Gbk 2018/5/30 GBK II/297/16

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 30.05.2018
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit

Text

         

SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/297/16 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Belästigung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (Erstantragsgegner) sowie mangelnder Abhilfe gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG und Diskriminierung des Antragstellers bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch die Firma C GmbH (Zweitantragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Belästigung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Erstantragsgegner

l i e g t v o r.

Mangelnde Abhilfe durch die Zweitantragsgegnerin bei Belästigung durch den Erstantragsgegner

l i e g t n i c h t v o r.

Eine Diskriminierung des Antragstellers bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit durch die Zweitantragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller bei der Zweitantragsgegnerin als Bauschlosser beschäftigt gewesen sei. Er sei vom Erstantragsgegner häufig unter Bezugnahme auf seine tschechische Herkunft beschimpft und herabgewürdigt. Die Zweitantragsgegnerin habe ihn nicht gegen diese Belästigungen geschützt und wegen seiner Beschwerden dagegen letztlich gekündigt.

Die ersten fünf Jahre seines Arbeitsverhältnisses seien völlig problemlos verlaufen, man sei mit seiner Leistung zufrieden gewesen, das Arbeitsklima sei gut gewesen. Sein unmittelbarerer Vorgesetzter sei damals Herr D gewesen. Im Jahr 2014 sei der Erstantragsgegner angestellt worden und Herr D sei wenige Zeit später in Pension gegangen. Seitdem seit der Erstantragsteller sein Vorgesetzter gewesen.

Der Erstantragsgegner habe ihn von Anfang an regelmäßig mit Bezug auf seine tschechische Herkunft bzw. die Tatsache, dass er kein Österreicher sei, beschimpft. In zahlreichen Gesprächen seien Worte: „Scheißausländer!" oder „Scheißtscheche!" gefallen. Der Erstantragsgegner habe ihn auch aufgefordert: „Kannst hamgeh'n!" und Ähnliches. Er habe ihm auch - wenn er dazu Lust habe – mit Kündigung gedroht. Er habe sich darüber beim Bauhofleiter, Herrn Ing. E, beschwert. Nach einem Gespräch zwischen Herrn Ing. E und dem Erstantragsgegner hätten die Beschimpfungen eine Zeit lang fast aufgehört.

Seit 2015 habe der Erstantragsgegner aber wieder mit diesen regelmäßigen Belästigungen begonnen. Dies sei immer schlimmer geworden, es sei etwa einmal die Woche zu Beschimpfungen seiner Person aufgrund seiner Herkunft gekommen. Weitere Beschwerden seinerseits bei Herrn Ing. E hätten zu keiner Verbesserung geführt. Dieser habe ihm vielmehr angekündigt, dass er, sollte er sich weiterhin beschweren, gekündigt werde, was dann auch am 7.4.2016 geschehen sei.

In der Stellungnahme des Erstantragsgegners wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er nach seiner Meisterprüfung zunächst mit Herrn D Seite an Seite als Werkstatt-Meister gearbeitet und nach dessen Pensionierung diese Aufgabe übernommen habe. Schon vor seiner Aufnahme im Betrieb habe der Antragsteller Probleme mit Vorgesetzten und Kollegen gehabt, dieser habe ihn nicht als Vorgesetzten angesehen.

Das Personal am Lagerplatz bestehe aus Wienern, Steirern, Burgenländern, Jugoslawen, Türken, Polen, Bosniern sowie tschechischen Kollegen - alle im Alter von 25 bis 59 Jahren. Es gebe viele Arten von Sprachen am Lagerplatz, aber alle könnten sich gut untereinander verständigen und hätten keinerlei Probleme miteinander. Dass gelegentlich am Bau ein rauer Ton herrsche, sei normal unter Männern. Es werde auch mal gescherzt über das ein oder das andere Land, wobei derjenige vor Ort sei und mitrede. Aber schimpfende Bemerkungen über die unterschiedliche Herkunft seien nie getätigt worden - weder von ihm noch anderen Kollegen. Dass er über die tschechische Herkunft des Antragstellers geschimpft habe, sei eine Verleumdung.

