Entscheidungsdatum
13.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G305 2179396-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die Rechtsanwältin XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, XXXX, vom 08.11.2017, Zl.: XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3
und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: so oder kurz: BF) stellte am 28.08.2015 vor Organen der XXXX einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.
2. Am 30.08.2015 wurde er ab 10:24 Uhr durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Anlässlich dieser Erstbefragung gab er neben Details zu seiner Fluchtroute zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er im Irak Sänger gewesen sei, vorwiegend Christen als Freunde gehabt habe und von Islamisten und seinem Familienstamm verfolgt werde.
3. Am 05.07.2017 wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) niederschriftlich einvernommen und gab er anlässlich dieser Einvernahme zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass es ca. zwei Monate vor seiner Ausreise auf Grund des Umstandes, dass er regierungskritische Lieder öffentlich gesunden habe, zu einem gewaltsamen Übergriff auf ihn gekommen sei, bei welchem man ihn mit einer Rasierklinge am Kopf, am Hals und an der Hand verletzt habe. Zwei der fünf Angreifer seien Cousins von ihm gewesen. Nach dem Angriff habe er weiterhin regierungskritische Lieder gesungen, worauf er mit dem Tod bedroht worden sei.
4. Mit dem im Spruch näher bezeichneten Bescheid vom 08.11.2017, ihm zugestellt am 28.11.2017, wies die belangte Behörde seinen auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Antrag vom 28.08.2015 gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf dessen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen werde und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung, zu diesem Zeitpunkt der Verein Menschenrechte Österreich, am 06.12.2017 (Datum des Poststempels) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In seiner Beschwerdeschrift brachte er im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass er den Irak aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bzw. politischer Überzeugung verlassen habe und daher Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei. Die Behörde habe die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens nicht richtig beurteilt. Zudem sei er selbsterhaltungsfähig. Seine Beschwerde verband er mit den Anträgen, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen, in Stattgebung seiner Beschwerde den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass seinem Antrag Folge gegeben und festgestellt werde, dass ihm der Status des Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, sowie ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55, 57 AsylG erteilen und den Bescheid hinsichtlich dessen Spruchpunkt III. aufheben.
6. Mit Schreiben vom 07.12.2017 legte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde des BF samt den Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge kurz: BVwG) vor und wurde die Beschwerdesache hier der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.
7. Mit Eingabe vom 27.06.2018 gab er den Wechsel in seiner rechtsfreundlichen Vertretung bekannt.
8. Am 02.07.2018 wurde vor dem BVwG im Beisein des BF und seiner rechtsfreundlichen Vertretung, nunmehr Rechtsanwältin XXXX, eines Dolmetschers für die Muttersprache des BF sowie eines Zeugen eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Für die belangte Behörde, die einen Teilnahmeverzicht abgegeben hatte, erschien niemand.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (XXXX) und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft schiitischer Glaubensrichtung. Seine Muttersprache ist arabisch.
Er ist gesund und arbeitsfähig und nimmt auch keine Medikamente bzw. Substanzen mit bewusstseinsverändernder Wirkung ein.
Er ist nicht verheiratet und hat weder leibliche, noch adoptierte Kinder.
1.2. Zu den Reisebewegungen und zu den Lebensumständen des BF und seiner Familie im Irak:
Der BF ist in XXXX geboren und aufgewachsen und hat mit seinen Eltern und seinen Geschwistern bis zu seiner Ausreise aus dem im Irak am 12.08.2015 im Distrikt XXXX gelebt. Von XXXX aus ist er auf dem Luftweg nach ISTANBUL gereist, um von dort ausgehend mit dem Schlauchboot nach Griechenland überzusetzen. Von Griechenland aus gelangte er über die sog. "Balkanroute" über Ungarn nach Österreich und reiste am 28.08.2015 in das Bundesgebiet ein. Die Flucht nach Österreich wurde von seinem Vater finanziert.
Im Herkunftsstaat besuchte der BF für sechs Jahre die Grundschule und anschließend für drei Jahre das Gymnasium, welches er erfolgreich abschloss. Daraufhin studierte er drei Jahre lang Musik und absolvierte parallel zu seinem Studium eine fünfjährige Ausbildung zum Friseur. Diesen Beruf übte er in der Folge bis zu seiner Ausreise aus dem Irak aus. In seiner Freizeit beschäftigte er sich überwiegend mit Musik.
Der Vater des BF, XXXX, dessen Mutter XXXX sowie dessen Brüder, XXXX und XXXX leben nach wie vor im XXXX. Der BF steht mit seiner Familie regelmäßig in Kontakt. Die Familie des BF lebt in XXXX in einem Eigentumshaus mit 170 m². Der Vater des BF betreibt ein kleines Geschäft. Die Familie des BF lebt im Irak in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen.
