TE Bvwg Beschluss 2018/8/24 W166 2172365-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2018
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Entscheidungsdatum

24.08.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2172365-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zahl XXXX , Verf. Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Mag. Wolfgang AUNER, Rechtsanwalt, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren:

Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 06.09.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. In seiner Ersteinvernahme durch Organe des Sicherheitsdienstes am 07.09.2017 gab der Antragsteller an, er sei als Einjähriger mit seiner Familie von Afghanistan in den Iran geflohen. Im Iran habe er öfters Alkohol getrunken, dies sei dort verboten und werde unter Todesstrafe gestellt, und deshalb habe er nunmehr den Iran verlassen.

Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.09.2017 gab der Beschwerdeführer an, er sei als Einjähriger mit seinen Eltern wegen des Krieges aus Afghanistan in den Iran geflohen, und sei dort aufgewachsen. Im Iran habe er Alkohol getrunken, und sei deshalb in Haft gewesen.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 21.09.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem Antragsteller keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, und festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers nach Afghanistan gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er aufgrund von Verfolgungshandlungen durch die Taliban als Kind in den Iran geflüchtet sei, und würde ihm wegen seiner westlichen Lebenseinstellung eine Verfolgung drohen.

Diese Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 18.04.2018, Zl. W245 2172365-1/4E als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 26.07.2018 teilte der Beschwerdeführer mit, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt zu haben.

Am 31.07.2018 wurde der Beschwerdeführer festgenommen, und über ihn die Schubhaft verhängt.

2. Gegenständliches Verfahren:

Der gegenständliche Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde auf Grund des § 12a Abs. 2 AsylG am 23.08.2018 übermittelt. Nach Durchsicht auf Vollständigkeit des Aktes und Überprüfung wurde das BFA am 24.08.2018 gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG über das Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung verständigt.

Am 16.08.2018 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren, den gegenständlichen Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz in Österreich.

In der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, gab der Antragsteller an, er habe seine Religion gewechselt und sei nun Christ. Der Bruder seiner Frau sei nach Kabul abgeschoben worden, und würde den Antragsteller suchen, weil er Alkohol trinke, westlich orientiert sei und die Religion gewechselt habe. Darüber hinaus würden Feindschaften von damals wegen Grundstückstreitigkeiten bestehen.

Mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 20.08.2018 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

In der am 21.08.2018 durchgeführten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde) brachte der Antragsteller in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi sowie eines Rechtsberaters im Wesentlichen vor, er habe eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen, und die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren seien nach wie vor aufrecht. Neu hinzugekommen sei, dass der vor vier Monaten zum Christentum konvertiert sei. Die Familie seiner Ehefrau sei streng gläubig, sie hätten erfahren, dass er zum Christentum konvertiert sei und Alkohol trinke, und daher fürchte er um sein Leben, wenn er nach Afghanistan abgeschoben würde. Auf das Christentum sei er erstmals vor vier Monaten aufmerksam geworden, als ihm ein Freund eine Bibel in Farsi gebracht habe, er wolle sich taufen lassen und habe einen Vorbereitungskurs absolviert. Zu den nunmehr angegebenen Grundstückstreitigkeiten hat der Antragsteller angegeben, diese würden seit 37 Jahren bestehen, das sei der Grund gewesen, weshalb sie aus Afghanistan in den Iran geflohen seien. Der Antragsteller führte weiters aus, er habe sein ganzes Leben seit seinem ersten Lebensjahr im Iran verbracht, habe keinen Bezug zu Afghanistan und man könne ihn nicht in ein Land abschieben, in dem er sich nicht auskenne. Beweismittel hat der Antragsteller nicht vorgelegt.

In der Folge wurde mittels mündlich verkündetem Bescheid, welcher im Protokoll über die eben angeführte Einvernahme am 21.08.2018 dokumentiert ist, der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen wie folgt:

Der Antragsteller sei Staatsangehöriger von Afghanistan, sei verheiratet, habe keine Kinder und verfüge über soziale Kontakte in Afghanistan. Seine Identität steht nicht fest.

