Index
L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien;Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2018/02/0119 E 21. September 2018 Ra 2018/02/0175 E 21. September 2018Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. N. Bachler, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 4. Dezember 2017, Zlen. VGW-103/042/9527/2017, VGW- 103/V/042/9528/2017, VGW-103/V/042/9529/2017, betreffend Betriebsschließung nach dem Wiener Wettengesetz und Kosten (mitbeteiligte Parteien: 1. I KG in W, 2. C GmbH in G, 3. C Limited in B, alle vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Spruchpunkte A) I.1. VGW-103/042/9527/2017, I.2. VGW- 103/V/042/9528/2017, (Betriebsschließung und Barauslagenvorschreibung), I.3. VGW-103/V/042/9529/2017) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Nach der unstrittigen Aktenlage fand der Magistrat der Stadt Wien (die revisionswerbende Partei) am 28. April 2017 im Rahmen einer behördlichen Überprüfung in einem Lokal in Wien sieben Wettannahmeterminals, drei Wettinfoterminals und einen Wettannahmeschalter vor. Der Niederschrift zu dieser Überprüfung folgend seien die erforderlichen Bewilligungen nach dem Wiener Wettengesetz nicht vorgelegen. Es wurde unter anderem verfügt, dass der Betrieb geschlossen wird.
2 Die revisionswerbende Partei erließ in weiterer Folge den mit 19. Mai 2017 datierten, der erstmitbeteiligten Partei am 26. Mai 2017 und der zweit- und drittmitbeteiligten Partei jeweils am 24. Mai 2017 zugestellten, Bescheid. Diesem Bescheid ist wörtlich folgender Spruch zu entnehmen:
"1.) Gemäß § 23 Abs. 3 Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016 idgF, wird daher die gänzliche Schließung der Betriebsstätte der (erstmitbeteiligten Partei), Wettbüro mit der äußeren Bezeichnung ‚C.', verfügt.
2.) Gemäß § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016 idgF, werden der (zweitmitbeteiligten Partei) EUR 624,00 als Ersatz der Barauslagen für Schlosserarbeiten der Firma B. (...) vorgeschrieben, welche der Behörde durch die Schließung der Betriebsstätte und die Beschlagnahme nach § 23 Abs. 2 erwachsen sind."
3 Begründend führte die revisionswerbende Partei unter wörtlicher Wiedergabe des § 23 Abs. 3, 5 und 8 Wiener Wettengesetz im Wesentlichen aus, es sei am 28. April 2017 im Zuge einer faktischen Amtshandlung festgestellt worden, dass in der Betriebsstätte der erstmitbeteiligten Partei in W. mit der Bezeichnung "C." durch die zweitmitbeteiligte Partei die Tätigkeit einer Wettunternehmerin ausgeübt worden sei. Die zweitmitbeteiligte Partei habe diese Tätigkeit in der Art der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten und Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen mit sieben Wettannahmeterminals, drei Wettinfoterminals und einem Wettannahmeschalter ausgeübt. Mangels der für diese Tätigkeit erforderlichen Bewilligung nach dem Wiener Wettengesetz und damit aufgrund des Verdachts einer Tätigkeit als Wettunternehmerin sei am 28. April 2017 die gänzliche Schließung der Betriebsstätte erfolgt.
4 Gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 19. Mai 2017 erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
5 Im Hinblick auf die Beschwerde der erstmitbeteiligten Partei stellte das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 zu Spruchpunkt 1.) des Bescheides vom 19. Mai 2017 fest, "dass der gegenständliche Schließungsbescheid der in (...) situierten Lokalität gemäß § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz ex lege aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist" (Spruchpunkt A) zu I.1.). Die Beschwerde der erstmitbeteiligten Partei gegen Spruchpunkt 2.) des Bescheides vom 19. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 4. Dezember 2017 als unzulässig zurück (Spruchpunkt B) zu I.1.).