Dieser habe bei den anderen Ex-Kollegen über die türkischstämmigen Kollegen geschimpft, weil diese nicht wie normale Menschen auf die Toilette gehen könnten und in der Pause nur ihre Muttersprache verwenden würden, obwohl sie hier in Österreich seien. Da habe sonst keinen gestört. Ferner habe sich der Antragsteller beim Betriebsratsvorsitzenden F über ausländische Kollegen beklagt, die sich wie Schweine verhalten, aber er habe diese nie direkt darauf angeredet. Mit der Kündigung des Antragstellers habe er nichts zu tun gehabt. Dieser habe ihm jedoch gedroht, dass „das ein Nachspiel“ haben werde!

In der Stellungnahme der Zweitantragsgegnerin wurde an die Stellungnahme des Erstantragsgegners angeschlossen. Man habe auch mit Betriebsratsvorsitzendem F über die behauptete Diskriminierung gesprochen. Dieser sei an derselben Betriebsstätte tätig und habe folgende Wahrnehmungen geschildert:

Da der Erstantragsgegner deutlich jünger als der Antragsteller, aber dessen Vorgesetzter gewesen sei, sei es zu Akzeptanzproblemen seitens des Antragstellers gekommen. Der Antragsteller habe seinerseits die türkischen Mitarbeiter mit schwersten rassistischen Vorwürfen konfrontiert und sei deshalb abgemahnt worden. Dem Betriebsratsvorsitzenden seien keine rassistischen Äußerungen des Erstantragsgegners gegenüber dem Antragsteller bekannt.

BEFRAGUNG DER PARTEIEN UND VON AUSKUNFSPERSONEN

Der Antragsteller schilderte dem Senat bei seiner Befragung, dass er zwar als Schlosser eingestellt worden sei, aber verschiedene Tätigkeiten auf dem Bauhof verrichtet habe. Er sei sowohl in der Werkstatt als auch auf Baustellen tätig gewesen. Mit seinem früheren Chef Herrn D habe es nie Probleme gegeben.

Die Probleme mit dem Erstantragsgegner hätten bereits wenige Wochen nach dessen Arbeitsbeginn begonnen. Damals sei ein Schweißgerät nicht richtig eingestellt gewesen, was er diesem kommuniziert habe - der habe daraufhin erwidert: „Halt die Klappe du Arschloch, du kannst gehen.“ Das sei die erste Kommunikation miteinander gewesen.

Er sei dann zu Herrn Ing. E gegangen und habe diesen gefragt, wie es sein könne, dass jemand, der ein paar Wochen bei der Firma sei, so mit ihm reden könne. Im Anschluss daran habe es eine Entschuldigung gegeben.

Danach sei es jedoch weiter gegangen, der Erstantragsgegner habe etwas gegen ihn gehabt. Auf Nachfrage, inwiefern dies seine tschechische Herkunft betreffe, führte der Antragsteller aus, dass er „der depperte Tscheche“, der „tschechische Vollkoffer“ und „das tschechische Arschloch“ gewesen sei. Er habe sich in einem Heft entsprechende Notizen gemacht, das jedoch in der Werkstatt verschwunden sei.

Am 13.1.2014 sei der Erstantragsgegner in die Werkstatt gekommen, habe nicht gegrüßt, ihn angeschaut und auf den Boden gespuckt.

Am 14.1. habe der Erstantragsgegner ihn angerempelt, am 23.1.2014 habe er ihn als „tschechisches Arschloch“ und „depperten Tschechen“ bezeichnet.

Die Frage, ob der Erstantragsgegner auch gegen andere Ethnien geschimpft habe, wurde dahingehend beantwortet, dass er auch gegen „Jugo“ geschimpft habe, z.B. „depperte Jugo“.

Auf Frage nach weiteren Vorfällen betreffend seine tschechische Herkunft gab der Antragsteller an, dass dies „immer wieder“ vorgekommen sei. Er habe das in jenem Heft, das aber verschwunden sei, notiert.

Er sei vom Erstantragsgegner wiederholt als „depperter Tscheche“ beschimpft worden und habe diesbezüglich den Bauhofleiter, Herrn Ing. E kontaktiert. Dieser habe jedoch gemeint, dass er – wenn es zwischen ihm und dem Erstantragsgegner nicht besser klappen würde – gekündigt würde.

In weiterer Folge habe er sich bei Herrn Ing. E nicht mehr über den Erstantragsgegner beschwert, zur Kündigung sei es erst später gekommen. Der Betriebsratvorsitzende F habe es gewusst, habe in diesem Fall jedoch gar nichts unternommen.

