Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
LMG 1975 §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des L in Strasshof, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1d, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. Dezember 1995, Zl. UVS-07/06/00784/95, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Beauftragter für Lebensmittelkennzeichnung im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG der Stefan K. Gesellschaft m.b.H. mit Standort in Wien 10., F-Straße 214, zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft am 29. Juli 1994 vom oben genannten Standort an die R.-GmbH & Co KG in 1230 Wien, G-Straße 187, in 15 Fällen näher bezeichnete Lebensmittel ausgeliefert und somit in Verkehr gebracht wurden, die nicht ordnungsgemäß nach § 4 Z. 7 LMKV 1993 gekennzeichnet gewesen seien, und zwar habe in allen Fällen beim Verzeichnis der Zutaten das Wort "Zutaten" gefehlt, in neun näher bezeichneten Fällen habe weiters beim Zusatzstoff Glutamat die Bezeichnung der Klasse des Zusatzstoffes und in einem näher bezeichneten Fall weiters beim Umrötungshilfsmittel die Bezeichnung der EWG-Nummer oder des spezifischen Namens gefehlt. Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 5 Z. 2 iVm § 19 LMG 1975 und mit §§ 1, 4 Z. 7 LMKV 1993 begangen. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG 1975 iVm § 9 VStG wurden 15 Geldstrafen zu je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je ein Tag) verhängt und der Ersatz der Kosten der Lebensmitteluntersuchung von 15 mal S 312,50 vorgeschrieben. Begründend legte die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtslage dar, zum Tatzeitpunkt sei im Hinblick auf die Inkrafttretensbestimmungen der LMKV 1993 eine Kennzeichnung entweder nach der LMKV 1973 oder nach der LMKV 1993 zulässig gewesen. Sei aus der Kennzeichnung ersichtlich, für welches System sich der Kennzeichnungspflichtige entschieden habe, erfolge die Beurteilung nach der solcherart gewählten Vorschrift; eine "Mischung" der Systeme sei nicht zulässig. Die in Rede stehenden Waren seien unter anderem mit "zu verbrauchen bis" und dem Datum gekennzeichnet. Dies entspreche dem § 4 Z. 5 LMKV 1993. Hingegen fehle (beispielsweise) der nach § 3 Z. 9 lit. a LMKV 1973 erforderliche Zeitpunkt der Verpackung in unverschlüsselter Form, bestimmt nach Tag, Monat und Jahr. Es sei somit die LMKV 1993 anzuwenden. Die Kennzeichnung der in Rede stehenden Ware entspreche in der im Spruch dargelegten Weise nicht dem § 4 Z. 7 LMKV 1993. Die Vorschreibung der Untersuchungskosten gründe sich auf § 45 Abs. 2 LMG 1975. Die Lebensmitteluntersuchungsanstalt habe Gesamtuntersuchungen der gezogenen Proben durchgeführt. Wegen Verdorbenheit der Waren seien Anzeigen an das Gericht erstattet, wegen Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Die mit dem angefochtenen Bescheid auferlegten Kosten entfielen auf die Untersuchung betreffend die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften. Die Untersuchung durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt sei auch in Beziehung auf die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften schon deshalb erforderlich gewesen, um dem zu gewärtigenden Einwand vorzubeugen, mangels Feststellung, um welches Lebensmittel es sich handle, sei die Tat nicht konkret angelastet worden. Die Feststellung, welches Lebensmittel vorliege, könne nicht allein auf Grund des Augenscheines der verschlossenen Verpackung durch das Kontrollorgan getroffen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde macht unter Hinweis auf § 77 Abs. 1 LMG 1975 und §§ 12 Abs. 2, 13 LMKV 1993 geltend, bis zum 31. Dezember 1994 sei eine Übertretung der LMKV 1993 nur bei (bestimmten) Verstößen gegen deren § 10 strafbar gewesen. Gegen den Beschwerdeführer hätten daher nur wegen eines Verstoßes gegen die LMKV 1973 Verwaltungsstrafen verhängt werden dürfen.
Damit ist die Beschwerde nicht im Recht.
§ 12 Abs. 2 LMKV 1993 lautet:
"Gemäß § 77 Abs. 1 LMG 1975 treten mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung die ihren Gegenstand regelnden und als Bundesgesetze gemäß § 77 Abs. 1 LMG 1975 weiter in Kraft bleibenden Verordnungen (insbesondere die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973, BGBl. Nr. 627, und die Verordnung vom 21. September 1953, BGBl. Nr. 152, über die Bezeichnung der örtlichen Herkunft von gebrannten geistigen Getränken) außer Kraft."
Die LMKV 1993 ist am 30. Jänner 1993 in Kraft getreten.
Nach § 13 LMKV 1993 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 72/1993 (vor der Anfügung des Absatzes 2 durch BGBl. Nr. 557/1993 und der Änderung durch BGBl. Nr. 555/1995) dürfen verpackte Waren, die dieser Verordnung nicht entsprechen, noch bis 31. Dezember 1994 in Verkehr belassen werden.