6 Der Beschwerde der zweitmitbeteiligten Partei gab das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 insofern Folge, als es ihr gegenüber Spruchpunkt 1.) des Bescheides vom 19. Mai 2017 behob und Spruchpunkt 2.) dieses Bescheides ersatzlos behob (Spruchpunkte A) zu I.2.).
7 Infolge der Beschwerde der drittmitbeteiligten Partei gegen den Bescheid vom 19. Mai 2017 behob das Verwaltungsgericht ihr gegenüber im angefochtenen Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 Spruchpunkt 1.) (Spruchpunkt A) zu I.3.). Die Beschwerde der drittmitbeteiligten Partei gegen Spruchpunkt 2.) des Bescheides vom 19. Mai 2017 wies es im Beschluss vom 4. Dezember 2017 als unzulässig zurück (Spruchpunkt B) zu I.3.).
8 In seiner Begründung verneinte das Verwaltungsgericht die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkunden durch die zweitmitbeteiligte Partei. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 2013, B 1316/2012, nehme der Vermittler im Namen des Buchmachers oder Totalisateurs die Wetteinsätze ein und zahle einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder aus. Diese Tätigkeiten seien der zweitmitbeteiligten Partei nicht nachweisbar. Der Begriff des "Vermittlers" nach § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz setze zudem voraus, dass "dieser in einer aktiven Weise gegenüber dem Wettkunden tätig ist, daher eine aktive Vermittlungstätigkeit entfaltet". Eine solche aktive Vermittlungshandlung in Bezug auf einen Wettkunden sei im Verfahren nicht hervorgekommen.
9 Außerdem vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, eine Betriebsschließung nach § 23 Abs. 3 erster Satz Wiener Wettengesetz habe in der Form eines Bescheides und nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu erfolgen. Zumal die revisionswerbende Partei im Spruch des Bescheides vom 19. Mai 2017 § 23 Abs. 3 (und nicht § 23 Abs. 5) Wiener Wettengesetz zitiert habe, sei die Betriebsschließung zwar zunächst mit diesem Bescheid erfolgt. Mangels eines binnen eines Monats nach dieser Betriebsschließung erlassenen Bescheides gelte diese Verfügung aber gemäß § 23 Abs. 5 erster Satz Wiener Wettengesetz als aufgehoben.
10 Die in Spruchpunkt 2.) des Bescheides der revisionswerbenden Partei vom 19. Mai 2017 genannten Kosten seien gemäß § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz nur der zweitmitbeteiligten Partei vorgeschrieben worden. Insofern seien die dagegen von der erst- und drittmitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerden als unzulässig zurückzuweisen.
11 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht als nicht zulässig.
12 Gegen die angeführten Spruchpunkte des Erkenntnisses - und nicht den Beschluss - vom 4. Dezember 2017 richtet sich die vorliegende Amtsrevision der revisionswerbenden Partei, mit dem Antrag diese wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
13 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück(ver)- bzw. Abweisung der Revision und die Zuerkennung von Aufwandersatz begehren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Nach § 34a Abs. 1a zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.
16 Die hier maßgebenden Bestimmungen des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten (Wiener Wettengesetz), LGBl. Nr. 26/2016, in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 lauten (auszugsweise):
"(...)
Begriffsbestimmungen
§ 2. Die in diesem Landesgesetz verwendeten Begriffe sind jeweils im Sinne der nachfolgenden Begriffsdefinitionen zu verstehen:
1. (...)
2. (...)
3. Vermittlerin oder Vermittler ist, wer Wetten,
Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet.
(...)