Der BF hat im Irak weder bei einer staatlichen oder politischen Stelle gearbeitet, noch war er Mitglied einer militärischen Einheit oder einer anderen Organisation. Er hat sich im Irak in keiner Weise politisch betätigt.
1.3. Zur persönlichen Situation des BF in Österreich:
Ab dem 07.09.2016 besuchte er einen Deutschkurs der XXXX im Umfang von vier Unterrichtseinheit pro Woche. Zudem hält er sich regelmäßig in einem Café zur Förderung des kommunikativen Austausches zwischen ÖsterreicherInnen und MigrantInnen auf und ist seit August des Jahres 2017 Mitglied in einem Jugendkulturverein. Bei diesem wirkt er ehrenamtlich an der Organisation von Veranstaltungen mit. Der BF verfügt über Grundkenntnisse der deutschen Sprache, eine über grundlegende Deutschkenntnisse hinausgehende, tiefergreifende sprachliche Integration konnte bei ihm jedoch nicht festgestellt werden.
Im Zeitraum 21.09.2015 bis zum 28.11.2017 befand er sich in der staatlichen Grundversorgung. Er hat in Österreich mit 01.09.2017 drei freie Gewerbe angemeldet (Hausbetreuung, Schlichtung, Ordnung, Aus- und Umpreisung von Waren sowie Hilfestellung zur Erreichung einer körperlichen und energetischen Ausgewogenheit mittels der Methode von Dr. Bach). Mit Wirkung 15.09.2017 gab er bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) eine Versicherungserklärung ab und unterliegt seit dem 01.09.2017 dem Versicherungsschutz gewerblich selbständiger Erwerbstätiger in der Unfallversicherung. Der BF ist seit dem 25.11.2017 unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma XXXX (in der Folge: so oder kurz: OG) und arbeitet mehrmals wöchentlich in einem der Geschäfte der OG in XXXX und erzielt mit dieser Tätigkeit ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von EUR 80,00 bis EUR 110,00 pro Monat. Der BF bewohnt eine Mietwohnung mit einem vereinbarten Mietzins über EUR 609,00. Trotz seiner Bemühungen, im Bundesgebiet beruflich Fuß zu fassen, konnten keine Feststellungen in Hinblick auf eine Sebsterhaltungsfähigkeit des BF festgestellt werden
Er ist strafgerichtlich unbescholten und weist im Bundesgebiet durchgehend Wohnsitzmeldungen auf.
Er hat weder im Bundesgebiet, noch in irgendeinem anderen Teil der Europäischen Union familiäre Anknüpfungspunkte. Im Bundesgebiet verfügt er über Freund- und Bekanntschaften, eine tiefergehende emotionale Bindung des BF an diese Personen konnte jedoch nicht festgestellt werden. Darüber hinaus konnte nicht festgestellt werden, dass er eine Beziehung mit einer in Österreich lebenden Person führen würde
Anlassbezogen konnten dem BF trotz dessen Bemühungen keine Anhaltspunkte für eine besondere soziale oder maßgeblich berufliche Integration des BF in Österreich konstatiert werden. Auch ist er im Bundesgebiet weder in sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht maßgeblich integriert.
1.4. Zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat des BF in Zusammenhang mit ihren Fluchtgründen:
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.
Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.
Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte. Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt, mit sich brachte. Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.
Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.
Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.9.17 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Als Reaktion darauf verbot die irakische Zentralregierung u.a. internationale Flüge in die Region. Die irakische Zentralregierung bat zudem die beiden Länder Türkei und Iran darum, ihre Grenzen zu den kurdischen Autonomiegebieten zu schließen sowie jeglichen Handel einzustellen. Die Grenzübergänge von der KRI zum Iran und der Türkei sind seit dem Referendum nur mehr teilweise geöffnet (s. Karte unten). Die Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) haben außerdem begonnen, Checkpoints an diesen Grenzübergängen einzurichten. Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Neben den militärischen Maßnahmen fasste die Zentralregierung in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum eine Reihe weiterer Maßnahmen, darunter: Die Sanktionierung kurdischer Banken, das Einfrieren von Fremdwährungstransfers, sowie das Einstellen von Flugverbindungen und mobilen Kommunikationsnetzen.
Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.
In den südlichen Provinzen ist der Großteil der Gewalt, die dort stattfindet, nicht terroristischer Natur, sondern krimineller und "tribaler" (d.h. stammesbezogener) Natur. Die Provinz BASRA war nicht direkt von der Offensive der Gruppe Islamischer Staat (IS) im Juni 2014 betroffen und sind dort keine direkten Auseinandersetzungen zwischen IS-Kämpfern und irakischen Truppen festzustellen gewesen. Es wird zwar über Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Stämmen berichtet, jedoch finden sich keine Berichte über Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten. Auch wird über kriminelle Banden berichtet, die für Entführungen zur Erpressung von Lösegeld, einen Anstieg von Gewalttaten, von Diebstahl, von bewaffneten Raubüberfällen, Tötungen und Drogenhandel verantwortlich gemacht werden (OSAC 07.03.2017). Die Bestrebungen der ISF gehen dahin, die Sicherheit in Stadt und Provinz BASRA aufrecht zu erhalten, während bewaffnete Gruppen um die vorhandenen Ressourcen kämpfen/rivalisieren (OSAC 07.03.2017).
Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten.
Quelle: BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN.
1.5. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates, der Republik Irak, weder auf Grund des Religionsbekenntnisses, noch auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass er im Irak im öffentlichen Raum regierungs- und religionskritische Lieder vorgetragen und deswegen einer Verfolgung oder Bedrohung durch extremistische Gruppierungen ausgesetzt gewesen wäre. Weder konnte festgestellt werden, dass er in XXXX ein eigenes Friseurgeschäft betrieben hatte, noch, dass er auf Grund einer Tätigkeit als Friseur einer Verfolgungs- oder Bedrohungssituation ausgesetzt gewesen wäre.
Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte beschwerdegegenständlich nicht festgestellt werden.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass er vor seiner Ausreise einer individuellen und aktuellen Verfolgung aus den von ihnen genannten Gründen im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen wäre bzw. dass er im Fall seiner Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein würde.
Auch konnte nicht festgestellt werden, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt wäre, oder dass sonstige Gründe vorlägen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstünden.
Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder auf Grund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung ihrer durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 der GFK geschützten Rechte ausgesetzt wäre oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und die daraus gezogenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie aus seinen niederschriftlich protokollierten Angaben anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, den beigeschafften länderkundlichen Informationen und den amtswegig eingeholten Auskünften.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die festgestellten Umstände erschließen sich aus den im Wesentlichen schlüssigen und unbestritten gebliebenen Angaben des BF in den niederschriftlichen Einvernahmen vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde vom 30.08.2015 (AS 1ff) und des BFA vom 05.07.2017 (AS 33ff), sowie aus dessen Ausführungen in seiner vor dem erkennenden Gericht stattgehabten PV in der am 02.07.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 02.07.2018 und den im Verfahren zur Vorlage gebrachten Beweismitteln. Die Echtheit und Richtigkeit dieser Beweismittel blieb im Wesentlichen unbestritten, sodass diese der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden können.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (XXXX), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf der Gesamtheit seiner Angaben, auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, sowie auf dessen Kenntnis und der Verwendung der arabischen Sprache und den im Akt einliegenden Identitätsnachweisen.
Die Konstatierungen zum Familienstand, sowie zu seiner grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft gründen auf seinen Angaben anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 05.07.2017 (AS 37), die im Wesentlichen unbestritten geblieben sind, auf seinen diesbezüglichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2018 und auf den von ihm in Vorlage gebrachten Beweismitteln ob seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich.
2.3. Zu den Reisebewegungen und den Lebensumständen des BF und seiner Familie im Irak:
Die Konstatierungen zu seiner Ausreise aus dem Irak und zu dessen Migrationsbewegungen gründen auf seinen Angaben in der Erstbefragung (AS 7) und in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 40). Die Konstatierungen zu seiner Ausbildung und zu dessen beruflichem Werdegang sowie zu den Daten, zur Stammeszugehörigkeit und den Lebensumständen seiner Familie im Irak erschließen sich aus den Angaben des BF in der Erstbefragung (AS 5), in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (AS 37) und aus seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.
Im Verfahren sind keinerlei Anknüpfungspunkte dahingehend hervorgekommen, dass er im Herkunftsstaat jemals bei einer staatlichen Stelle oder als Mitglied einer militärischen Einheit oder einer anderen Organisation (politisch) tätig gewesen wäre.
2.4. Zur persönlichen Situation des BF in Österreich:
Die in Hinblick auf seine sprachlichen und sozialen Integrationsbemühungen getroffenen Konstatierungen gründen auf der in Vorlage gebrachten Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses bei XXXX (AS 364), auf der vom Österreichischen Roten Kreuz ausgestellten Besuchsbestätigung hinsichtlich des Konversations-Cafés (AS 365) und auf dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben eines Jugendkulturvereines. Auch wenn er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG eine in deutscher Sprache gestellte Frage beantworten und damit das Vorliegen rudimentärer Sprachkenntnisse untermauern konnte, gelang es ihm dennoch nicht, trotz seines nunmehr über drei Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich und den von ihm behaupteten Freund- und Bekanntschaften zu in Österreich aufhältigen Personen, tiefergreifende Sprachkompetenzen durch Verwendung der deutschen Sprache in der Verhandlung zu belegen.
Die Konstatierung dahingehend, dass er sich in Österreich vom 21.09.2015 bis zum 28.11.2017 in der staatlichen Grundversorgung befand, ergeben sich aus dem vom erkennenden Gericht eingeholten Auszug aus der Grundversorgungsdatenbank (GVS).
