TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 G305 2179241-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2179241-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, XXXX, vom 06.10.2017, Zl.: XXXX, vertreten durch XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 17.11.2016, 09:45 Uhr, stellte die im Bundesgebiet nicht zum Aufenthalt berechtigte XXXX, geb. XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin oder kurz: BF) vor Organen der Landespolizeidirektion XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Noch am selben Tag wurde sie ab 11:35 Uhr durch ein Organ der Landespolizeidirektion XXXX einer Erstbefragung unterzogen, anlässlich der die geschiedene und kinderlose BF zu ihren Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, angab, dass sie von schiitischen Milizen mit dem Tod bedroht worden sei, weil sie aus

XXXX stamme und es für sie im Herkunftsstaat keine Sicherheit mehr gebe [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 5].

3. Anlässlich ihrer am 19.09.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) stattgehabten Befragung gab sie an, dass sie Araberin sei und dem muslimischen, sunnitischen Glauben angehöre. Sie sei Aktivistin einer Frauenbewegung gewesen, die heimlich eine Zeitung herausgegeben und finanziert hätte, die nur an Nachbarn, Bekannte und Freunde ausgegeben worden sei. Deswegen sei sie nie verfolgt worden. Auf die Frage, ob sie jemals konkreten persönlichen Verfolgungshandlungen durch private Dritte und/oder heimatliche Behörden, staatliche Stellen oder auf Grund ihrer politischen Gesinnung, religiösen Glaubenszugehörigkeit, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt gewesen sei, gab sie zur Antwort, dass das nicht der Fall gewesen sei. In der Folge gab sie jedoch an, dass sie nur wegen ihrer (angeblichen) Abstammung aus XXXX verfolgt werde. Sie werde von schiitischen Milizen verfolgt, da sie als Journalistin bei einem TV-Sender namens

XXXX gearbeitet hätte. Sie sei entlassen worden, weil sie aus XXXX stamme und Sunnitin sei. Auf die Frage, wie sich die Verfolgung durch schiitische Milizen geäußert hätte, gab sie an, dass sie am Flughafen Bagdad gearbeitet hätte. Sie sei vom Chef jenes Unternehmens, einem Taxiunternehmen, bei dem sie gearbeitet hätte, belästigt worden. Er habe ihr ein Auto für Gefälligkeiten angeboten. Sie habe dann die Arbeit verlassen und einen anderen Job am Flughafen, in einem Zollfreiladen, gefunden. Sie sei öfter wegen ihrer Kleidung angesprochen worden und weil sie kein Kopftuch getragen hätte. Sie sei auch gemobbt worden, weil sie Sunnitin war. Einmal sei sie auf dem Nachhauseweg von zwei Autos verfolgt worden. Sie habe daraufhin ihren Chef angesprochen und habe ihr dieser zugesichert, dass er sich darum kümmern werde. Nach einer Woche sei sie wieder von zwei Autos verfolgt worden. Plötzlich habe sie Schüsse gehört und sei ihr Fahrzeug getroffen worden. Sie sei schnell davongefahren und zu Hause habe ihr Halbbruder die Einschüsse gesehen, die sich in der Fahrertür befunden hätten. Dazu meinte sie, dass sie diese Leute nicht töten, sondern in Angst und Schrecken versetzen wollten, damit sie ihre Arbeitsstelle verlasse. Nach einer Woche habe sie gekündigt. Diese Vorfälle hätten im Zeitraum Ende Dezember 2015 bis Oktober/November 2016 stattgefunden. Vier bis fünf Monate später (im Februar 2017) sei ein irakisch-stämmiger Amerikaner zu ihr gekommen und hätte sie heiraten wollen. Am 20.02.2016 hätten sie geheiratet. An einer anderen Stelle heißt es wieder, dass sie ungefähr im Juli 2016 geheiratet hätten. Ihr Mann hätte von ihr verlangt, dass sie ihn vergewaltigen solle. Dann habe er ihr vorgeschlagen, nach XXXX zu fahren, um ihre dort aufhältige Mutter zu besuchen. Obwohl er zwei Tickets gebucht hatte, sei letztlich sie allein nach XXXX gefahren Obwohl er sagte, dass er später nachkommen würde, habe sie nie mehr etwas von ihm gehört. In Wien angekommen, habe sie um Asyl angesucht.

4. Mit Bescheid vom 06.10.2017, Zl. XXXX, der BF am 24.10.2017 zugestellt, wies die belangte Behörde den auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Antrag vom 17.11.2016 gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), und sprach aus, dass ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen sie erlassen werde und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die zum 13.11.2017 datierte, am 17.11.2017 innert offener Frist bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde, die sie mit den Anträgen verband, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen, ihr allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, allenfalls den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Ergänzung des Verfahrens an die 1. Instanz zurückzuverweisen, einen landeskundigen Sachverständigen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst, zu beauftragen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, allenfalls die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, und allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig sei.