Die Behauptung, dass er sich gegenüber den Türken nicht freundlich verhalten habe, stimme nicht. Auf Frage nach den Behauptungen bezüglich seiner Kritik an der WC-Benutzung der Türken gab er an, dass neben dem Umkleide- und Jausenraum das WC gewesen sei und die Türken bei der WC-Benutzung die Türe nicht geschlossen hätten. Auch Wasserflaschen würden für die Hygiene benutzt. Er habe dann einen Zettel mit der Bitte, die Türe zu schließen, angebracht. Er habe aber nie gefordert, dass die Türken eine eigene Toilette benutzen sollten. Auf Frage nach türkischen Pausengesprächen gab er an, dass Deutsch gesprochen worden sei - wenn die türkischen Kollegen zu dritt gewesen wären, hätten sie „kreuz und quer“ geredet, in der kurzen Pause hätten die Kollegen ihn provoziert. Auf Frage nach der Kündigung führte der Antragsteller aus, dass es zuvor auf einer Baustelle einen Unfall mit einem LKW gegeben habe, weil eine Ladevorrichtung defekt gewesen und er dabei verletzt worden sei. Danach sei er auf einem Kuraufenthalt gewesen, der allerdings lange geplant gewesen sei und nicht im Zusammenhang mit dem Unfall gestanden wäre. Nach seiner Rückkehr sei er in der zweiten Woche gekündigt worden. Er gehe davon aus, dass seine Kündigung wegen seiner Beschwerden erfolgt sei. Letztmalig habe er sich vor dem Krankenstand bei Herrn Ing. E beschwert.

Auf Vorhalt der Rechtfertigung der Zweitantragsgegnerin, dass er wegen schlechterer Auftragslage gekündigt worden sei, erwiderte der Antragsteller, dass dies nicht stimme. Insgesamt gehe er davon aus, dass die Kündigung „aus allen Gründen“ erfolgt sei. Der Erstantragsgegner habe ihn „nicht wollen“, weil er für diesen „viel zu gescheit“ gewesen wäre.

Der Erstantragsgegner schilderte dem Senat bei seiner Befragung, dass er seit 2014 Werkstattmeister sei und den Antragsteller schon länger kenne. Ab der Pensionierung von seinem Vorgänger, Herrn D, im Jahr 2015 sei er Vorgesetzter des Antragsstellers gewesen. Insgesamt habe er sieben Mitarbeiter gehabt. Er gab an, noch nie jemanden wegen seiner Herkunft beschimpft zu haben, es habe nie etwas gegeben. Unter seinen Mitarbeitern gebe es Tschechen, Ungarn und Polen – es sei nie etwas vorgefallen.

Zu dem Gespräch im Jahr 2014 mit Herrn Ing. E befragt, gab er an, dass das Gespräch mutmaßlich im Sommer 2014 stattgefunden habe und er damals noch nicht der Vorgesetzte des Antragstellers gewesen sei. Soweit er es mitbekommen habe, habe es jedoch auch mit Herrn D immer wieder Probleme gegeben, es sei aber nie etwas „Rassistisches“ gefallen, sondern eher in die die Richtung „Du Depp“.

Der Antragsteller sei ein „sehr falscher“ Mensch, von seiner Seite sei sicher nie etwas Rassistisches gekommen. Eine Aussage wie „Du Depp“ am Bauhof sei jedoch nicht auszuschließen. So was käme vor, man rede und entschuldige sich dann.

Der Antragsteller habe bei seiner Kündigung auch „mit einem Nachspiel“ gedroht. Der Antragsteller sei „falsch“ gewesen, nicht kollegial. Mit den Türken habe er oft gestritten, beispielsweise, wenn diese im Jausenraum Türkisch telefoniert hätten. Er selbst habe einen anderen Jausenraum benutzt, aber habe die Probleme mitbekommen. Wenn also rassistische Aussagen gekommen wären, dann hauptsächlich vom Antragsteller selbst, was andere Kollegen wahrscheinlich bestätigen könnten.

Zur Kündigung des Antragstellers sei es hauptsächlich gekommen, weil dieser zunächst im Krankenstand und dann auf Kur gewesen sei - der Mann habe gefehlt und es sei dem Chef zu viel geworden. Der Antragsteller habe immer geglaubt, dass er selbst dessen Kündigung initiiert habe.