Die Konstatierungen zu den Gewerbeanmeldungen des BF ergeben sich aus den mit der Beschwerde vorgelegten Auszügen aus dem Gewerbeinformationssystem (GISA). Im Zuge der Beschwerdeerhebung hat der BF zudem eine von ihm unterzeichnete und mit 15.09.2017 datierte Versicherungserklärung, sowie mehrere Schreiben der SVA in Vorlage gebracht (AS 366f bzw. AS 409), woraus hervorgeht, dass er in der Unfallversicherung aufrecht versichert ist. Die diesbezüglichen Konstatierungen werden auch durch einen aktuellen Sozialversicherungsdatenauszug belegt. Die Konstatierung, dass er unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma XXXX ist, erschließt sich aus einem mit Stichtag 30.06.2018 beigeschafften Auszug aus dem Firmenbuch zu XXXX und ergibt sich zudem aus dem vorgelegten Gesellschaftervertrag vom 17.10.2017 (AS 113). Die Feststellung, dass er in einem Friseursalon dieser OG als Friseur tätig ist, ergibt sich aus dem aktenkundigen Einvernahmeprotokoll der Organe der Finanzpolizei vom 03.11.2017 (AS 385ff) sowie aus seinen damit in Einklang stehenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.
Die zu seiner Unbescholtenheit und zu den Wohnsitzmeldungen getroffenen Feststellungen stützen sich auf Erhebungen des erkennenden Gerichtes (Einsichtnahme in das österreichische Strafregister sowie in das Zentrale Melderegister).
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA (AS 91) und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG brachte der BF glaubhaft zum Ausdruck, dass er im Bundesgebiet soziale Kontakte pflegt. Dies wird zudem durch eine im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegte Unterstützungserklärung untermauert. Im stetigen Besuch eines Lokales, welches im Sinne einer sozialen Integration geführt wird, sind Integrationsbemühen jedenfalls zu erkennen. Allerdings konnte auf Grund der vorgelegten Unterschriftenlisten für sich genommen noch keine tiefgreifende emotionale Bindung zu diesen Personen konstatiert werden. Der BF vermochte mit der Bestätigung des Jugendkulturvereines auch nicht zu belegen, in welchem konkreten Ausmaß er für diesen Verein ehrenamtlich tätig geworden wäre. Ein weitreichendes soziales Engagement im Bundesgebiet konnte ihm daher nicht bescheinigt werden. Im Lichte dessen konnten keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine besondere Integration des BF festgestellt werden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden BVwG behauptete er zwar, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Beziehung führen würde, doch gab er dazu an, dass er sie nur "manchmal" treffen würde, was wiederum gegen eine intensive partnerschaftliche Beziehung spricht. Darüber hinaus gab der in der mündlichen Verhandlung befragte Zeuge, der sich ebenfalls als Gesellschafter der Firma XXXX ausgab und den BF schon seit geraumer Zeit kennt, dass der BF und seine vorgebliche Freundin nicht mehr zusammen seien.
Der BF hat im Bundesgebiet nachvollziehbar berufliche bzw. wirtschaftliche Anknüpfungspunkte behauptet und entsprechende Beweismittel in Vorlage gebracht. Die diesbezüglichen Feststellungen gründen sich auf den GISA-Auszügen (AS 405ff), der im Akt dokumentierten Korrespondenz mit der SVA (AS 409ff), dem in Vorlage gebrachten Gesellschaftsvertrag (AS 414ff) sowie auf seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und dem im Zuge dessen beigeschafften Firmenbuchauszug. In Anbetracht dessen hat der BF augenfällige Integrationsbemühungen aufgezeigt. Eine Einsicht in die Einkommensaufzeichnungen des BF hat überdies gezeigt, dass er in den Monaten September und Oktober des Jahres 2017 (AS 395f) Einkünfte zwischen EUR 80,00 und EUR 110,00 erzielte. Selbst wenn der BF auch im Jahr 2018 Einkünfte in dieser Höhe erzielen konnte, war ihm die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht zu konstatierten, da seine Wohn- und Nebenkosten die erzielten Einkünfte erheblich überschreiten.
Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären Beziehungen behauptet und waren im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte in diese Richtung zu ermitteln.
2.5. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Wie sich aus der Erstbefragung und den weiteren Einvernahmen im Verfahren vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, seine Fluchtgründe mehrfach umfassend und im Detail darzulegen und allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurde er von der belangten Behörde und vom erkennenden Gericht mehrmals zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage von allfälligen Beweismitteln aufgefordert und über die Folgen einer allfällig unrichtigen Angabe belehrt.
Die zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat getroffenen Feststellungen beruhen einerseits auf seinen vor den Organen der belangten Behörde gemachten Angaben, andererseits auf seinen Schilderungen vor dem BVwG im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2018. Darüber hinaus erschließen sich die vorgebrachten Fluchtgründe des BF aus den Ausführungen in der verfahrensgegenständlichen Beschwerdeschrift und aus dem in Vorlage gebrachten Beweismaterial.
Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass er in XXXX als Friseur und Sänger tätig gewesen sei. Als Frisör habe er auch Christen und Jesiden bedient. Darüber hinaus will er als Sänger einer Band in der Öffentlichkeit regierungs- und religionskritische Lieder gesungen haben. Aus diesen Gründen sei er im Irak einer Verfolgung durch eine Gruppe radikaler Islamisten, denen auch Mitglieder seines Stammes angehören würden, ausgesetzt gewesen.
Glaubwürdig brachte er vor, im Irak als Friseur gearbeitet zu haben. Auch ist unstrittig, dass er im Irak Auftritte als Sänger hatte, was er mit den von ihm vorgelegten Fotografien belegte.
Im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten gab er an, dass ca. zwei Monate vor seiner Ausreise aus dem Irak am 12.08.2015 fünf maskierte Männer in sein Friseurgeschäft gekommen seien. Er habe zwei davon als seine Cousins erkannt. Man habe ihn beschimpft und mit der Faust geschlagen. Die Männer hätten ihm vorgehalten, dass er mit Christen und Atheisten zusammenarbeite und demnach ein Ungläubiger sei. Man habe ihn an die Wand gestoßen und mit einem Messer auf den Kopf geschlagen. Nachdem er zusammengebrochen sei, habe man ihn mit einer Rasierklinge am Kopf, am Hals und an der Hand verletzt. Daraufhin sei er ohnmächtig geworden, wobei er nicht gesehen habe, wie die Männer das Geschäft verlassen hätten. Als er wieder zu sich kam, habe er einen Freund kontaktiert, der ihn ins Krankenhaus brachte. Daraufhin sei der BF nach Hause gegangen, habe den Friseurladen geschlossen, den Kontakt zu seinen andersgläubigen Freunden abgebrochen und sei eine Woche zu Hause geblieben. Anschließend will er jedoch wieder mit seinen Auftritten begonnen haben. Am 09. oder am 10.08.2015 sei er zur Arbeit unterwegs gewesen, als ihn sein Vater angerufen und ihm gesagt haben soll, dass er nicht nach Hause kommen könne, da man an die Haustüre der Familie die Worte "XXXX gesucht von Clan" geschrieben habe. Daraufhin sei er nicht nach Hause zurückgekehrt und habe bei einem Freund in XXXX Unterschlupf gesucht und auch gefunden, da er angab, einen Tag dort verbracht zu haben, währenddessen sein Vater bereits die Ausreise für ihn organisiert habe. Sein Vater habe ihm die Reiseunterlagen besorgt und sei der BF am 12.08.2018 um 08:30 Uhr ausgehend vom Flughafen XXXX auf dem Luftweg in die Türkei gereist.
Der BF brachte vor im Irak ein Friseurgeschäft besessen zu haben. Dazu befragt, wem das Gebäude gehöre, in dem er sein Geschäft betrieben haben will, gab er an, dass es sich um einen Mann namens "XXXX" gehandelt habe, doch könne er nicht sagen, wie der Mann mit Nachnamen heiße. Schon der Umstand, dass der BF den vollen Namen seines eigenen Vermieters nicht gekannt haben will, begründet erhebliche Zweifel an der vermeintlichen Inhaberschaft am Friseurgeschäft. Hinzukommt, dass er angab, dass sein Friseurladen in derselben Straße gewesen sei wie das Familienhaus in dem er aufgewachsen sein will. Auch dieser Umstand lässt erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass er den vollen Namen seines Vermieters nicht gekannt haben will.
Es ist hervorzuheben, dass er sich in der Darstellung seiner beruflichen Tätigkeit im Irak immer wieder in Unstimmigkeiten verfängt. So gab er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde an, dass er sein Geschäft zur Mitte des Jahres 2012 eröffnet hätte (AS 37). In der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG stattgehabten PV machte er dagegen die Angabe, dass er das Geschäft im Jahr 2010 oder 2011 eröffnet habe. Weiter gab er an, dass er es nur ein Jahr lang betrieben habe, da er es auf Grund von Problemen wieder schließen musste, was sich aus dem tieferstehenden, auszugsweise wiedergegebenen Dialog zwischen ihm und dem vorsitzenden Richter ergibt:
"BF: Ich habe 5 Jahre mit dem Freund meines Vater gearbeitet und danach mein eigenes Geschäft eröffnet.
VR: Wann war das?
BF: In Wahrheit kann ich mich nicht genau erinnern. Es war entweder 2010 oder 2011.
VR: Hatten Sie auch Angestellte?
BF: Eine Person hat mit mir gearbeitet. Er ist aber nicht geblieben.
VR: Wie lange haben Sie das Geschäft betrieben?
BF: 1 Jahr. Aufgrund von Problemen und Druckes musste ich dieses verlassen.
VR: Von welchen Problemen bzw. von welcher Art von Druck sprechen Sie?
BF: Ich bin sehr vielen Problemen in meiner Heimat ausgesetzt gewesen. Aufgrund meiner Ausbildung als Sänger bekam ich großen Druck von der Gesellschaft, die religiös fanatisch ist und dies nicht akzeptiert. Der letzte Vorfall der passierte, endete damit, dass ich mit dem Tod bedroht wurde. Ich wurde geschlagen, und zwar auf den Kopf, gegen den Hals (der BF zeigt in Richtung der rechten Halsseite), gegen die linke obere Stirn und an den rechten Mittelfinger."
Setzt man diese Zeitangaben in Kontext mit seinem Fluchtvorbringen, das sich maßgeblich auf einen behaupteten Angriff auf sein Friseurgeschäft stützt, der sich kurz vor seiner Ausreise am 12.08.2015 zugetragen haben soll, erscheinen seine Angaben auf Grund der offen zu Tage tretenden Unstimmigkeiten und Widersprüche als tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt des BF. Demnach konnte der kurz vor seiner Ausreise am 12.08.2015 erfolgte Angriff bei Wahrunterstellung einer im Jahr 2011 bzw. im Jahr 2012 stattgehabten Eröffnung des Friseurgeschäftes und seiner Angaben zum einjährigen Betrieb desselben nicht mehr auf ein von ihm betriebenes Unternehmen stattgefunden haben. Während er vor dem BVwG angab, dass er das Geschäft bereits ein Jahr nach der Eröffnung wieder schließen musste, finden sich derartige Angaben in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde nicht. Abgesehen davon machte er weder vor dem BVwG, noch vor dem BFA Angaben dahin, dass er im Lauf der Zeit zwei oder mehrere Friseurgeschäfte betrieben hätte. Der Betrieb zumindest eines weiteren Friseurgeschäfts wäre notwendig gewesen, um die sich aus seinen Angaben vor dem BVwG ergebende zeitliche Lücke zwischen der Schließung des Geschäftes im Jahr 2012 bzw. im Jahr 2013 und dem Anschlag kurz vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat am 12.08.2015 zu schließen.
Abgesehen davon zeigt sich in seinen Schilderungen vor dem BFA und dem BVwG ein weiterer, offen zu Tage tretender Widerspruch, der sich bei der Annahme eines von ihm betriebenen Friseurgeschäftes nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den Denkgesetzen nicht zeigen dürfte. Während er in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA angegeben hatte, dass er sein Geschäft nach dem Übergriff im Frühsommer 2015 geschlossen hätte, gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG an, dass er das Geschäft bereits kurz nach der Eröffnung im Jahr 2010 oder 2011 aufgrund des gesellschaftlichen Druckes habe schließen müssen.
Auch war es ihm nicht möglich, die sich behaupteterweise im Vorfeld des tätlichen Angriffes auf ihn zugetragenen Drohungen glaubhaft darzustellen. Zu der dem behaupteten Angriff auf ihn vorangegangenen Bedrohungssituation befragt, hielt sich der BF äußerst oberflächlich und schemenhaft. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG führt er aus, er sei auf der Straße auf dem Weg zur Arbeit von einer bewaffneten Gruppierung bedroht worden:
"VR: Hat es vor diesen Schlägen [Anm.: gemeint ist der Angriff auf den BF in seinem Friseurladen], Drohungen gegen Sie gegeben?
BF: Viele.
VR: Welche?
BF: Ich bin verfolgt, provoziert worden. Sie kamen in mein Geschäft mit nicht erhobenen Waffen hinein und drohten mir verbal, bevor ich geschlagen wurde.
VR: Wann fanden diese Drohungen von denen Sie jetzt gerade sprachen, statt?
BF: 2 Monate bevor ich ausreiste bin ich geschlagen worden. Es war immer als ich am Weg zur Arbeit war. Auch auf der Straße wurde ich von diesen bewaffneten Gruppierungen bedroht.
VR: Von welchen bewaffneten Gruppierungen sprechen Sie?
BF: Ich verstehe Ihre Frage nicht. Bitte wiederholen Sie die Frage.
VR: Sie sagten vorhin, dass Sie von "diesen bewaffneten Gruppierungen" bedroht wurden. Von welchen bewaffneten Gruppierungen sprechen Sie?
BF: Den genauen Namen dieser bewaffneten Gruppierung kenne ich nicht. Das kann ich auch nicht sagen. Der ganze Irak ist voll damit. Die sind wie die Mafia. Man nennt sie Milizen.
VR: Von wievielen Personen wurden Sie bedroht bzw. von wie vielen Personen wurden Sie bei jenem Angriff, von dem Sie berichten, angegriffen?
BF: Die Personen die mir drohten, waren in einem Auto. Darunter waren 2 von meinem Familienclan. Die weiteren kannte ich nicht. Diese beiden Verwandten waren mir nahe. Sie kannten meine Ausgehzeiten und wussten, wo ich wohne. Sie gehörten dieser Gruppierung an. Die Personen die mich schlugen waren 5. Unter ihnen waren die beiden vorher genannten Verwandten. Dies fand in meinem Friseurladen statt."
Der BF gibt somit zum einen vor, dass es Drohungen auf der Straße aus einem Auto heraus gegeben habe und zum anderen, dass es zu einem Übergriff in seinem Friseursalon gekommen wäre; allerdings vermochte er diese Ereignisse zeitlich nicht einzuordnen. Der BF verfängt sich damit bei der Schilderung der Bedrohungs- bzw. Übergriffsituation in massive Widersprüche, hält sich vage und stellt die angesprochene Situation nur sehr oberflächlich dar.
In Hinblick auf den von ihm behaupteten gewaltsamen Übergriff ließ er zudem jegliche Datumsangabe vermissen, wohingegen er sich an die Uhrzeit des Angriffes sehr genau zu erinnern können wollte. Im Lichte der allgemeinen Lebenserfahrung und eingedenk der Konsequenzen, die diese Attacke für den BF nach sich zog, vermag nicht nachvollzogen werden, dass er nicht in der Lage war, den Tag des Übergriffes auch nur ansatzweise datumsmäßig einzuordnen. Letztlich ergab sich aus den eingeholten länderkundlichen Informationen nicht, dass männliche Friseure im Irak vermehrt Ziel von Übergriffen und Angriffen sein würden. Zwar präsentierte er in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde deutlich vernarbte Schnittwunden (AS 40), doch konnte ein Bezug zu dem vom BF geschilderten Angriff nicht hergestellt werden. So machte er insbesondere die Angabe, dass er nach dem Angriff in einem Krankenhaus behandelt worden sei; er unterließ es jedoch, diese Behauptung mit der Vorlage eines Ambulanzberichtes oder weiterer medizinischer Beweismittel zu untermauern. Es war daher nicht feststellbar, wann und wie er sich diese Narben tatsächlich zugezogen hatte. Damit vermochte er - schon wegen der oben aufgezeigten Widersprüche - einen Zusammenhang zwischen den bei ihm festgestellten vernarbten Schnittwurden und dem von ihm behaupteten Angriff nicht glaubhaft zu machen.
Aus den eingeholten Länderberichten geht klar hervor, dass Sänger im Irak durchaus verbalen und auch tätlichen Angriffen von Seiten konservativer und religiöser Kräfte ausgesetzt sein können. Sein individuelles Fluchtvorbringen gründet auf der Befürchtung, dass er wegen seiner musikalischen Tätigkeit im Herkunftsstaat verfolgt werden könnte. So will er im Irak selbst komponierte, regierungskritische Lieder in der Öffentlichkeit in Bars vorgetragen und eine im Herkunftsstaat regierungs- und religionskritische Haltung vertreten haben, auf Grund der er Übergriffe durch den eigenen Familienclan und von Extremisten befürchte. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ausführte, dass er bereits ein Jahr nach der Eröffnung seines Geschäftes im Zeitraum zwischen 2010 und 2011 aufgrund seiner Sängerausbildung dermaßen unter Druck gesetzt worden sei, dass er gezwungen gewesen sei, das Geschäft zu schließen.
Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass der BF im Lichte dessen in den Jahren vor seiner Ausreise immer wieder regierungs- und religionskritische Lieder geschrieben und öffentlich vorgetragen haben will. So gab er an, dass er sein Geschäft unter dem gesellschaftlichen Druck geschlossen habe. In diesem Kontext und im Lichte des vor dem BVwG behaupteten einjährigen Betriebes, der 2012 bzw. 2013 bereits eingestellt war, kann schlichtweg nicht nachvollzogen werden, dass er seinen Angaben zufolge über die Schließung des Friseurbetriebes hinaus jahrelang den öffentlichen Vortrag regierungskritischer Lieder unbehelligt fortsetzte bzw. fortsetzen konnte.
Auch gab er an, dass er von seinen Eltern bei seiner künstlerischen Betätigung unterstützt worden wäre und sie mit ihm ein Lied aufgenommen hätten. Dem erkennenden Verwaltungsgericht erscheint auch diese Behauptung im dargestellten Kontext schlicht nicht glaubwürdig, zumal ein solches Verhalten der Eltern des BF vor dem Hintergrund der behaupteten Verfolgung durch den eigenen Familienclan äußerst fahrlässig gewesen wäre, weil sie ihn dadurch einer erhöhten Gefahr ausgesetzt hätten. Eine Verhaltensweise, wie sie der BF seinen Eltern zuschreibt, würde auch der allgemeinen Lebenserfahrung sorgsam agierender Eltern widersprechen. Abgesehen davon soll er seinen Angaben zufolge mit seiner Kernfamilie in stetigem Kontakt stehen und wusste der BF zu berichten, dass es seiner Kernfamilie gut gehe. Auch lässt dieser Umstand die vom BF skizzierte Bedrohungssituation durch den eigenen Familienclan unwahrscheinlich erscheinen. Im gegenständlichen Zusammenhang erscheint es dem erkennenden Verwaltungsgericht viel wahrscheinlicher, dass der Familienclan des BF wegen ihrer Unterstützung für den BF auch an seine Kernfamilie herangetreten wäre.
Letztlich widerspricht es den logischen Denkgesetzen, dass der BF nach dem behaupteten Übergriff auf ihn, in seinem (im Übrigen geschlossenen) Friseursalon weiterhin regierungskritische Leider öffentlich vorgetragen haben will. Die vom BF in Vorlage gebrachten Fotografien können letztlich auch nicht als Beleg für die Öffentlichkeit dieser Auftritte herangezogen werden, da darauf kein Publikum zu sehen ist. Es konnte somit nicht festgestellt werden, ob er tatsächlich als Sänger öffentlich aufgetreten war und in diesem Zusammenhang - wie er Glauben machen wollte - religions- oder regierungskritisch agierte. Die vorgelegten Fotografien vermitteln den Eindruck, dass sie auch von einer Musikprobe stammen könnten.
Das Vorbringen des BF gründet im Wesentlichen kurz zusammengefasst darauf, dass er den Herkunftsstaat letztlich auf Grund einer an die Haustür seiner Kernfamilie geschriebenen Drohung verlassen habe. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass der BF diese Drohung schwerer gewichtet haben soll, als den vorangegangenen körperlichen Übergriff gegen ihn. Hätte tatsächlich schon ein Angriff auf ihn stattgefunden, wie er behauptete, ist nicht erklärbar, warum ihm mit einem neuerlichen Angriff auf seine Person gedroht werden sollte. Im Lichte dessen konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass ihn allein dieser Schriftzug zur Ausreise bewegte habe. Die vorgelegten Lichtbilder zeigen zwar eine Drohung an einer Haustür; doch ist es dem BF in Ermangelung weiterer auf den vorgelegten Lichtbildern ersichtlicher Identifikationsmerkmale nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass diese Drohung tatsächlich an die Haustür seiner Eltern gemalt war. Vor dem BVwG musste er einräumen, dass der Name XXXX in seiner Heimatstadt weit verbreitet ist; schon deshalb wären auf den vorgelegten Lichtbildern weitere Identifikationsmerkmale erforderlich gewesen, um eine eindeutige Zuordnung der bemalten Eingangstür mit der Eingangstür zum Haus seiner Eltern herstellen zu können.
Schließlich ist festzuhalten, dass der BF nicht glaubhaft darzustellen vermochte, im Irak ein eigenes Friseurgeschäft betrieben zu haben. Auch wurde nicht glaubhaft dargelegt, dass er in der Öffentlichkeit bzw. vor einem eingeschränkten Publikum in "in seinem Friseurgeschäft" regierungs- bzw. religionskritische Lieder vorgetragen habe. Somit ist auch im Lichte der einschlägigen länderkundlichen Erhebungen zur Lage von Sängern im Irak festzuhalten, dass der BF die von ihm behauptete Furcht vor einer Verfolgung bzw. Bedrohung wegen seiner Eigenschaft als Künstler nicht glaubhaft machen konnte. Im Lichte dieser Ergebnisse gelang ihm auch kein glaubhaftes bzw. glaubwürdiges Vorbringen dahin, dass er im Falle seiner Rückkehr einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein könnte.
Aus den angeführten Gründen waren die Konstatierungen zum Vorbringen des BF im Rahmen der dem Gericht zukommenden freien Beweiswürdigung zu treffen und ist festzuhalten, dass es dem BF im Ergebnis nicht gelang, die von ihm behaupteten Verfolgungs- bzw. Bedrohungsszenarien glaubhaft darzulegen
2.6. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Den länderkundlichen Informationen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK) ist somit, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Fehlt einer kausaler Zusammenhang mit einem oder mehrerer dieser Konventionsgründe, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (VwGH vom 27.06.2016, Zl. Ra 2016/18/0098 mwN und vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0094).
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459 und vom 28.05.2009, Zl. 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286; vom 10.11.2015, Zl. Ra 2015/19/0185 und vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074).
Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280; vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074 und vom 10.11.12015, Zl. Ra 2015/19/0185).
§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 StatusRL (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes), worunter - unter anderen - Handlungen fallen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK festgelegte Verbot der Folter (VwGH vom 15.12.2016, Zl. Ra 2016/18/0083; vom 23.02.2016, Zl. Ra 2015/20/0113 und vom 08.09.2015, Zl. Ra 2015/18/0080).
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074; vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein; das bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005 und VwGH vom 03.05.2016, Zl. Ra 2015/18/0212). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 03.05.2016, Zl. Ra 2015/18/0212 und vom 13.12.2016, Zl. Ro 2016/20/0005). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dri