Er leide an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Krankheiten.

Es existieren unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Antragsteller verfüge über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren seien aufrecht, dass der Antragsteller tatsächlich beabsichtigt sich dem Christentum zuzuwenden, den inneren Entschluss gefasst habe, nach dem christlichen Glauben zu leben und dies auch nach seiner Rückkehr nach Afghanistan zu tun und dort auch nach außen zu bekunden, habe der Antragsteller nicht glaubhaft dargelegt und habe auch nicht festgestellt werden können.

Ebenso wenig könne eine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung oder eine existenzgefährdende Notlage im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan festgestellt werden. Es könne zudem nicht festgestellt werden, dass ein berücksichtigungswürdiges Privat bzw. Familienleben in Österreich vorliege. In Österreich lebe eine Schwester des Antragstellers, mit der er nicht in gemeinsamen Haushalt lebe und der Antragsteller habe auch keine Pflegebedürftigkeit oder finanzielle Abhängigkeit angegeben.

Aus dem nunmehrigen Vorbringen des Antragstellers ergibt sich kein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt. Die nunmehr vorgebrachten Gründe, weshalb der Antragsteller nicht in sein Herkunftsland zurückkehren wolle, erfüllen keinen geänderten Sachverhalt dem Entscheidungs- bzw. Asylrelevanz zukommt. Da der Antragsteller nicht glaubhaft machen konnte, dass für ihn in Afghanistan eine reale Gefahr mit Gefährdungsmoment gegeben ist, sei der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert, liege entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor, und werde sein neuer Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Afghanistans.

Der vom Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erlassene negative Bescheid über den Antrag des Antragstellers vom 06.09.2017 auf Gewährung von internationalem Schutz ist - nach Abweisung der dagegen beim BVwG erhobenen Beschwerde - am 23.04.2018 in Rechtskraft erwachsenen. Mit diesem Bescheid wurde zugleich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.

Der Antragsteller wurde am 31.07.2018 festgenommen und befindet sich nunmehr in Schubhaft.

Der Antragsteller hat am 16.08.2018 aus dem Stande der Schubhaft, einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und diesen einerseits mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens begründet; im Weiteren bezog er sich auch darauf, sich seit vier Monaten für das Christentum zu interessieren, sich taufen lassen und Christ werden zu wollen.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt. Der Antragsteller lebt mit seiner in Österreich lebenden Schwester nicht im gemeinsamen Haushalt, es besteht durch ihn auch kein Pflegebedarf oder eine finanzielle Abhängigkeit.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller tatsächlich beabsichtigt sich dem Christentum zuzuwenden, oder den inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben und dies auch nach seiner Rückkehr nach Afghanistan zu tun. Eine Konversion zum Christentum ist durch den Antragsteller bisher nicht erfolgt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages ergeben hätte.

Hinweise auf gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom Antragsteller auch nicht behauptet.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat bzw. Kabul ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Verfahrens wurden auf Grundlage des von der belangten Beörde vorgelegten Verwaltungsaktes getroffen.

Die Rechtskraft des Bescheides ergibt sich ebenfalls aus den von der belangten Behörde vorgelegten und im Verwaltungsakt aufliegenden Unterlagen.

Die Feststellung zur Schubhaft ergibt sich aus dem durch die belangte Behörde vorgelegten mündlich verkündeten Bescheid, welcher im Protokoll über die Einvernahme vom 21.08.2018 angeführt ist.

Die Feststellungen zur Antragsbegründung des Antragstellers im zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen auf der Erstbefragung durch Organe der Sicherheitspolizei am 16.08.2018 sowie der Einvernahme durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018.