Auf Frage nach dem Vorbringen der Zweitantragsgegnerin, dass die Kündigung des Antragstellers auf Arbeitsmangel zurückzuführen sei, führte er aus, dass vermutlich die Auftragslage zurückgegangen sei, was er jedoch nicht so mitbekommen habe. Aus der Erinnerung habe es damals jedoch weniger Arbeit gegeben. Die Entscheidung sei von der Geschäftsführung ausgegangen und es habe davor mit ihm keine Rücksprache gegeben.

Zum Gespräch mit Herrn Ing. E im Sommer 2014 befragt gab er an, dass dieser ihn gefragt habe, warum es mit dem Antragsteller so schwierig sei – er habe Herrn Ing. E dann aufgefordert, sich selbst ein Bild zu machen. Die von ihm in der Stellungnahme erwähnte Entschuldigung bezog sich auf eine Aussage wie etwa „Du Depp“, allerdings auf keine rassistische Aussage, da er nie jemanden wegen seiner Herkunft beschimpfen würde. Es habe in diesem Gespräch auch keinen derartigen Vorwurf des Antragstellers gegeben.

Der Antragsteller legte weiters Kalendereinträge in tschechischer Sprache vor, die sinngemäß übersetzt folgendes ausdrücken und sich auf den Erstantragsgegner beziehen: „Er ist zu spät gekommen – Chef OK“. „provoziert bei Eintritt in die Tür“, „Anspielungen auf CZ“ (gemeint wohl: Tschechische Republik), „Schulterrempler“, „MAN-Motorhaube beschädigt, ½ Tag Arbeit“, „hat nicht gegrüßt, im Vorbeigehen hat er auf den Boden gespuckt“, „ich habe als erstes die Türe aufgemacht, er ist absichtlich mit mir gleichzeitig in die Tür eingetreten und hat mir die Schulter gestellt“.

Der Vertreter der Zweitantragsgegnerin, Herr Ing. E, gab bei seiner Befragung an, dass er Bauhofleiter sei. Der Antragsteller sei ein erfahrener Schlosser und Metallbearbeiter gewesen. Dessen Kündigung sei erfolgt, weil die Firma zu diesem Zeitpunkt eine Krise gehabt hätte - es habe Umsatzrückgang und Arbeitsmangel gegeben. Der Antragsteller sei am leichtesten zu ersetzen gewesen, weil dessen Leistung outgesourct und dazugekauft hätte werden können.

Die Frage, ob er Spannungen zwischen Antragsteller und Erstantragsgegner wahrgenommen habe, bejaht er mit dem Hinweis, dass in einer Baufirma ein etwas rauerer Ton herrsche und man „nicht im Mädchenpensionat“ sei. Die Frage, ob der raue Umgangston auch auf die ethnische Zugehörigkeit Bezug nehme, verneinte er. Er habe keinen Konflikt zwischen Antragsteller und Antragsgegner wahrgenommen, er könne sich nicht an konkrete Konflikte zwischen Antragsteller und Erstantragsgegner erinnern.

Auf Vorhalt, dass es eine unangemessene Äußerung gegeben und er nach Vorbringen interveniert habe und sich der Erstantragsgegner danach entschuldigt habe, bejahte er dies - es sei eine Besprechung oder Unterweisung gewesen, die er aber mit anderen Mitarbeitern auch führe. Auf Nachfrage, ob „du tschechisches Arschloch“ auch gefallen sei, gab er an, das nicht erkannt oder gehört zu haben.

Ob der Antragsteller zu ihm gekommen sei und sich beschwert habe, dass der Erstantragsgegner ihn nicht nur „rau“ behandle, sondern auch Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers genommen habe, wisse er nicht.

Auf Vorhalt aus der Aussage des Antragstellers, dass dieser vom Erstantragsgegner wiederholt als „depperter Tscheche“ beschimpft worden sei und angegeben habe, ihn diesbezüglich kontaktiert zu haben, meinte Ing. E, dass dies schon sein möge, er sei ja ein Vorgesetzter, der permanent in der Werkstatt sei. Er habe nicht gesehen, dass der Antragsteller irgendwie „ethnisch“ beleidigt werde. Die Frage, ob es üblich sei Leute mit ihrer Herkunft anzusprechen, ohne sie abwerten zu wollen, bejahte er.

Die Frage, ob der Antragsteller wegen des Konflikts mit den türkischen Mitarbeitern gekündigt worden sei, verneinte Ing. E mit dem Hinweis auf damaligen Arbeitsmangel als Kündigungsgrund. Es seien damals vom Lagerplatz Arbeiter verschoben worden, man habe Kündigungen und Verschiebungen überlegt, im konkreten Fall sei es wahrscheinlich so gewesen, dass nur der Antragsteller gekündigt worden sei.