6. Mit Schreiben vom 05.03.2018 teilte die vormalige Rechtsvertretung der BF mit, dass die BF das Vollmachtsverhältnis gekündigt habe und verband damit das Ersuchen, etwaige weitere Schriftstücke persönlich an direkt an die BF zuzustellen.

7. Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 gab die außen ausgewiesene Rechtsvertretung bekannt, dass sie von der BF mit deren Vertretung beauftragt und bevollmächtigt worden sei und brachte in einer ergänzenden Stellungnahme im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass die BF im Herkunftsstaat keinen Schutz durch die Behörden erwarten könne. Vielmehr müsse sie mit einer Verfolgung durch diese rechnen. Zudem erging die Rüge, dass sich die belangte Behörde nicht mit der Frage auseinandergesetzt hätte, ob die BF über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in XXXX verfüge, die ihr auch die Sicherung des Lebensunterhaltes ermöglichen würden. Als Frau wäre sie bei einer Rückkehr einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Schon aus diesem Grund wäre ihr von der belangten Behörde der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

8. Am 16.07.2018 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die Muttersprache der BF durchgeführt. Anlässlich dieser Verhandlung wurde die BF als Partei einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF führt die Identität XXXX, geb. am XXXX, und ist irakische Staatsangehörige. Sie stammt aus XXXX und lebte von ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise (sie ist zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt im März des Jahres 2016 nach XXXX (Jordanien) ausgereist) aus dem Herkunftsstaat in XXXX in XXXX an der Anschrift XXXX. Dort befindet sich ein im Eigentum ihres Stiefvaters, XXXX, stehendes Einfamilienhaus, das eine Fläche von 300 m² aufweist [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 2; PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 10]. Ihr Stiefvater ist seit einem nicht festgestellten Zeitpunkt mit der Mutter der BF verheiratet und befindet sich das zuvor genannten Einfamilienhaus nach wie vor in seinem Besitz [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 10].

Die BF gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 1; BF1 in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 3]. Dass sie keiner Religionsgemeinschaft angehören würde und in Hinblick auf eine Religion seit ihrem 15. Lebensjahr liberal gesinnt wäre, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 5] Ihre Muttersprache ist arabisch.

Sie ist gesund und nimmt auch keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 4]. Dass sie aktuell an einer Depression leide und in ärztlicher Behandlung stehen würde, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 7].

Die BF hat im Herkunftsstaat zweimal geheiratet und ist von beiden Ehegatten geschieden [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 5].

Den ersten Ehegatten heiratete sie über Initiative ihrer Eltern im Alter von 16 Jahren. Aus der Ehe mit ihrem ersten Ehegatten ging ein Sohn hervor. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 trennte sich das Paar bzw. wurde die Ehe geschieden und nahm dieser Ehegatte das gemeinsame Kind an sich. Seit der Trennung von ihrem ersten Ehegatten hatte die BF nie wieder Kontakt zu ihm [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 7]

Zuletzt war sie mit einem irakischstämmigen Amerikaner, XXXX (richtig: XXXX), verheiratet. Die BF und ihr zweiter Ehegatte schlossen am XXXX.2016 einen Ehevertrag. Das Paar beabsichtigte, sich in den USA niederzulassen und eine Familie zu gründen [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 6f; PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 18]. Dass ihr zweiter Ehegatte abartige sexuelle Praktiken von der BF verlangt hätte, nämlich in der Form, dass sie ihm Gewalt zufüge, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden. Schon bald nach der Eheschließung hatte die BF keinen Kontakt mehr zu ihrem zweiten Ehegatten. Er ist unbekannt wo aufhältig [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 18; BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 7]. Am XXXX.2016 wurde die Ehe auf Grund der vom Ehegatten XXXX eingebrachten Ehescheidungsklage mit Beschluss des Amtsgerichtes für Personalangelegenheiten in XXXX vom XXXX.2016, Nr. XXXX, geschieden [Scheidungsbeschluss des Amtsgerichtes für Personenangelegenheiten in XXXX vom XXXX.2016, Nr. XXXX; BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 6f; PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 18].

Im Herkunftsstaat besuchte die in XXXX geborene und dort aufgewachsene und bis zu ihrer Ausreise wohnhafte BF zunächst für die Dauer von 12 Jahren die Grund- und Mittelschule und anschließend die Fachhochschule und in der Folge die Universität in XXXX. Zu ihrer Hochschulausbildung gab sie an, von 2003 bis 2009 das XXXX, eine Fachhochschule besucht zu haben, an der sie das Diplom der Feinen Künste erwarb. Danach sei sie auf die Abteilung XXXX (Abteilung für Zeichnen und Malen) der Universität XXXX gegangen und habe sie die Universität zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 abgeschlossen haben [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 6].

