TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/28 W257 2147232-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2018
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Entscheidungsdatum

28.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W257 2147232-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch "Verein Menschenrechte Österreich" in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten vom 27.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 27.07.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 21.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag, gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsbürger der Islamische Republik Afghanistan, sei am 01.01.1997 im Iran geboren und in der Provinz Maidan Wardak aufgewachsen. Er hätte 8 Jahre im Iran und 9 Jahre in Pakistan gelebt. Er sei schiitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Hazara an. Er sei verlobt und kinderlos.

Aus Afghanistan sei er geflohen, weil sein Vater Kommandant gewesen sei und seine Eltern damals in den Iran flüchteten. Sein Vater sei als Kommandant nach Afghanistan zurückgekehrt und sei von den Taliban getötet worden. Er könne nach Afghanistan nicht mehr zurückkehren, weil er Angst um sein Leben habe.

1.3. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge teilweise auch "Behörde" genannt) am 19.01.2017 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass bei der Erstbefragung einiges falsch formuliert worden wäre. Er sei nicht verlobt, sondern mit seiner 14-jährigen Cousine XXXX seit ca 2015 verheiratet. Er gab an, dass er ca 20 Jahre alt und Analphabet sei. Er hätte sich die Heiratsurkunde vom Iran, wo seine Frau leben würde, nachschicken lassen, könne diese aber nicht lesen, weil er Analphabet sei. Seine ganze Familie lebe im Iran, wobei auch seine Mutter 2016 gestorben sei. Die Kernfamilie bestehe nunmehr aus seinen beiden Schwestern, einem Bruder und seiner Ehefrau. Ebenso befänden sich alle weitere Verwandten im Iran. Er hätte keine Verwandten mehr in Afghanistan und kenne dort keinen. Er sei klein gewesen, als sie aus Afghanistan weggezogen seien.

Die Situation im Iran wäre immer schlimmer geworden. Die Regierung wollte, dass er in Syrien kämpfen solle.

Als er klein war sei er mit seinen Eltern zu dem ehemaligen Wohnort der Eltern in Afghanistan gereist. Dieser lautet XXXX in der Provinz Maidan Wardak. Sie hätten sich dort 2 Monate aufgehalten und danach seien sie weiter nach Pakistan gereist, wo sich die Familie 8 Jahre aufgehalten habe. Der Vater sei allerdings nach Afghanistan zurück und hätte als Kommandant beim Militär gearbeitet. Er hätte der Wahdath-Partei angehört und sei nach einem Jahr von den Taliban in Helmand getötet worden. Seine Mutter wäre dann wieder mit ihnen in den Iran zurückgegangen. Seit ca 10 Jahren würden sie nun alle im Iran leben. Die Familie besäße noch ein Haus in Afghanistan. Er selbst wurden von den Taliban niemals bedroht. Sie hätten allerdings nicht nach Afghanistan zurückkehren können, weil sie dann auch getötet worden wären. Er könne sich kein Leben in Afghanistan vorstellen, weil es keinen sicheren Platz dort gäbe. Im Iran hätte er auf Baustellen gearbeitet. Sein Freund sei erwischt worden und nach Syrien schickt worden. Als seien Mutter gestorben sei, hätte sein Bruder eine Schulbewilligung erhalten, wodurch dieser nicht nach Syrien gehen müsste.

Er könne nicht nach Afghanistan zurück, weil er dort keinen Bezug habe. Er könne ebenso wenig in den Iran zurück. Wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung bekomme, würde er gerne seine Frau nach Österreich nachholen.

1.4. Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem im Spruch erwähnten Bescheid hinsichtlich des internationalen Schutzes ab, sowie wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenso nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Der Beschwerdeführer bekam eine zweiwöchige Frist für seine Ausreise zugestanden.

Zur Nichtzuerkennung des Asylantrages vermeinte die Behörde, dass der Beschwerdeführer keine gegen ihn gerichtete Drohung vorbringen hätte können, welche eine ausreichende Asylrelevanz dargestellt hätte. Die Behörde vermeinte zusätzlich, dass keine Gründe hervortraten oder glaubhaft gemacht werden konnten, welche gegen eine Wiederansiedelung in Afghanistan, insbesondere in der Hauptstadt Kabul, hervortraten und so keine reale Gefahr einer Verletzung seiner verbrieften Menschenrechte zu erwarten wäre.

1.5. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, wobei er im Wesentlichen die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht und unrichtige Beweiswürdigung geltend machte. Auffallend ist, dass mit keinem Wort auf den Sachverhalt des Beschwerdeführers eingegangen wird. Es handelt sich hierbei offenbar um eine pauschal erstellte Beschwerdeschrift, zudem auf Seite 3 zu lesen ist, "Der BF verließ seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung." Tatsache ist, dass der Beschwerdeführer nicht sein Heimatland, sondern Iran verließ.

1.6. Der Verwaltungsakt langte am 13.02.17 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftseinteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen (OZ 1).

1.7. Am 15.112017 legte der Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung über den Werte- und Orientierungskurs vor.

1.8. Das Bundesverwaltungsgericht setzte für den 27.07.2018 eine mündliche Verhandlung fest, wovon die Parteien nachweislich verständigt wurden.

1.9. Folgende Länderberichte des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers wurden der Einladung angeschlossen und den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, dazu binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen (OZ 6).

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Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018 (Beilage 1)

-

UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, (Beilage 2)

Die Parteien nahmen von dieser Gelegenheit nicht Gebrauch.

1.10. Nachdem das Länderinformationsblatt (sh vorherigen Punkt, erster Spiegelstrich) eine Gesamtaktualisierung erfuhr, wurde die aktuelle Fassung vom 29.06.2018 den Parteien am 04.07.2018 zur Stellungnahme übersandt (OZ 7).

1.11. Am 13.07.2018 langte seitens des vertretenen Beschwerdeführers eine Stellungnahme hierzu ein (OZ 8). Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über keinerlei Anknüpfungspunkte in Afghanistan verfüge, die Sicherheitslage allgemein höchst volatil sei, und wird zudem auf die Diskriminierung der iranischen Rückkehrer in Afghanistan hingewiesen.

1.12. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederholte der Beschwerdeführer im Grunde das bereits vor der Behörde Gesagte, wobei er in einer Steigerung vorbrachte, dass er im Iran nicht nur gefragt wurde in den Krieg in Syrien zu ziehen, sondern dass er tatsächlich von der iranischen Behörde aufgegriffen und in den Krieg geschickt worden sei. In diesem Zusammenhang schilderte er, wie er von der iranischen Armee bzw. von der iranischen Behörde nach Syrien gesandt worden sei. Er hätte drei Monate als Infanterist in der Stadt Aleppo und weitere drei Monate hätte er als Panzerfahrer gekämpft. Auf Vorhalt, dass es für das Gericht nicht glaubhaft ist, wenn man ohne einer entsprechenden Ausbildung einen Panzer, noch dazu einen Geschützpanzer, im Krieg lenken könne, brachte er vor, dass es schon ältere Panzer gewesen seien die nicht besonders funktionsfähig gewesen wären.

1.13. Nachdem der Beschwerdeführer vorbrachte, tatsächlich im Syrien Krieg eingesetzt gewesen zu sein, wurde den Parteien ein entsprechendes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit dem Ersuchen um Stellungnahme zugesandt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan; Afghanische Kämpfer und ihre Rückkehrer aus Syrien vom 02.08.2017). Bei dem Länderinformationsblatt handelt es sich um eine Anfragebeantwortung mit dem Thema, ob die Taliban Teilnehmer am Krieg in Syrien - falls diese nach Afghanistan zurückkehren - verfolgt werden würden. Im Ergebnis wird festgehalten, dass dies nicht der Fall sei bzw. dass keine entsprechenden Informationen diesbezüglich nachweisbar sind. Das Bundesamt für Fremdenwesen Asyl nahm von diesem Parteiengehör Gebrauch und sandte dem Gericht am 17.08.2018 eine entsprechende Stellungnahme. Der Beschwerdeführer selbst brachte keine Stellungnahme dazu ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX in Afghanistan geboren. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich als schiitischer Moslem. Er ist im Iran geboren und wuchs dort auf. Als er noch klein war verzogen die Eltern nach Afghanistan und danach gleich weiter nach Pakistan, wo sie sich ca. 8 Jahre aufhielten. Der Vater ist allerdings wieder von Pakistan nach Afghanistan zurückgegangen, weil er als Mujaheddin für die Regierung gegen die Taliban kämpfte. Zirka ein Jahr nach dessen Einsatz verstarb sein Vater in Afghanistan. Der Beschwerdeführer lebte 8 Jahre in Pakistan und verzog danach in den Iran. Dort lebte er ca 10 Jahre und verdingte sich als Bauarbeiter.

Er verfügt über keinerlei soziale Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Die Familie besitzt noch ein verlassenes Haus in dem ursprünglichen Wohnort der Eltern, in der Provinz Maidan Wardak.

Er ist seit dem 15.04.2015 mit XXXX verehelicht, zu der er einmal wöchentlich Kontakt aufnimmt. Sie lebt im Iran, die Ehe ist bisweilen kinderlos. Im gleichen Jahr verstarb seine Mutter. Sein einziger Bruder fiel im Krieg in Syrien. Sein beiden Schwestern leben im Iran und sind verheiratet. Er hat keine Familienangehörigen in Afghanistan. Er hat einige Verwandte in England, zu denen er allerdings keinen Kontakt hat. Im Falle der Rückführung nach Afghanistan, ist zu erwarten, dass die Frau im Iran bzw ihre Verwandten den Beschwerdeführer finanziell unterstützen kann; jedenfalls soweit, bis er

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 19.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat nie eine Schule besucht, er verfügt über mehrjährige Berufserfahrung als Bauarbeiter.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er spricht außerdem Deutsch.

Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer systematischen Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, dh. wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt war oder ihm in Falle einer Rückkehr derartiges droht.

2.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer liefe nicht Gefahr, bei einer Rückkehr in seine Herkunftsstadt Afghanistan, insbesondere bei einer Neuansiedlung in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung am 19.07.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er bezieht seit seiner Antragstellung Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwahrten und keine sonstigen engen sozialen Bindungen. Der Beschwerdeführer lebt in Villach in einer Asylunterkunft und wird von der Grundversorgung gestützt. Er besuchte zwar einige Deutschkurse, konnte jedoch bis dato keinen Deutschkurs abschließen. Er ist weder in einem Verein aktiv, noch konnte er nachhaltige vertiefte Integrationsschritte nachweisen. Es gibt keinen Hinweis auf nachhaltige Integrationsbestrebungen.

2.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

In der Folge bedeutet "LIB" folgende Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018

2.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage:

"Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018). (LIB auf Seite 24)."

2.5.2. Zur aktuellen Sicherheitslage in Kabul (LIB ab Seite 46ff)

"Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. ....

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018). Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

(Grafik)

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018). Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018)."

2.5.3. Zur Möglichkeit sich in Mazar-e Sharif anzusiedeln ohne einer Existenzbedrohung aus der sicherheitsrelevanten Sicht (Seite 29 des LIB):

"Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017)."

Auf Seite 36 des LIB:

High-profile Angriffe:

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).

Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017)."

Auf Seite 65 des LIB:

"Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015)."

2.5.4. Zur Möglichkeit sich in Herat anzusiedeln ohne einer Existenzbedrohung aus der sicherheitsrelevanten Sicht (Seite 101 des LIB)

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

(Grafik)

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

2.5.4.1. Zur Versorgungslage der Rückkehrer (Seite 324 ff des LIB):

"Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer/innen hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015, um 24% erhöht, und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145) (IOM/DTM 26.3.2018). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig, als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand

21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (IOM 7.7.2017).

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern) (UNHCR 3.2018). Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen (USDOS 20.4.2018). Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer/innen. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer/innen sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten (UN OCHA 12.2017).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten. Im Jangalak Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer, mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet. Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor. IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr - und Reintegrationsunterstützung. In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert. IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an. ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind. AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird (BFA Staatendokumentation 4.2018).

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an. Auch hilft NRC Rückkehrer/innen bei Grundstücksstreitigkeiten. Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrer/innen aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein. Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft (wenngleich sich das Jangalak-Aufnahmezentrum bis September 2017 direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand, wurde dieses dennoch von IOM betrieben und finanziert). Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Ausführliche Informationen zu den Programmen und Maßnahmen der erwähnten Organisationen sowie weitere Unterstützungsmaßnahmen können dem FFM-Bericht Afghanistan 4.2018 entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

(...)"

2.5.5. Zu den Rückkehrern aus dem Syrienkrieg (Anfragebeantwortung vom 02.08.2017)

"Das Swedish Migration Board (Lifos) berichtet, dass es nur wenige Informationen über nach Afghanistan zurückgekehrte afghanische schiitische Kämpfer gibt, und dass die folgenden Schlussfolgerungen unter diesem Aspekt betrachtet werden müssen. Es gibt nur wenige Fälle von solchen Rückkehrern und es wurden keine Informationen durch Lifos gefunden, die darauf hindeuten, dass diese ehemaligen Kämpfer von irgendwelchen Gruppen verfolgt werden. Nach afghanischen Rechtsvorschriften und Aussagen von afghanischen Gesetzgebern, scheinen diese afghanischen Kämpfer nicht von afghanischen Behörden bestraft zu werden. Was die Taliban betrifft, so zeigt ihre innenpolitische Agenda und ihre Feindschaft gegenüber dem islamischen Staat (IS), dass sie kein allgemeines Interesse daran haben, diese Personen nur zu verfolgen, weil diese in Syrien gekämpft haben. Der IS in Afghanistan hingegen kann auf der Grundlage dessen, was über seine Ideologie und Handlungen bekannt ist, auf solche Kämpfer zielen, wenn bekannt wird, dass diese Personen auch gegen den IS in Syrien gekämpft haben. Allerdings ist die Fähigkeit des IS dies zu tun, vermutlich auf nur wenige Distrikte beschränkt, besonders in Achin in der Provinz Nangarhar, wo sie eine Präsenz hatten (Quelle: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan, Afghanische Kämpfer und ihre Rückkehrer aus Syrien, vom 02.08.2017)"

2.5.6. Risikogruppen in Afghanistan: (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 -zusammenfassende Darstellung des UNHCR vom 04.05.2016):

"Laut UNHCR können folgende Asylsuchende aus Afghanistan, abhängig von den im Einzelfall besonderen Umständen, internationalen Schutz benötigen. Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:

(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;

(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;

(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;

(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;

(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;

(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;

(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;

(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;

(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;

(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;

(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;

(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und

(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie deren Familienangehörige)."

Zu diesen Feststellungen gelangt das Gericht aufgrund folgender

3. Beweiswürdigung

3.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zum Namen des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der Behörde, in der Beschwerde, in der eingebrachten Stellungnahme, in den im Verfahren erstatteten Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten Dokumenten (zB die Heiratsurkunde; sh dazu die behördliche Niederschrift).

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Auf Grund seiner übereinstimmenden Angaben vor der Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht konnte der XXXX als Geburtsdatum des Beschwerdeführers festgestellt werden.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer nicht nur verlobt ist, so wie er in der polizeilichen Einvernahme vorbrachte, sondern verheiratet, konnte in den nachfolgenden Einvernahmen (Behörde und Gericht) geklärt werden. Diese Divergenzen konnte der Beschwerdeführer im Wesentlichen nachvollziehbar aufklären. Fest steht, dass er verheiratet ist, dies auch die vorgelegte Heiratsurkunde bezeugt.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort im Iran, seinen Aufenthaltsorten, seinem beruflichen Werdegang, seinen Familienangehörigen, seinen sozialen und familiären Anknüpfungspunkten im Iran, der wirtschaftlichen Situation seiner Familie, seinen Lebensumständen im Iran und Pakistan, seiner Einreise nach Österreich sowie seiner Fluchtroute waren im Wesentlichen - soweit dies angesichts des fehlenden Bildungshintergrundes gefordert werden kann - gleichbleibend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen plausibel.

Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Angesichts dessen, dass seine Frau und deren Verwandte im Iran wohnen, aufgrund der Ehe eine gegenseitige Obsorgepflicht besteht, er wöchentlich Kontakt zu seiner Frau hat, geht das Gericht davon aus, dass seine Frau und deren Verwandten den Beschwerdeführer nach ihrer Möglichkeit finanziell unterstützten können. Darauf angesprochen, ob dies möglich ist, wich der Beschwerdeführer mehrmals auf die schlechte Sicherheitslage in Kabul aus (sh Seite 8 der gerichtlichen Niederschrift). Damit wurde mehrmals die Frage nicht beantwortet und muss daher das Gericht davon ausgehen, dass die Frau im Iran durch den Beruf als Schneiderin über ein regelmäßiges Einkommen verfügt und zudem noch weitere Verwandte vorhanden sind. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Untersützungsmöglichkeit.

Wie aus einen Zugriff unter https://www.aib.af/ am (Zugriff: 26.08.2018) durch das Gericht ersichtlich ist, bietet die Afghanistan International Bank alle Varianten des Bankwesens inklusive Online Banking an. Neben der Afghanistan International Bank sind mit der New Kabul Bank auch weitere Banken in Afghanistan tätig und Geldüberweisungen aus dem Ausland und innerhalb von Afghanistan möglich. Die AZIZ Bank, die zweitgrößte Bank bietet weltweiten Bargeldtransfer an. Aus diesem Grund geht das Gericht davon aus, dass es den Familienangehörigen des Beschwerdeführers möglich wäre, ihn nach einer Rückkehr nach Kabul auch Iran aus zu unterstützen.

Zweifel an der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind während des gesamten Verfahrens nicht aufgetaucht. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3.2. Zu den Feststellungen hinsichtlich seiner Fluchtvorbringen

Nachdem die Familie des Beschwerdeführers im Iran nicht akzeptiert worden sei, sei die Familie wieder nach Afghanistan zurückgezogen. Zu dieser Zeit war der Beschwerdeführer ca. drei Monate alt. Sein Vater sei Kommandant in der Partei Hezb-e Wahdat gewesen, weswegen er in Afghanistan bedroht worden wäre. Die Familie hätte sich entschlossen, nach Pakistan weiter zu ziehen, wo sie sich auch schließlich acht Jahre aufgehalten hätten. Sein Vater wäre allerdings nach Afghanistan zurückgekehrt und hätte dort in dieser entsprechenden Partei, als Kommandant gearbeitet. Nachdem die Taliban wieder stärker geworden wären, wäre sein Vater ums Leben gekommen. Seine Mutter sei ca. im Jahr 2015 verstorben. Der Beschwerdeführer brachte jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht vor, dass er persönlich in irgendeiner Weise bedroht wurde. Er schilderte lediglich die Tätigkeiten seines Vaters und den Tod seines Vaters. Auf jeden Fall kann festgehalten werden, das gegen ihn selbst keinerlei Bedrohungen gesetzt worden sind. Die Familie verzog alsdann wieder in den Iran, wo er sich gemeinsam mit seiner Mutter, seinem Bruder und seinen beiden Schwestern ca. zehn Jahre aufhielt. Vor der Behörde und auch vor dem Gericht brachte er anfänglich vor, dass er lediglich von den iranischen Behörden aufgefordert wäre, in den syrischen Krieg zu ziehen.

Nach einer Verhandlungspause forderte der Richter ihn auf, Fotos welche er anfänglich dem Gericht auf seinem Mobiltelefon vorzeigen wollte, herzuzeigen. Erst aufgrund dieser Aufforderung brachte er vor, dass er nicht nur von den iranischen Behörden gefragt bzw. gezwungen worden sei, sondern dass er tatsächlich im syrischen Krieg tätig gewesen sei (siehe Seite 9 der gerichtlichen Verhandlungsschrift). Schon alleine unter diesem Aspekt ist anzumerken, dass, falls der Richter den Beschwerdeführer nicht bezüglich den Lichtbildern gefragt hätte, er wohl kaum von sich aus selbst darauf zum Sprechen gekommen wäre. Jedenfalls brachte er aufgrund der vorgezeigten Lichtbilder, welche ihn in Uniform zeigen, vor das er von den iranischen Behörden nach Aleppo in Syrien gesandt worden sei. Er brachte vor, dass er dort drei Monate lang als Infanterist und drei Monate als Panzerfahrer tätig gewesen sei. Das Gericht schenkte seinen Angaben in der Verhandlung keinen glauben und vermeinte, dass er als Analphabet ohne entsprechende Ausbildung, wohl kaum in der Lage sei, einen iranischen Kampfpanzer im Kriegszustand zu lenken. Dies entgegnete er damit, dass es schon ältere Panzer gewesen sein. Auf Vorhalt, dass er keine Ausbildungszeiten zum Fahren als Panzerfahrer genossen hätte, brachte er vor, dass er eine Einschulung in der Dauer von einem Monat erhalten habe. Als er Heimaturlaub bekommen hätte, hätte er fliehen können.

Es ist mit den logischen Denkgesetzen nicht vereinbar, dass - selbst in einem Kriegszustand - die iranische Armee einen Analphabeten aus Afghanistan einen Kampfpanzer überlässt. Selbst unter der Annahme, dass er tatsächlich in den syrischen Krieg geschickt worden sei, ist es weiters auch nicht denkbar, dass ein iranischer Kampfpanzer - auch wenn er so wie der Beschwerdeführer vorbrachte, kaum funktionsfähig gewesen sei - lediglich innerhalb eines Monats lenken hätten können. Die Angaben des Beschwerdeführers diesbezüglich sind daher nicht glaubhaft. Die Schilderungen hinsichtlich des Weges vom

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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