Der als Auskunftsperson befragte ehemalige Werkstattleiter Herr D schilderte dem Senat, dass er mit dem Antragsteller keine Probleme gehabt habe. Zur Frage nach Konflikten zwischen Antragsteller und Erstantragsgegner meinte er, dass er „ein bisschen was“ gemerkt habe, dass sich aber niemand bei ihm beschwert habe. Der Umgangston sei „ganz normal“ gewesen.

Der Betriebsratsvorsitzende F gab bei seiner Befragung als Auskunftsperson an, dass am Bau ein rauerer Ton herrsche. Der Antragsteller sei aufgrund seiner tschechischen Herkunft nicht abwertend behandelt worden - es gebe 37 Nationen in der Firma, da werde hie und da mal blöd geredet, man „verarsche“ sich halt gegenseitig. Normalerweise spreche man sich mit dem Vornamen an. Aber es komme manchmal auch vor, dass man mal sage: „geh Tscheche“. Aber das sei nicht abwertend gemeint.

Er habe zwischen Antragsteller und Erstantragsgegner keine tiefgreifenden Konflikte wahrgenommen. Auf Frage, ob das „Durchsetzen“ des Erstantragsgegners in Form von Beschimpfung in Bezugnahme auf die tschechische Herkunft des Antragstellers geschehen sei, gab er an, das nicht persönlich wahrgenommen zu haben.

Die Kündigung des Antragstellers sei auf Grund von Arbeitsmangel erfolgt. Die Zweitantragsgegnerin sei im Umbruch, es seien seit 2016 bisher 110 Leute abgebaut worden. Auf Frage, wann er erstmals gehört habe, dass der Erstantragsgegner den Antragsteller aufgrund seiner ethnischen Herkunft beleidigt habe, gab er an, dies nicht genau sagen zu können - er glaube, das sei nach dessen Kündigung gewesen.

Der Antragsteller habe einmal gesagt, dass er nicht gut behandelt werde – allerdings sei dies damals nicht rassistisch motiviert gewesen. Da habe man geredet, er habe gesagt: „Reißt euch zusammen.“

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen und die mündlichen Befragungen des Antragstellers, des Erstantragsgegners, des Vertreters der Zweitantragsgegnerin sowie der Auskunftspersonen D und F. Außerdem legte der Antragsteller einige Kalendereinträge vor.

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

….

7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

„§ 21. (1) Eine Diskriminierung nach § 17 liegt auch vor, wenn eine Person

 

1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst belästigt wird,

 

2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

 

 

 

(2) Belästigung liegt vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 im Zusammenhang steht, gesetzt wird,

1.

die die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt,

2.

die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

3.

die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen). Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihn/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Bei einer Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2. Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, wobei, wie dargestellt, erwogen wurde:

Der Antragsteller war von 2009 bis 2016 bei der Zweitantragsgegnerin als Bauschlosser beschäftigt, der Erstantragsgegner war als Werkstattmeister ab 2015 sein Vorgesetzter. Nach übereinstimmender Darstellung von Antragsteller und Erstantragsgegner sowie auch der sonstigen Auskunftspersonen hat es persönliche Probleme im Umgang miteinander gegeben. Diese gründeten die maßgeblich in einem Autoritätskonflikt auf Grund des Altersunterschiedes zwischen den beiden Personen. Gerade die Kalendereinträge des Antragsgegners zeigen hier das Verhältnis desselben zum Erstantragsgegner, das von einer mangelnden Akzeptanz als Vorgesetzter getragen war.

Aus den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen aller angehörten Personen ist auf dem Bauhof ein eher rauer Umgangston gepflogen worden. Überzeugend in diesem Zusammenhang ist die Aussage des Betriebsratsvorsitzenden, dass man sich normalerweise mit dem Vornamen anspreche, dass es aber manchmal auch vorkomme, dass man mal sage: „geh Tscheche“. Auch der Vertreter der Zweitantragstellerin bejahte, dass es üblich sei Leute mit ihrer Herkunft anzusprechen. Weniger nachvollziehbar sind hingegen die Aussagen des Erstantragsgegners und der Zweitantragsgegnerin, die beide hervorheben, dass der Umgangston zwar rau sei, aber jegliche Bezugnahme auf die ethnische Herkunft in keinem Fall abwertend sei.