Aufsicht
§ 23. (1) Im Rahmen der Vollziehung dieses Landesgesetzes sind die Organe der zuständigen Behörde sowie die von dieser beigezogenen Sachverständigen befugt, jederzeit und auch ohne Vorankündigung Betriebsstätten von Wettunternehmerinnen und Wettunternehmern zu betreten. Auf Verlangen sind ihnen die Bewilligungsbescheide vorzuweisen, die erforderlichen Auskünfte, auch hinsichtlich der Wettinhalte, zu erteilen, Einsichtnahme in das elektronische Wettbuch sowie in die Duplikate der Wettscheine zu gestatten und die Überprüfung der Wettterminals zu ermöglichen. Sofern es erforderlich ist, können die Wettterminals sowie das elektronische Wettbuch und die Duplikate der Wettscheine auch an einen anderen Ort verbracht und an diesem überprüft werden. Die Durchführung von Probewetten an Wettterminals sind den behördlichen Organen ohne Leistung eines Entgelts und ohne Gewinn zu ermöglichen. Im Rahmen der Überprüfungen sind die Wettterminals auf Verlangen zu öffnen und die Datenträger (z.B. Platinen, Festplatten) auszufolgen sowie die Gerätebuchhaltung offen zu legen. Die behördlichen Organe sind befugt, auch ohne Vorankündigung Wetten an Wettterminals zur Feststellung der Einhaltung der Bestimmungen des § 13 Abs. 2 bis 5 durchzuführen.
(...)
(3) Besteht der Verdacht, dass die Tätigkeit einer Wettunternehmerin oder eines Wettunternehmers ohne oder entgegen der Bewilligung ausgeübt wird, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren die gänzliche oder teilweise Schließung jener Betriebsstätten, die der Durchführung von Sportwetten dienen, verfügen. Zur Betriebsschließung ist die Anwendung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig.
(...)
(5) Über eine Verfügung nach Abs. 2 und Abs. 3 ist binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Eigentümerin oder der Eigentümer kann unter Nachweis ihrer oder seiner Eigentümerschaft Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid beim Verwaltungsgericht erheben.
(6) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung.
(...)
(8) Erwachsen der Behörde durch die Schließung der Betriebsstätte oder die Beschlagnahme nach Abs. 2 oder durch Maßnahmen gemäß Abs. 3 Kosten, so sind diese der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer dann zum Ersatz mit Bescheid vorzuschreiben, wenn sie oder er ihre oder seine Tätigkeit nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeübt hat.
(...)"
17 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision insbesondere vor, die angefochtene Entscheidung widerspreche im Hinblick auf das Erfordernis eines aktiven Zutuns für die Qualifikation eines Vermittlers im Sinne des § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bereits "das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals zweifellos eine Tätigkeit im Rahmen der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden" sei. Zudem fehle Judikatur zur Frage, ob die Verfügung nach § 23 Abs. 3 Wiener Wettengesetz mittels Bescheid zu erfolgen habe oder ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sei.
18 Ausgehend davon erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
19 Es trifft zwar zu, dass im Spruch des Bescheides der revisionswerbenden Partei vom 19. Mai 2017 als angewendete Gesetzesbestimmung § 23 Abs. 3 Wiener Wettengesetz angeführt wird. Hierbei handelt es sich aber offensichtlich nur um ein Versehen bei der Bezeichnung des tatsächlich angewendeten (fünften) Absatzes von § 23. Dies ergibt sich aus der Begründung des Bescheides vom 19. Mai 2017. Diese stellt zum einen klar, dass die Betriebsschließung am 28. April 2017 durch eine "faktische Amtshandlung" erfolgte. Zum anderen bezieht sie sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nur auf § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz.
20 Das Verwaltungsgericht hat insoweit, als der Spruch des verwaltungsbehördlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. VwGH 28.5.2018, Ra 2018/17/0081). Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein Bescheid, dem - wie hier - eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit anhaftet, die einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG zugänglich wäre, auch dann in der richtigen, d. h. von der Unrichtigkeit bereinigten Fassung, zu lesen ist, wenn seine Berichtigung durch Bescheid unterblieben ist (vgl. VwGH 24.10.2016, Ro 2014/17/0065).
21 Demnach ist die angewendete Gesetzesbestimmung iSd § 59 Abs. 1 AVG korrekterweise mit § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz zu lesen. Der Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 19. Mai 2017 ist daher ein solcher nach dieser Gesetzesbestimmung.