Die Negativfeststellung betreffend eine Konversion zum christlichen Glauben beruht auf folgenden Erwägungen:

Im nunmehr zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalen Schutz brachte der Antragsteller in seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde als neuen Fluchtgrund vor, vor etwa vier Monaten habe er von einem Freund eine Bibel in Farsi bekommen und seitdem interessiere er sich für das Christentum, wolle sich taufen lassen und habe einen Vorbereitungskurs absolviert. Diesbezügliche Beweismittel (z.B. über die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs) legte der Antragsteller nicht vor. Überdies ist festzuhalten, dass das Vorbringen des Antragstellers, er habe einen Vorbereitungskurs absolviert, nicht glaubhaft ist, da er einerseits angegeben hat, sich seit etwa vier Monaten für das Christentum zu interessieren, und andererseits angab, er habe einen Vorbereitungskurs absolviert und anlässlich der weiteren Befragung ausführte, ein Vorbereitungskurs dauere ungefähr ein Jahr. Daher kann der Antragsteller noch gar keinen Vorbereitungskurs absolviert haben. Möglicherweise hat er einen Vorbereitungskurs besucht aber jedenfalls nicht abgeschlossen.

Zu der Feststellung, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Erstantrages des Antragstellers keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, ist auszuführen, dass die Behauptung sich für das Christentum zu interessieren bzw. konvertieren zu wollen, keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt darstellt, der geeignet wäre, zu einem von der Entscheidung betreffend den Erstantrag auf internationalen Schutz abweichenden Ergebnis zu führen. Im Übrigen ist das Vorbringen des Antragstellers zum Christentum konvertieren zu wollen nicht glaubhaft. Der Antragsteller benutzt dieses Vorbringen um sein Ziel, in Österreich bleiben zu dürfen, letztlich doch noch zu erreichen. So hat der Antragsteller beispielswiese auf die Frage in der Einvernahme, ob er alles vorbringen habe können was ihm wichtig erscheine oder ob er noch was hinzufügen wolle geantwortet:

"Ich möchte anführen, dass mein Leben in Afghanistan in Gefahr ist. Ich habe mein ganzes Leben im Iran verbracht. Ich war 1 Jahr alt, als wir in den Iran geflüchtet sind. Ich habe keinen Bezug zu Afghanistan, weil ich dort noch nie gelebt habe. Sie können mich nicht in ein Land abschieben, in dem ich mich nicht auskenne. Ich bitte sie mir einen Status zu geben, damit ich hier mein Leben in Ruhe leben kann."

Der Zeitpunkt seines plötzlichen Interesses für das Christentum erscheint in Anbetracht seiner kurz bevorstehenden Abschiebung äußerst verdächtig und lässt in Zusammenschau mit seinem sehr vagen und detailarmen diesbezüglichen Vorbringen auf seine Unglaubwürdigkeit schließen.

Es ist somit davon auszugehen, dass der Asylwerber das neue Vorbringen einer geplanten Konversion als ultima Ratio offensichtlich dazu benutzte, seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sicherzustellen. Der Entscheidung über den Folgeantrag werden insofern die vom Asylwerber neu vorgebrachten Fluchtgründe hinsichtlich seiner Konversion voraussichtlich nicht zugrunde gelegt werden können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Dass eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Afghanistan nicht eingetreten ist, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 21.08.2018, welche ihrer Entscheidung die in das Verfahren eingeführten aktuellsten Lageinformationen zur Allgemeinsituation in Afghanistan zugrunde legte. Diese wurden weder vom Antragsteller noch vom Rechtsberater bestritten bzw. wurde keine Stellungnahme dazu abgegeben.

Des Weiteren ist dazu noch auszuführen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen ferner keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Aus diesen Gründen war die entsprechende Feststellung einer unveränderten Situation im Herkunftsstaat zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF (BFA-VG), entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, hat durch das Bundesverwaltungsgericht mittels Beschluss zu erfolgen (§ 22 Abs. 10 AsylG letzter Satz; siehe auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, K 7 zu § 22 BFA-VG, S. 283).

Zu Spruchpunkt A)

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 idgF lautet:

"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Da im gegenständlichen Fall die belangte Behörde im Zuge eines Folgeantrages des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers aufgehoben hat, war diese Entscheidung gemäß § 22 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen.

Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im gegenständlichen Fall ist festzustellen, dass gegen den Antragsteller bereits eine aufrechte und rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt. Insofern ist die Z 1 des § 12a AsylG erfüllt.

Im gegenständlichen Verfahren hat der Antragsteller erklärt, dass seine Fluchtgründe gleichen geblieben seien, aber neu sei, dass er sich für das Christentum interessiere bzw. konvertieren wolle.

Bezüglich der Fluchtgründe des Vorverfahrens liegt eindeutig entschiedene Sache vor und braucht daher hierauf nicht weiter eingegangen zu werden.

Zum (neuen) Fluchtvorbringen der Konversion:

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (zB Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

Unter Zugrundelegung der obigen Feststellungen ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragstellers zu seinem Folgeantrag vom 16.08.2018 im Vergleich zu seinem Vorbringen im Verfahren betreffend seinen Erstantrag vom 06.09.2017 kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Sein Vorhaben sich für den christlichen Glauben zu interessieren bzw. konvertieren zu wollen ist - wie in der Beweiswürdigung konkret dargelegt - nicht überzeugend und wird vom Gericht als ein Vorbringen eingestuft, mit welchem der Antragsteller keine berechtigten neuen Asylgründe darlegen möchte, sondern alleinig fremdenpolizeiliche, insbesondere aufenthaltsbeendende, Maßnahmen verhindern und damit die ungerechtfertigte Verlängerung des faktischen Aufenthaltes in Österreich bewirken möchte.

Nach Anstellung einer Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Folgeantrages vom 16.08.2018 kommt das Bundesverwaltungsgericht sohin zum Ergebnis, dass der gegenständliche Folgeantrag des Antragstellers gemäß § 68 Abs. 1 AVG voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung durch das Gericht keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes im Vergleich zum Vorverfahren hervorgetreten ist.

Die Z 3 des § 12a AsylG verlangt eine Prüfung der Gefährdungssituation im Hinblick auf die relevanten Bestimmungen der EMRK, da die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes eine Außerlandesbringung des Asylwerbers zur Folge haben könnte (Grundsatz des Non-Refoulement).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG hat es sich um eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu handeln, was nur dann anzunehmen sein wird, wenn sich daraus voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde.

Auch die für den Antragsteller maßgebliche Ländersituation in seinem Herkunftsstaat Afghanistan ist im Wesentlichen gleichgeblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesasylamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Diese Einschätzung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 18.04.2018, Zl. W245 2172365-1/4E bestätigt.

Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor der belangten Behörde sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Antragstellers bzw. dessen Rechtsberater wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Der VwGH hat zu Ra 2016/01/0096, vom 13.9.2016, ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art. 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Dies umso mehr, als im obzitierten Beschluss der VwGH auch auf die Rechtsprechung des EGMR verwiesen hat, die davon ausgeht, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12.01.2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u.a., Nr. 46 856/07).

Der Antragsteller brachte in seiner Einvernahme am 21.08.2018 diesbezüglich lediglich vor, nicht in Afghanistan leben zu können, da dort sein Leben in Gefahr sei und er sich dort nicht auskenne.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der VwGH zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016, ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw. zu Tage getreten, dass zwischenzeitlich - seit Erlassung der nunmehr rechtskräftigen Rückkehrentscheidung - der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan bzw. Kabul ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des BVwG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 21.08.2018 einvernommen, die Niederschrift wurde rückübersetzt, weder der Antragsteller noch der Rechtsberater hatten Einwendungen bzw. wollten eine Stellungnahme abgeben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt wie oben dargestellt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass beim Antragsteller kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich erkennbar ist.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, erweist sich der mündlich verkündete Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.03.2018 als im Einklang mit dem Gesetz stehend und war gemäß § 22 BFA-VG wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war weiters, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf di inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Glaubwürdigkeit, Scheinkonversion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W166.2172365.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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