Die Verantwortung des Erstantragsgegners, dass er zwar einen rauen Umgangston gepflogen, sich dem Antragsteller gegenüber jedoch nie mit Bezugnahme auf dessen ethnische Zugehörigkeit artikuliert habe, erschienen dem Senat im Hinblick auf das von beiden Seiten eingeräumte schwierige Verhältnis zueinander als Schutzbehauptung. Da von allen angehörten Personen eingeräumt wurde, dass „ein rauer Umgangston“ quasi betriebs- bzw. branchenüblich sei, entspricht es nach der Erfahrung des Senates II der GBK nämlich eher der Lebenserfahrung, dass in einem solchen Klima auch abwertende Aussagen mit Bezugnahme auf die ethnische Zugehörigkeit von Personen fallen als dass dies nicht passiert und es bei Beleidigungen nicht ohne einen auf die ethnische Zugehörigkeit verweisenden Zusatz bleibt. Dies insbesondere dann, wenn es auch üblich war grundsätzlich bei der Ansprache von MitarbeiterInnen auf deren ethnische Zugehörigkeit Bezug zu nehmen.

Gerade in einem durch einen „rauen Umgangston“ gekennzeichneten Umfeld ist - neben dem generellen Mangel an gegenseitigem Respekt unter KollegInnen – auch häufig das Fehlen des Bewusstseins für einen gleichbehandlungsgesetzkonformen Umgang miteinander zu beobachten. Deshalb ist eben nicht davon auszugehen, dass es zwar quasi als normal angesehen wird, jemanden als „Arschloch“, „Deppen“ oder Ähnliches zu betiteln, dabei aber die sprachliche Differenzierung, die zwischen einer Beleidigung und einer Belästigung im Sinne des GlBG liegt, bewusst einzuhalten und jeglichen abwertenden Bezug zur ethnischen Zugehörigkeit von ArbeitnehmerInnen zu vermeiden.

Nachvollziehbar waren hingegen die diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen, des Vertreters der Zweitantragsgegnerin und des Betriebsratsvorsitzenden, dass es ihrer Wahrnehmung nach Spannungen, aber keine größeren Konflikte zwischen Antragsteller und Erstantragsgegner gegeben hat und dass sich der Antragsteller - obwohl von beiden ein „rauer Umgangston“ im Betrieb eingeräumt wurde - bei keinem der beiden über Äußerungen des Erstantragsgegners im Zusammenhang mit seiner ethnischen Zugehörigkeit beschwert habe. Hinsichtlich der beiden Personen ist dies insbesondere deshalb nachvollziehbar, da auf einen in der Vergangenheit liegenden, eine ethnische Dimension aufweisenden Konflikt schon einmal reagiert wurde. Dies betraft jenen zwischen dem Erstantragsteller und den türkischstämmigen Kollegen.

Auf Grund der übereinstimmenden und diesbezüglich auch glaubwürdigen Aussagen des Vertreters der Zweitantragsgegnerin und des Betriebsrates ist es zur Kündigung des Antragstellers auf Grund von Auftragsrückgängen gekommen. Die Zweitantragstellerin befand sich im Umbruch, einige Aufgaben wurden ausgelagert worden und es kam zur Kündigungen von insgesamt 110 Personen. Nachvollziehbar ist die Aussage des Vertreters des Zweitantragsgegnerin, dass die Tätigkeit des Antragstellers als Schlosser am ehesten ersetzbar war und zugekauft werden konnte. Es ergaben sich für den Senat daher keine Indizien dahingehend, dass die Kündigung in Zusammenhang mit der tschechischen Herkunft des Antragstellers oder eine Reaktion auf dessen Beschwerden wegen der Belästigung durch den Erstantragsgegner gestanden ist. Letzteres ist schon deshalb auszuschließen, da der Senat nicht davon ausgegangen ist, dass die ethnische Dimension des Konfliktes der Zweitantragsgegnerin bekannt war.

Damit ist zusammenfassend festzuhalten, dass es dem Antragsteller gelungen ist, dem Senat glaubhaft zu machen, dass die von ihm behaupteten Belästigungen des Erstantragsgegners mit Bezugnahme auf seine ethnische Zugehörigkeit (z.B. depperte Tscheche, tschechisches Arschloch) durch den Antragsgegner tatsächlich so gefallen sind. Der Erstantragsgegner konnte hingegen nicht beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass es zwar zu Beleidigungen und zur Bezugnahme auf die ethnische Zugehörigkeit von ArbeitnehmerInnen am Bauhof gekommen ist, jedoch keinesfalls zu beleidigenden Äußerungen auch mit Bezug auf die ethnische Zugehörigkeit.