22 Bereits aus den Materialen zu § 23 Wiener Wettengesetz geht hervor, dass die Schließung der Betriebsstätte - analog zu den in der Gewerbeordnung 1994 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen bei unbefugter Gewerbeausübung - durch Anwendung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgenommen wird (vgl. ErläutRV BlgLT 3/2016, S. 9) bzw. eine faktische Amtshandlung ist (vgl. ErläutRV BlgLT 26/2016, S. 2). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof die Betriebsschließung im Sinne des Wiener Wettengesetzes - solange darüber kein schriftlicher Bescheid gemäß § 23 Abs. 5 vorliegt - als einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, der einer Maßnahmenbeschwerde zugänglich ist, qualifiziert (vgl. VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0060, Rz 26; 24.4.2018, Ra 2017/17/0924, Rz 29, 32).
23 Wie der Gesetzgeber inzwischen klargestellt hat, ist die in § 23 Abs. 6 Wiener Wettengesetz, in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 bestehende Regelung, dass Beschwerden beim Verwaltungsgericht "gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3" aufschiebende Wirkung haben, so zu verstehen, dass Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 4 (Abs. 5 in der hier anzuwendenden Fassung des Wiener Wettengesetzes) erhoben werden kann, der eine Verfügung (Maßnahme) gemäß Abs. 2 oder 3 zum Gegenstand hat. Dieser Beschwerde kommt keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. ErläutRV BlgLT 7/2018, S. 16; § 23 Abs. 4 und 6 Wiener Wettengesetz, in der hier nicht maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 40/2018). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist § 23 Abs. 6 Wiener Wettengesetz diese Bedeutung seit dessen Inkrafttreten beizumessen.
24 Die Rechtsansicht, die hier erfolgte Betriebsschließung gelte mangels Erlassung eines Bescheides nach § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz bereits ex lege als aufgehoben, erweist sich vor dem Hintergrund, dass der Betrieb am 28. April 2017 zu Recht nicht bescheidmäßig, sondern faktisch geschlossen wurde und der Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 19. Mai 2017 als solcher nach § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz zu qualifizieren ist, als unrichtig.
25 Zur Beantwortung der Frage, wer Vermittlerin oder Vermittler im Sinne des Wiener Wettengesetzes ist, ist maßgeblich, wie die Begriffsbestimmung in § 2 Z 3 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 48/2016 zu verstehen ist. Dieser zufolge ist "Vermittlerin oder Vermittler", wer "Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet".
26 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem sich auf das Wiener Wettengesetz beziehenden Erkenntnis vom 20. Februar 2018, Ra 2018/02/0066, bereits ausgesprochen, dass "das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals zweifellos eine Tätigkeit im Rahmen der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden ist". Infolge dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hat der Gesetzgeber die Begriffsbestimmung "Vermittlerin oder Vermittler" (mit dem hier nicht anzuwendenden LGBl. Nr. 40/2018) konkretisiert und gleichzeitig klargestellt, dass es sich beim "Zusammenbringen" von Personen - wie es dort nunmehr heißt - ebenso wie im Falle der Weiterleitung im Sinne der hier anzuwendenden Fassung des Wiener Wettengesetzes - nicht um ein physisches Zusammentreffen der zukünftigen Vertragsparteien, sondern um ein geschäftliches handle. Daher könne das Zusammenbringen - wie auch bisher das Weiterleiten - etwa durch Wettterminals oder Personen (z.B. Angestellte) erfolgen (ErläutRV BlgLT 7/2018, S. 6).
27 Insofern verkennt das Verwaltungsgericht die Rechtslage, wenn es seiner Entscheidung nicht die Begriffsbestimmung des § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz zugrunde legt und damit auch die zur Tätigkeit des Vermittelns nach dem Wiener Wettengesetz bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht lässt.
28 Das angefochtene Erkenntnis war daher in den genannten Spruchpunkten wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 21. September 2018
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020174.L00Im RIS seit
15.10.2018Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018