Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der AM in D, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 14. Juni 2017, LVwG-1- 66/2016-R7, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C- 347/09, Rn. 83 f; vom 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; vom 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, und vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 11. Juli 2018).
6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Verbot der reformatio in peius bei einer zu Gunsten des Bestraften erhobenen, teilweise erfolgreichen Beschwerde dazu, dass in der Beschwerdeentscheidung nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im bekämpften Straferkenntnis, sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im Straferkenntnis (vgl. z.B. VwGH 28.2.2018, Ra 2017/17/0733, mwN).
7 Wenn das Verwaltungsgericht die verhängte Strafe nicht herabsetzt, liegt dennoch kein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius vor, wenn es im Rahmen der vorzunehmenden eigenständigen Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 38 VwGVG iVm. § 19 Abs. 2 VStG iVm § 32 StGB), zu denen auch die Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen gehört, begründeterweise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die erstinstanzliche Behörde; dies selbst dann, wenn ein Erschwerungsgrund weggefallen oder ein Milderungsgrund hinzugekommen wäre (vgl. zur Anwendbarkeit des § 32 StGB VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108, vgl. im Übrigen
z. B. VwGH 11.6.2018, Ra 2018/17/0014, mwN). Dies gilt in gleicher Weise bei Anwendung eines anderen Strafrahmens (VwGH vom 27.1.2011, 2010/09/0243).
8 Das Landesverwaltungsgericht hat anders als die Strafbehörde bei der Strafbemessung nicht nur spezialpräventive, sondern auch generalpräventive Erwägungen angestellt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn es bei der Bestrafung wegen Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen mit nur drei (statt fünf) Glücksspielgeräten unter Anwendung des ersten Strafrahmens des § 52 Abs. 2 GSpG - ebenso wie die Verwaltungsbehörde - eine Strafe von EUR 2.500,-- pro Glücksspielgerät verhängte. Dies auch deshalb, weil die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den von ihr auf Grund der von ihr vorgenommenen Bestrafung wegen Veranstaltens verbotener Ausspielungen mit fünf Glücksspielgeräten heranzuziehenden vierten Strafrahmen des § 52 Abs. 2 GSpG (EUR 3.000,-- bis zu EUR 30.000,-- pro Glücksspielgerät) unterschritten hat. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ist das Landesverwaltungsgericht daher nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der reformatio in peius abgewichen.
9 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 21. September 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170686.L00Im RIS seit
15.10.2018Zuletzt aktualisiert am
13.12.2018