Hinsichtlich der Frage, ob seitens der Zweitantragsgegnerin angemessene Abhilfemaßnahmen gesetzt worden sind, ist der Senat davon ausgegangen, dass es zwar Beschwerden des Antragstellers gegeben hat, dabei aber nicht auf die ethnische Dimension der Beleidigung genommen wurde.

Hinsichtlich der Kündigung konnte die Zweitantragsgegnerin beweisen, dass es wahrscheinlicher ist, dass die von ihr glaubhaft gemachten Motive, nämlich wirtschaftlichen Notwendigkeiten bei Umsatzrückgänge, der Wahrheit entsprechen und dass diese nicht durch die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers zumindest mitbedingt war.

3. In rechtlicher Hinsicht ist zu den obigen Themen daraus abzuleiten:

3.1. Da vom Antragsteller glaubhaft gemacht wurde, dass Äußerungen wie „tschechisches Arschloch“ durch den Erstantragsgegner tatsächlich gefallen sind, ist von einer Belästigung wegen der ethnischen Zugehörigkeit des Antragstellers durch den Erstantragsgegner auszugehen. Dies gründet sich auf folgenden rechtlichen Erwägungen:

Damit der Tatbestand der Belästigung erfüllt wird, muss gemäß den Voraussetzungen des § 21 Abs. GlBG die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt werden. Nach den Gesetzesmaterialien (307 BlgNR 22. GP 12) muss diese Verhaltensweise „schwerwiegend“ sein und setzt daher ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus. Ob die Würde einer Person beeinträchtigt ist, ist dabei nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Weiteres wesentliches Merkmal einer Belästigung ist, dass das Verhalten von der betroffenen Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist. Ein für die betroffene Person unerwünschtes Verhalten liegt dann vor, wenn es gegen ihren Willen oder ohne ihr Einverständnis erfolgt. Die „Unerwünschtheit“ ist in diesem Zusammenhang subjektiv, d.h. bezogen auf die betroffene Person zu beurteilen und war im vorliegenden Fall zu bejahen. Ferner muss die inkriminierte Verhaltensweise ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Auf die Motivation für eine Belästigung kommt es grundsätzlich nicht an, auch ein allfälliger Vorsatz des/der Belästiger/in zu belästigendem Verhalten ist nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall kam es wiederholt zu beleidigenden Äußerungen mit ethnischer Bezugnahme durch den Erstantragsgegner wodurch schon nach objektiven Maßstäben von der Schaffung eines ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld auszugehen ist. Dies war wohl auch in einem gewissen Maße wegen des Autoritätskonflikts intendiert um den Antragsteller sozusagen „in die Schranken zu weisen“.

 

3.2. Die Frage, ob die Zweitantragsgegnerin ihre Verpflichtung zur Setzung angemessener Abhilfemaßnahmen gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG verletzt hat, ist hingegen zu verneinen, da während des aufrechten Arbeitsverhältnisses keine so explizit formulierte Beschwerde des Antragstellers über den Erstantragsgegner, dass er von diesem konkret auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit belästigt worden sei, in die Sphäre der Zweitantragsgegnerin gelangt ist. Mangels einer Kenntnis von der Belästigung durch eine der Zweitantragsgegnerin zurechenbare Person wie insbesondere dem Bauhofleiter, dem Vorgesetzten des Erstantragsgegners, konnte daher die Abhilfeverpflichtung nach § 21 Abs. 1 Z 2 GlBG nicht ausgelöst werden.

3.3. Da vom Vertreter der Zweitantragsgegnerin glaubwürdig und den allgemein bekannten Usancen im Wirtschaftsleben entsprechend dargestellt werden konnte, dass die Kündigung des Antragstellers in keinem Zusammenhang mit dessen ethnischer Zugehörigkeit gestanden ist, sondern durch Auftragsrückgänge und daraus resultierendem Arbeitsmangel bedingt war, war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Zweitantragsgegnerin daher zu verneinen.

Vorschlag:

Dem Erstantragsgegner wird die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes an den Antragsteller vorgeschlagen.

Binnen zwei Monaten ab Zustellung ist dem Senat über die Umsetzung des Vorschlags zu berichten.

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten