erachtet deren Vorbringen aus folgenden Erwägungen als nicht glaubhaft:

Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass die bfP, konkret der BF1, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, in ihrer Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

Aus einer Gesamtschau der Angaben der bfP im Verfahren vor der belangten Behörde, in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung, ergibt sich jedoch, dass diese im gesamten Verfahren trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande waren, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Es konnte weder eine konkret gegen die Personen der bfP gerichtete Verfolgungsgefahr festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

So brachte der BF1 bei dessen Erstbefragung auf seine Fluchtgründe befragt vor, dass im Irak Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten herrsche, er von einer schiitischen Miliz unterdrückt und sein Schwager entführt worden sei. Zudem hätte er Lösegeld für die Freilassung seines Schwagers zahlen sollen, befinde sich die ISIS rund um XXXX und könnten seine Kinder aufgrund eines Bombenanschlages auf ein Auto im Nahbereich der Schule seiner Kinder aus Sicherheitsgründen nicht mehr zur Schule gehen.

Vor der belangten Behörde vermeinte der BF1 jedoch schon seit dem Jahre 2003 über eine Flucht aus dem Irak nachgedacht zu haben und schlussendlich von schiitischen Milizen, konkret wiederholt wegen des Privatschulbesuches seiner Kinder und der Bewirtung von bestimmten Personengruppen in seinem Gasthaus, beginnend mit Oktober 2014 bedroht worden zu sein. Darüber hinaus wäre er zur Zahlung von Schutzgeld aufgefordert worden und hätten die Mahdi bzw. Asaib-Milizen damit gedroht Schüler der Schule, welche die BF2 und der BF3 besuchten, im Falle der Weigerung des Zahlens von Schutzgeld seitens der besagten Einrichtung, zu entführen und zu töten. Auch dem BF1 sei mit Gewalt gegen seine Kinder gedroht worden, würde er seine Kinder nicht aus der XXXX Privatschule nehmen und seien am XXXX2014 sowie XXXX.2015 Bombenanschläge auf die besagte Schule verübt worden, wobei seine Kinder verletzt worden seien. Der BF1 habe letztlich mit der Ausreise zugewartet, bis dessen Kinder (BF2 und BF3) das Schuljahr abgeschlossen haben. In der mündlichen Verhandlung gab der BF1 sogar an, dass die Angaben bei der ersten Einvernahme - betreffend seines Fluchtgrundes - sich als nicht wahr erwiesen haben, da er erst in Österreich erfahren habe, dass sein Schwager nicht entführt worden wäre sondern das Ganz mit seiner EX-Frau und deren Familie zusammenhängen würde.

Vorkommnisse in Bezug auf seinen Schwager, die ISIS und den glaubensbedingten Bürgerkrieg im Irak wurden seitens des BF jedoch in der mündlichen Verhandlung nicht mehr thematisiert.

Wenn auch die Erstbefragung vordergründig der Erhebung der Identität der bfP und des Reiseweges der bfP dient, so kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass der BF1 dabei andere vor der belangten Behörde nicht mehr thematisierte Fluchtgründe vorgebracht hat. Für ein derartiges Abändern von Fluchtgründen vermochte der BF1 keine plausible Erklärung vorzubringen.

Insofern der BF vor der belangten Behörde konkret zu diesen Widersprüchlichkeiten befragt, die Schuld auf den Dolmetscher bei dessen Erstbefragung abzuwälzen versucht hat, ist entgegenzuhalten, dass der BF1 unterschriftlich bestätigt hat, dass die niederschriftliche Einvernahme in einer ihm verständlichen Sprache vorgenommen wurde und er den Dolmetscher einwandfrei verstanden und keine Einwände gegen diesen gehabt hat. Auch die Richtigkeit der vom besagten Dolmetscher vorgenommenen Übersetzung samt dem korrekten niederschriftlichen Festhalten der Angaben des BF1 durch das BFA wurde vom BF1 mittels Unterschrift bestätigt. Der Logik folgend ist davon auszugehen, dass auf allfällige Mängel bei der Einvernahme von Seiten des BF1 durch eine Unterschriftenverweigerung oder das Anbringen von Anmerkungen am Protokoll - worauf dieser vom BFA hingewiesen wurde - aufmerksam gemacht worden wäre, weshalb es dem nunmehrigen Vorbringen der bfP an jeglicher Substanz mangelt. Auch kann dem BF1 nicht gefolgt werden, wenn dieser vermeint, angehalten worden zu sein sich kurz zu halten und darin die besagten Diskrepanzen sehe. Eingedenk der ausführlichen und längeren Angaben zum Fluchtgrund in dessen Erstbefragung, vermag der BF1 mit seinem Vorbringen das Auslassen von bzw. das Abweichen seiner Fluchtgründe in Bezug auf seine Vorbringen vor der belangten Behörde nicht nachvollziehbar zu begründen. Außerdem hätte der BF selbst bei Wahrunterstellung auch mit kurzen Worten übereinstimmende Fluchtgründe vorbringen können.

Darüber hinaus weisen die Vorbringen des BF weitere Ungereimtheiten insofern auf, als der BF einerseits vermeinte bis zu seiner Ausreise aus dem Irak im Jahre 2015 ein Gasthaus betrieben zu haben, während er - dem widersprechend - andererseits jedoch vermeinte bereits im Dezember 2014 sein Gasthaus verloren zu haben.

Insofern der BF1 weiters hinsichtlich der Bedrohungen durch Mitglieder von schiitischen Milizen - wobei der BF1 auch zur konkreten Milizzugehörigkeit der Täter keine einheitliche Aussage zu machen vermochte - vorbrachte, von diesen zu Hause aufgesucht worden zu sein, wobei diese an der Haustüre klopften und der BF1 zu denselben ins Freie trat, kann dem BF1 nicht gefolgt werden. Es wiederspricht jeglicher Logik, dass sich militante vor Gewalt und Mord nicht zurückschreckende Milizen an Höflichkeitsformen halten und den BF1 insgesamt 10-mal drohen hätten sollen ohne jedoch tatsächliche Maßnahmen gegen diesen zu setzen. Logisch nicht in Einklang zu bringen ist auch der vom BF1 geschilderte Sachverhalt, dass dieser die besagten Milizen dazu überreden vermochte seine Kinder das Schuljahr an der besagten Schule abschließen zu lassen bevor sie die Schule wechseln sollten. Den Erzählungen des BF folgend sei jedoch gerade der Besuch seiner Kinder einer XXXX Privatschule für die besagten Milizen ein Ärgernis gewesen und hätten die Drohungen gegen den BF1 teils auf ein Beenden des Besuches der besagten Schule abgestellt. Insofern kann nicht nachvollzogen werden, weshalb es dem BF dennoch gestattet hätte werden sollen, seine Kinder bis zum Abschluss des Schuljahres die besagte Schule zu besuchen. Weiters steht zum besagten Schulbesuch der Kinder des BF1 der Umstand, dass der BF1 vermeinte, dass die besagten Milizen mit der Entführung von Kindern gedroht hätten und die Kinder des BF1 bei einem Bombenanschlag verletzt worden seien, im massiven Widerspruch. Es widerspricht der menschlichen Natur seine Kinder trotz bestehender Bedrohungen weiter die Schule besuchen zu lassen, insbesondere wenn konkrete Drohungen gegen diese ausgesprochen und bereits wiederholt Bombenanschläge verübt worden sind. In der mündlichen Verhandlung wurden die Bedrohung der Kinder sowie Bombenanschlag nicht mehr thematisiert, sondern lässt der BF1 erkennen, dass die Kinder hier in Österreich einfach bessere Chancen auf Bildung hätten als im Irak.

Letztlich kann dem BF auch nicht gefolgt werden, wenn dieser vermeint, dass seine geschiedene Frau eine Beziehung mit einem Mitglied einer schiitischen Miliz gehabt hätte, diesem die Reise nach Österreich finanziert und nunmehr im Irak den BF diffamiere. Eingedenk des Umstandes, dass die Ex-Frau des BF freiwillig in den Irak ausgereist und deren vermeintlicher Liebhaber, welcher Asyl zugesprochen bekommen hat (siehe Aktenvermerk des BFA, Zl. 1076941101-150808736, vom 07.08.2017) in Österreich aufhältig ist, lässt sich eine Liebesbeziehung zwischen diesen beiden nicht nachvollziehen. Vielmehr wäre im Falle des tatsächlichen Bestehens einer solchen Beziehung davon auszugehen gewesen, dass die Ex-Frau des BF1 alles darangesetzt hätte um bei ihrem Liebhaber in Österreich verbleiben zu können und nicht freiwillig in den Irak zurückgekehrt und sich von demselben geographisch entfernt hätte. Anhaltspunkte dafür, dass die Ex-Ehegattin in Verbindung mit schiitischen Milizen stünde und den BF1 aufgrund der erfolgten Scheidung im Herkunftsstaat angezeigt hätte, können - insbesondere vor dem Hintergrund der bisher dargelegte Unglaubwürdigkeit des BF1

-

nicht nachvollzogen werden. Zum einen brachte der BF1 bis dato zu keinem Zeitpunkt im Verfahren vor der belangten Behörde trotz konkreten Befragens vor, abgesehen von seiner Mutter, über - weitere

-

familiäre Bezugspunkte, konkret in Form eines in XXXX aufhältigen Cousins, im Irak zu verfügen. In der mündlichen Verhandlung gab der BF1 an, niemanden mehr im Irak zu haben sondern dass alle Verwandte ausgereist seien. Zum anderen weist der Scheidungsbeschluss daraufhin, dass die Scheidung einvernehmlich vorgenommen wurde, sohin auch die Ex-Frau des BF1 der Vornahme einer solchen nicht widersprochen und sohin den Verdacht des behaupteten "Unglaubens" im Falle einer Anzeige im Irak ebenfalls auf sich gezogen hätte.

Vor dem Hintergrund der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der bfP hinsichtlich des Bestehens einer Bedrohung durch schiitische Milizen, vermag die Vorlage von schlaglichtartig allfällige Probleme in der Herkunftsregion der bfP darstellender Länderberichte, - wie in der rechtlichen Begründung näher dargelegt wird - eine unmittelbare Betroffenheit der bfP nicht erkennen.

Selbst in der gegenständlichen Beschwerde hat der BF die eben dargelegten - und von der belangten Behörde aufgezeigten - Widersprüchlichkeiten nicht aufzuklären vermocht. Die bloße Behauptung, es fehle den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid an einer hinreichenden Argumentation, vermag als substantiierte Entgegnung, vor dem Hintergrund der ausführlichen Begründung im angefochtenen Bescheid, nicht zu genügen.

Aus einer Gesamtschau der Angaben der bfP ergibt sich sohin, dass eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende und dem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht bzw. vorgebracht wurde. Es konnte weder eine konkret gegen die bfP gerichtete herkunftsstaatliche Verfolgungsgefahr festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche derartige Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen hätten lassen oder dessen Rückkehr im Wege stehen könnte.

2.2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die belangte Behörde hat dem BF1 die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm im Anschluss daran zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben, wovon dieser keinen Gebrauch gemacht hat.

Die bfP sind weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substantiiert entgegengetreten. Dem BF1 wurden auch in der mündlichen Verhandlung angeboten, neuerlich Einsicht in die aktuellen Länderberichte zu nehmen. Dies wurde jedoch abgelehnt. Die ausgewiesene Vertretung legte ihrerseits zusätzliche Länderberichte vor, aus welche jedoch keinerlei Erneuerungen gegenüber den bereits bekannten und gegenständlich berücksichtigten Erkenntnissen zum Inhalt haben.

Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat bzw. der Herkunftsregion der bfP vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat/ der Herkunftsregion der bfP vorherrschenden Probleme nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen und erweisen sich als hinreichend umfangreich.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Rechtliches:

Der mit "Familienverfahren im Inland" betitelte § 34 AsylG lautet:

"§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 16 Abs. 3 BFA-VG gilt eine auch nur von einem betroffenen Familienmitglied erhobene Beschwerde gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen im Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt.

3.2. Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Person gerichtete, vom Herkunftsstaat ausgehende, dem Herkunftsstaat zurechenbare oder von diesem geduldete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.

Die bfP sind Angehörige der arabischen Volksgruppe und gehören der muslimischen Glaubensgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung an. Als solche sind sie zwar in XXXX im Verhältnis zu den Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft in der Minderheit, jedoch konnte eine systematische Verfolgung und Diskriminierung der Sunniten im Irak durch staatliche Stellen oder Privatpersonen im Lichte der vorliegenden aktuellen Länderberichte nicht festgestellt werden. Im Parlament, als auch generell auf politischer Ebene sind Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vertreten. Sunniten nehmen, trotz der überwiegenden Präsenz schiitischer Milizen, am gesellschaftlichen und politischen Leben im Irak bzw. in XXXX nach wie vor teil. Auch wenn die Kriegsgeschehnisse der vergangenen Jahre zu starken Ressentiments der Glaubensgruppen untereinander geführt haben, welche sich in XXXX schließlich auch in die Bildung von "sunnitischen" und von "schiitischen" Vierteln niedergeschlagen hat, ist es für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft dennoch möglich, im Irak zu leben, zu arbeiten, staatliche und politische Posten zu besetzen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher waren die Beschwerden gegen den Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass die bfP im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnten, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Beim BF1 handelt es sich um eine über Schul- und akademische Bildung sowie Arbeitserfahrung verfügende arbeitsfähige Person, bei jener die Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Dieser wird daher, wie vor dessen Ausreise bereits auch, im Herkunftsstaat in der Lage sein, durch Erwerbstätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, für sich und die BF2 und den BF3 ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Anhaltspunkte dafür, dass der BF1 im Falle der Rückkehr der bfP in den Irak nicht - wieder - am Arbeitsmarkt seines Herkunftsstaates Fuß fassen wird können, ließen sich nicht erheben und wurde dies von den bfP auch nicht konkret behauptet.

Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass den bfP im Fall der Rückkehr allenfalls im Rahmen ihres Familien- und Verwandtschaftskreises eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird. So gab der BF1 an, dass er über ein Haus in XXXX verfüge, und dessen Mutter, zu jener er aufrecht Kontakt halte, weiterhin im Herkunftsstaat aufhältig sei und ein Haus ihrer Schwester in XXXX bewohne und zudem von ihren im Ausland lebenden Söhnen finanziell unterstützt werde. Anhaltspunkte, dass die bfP nicht in ihren Familienverband allenfalls zurückkehren und/oder allfällig keine Unterstützung durch diesen erfahren könnten, konnten nicht erhoben werden und wurde dies von den bfP auch nicht konkret behauptet.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt im Hinblick auf die Sicherheitslage in XXXX nicht, dass XXXX wiederholt Schauplatz von Anschlägen und Gewaltakten ist und ausweislich der statistischen Daten zu den unsichersten Provinzen gehört. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann in Anbetracht der zu den Feststellungen zur Sicherheitslage im Irak dargestellten Gefahrendichte allerdings nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz der bfP in XXXX davon ausgegangen werden muss, dass diese wahrscheinlich das Opfer eines Anschlages werden würden (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Offene Kampfhandlungen finden in XXXX im Übrigen nicht statt und ist die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle sowie der dabei getöteten Zivilisten im Zeitraum Jänner bis Juni 2017 stetig (weiter) gesunken, sodass von einer weiteren Stabilisierung der Sicherheitslage ausgegangen werden kann.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Im Lichte dessen kann auch nicht erkannt werden, dass den bfP - auch in Anbetracht des jungen Alters der mj. BF2 und des mj. BF3 - im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Dies ist auch im Lichte dessen zu sehen, dass der BF1 kein entsprechendes substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattetet hat, dass ihnen im Falle ihrer Rückführung in den Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und die Familie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wären.

In Bezug auf die Diabetes-Erkrankung des BF1 ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9 zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. gg. the United Kingdom, EGMR vom 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR vom 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR vom 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR vom 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR vom 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, vom 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, vom 03.05.2007, Appl. 31.246/06). Im zitierten Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof zusammengefasst aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, um sich dort einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Für den Fall, dass bei ihr eine Behandlung notwendig werden sollte, ist gegenständlich unerheblich, dass diese im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder der Beschwerdeführerin etwas kosten oder kostenintensiver sein sollte, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt.

Nur bei einem Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen führt die Abschiebung zu einer Verletzung nach Art. 3 EMRK. Solche außergewöhnlichen Umstände liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. gg. the United Kingdom).

Beim BF liegt aktuell jedoch keine lebensbedrohliche, im Endstadium befindliche tödliche Krankheit vor und kann zudem im Lichte der Länderfeststellungen nicht erkannt werden, dass der BF1 im Falle seiner Rückkehr nach Irak nicht die nötige medizinische Behandlung erhalten wird können. So kann den Länderfeststellungen entnommen werden, dass trotz der angespannten medizinischen Versorgungslage im Herkunftsstaat und den bisweilen unzureichend ausgestatteten Gesundheitszentren im Nord- und im Südirak, eine öffentliche medizinische Grundversorgung, sowie die wesentlichen Medikamente sowohl in XXXX, als auch im Nordirak und Südirak zur Verfügung stehen. Eine Unmöglichkeit der Behandlung der Diabetes-Erkrankung im Herkunftsstaat wurde von den bfP zudem zu keinem Zeitpunkt behauptet.

Vor dem Hintergrund der strengen Judikatur des EGMR kann demnach jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Rückführung der bfP in den Herkunftsstaat eine Verletzung ihrer Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass die bfP in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Irak nicht substantiiert entgegengetreten sind und in weiterer Folge auch nicht dargelegt haben, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die bfP durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die bfP somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterwo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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