Ihren Lebensunterhalt verdiente sie während eines nicht festgestellten Zeitraumes als Nachrichtensprecherin und in der Folge als Programmsprecherin beim Sender XXXX [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 7]. Ab einem nicht festgestellten Zeitpunkt arbeitete sie auf dem internationalen Flughafen in XXXX.

1.2. Ein Teil ihrer Kernfamilie lebt im Herkunftsstaat. So leben der zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres XXXX geborene Stiefvater der BF, XXXX, ihr Bruder XXXX und ihre Halbschwester, XXXX, in XXXX. Ebenfalls dort leben ihr am XXXX Sohn, XXXX, und ihr erster Ehemann, der zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres XXXX geborene XXXX.

Während ihr Schwager einer Erwerbstätigkeit als Buchhalter in XXXX nachgeht [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 8f], geht ihr Bruder, XXXX, einer selbständigen Tätigkeit als Automechaniker nach. Ihre Schwester,XXXX, ist verheiratet und bekleidet die Rolle einer Hausfrau. Deren Ehegatte ist Computeringenieur und arbeitet in der Gegend von XXXX [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 11].

Die BF hat einen weiteren Bruder, der im Jahr 2003 im Alter von elf Jahren aus nicht näher festgestellten Motiven von Nachbarn entführt wurde und dessen Aufenthalt seither nicht bekannt ist [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 8 unten; BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 11f].

Mit ihren im Herkunftsstaat aufhältigen Angehörigen und Verwandten unterhält sie zwei Mal pro Woche über das Internet Kontakt [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 9].

Der Stiefvater der BF und Ehegatte ihrer leiblichen Mutter, der zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres XXXX geborene XXXX ist Elektroingenieur und unterhält Beziehungen zu den Universitäten in XXXX und in XXXX. Auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit pendelt er zwischen dem Herkunftsstaat und Österreich. Seine Ehegattin und Mutter der BF, die am XXXX geborene XXXX und die Schwester der BF, die am XXXX geborene XXXX, halten sich aus diesem Grund im Bundesgebiet beim Stiefvater der BF auf [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 13].

1.3. Im Herkunftsstaat gehörte die BF weder einer politischen Organisation, noch einer bewaffneten Gruppierung an. Sie war auch politisch nie tätig.

Sie hatte weder mit den do. Behörden, noch mit der do. Polizei, noch mit den do. Gerichten Probleme.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass sie im Herkunftsstaat wegen einer Straftat verurteilt worden wäre bzw. wegen einer solchen von den Behörden, der Polizei oder den Gerichten gesucht würde, oder dass aus diesem Grund ein Haftbefehl gegen sie erlassen worden wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 4].

Die BF war nie Mitglied in einer politischen Partei oder in einer anderen politisch aktiven Bewegung oder in einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 12].

Es konnte nicht festgestellt werden, dass sie im Herkunftsstaat wegen ihres Religionsbekenntnisses (sie ist Muslima und gehört der sunnitischen Glaubensrichtung an) von den staatlichen Behörden oder sonstigen Dritten, darunter insbesondere von schiitischen Milizen verfolgt oder bedroht worden wäre [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 1; BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 3].

Auch hatte sie wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung der Araber keine Probleme.

Dass sie wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der geschiedenen Ehefrauen (die BF ist von ihrem ersten Ehegatten, den sie im Alter von 16 Jahren, sohin im Jahr 2002 ehelichte, seit dem Jahr 2009 getrennt) mit den Behörden, den Gerichten oder der Polizei des Herkunftsstaates oder mit Dritten (darunter insbesondere Milizen und/oder den (politischen) Parteien) Probleme gehabt hätte, konnte anlassbezogen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Sie ist im Herkunftsstaat nicht vorbestraft [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 4].

1.4. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2016 verließ sie den Herkunftsstaat ausgehend vom internationalen Flughafen XXXX nach XXXX (Jordanien), wo sie sich für die Dauer eines Monats aufhielt [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 17.11.2016, S. 4].

In der Folge flog sie (lt. Sichtvermerk der österreichischen Botschaft in XXXX vom 02.11.2016, Nr. XXXX) vom Flughafen XXXX ab und traf nach einem in XXXX erfolgten Zwischenstopp am 06.11.2016 am Flughafen in XXXX ein [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 9].

Der von der österreichischen Botschaft am 02.11.2016 zu Nr. XXXX ausgestellte Sichtvermerk für die Schengen-Staaten war von 06.11.2016 bis einschließlich 05.12.2016 gültig. Seit dem Ablauf der Gültigkeit des Schengenvisums hält sich die BF illegal im Bundesgebiet auf und stützt sie ihren Aufenthalt ausschließlich ihren Asylantrag.

Am 17.11.2016, um 09:45 Uhr, stellte sie vor Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.5. Die BF ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.