Angesichts der Regelung des § 12 Abs. 2 LMKV 1993 über das Außerkrafttreten der LMKV 1973 mit dem 30. Jänner 1993 fehlte einer Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen die LMKV 1973, der in einem nach dem 29. Jänner 1993 gesetzten Verhalten gesehen würde, jede Grundlage; denn vor dem zu beurteilenden Verhalten außer Kraft getretene Vorschriften könnten nicht rechtmäßig als Grundlage einer Bestrafung herangezogen werden. Dies folgt schon aus § 1 Abs 2 VStG.
Durch § 13 LMKV 1993 idF BGBl. Nr. 72/1993 wird der zeitliche Bedingungsbereich der Vorschriften der LMKV 1973 nicht derart über den 29. Jänner 1993 hinaus erstreckt, dass diese als Grundlage für eine Bestrafung wegen eines nach diesem Tag gesetzten Verhaltens herangezogen werden könnten. Vielmehr bedeutet § 13 LMKV 1993 idF BGBl. Nr. 72/1993 eine Ausnahmeregelung in der Richtung, dass Verstöße gegen die Vorschriften der LMKV 1993 bei Waren, die in der Zeit vom 30. Jänner 1993 bis 31. Dezember 1994 in Verkehr gebracht wurden, nicht strafbar sind, wenn die Kennzeichnung im Einklang mit den Vorschriften der LMKV 1973 erfolgte. Dies folgt aus einer Auslegung des § 13 LMKV 1993 idF BGBl. Nr. 72/1993, die sich an der erkennbaren Zielsetzung der Vorschrift orientiert, Übergangsfristen für nach "altem Recht" ordnungsgemäß gekennzeichnete Waren über den Beginn des zeitlichen Bedingungsbereiches der LMKV 1993 hinaus einzuräumen. Davon ausgehend kann nicht unterstellt werden, dass der Verordnungsgeber bis 31. Dezember 1994 die Möglichkeit einräumen wollte, straflos jede Kennzeichnung zu unterlassen. Die Strafbarkeit eines Verstoßes gegen Vorschriften der LMKV 1993 entfällt somit in Ansehung von in der Zeit vom 30. Jänner 1993 bis 31. Dezember 1994 in Verkehr gebrachte Waren nur dann, wenn diese nach den Vorschriften der LMKV 1973 gekennzeichnet waren. Dass dies hier der Fall gewesen wäre, wird nicht behauptet; vielmehr meint der Beschwerdeführer, "Verwaltungsstrafen konnten nur wegen des Verstoßes gegen die LMKV 1973 verhängt werden". Damit wird nach dem Gesagten keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Die Beschwerde ist auch nicht im Recht, soweit sie sich gegen die Auferlegung der Untersuchungskosten wendet. Sie vertritt unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1995, Zl. 90/10/0147 (sinngemäß) die Auffassung, die Untersuchung durch die Lebensmitteluntersuchungsanstalt wäre nicht erforderlich gewesen, weil die Klärung des Sachverhaltes im Zusammenhang mit den zur Last gelegten Verstößen gegen Kennzeichnungsvorschriften dem Lebensmittelaufsichtsorgan ohne Befassung der Untersuchungsanstalt hätte möglich sein müssen.
Nach § 39 Abs. 1 erster Satz LMG 1975 sind die Aufsichtsorgane befugt, Proben von Waren, die diesem Bundesgesetz unterliegen, zu entnehmen.
Nach § 39 Abs. 4 erster Satz leg. cit. ist die entnommene Probe der in Betracht kommenden Untersuchungsanstalt (§ 42 und § 49) zu übermitteln.
Nach § 45 Abs. 2 zweiter Satz leg.cit. ist im Verwaltungsstrafverfahren im Straferkenntnis dem Beschuldigten der Ersatz der Kosten der Untersuchung an die jeweilige Untersuchungsanstalt vorzuschreiben.
Die Auferlegung der Kosten hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur stattzufinden, wenn es zu einer Bestrafung kommt (vgl. die Erkenntnisse vom 9. November 1992, Zl. 92/10/0045, und vom 31. Mai 1999, Zl. 98/10/0008).
Nach der Aktenlage ist in allen den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Fällen eine Probenziehung im Sinne des § 39 Abs. 1 LMG 1975 erfolgt. Die Übermittlung der Proben an die Untersuchungsanstalt erfolgte entsprechend der Anordnung des § 39 Abs. 4 LMG 1975. Im Hinblick auf die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung der Kennzeichnungsvorschriften erfolgte auch die Vorschreibung der darauf entfallenden Untersuchungskosten zu Recht. Dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis ist nicht zu entnehmen, dass im Falle des Verdachtes eines Verstoßes gegen Kennzeichnungsvorschriften die nach § 39 Abs. 4 LMG angeordnete Übermittlung der Proben an die Untersuchungsanstalt zu unterbleiben habe oder der Ersatz der durch die Untersuchung entstandenen Kosten nicht im Sinne des § 45 Abs. 2 LMG 1975 dem Bestraften auferlegt werden dürfte. Auch insoweit liegt die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996100025.X00Im RIS seit
20.11.2000