1.6. Sie lebt im Haushalt ihrer im Bundesgebiet aufhältigen Verwandten, allen voran ihres Stiefvaters, des zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres XXXX geborenen Elektroingenieurs, XXXX, der sich aus beruflichen Gründen abwechselnd in XXXX und in XXXX aufhält und für die Universitäten in XXXX und XXXX tätig ist. In dem von ihm im Bundesgebiet begründeten Haushalt halten sich weiters die Mutter der BF, die am XXXX geborene XXXX, und die Schwester der BF, die am XXXX geborene XXXX, auf.

Dass noch weitere Verwandte und nahe Angehörige im Bundesgebiet aufhältig wären, kam anlassbezogen nicht hervor [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 11].

Die BF selbst lebt im Bundesgebiet weder in einer Ehe, noch in einer eheähnlichen Beziehung, noch in einer dem gleichkommenden Partnerschaft [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 11; BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 13].

Auch konnten sonst keine Anhaltspunkte für eine Integration in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht festgestellt werden. Anlässlich ihrer vor dem BVwG stattgehabten PV konnte sie nicht einmal Grundkenntnisse in der deutschen Sprache aufzeigen [BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 13].

Sie lebt von den Mitteln aus der staatlichen Grundversorgung [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 14].

1.7. Wie schon oben erwähnt, hat die BF im Herkunftsstaat an der Fachhochschule XXXX, die sie zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 abschloss, ein Diplom der Feinen Künste erworben. Danach besuchte sie in ihrer Heimatstadt die Universität, wo sie den Zweig XXXX belegte und zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2013 abschloss.

Während ihres Fachhochschulstudiums arbeitete sie ab einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2004 bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 als Nachrichten- bzw. Programmsprecherin beim irakischen TV-Sender XXXX. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2009 endete ihre Tätigkeit bei diesem TV-Sender, ohne dass die Ursache für die Beendigung der Tätigkeit festgestellt werden konnte [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 8]. Dass sie aus dem Arbeitsverhältnis beim angeführten Sender entlassen worden wäre, weil sie aus XXXX stammen würde und Sunnitin sei, konnte ebensowenig festgestellt werden [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 5], wie der Umstand, dass ihr Arbeitsverhältnis deshalb beendet worden wäre, weil sie nach einem Anschlag - entgegen den politischen Vorgaben und den Vorgaben des Senders - live über die wahre Anzahl der dabei getöteten Personen berichtet habe [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 8f].

Nach Beendigung ihres Studiums im Zweig XXXX (Zweig für Zeichnen und Malen) der Universität XXXX arbeitete sie ab einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Dezember 2014 bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jänner 2015 als Sekretärin des Vorstandes bei einem Taxiunternehmen am internationalen Flughafen XXXX. Dass ihr Chef ihr ein Auto und Geld als Gegenleistung, dass sie ihm persönlich zur Verfügung stehe, zur Verfügung gestellt hätte, konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er sie belästigt hätte.

Feststeht, dass sie anschließend in einem Duty-Free-Shop am internationalen Flughafen gearbeitet hatte.

Dass sie wegen des Umstandes, dass sie auf dem Flughafen in XXXX arbeitete, von Angehörigen der XXXX im Zeitraum von 2014 bis 2015 bzw. von 2015 bis Februar 2016 mit dem Umbringen bedroht oder gar verfolgt worden wäre, konnte nicht festgestellt werden. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass sie außerhalb ihrer Tätigkeit am Flughafen XXXX einer Verfolgung durch Milizen ausgesetzt gewesen wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017. S. 8 oben].

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass sie vom Sicherheitspersonal des internationalen Flughafens zu einem Gespräch geladen worden wäre, in dessen Rahmen sie auf zwei Onkels aus XXXX und darauf angesprochen wurde, dass diese beiden Onkels dem vormaligen Regierungssystem des Saddam HUSSEIN angehört hätten.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass ein Schussattentat auf sie verübt worden wäre [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 15 und BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 6].

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass sie während ihrer Tätigkeit im Zollfreiladen des Flughafens XXXX wegen ihres Bekleidungsstils und wegen ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Sunniten gemobbt worden wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 6].

1.9. Am Dienstag, den 10.06.2014, eroberten radikale Islamisten, organisiert unter dem Dach des ISIL - Islamic State of Iraq and Levante (später ISIS, dann IS) - die Millionenstadt Mossul (Ninive-Ebene), darunter das Regierungsgebäude, den Mossul International Airport und alle Polizei und Militärbasen. Kurz darauf fielen auch weite Teile der Ninive-Ebene unter die Kontrolle der Islamisten. In der südwestlich von Mossul gelegenen Provinz Anbar konnten die Islamisten schon seit Anfang des Jahres eine Operationsbasis errichten und den Vormarsch in den irakischen Norden planen. Ihr Ziel war es, einen islamischen Gottesstaat in weiten Teilen Syriens und des Irak zu errichten. In Mossul wurde eine historische Kirche in Brand gesetzt. Mit der Einnahme von Polizeistationen und Militärbasen konnten die Kämpfer des IS schwere Waffen und Munition beschlagnahmen.

Nach ihrem Einmarsch in Mossul markierten Angehörige der IS-Truppen die Besitztümer von Minderheiten und fordern eine "Jihad-Steuer" von den wenigen verbliebenen Einwohnern. Dabei gerieten die christlichen Assyrer und Yeziden unter Druck und wurden zu Binnenflucht getrieben. In den Länderinformationen scheint nicht auf, dass muslimische Araber, darunter solche sunnitischer Glaubensrichtung, von den Angehörigen des IS unter Druck gesetzt oder gar vertrieben worden wären

(https://zavd.de/wp-content/uploads/2015/12/ZAVD-Dokumentation-Ereignisse-Irak-2014.pdf). Auch ist anlassbezogen nicht hervorgekommen, dass der BF, der zudem über die IS-Hochburg AL RAQQA ausgereist ist, einer asylrelevanten Bedrohung durch den IS ausgesetzt gewesen wäre.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mossul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah al-Din im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Iraks registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass die BF einer asylrelevanten Bedrohung bzw. Verfolgung durch die in BAGDAD aktiven schiitischen Milizen ausgesetzt gewesen wäre. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihr - bei Wahrunterstellung einer asylrelevanten Verfolgung - verwehrt gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats zählen im Irak zur gefährdeten Berufsgruppe. Es wird auch berichtet, dass Extremisten und bewaffnete Gruppen Angriffe auf Künstler, Poeten, Schriftsteller und Musiker verübt hätten (USDOS 3.3.2017). Dass in BAGDAD im Zeitraum von Anfang 2014 bis laufend gezielt Angriffe auf Schauspieler und Journalisten verübt worden wären, ist in den Länderberichten nicht erwähnt.

Nach der Verfassung des Irak ist das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande (USDOS 3.3.2017).

Die Verfassung vom 15.10.2005 (Art. 38 C und 39) normiert ausdrücklich die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung und stellt die nähere Ausgestaltung durch ein Gesetz in Aussicht, das es aber noch nicht gibt. Im Alltag wird die Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch das seit dem 7.11.2004 geltende "Gesetz zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit" eingeschränkt, das u. a. die Verhängung eines bis zu 60-tägigen Ausnahmezustands ermöglicht. Die wöchentlichen Demonstrationen gegen Korruption seit August 2015 bis in die zweite Jahreshälfte 2016 konnten weitgehend ungestört stattfinden (AA 7.2.2017). Die meisten der Demonstrationen im Süden waren von massiver Sicherheitspräsenz begleitet und waren friedlich (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 06.08.2018).

1.9.1. Zur Lage Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft in der Stadt Bagdad:

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch kommt es vor, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen werden.

Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad stets zu. Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert. In Hinblick auf BAGDAD kam es seitdem verstärkt zur Spaltung BAGDADS in konfessionelle Linien, zu interkonfessioneller Gewalt und zu Vertreibungen und schließlich zur Bildung von separaten sunnitischen und schiitischen Vierteln. In Bezug auf BAGDAD ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die dort lebenden Sunniten einer Gruppenverfolgung bzw. einer systematischen Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt wären.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

Al-Araby, 'Don't enter Baghdad': Wave of murder-kidnappings grips Iraq capital,

https://www.alaraby.co.uk/english/news/2017/5/17/dont-enter-baghdad-wave-of-murder-kidnappings-grips-iraq-capital, 17.05.2017 (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous, kurz: AAH) ist eine der unter der PMF zusammengefassten Milizen. Diese Miliz wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist, wie die Badr-Organisation und Kata'ib Hizbullah, vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste, Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet und mit großer Gewalttätigkeit vorgeht. Seitens der Regierung wurde 2016 der Versuch unternommen, Teile der PMF in die staatliche Sicherheitsstruktur einzugliedern und unter die Kontrolle des Premierministers zu stellen - ein Projekt, dessen Ausgang noch immer unklar ist.

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht.

Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in BAGDAD gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, sie sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent.

In BAGDAD gibt es Bezirke und Stadtteile, in denen überwiegend Sunniten leben. Als solche werden in den Länderberichten insbesondere ADHAMIYA, MANSOUR und ABU GHRAIB genannt.

Quellen:

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Aktivitäten der Asa'ib Ahl al-Haqq, insbesondere Verhalten gegenüber sunnitischen MuslimInnen 02.02.2018,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1424853.html (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

Laut UNHCR wurden in fast allen Teilen des Landes für Binnenflüchtlinge verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit des Vorweisens von Bürgen, die Registrierung bei lokalen Behörden sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch mehrere verschiedene Sicherheitsbehörden. Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees, Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

1.9.2. Zu innerstaatlichen Fluchtalternativen der beschwerdeführenden Parteien als arabische Sunniten im Irak:

Für den Süden des Irak (BABIL, BASRA, KERBALA, NAJAF, MISSAN, MUTHANNA, QADDISIYA, THI-QAR und WASSIT) liegen generell nur wenige Berichte über Menschenrechtsverletzungen von schiitischen Milizen an Sunniten vor. Weitere Regionen, in denen vor allem Sunniten leben, sind MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA oder ANBAR.

Im Süden des Irak leben ca. 400.000 Sunniten sowie Angehörige anderer Minderheiten. Die Region Südirak hat ca. 200.000 flüchtende irakische Staatsangehörige aufgenommen. Im Regelfall können sich irakische Staatsangehörige mit einer irakischen ID-Karte in den Gebieten des Südiraks frei und ohne Einschränkungen bewegen. Basra betreffend besteht Berichten zufolge grundsätzlich auch für Binnenflüchtlinge die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems. Laut eines Berichtes der IOM haben in BASRA zudem 80% der Binnenflüchtlinge die Möglichkeit, am örtlichen Bildungssystem und am Arbeitsmarkt teilzuhaben. In den meisten Gemeinden ist es auch für Frauen möglich, Berufen nachzugehen, allerdings vor allem solche, die von zuhause aus ausgeübt werden können.

Die BF ist in genauer Kenntnis der Fluchtalternativen im Herkunftsstaat. Sie selbst kommt aus einem sunnitisch besiedelten (von der schiitischen Mehrheitsbevölkerung BAGDADS abgeschirmten) Stadtteil des Herkunftsstaates. Dor lebt auch ein Teil ihrer im Herkunftsstaat aufhältigen Verwandten. Anlassbezogen sind keine Umstände hervorgekommen, dass es ihr nicht möglich wäre, dort zu leben. Darüber hinaus hätte sie die Möglichkeit in anderen mehrheitlich bzw. ausschließlich sunnitisch besiedelten Gebieten des Herkunftsstaates zu leben, darunter in den Provinzen MOSSUL, TIKRIT, AL FALUJA und ANBAR.

Quellen:

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (Letzter Zugriff am 07.08.2018).

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf, (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, Juni 2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

Es ist möglich, ohne Bürgschaft in die Autonome Region Kurdistan einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen ERBIL als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu Kurdistan oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in ERBIL frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einzureisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragten. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der Autonomen Region Kurdistan bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann ein Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.

Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region AL SULAYMANIYAH zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodass den Daueraufenthalt beantragen. In AL SULAYMANIYAH ist nach UNHCR kein Bürge notwendig, um sich hier niederlassen oder eine Arbeitsbewilligung zu können. Berichten der IOM zufolge leben 90% aller Binnengeflüchteten in AL SULAYMANIYAH in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83% Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in AL SULAYMANIYAH am Bildungssystem teilnehmen. Binnengeflüchtete haben in AL SULAYMANIYAH die Möglichkeit in den verschiedensten Feldern zu den gleichen Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.

Quellen:

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf , (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12. 4. 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

1.9.3. Zur Lage von Frauen, insbesondere im Hinblick auf Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit

In der Verfassung der Republik Irak ist die Gleichstellung der Geschlechter verankert und nach Art. 49 Abs. 4 der Verfassung im Irak eine Frauenquote von 25% im Parlament (Autonomieregion Kurdistan: 30%) vorgesehen. Dadurch sind im irakischen Parlament derzeit 82 von 328 Abgeordnete Frauen. Die irakische Verfassung spricht auch in der Präambel der Verfassung davon, den Rechten der Frauen besondere Aufmerksamkeit schenken zu wollen und Art. 22 Abs. 1 der irakischen Verfassung regelt das Recht auf Arbeit für alle irakischen Staatangehörigen.

Dennoch finden diese verfassungsgesetzlichen Garantien auf einfachgesetzlicher Ebene oftmals keine entsprechende Umsetzung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht. Die Diskriminierung von Frauen ist im Irak auch im sozialen und religiösen Kontext Alltag. Vor allem in schiitisch dominierten Bereichen herrschen oftmals islamische Regeln, die auch umgesetzt werden, z. B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten und durch Unterdrückung eines "westlichen" bzw. "nicht konservativen" Lebens- und Kleidungsstils. Dadurch werden die Freizügigkeit der Frauen und somit auch deren Teilnahme am öffentlichen Leben eingeschränkt. Eine Reihe von AktivistInnenplattformen, NGO¿s und andere internationale Akteure, z. B. UN Women, Iraqi Women Network, Iraqi Women Journalist's Forum und Organization of Women's Freedom in Iraq, kämpfen im Irak gegen die soziale, religiöse und rechtliche Diskriminierung und Unterdrückung der Frauen an. So arbeitet z.B. das UN Women Nationalkomitee im Irak mit der irakischen Regierung zusammen um die Ziele des Entwicklungsprogrammes der Vereinten Nationen (UNDAF) für den Referenzzeitraum 2015 - 2019 zu erreichen, zu welchem auch die Miteinbeziehung und Förderungen von Frauen und Mädchen zählen. So hat die irakische Regierung gegenüber der UNDAF die Zusage zur Förderung von Frauen und Mädchen im politischen und wirtschaftlichen Bereich auch für den Zeitraum von 2015 bis 2019 wiederholt.

Im Jahr 2014 lag die Erwerbsquote von Frauen im Irak bei ca. 14%, stieg allerdings in den letzten Jahren an und lag im Jahr 2016 bei 17,8%. Die Anzahl möglicher Betätigungsfelder für Frauen im Irak steigt stetig an, so sind Frauen nicht nur im öffentlichen Sektor tätig sondern etablieren sich, trotz der nach wie vor vorherrschenden gesellschaftlichen Ressentiments und Widerständen, zunehmend als Unternehmerinnen bzw. Eigentümerinnen von Geschäftigen (z.B. Buchgeschäften oder Kaffeehäusern) etc.

In den Jahren 2014 und 2015 kam es immer wieder zu Anschlägen auf Cafés und Restaurants in BAGDAD und BASRA, wobei der Umstand, dass dort Frauen beschäftig werden bzw. waren, oftmals als Motiv genannt wurde, jedoch auch als Vorwand gesehen wird, ein unliebsames Lokal zu schließen. Gegen die Zahlung von Schutzgeld war es Lokalbesitzern in BASRA möglich, auch Kellnerinnen einzustellen, die freizügiger angezogen waren. Grundsätzlich schützen die irakischen Gesetze Frauen, die in Kaffeehäusern oder Casinos arbeiten, es besteht seitens der irakischen Regierung ein Problembewusstsein für diese Thematik. Dennoch kommt es bei Frauen, die als Kellnerinnen arbeiten, oftmals zu Übergriffen.

Quellen:

Adnan Abu Zeed, Nightclubs, cafes still risky business for Iraqi women, 05.12.2017,

http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/12/nightclub-girls-club-baghdad-iraq-harassment.html#ixzz56XBcW5nl (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Ergänzende Informationen zu Vorschriften zur Frauenbekleidung durch Gesellschaft und Milizen sowie Ergänzungen zur Lage von Kellnerinnen, 13.11.2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1418160/5209_1511256710_irak-mr-sog-bekleidungsvorschriften-fuer-frauen-lage-von-kellnerinnen-ergaenzende-afb-2017-11-10ke.doc (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

Mustafa Saadoun, Iraq's female booksellers turn the page on gender roles, 19.10.2017,

https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/10/iraqi-women-take-another-male-profession-in-bookstores.html (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

UN-Women, Humanitarian actors highlight women's role in recovery and peacebuilding in Iraq, 20.09.2017, http://www.unwomen.org/en/news/stories/2017/9/news-humanitarian-actors-highlight-womens-role-in-recovery-and-peacebuilding-in-iraq (Letzter Zugriff am 06.08.2018)

UN-Women, Iraq [Stand: 2016],

http://arabstates.unwomen.org/en/countries/iraq (Letzter Zugriff am 09.08.2018)

UN-Women, UN Women meets with Women Leaders and Civil Society Organizations in Baghdad [EN/AR/KU], 02.08.2017 https://reliefweb.int/report/iraq/un-women-meets-women-leaders-and-civil-society-organizations-baghdad-enarku (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

WKO Länderprofile, 10/2017,

http://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-irak.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

Zahra Ali, Women's rights are under threat in Iraq, 20.11.2017, https://www.washingtonpost.com/news/monkey-cage/wp/2017/11/20/womens-rights-are-under-threat-in-iraq/?utm_term=.781f3d0fb747, (Letzter Zugriff am 08.08.2018)

1.9.4. Zur medizinischen Grundversorgung im Irak

Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt, so ist im Irak zwar ein qualifiziertes Ärzte- und Krankenhauspersonal vorhanden, doch sind viele Ärzte und Mitarbeiter im Gesundheitssektor aufgrund der angespannten Sicherheitslage im Irak geflohen oder haben ihre Arbeit niedergelegt. Das Gesundheitsministerium ist der Hauptanbieter im Gesundheitsbereich, das öffentliche Gesundheitssystem basiert auf einem Kostenteilungsmodell, bei dem die Regierung einen Teil der Kosten medizinischer Leistungen übernimmt und den Patienten eine geringe Gebühr in Rechnung gestellt wird. Der Mangel an politischer Stabilität und Staatssicherheit im Irak macht es schwierig, eine flächendeckende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Neben der öffentlichen Gesundheitsversorgung existiert ein privater Gesundheitssektor, welcher ebenfalls heilmedizinische Leistungen anbietet, diese können jedoch, wenn weitere Leistungen nötig werden (z.B. MRT, Medikamente oder operative Eingriffe) durchaus kostspielig sein.

Einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Verfügbarkeit und Zugang zu diversen Medikamenten und Behandlungen in Bagdad sind Untersuchungen und Behandlungen im öffentlichen Sektor kostenfrei verfügbar. Nach einem IOM-Bericht gibt es ebenso öffentliche Gesundheitszentren. Neben Krankenhäusern in ERBIL sind dazu das Ainkawa Health Care Center, das Pirzeen Health Care Center oder das Shaqlawa Hospital Safin Health Care Center. Ebenso gibt es in AL SULAYMANIYAH eine Reihe öffentlicher Krankenhäuser, sowie weitere Gesundheitszentren im Umland, die jedoch im Allgemeinen schlecht ausgestattet sind und oftmals nur die notwendigste Versorgung gewährleisten können, z.B. das Bakrajo Health Center, das Kakamand Health Center oder das Sarchnar Health Center. Medizinische Versorgung ist auch im Südirak gegeben, so sind neben den Krankenhäusern in BASRA in diesem Zusammenhang das Hay Al-Mohandesin Typical Healthcare Centre und das Haji Khudair Healthcare Centre, die jedoch ebenfalls schlecht ausgestaltet sind.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Verfügbarkeit und Zugang zu diversen Medikamenten und Behandlungen in Bagdad, 30. Jänner 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423351/5209_1517480519_irak-rf-mev-diverse-medikamente-und-behandlung-in-baghdad-2018-01-30-k.odt (Letzter Zugriff am 10.08.2018)

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 10.08.2018)

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf , (Letzter Zugriff am 10.08.2018)

1.10. Die BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates, der Republik Irak, weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses, noch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme.

Anlassbezogen konnte nicht festgestellt werden, dass sie wegen einer ihr unterstellten Abstammung aus XXXX bzw. wegen ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Sunniten von schiitischen Milizen verfolgt bzw. gar mit dem Umbringen bedroht worden wäre bzw. bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus eben diesen Gründen bedroht wäre. Abgesehen davon konnte nicht festgestellt werden, dass sie überhaupt zum Opfer eines auf sie verübten Schussattentats geworden wäre.

Auch konnte anlassbezogen nicht festgestellt werden, dass sie wegen ihrer Tätigkeit auf dem internationalen Flughafen in XXXX ins Visier schiitischer Milizen geraten wäre bzw. dass sie wegen ihrer beruflichen Tätigkeit am Flughafen mit dem Umbringen bedroht worden wäre und dass auf sie ein Schussattentat verübt worden wäre. Vor der belangten Behörde gab die BF an, keiner Verfolgung mehr durch eine Miliz ausgesetzt gewesen zu sein, als sie sich zu Hause aufhielt [BF in Niederschrift des BFA vom 19.09.2017, S. 8].

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass die im Herkunftsstaat seit dem Jahr 2009 von ihrem ersten Ehegatten getrennt lebende bzw. geschiedene BF, die seit ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat stets im Haus ihres Stiefvaters in XXXX lebte, auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der von ihren (Ex-)gatten getrennt lebenden bzw. geschiedenen Frauen Belästigungen ausgesetzt gewesen wäre. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass sie bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Verfolgung durch ihren geschiedenen zweiten Ehegatten befürchten müsste.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass sie auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Journalisten beim Sender XXXX einer Bedrohung oder Belästigung ausgesetzt gewesen wäre.

Auch ist anlassbezogen nicht hervorgekommen, dass sie auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen bzw. auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Journalisten oder wegen ihrer (vor dem BVwG erstmals behaupteten) liberalen religiösen Gesinnung einer Bedrohung oder Verfolgung durch schiitische Milizen oder sonstige Dritte ausgesetzt gewesen wäre.

Feststeht, dass sie keinen einzigen der von ihr behaupteten Vorfälle der Polizei des Herkunftsstaates zur Anzeige gebracht hätte.

Es konnte kein konkreter Anlass für ein fluchtartiges Verlassen des Herkunftsstaates festgestellt werden.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass sie vor ihrer Ausreise einer individuellen Verfolgung aus den von ihr genannten Gründen ausgesetzt gewesen wäre bzw. im Fall der Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein könnte. Dass sie entsprechend ihren vor dem BVwG gemachten Angaben bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat von Milizen bedroht wäre [PV der BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.07.2018, S. 19], erscheint mehr als unwahrscheinlich, zumal sie nach ihren eigenen Angaben keiner Verfolgung durch eine Miliz ausgesetzt war, als sie sich nach ihrer Arbeit am Flu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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