TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/15 95/18/0106

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Veröffentlicht am 15.11.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6;
AsylG 1991 §7;
AsylG 1991 §9;
FrG 1993 §17 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des FS, (geboren am 31. Dezember 1974), in Traiskirchen, vertreten durch Dr. Werner J. Loibl, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch DDr. Charlotte Schuster, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Schreiberweg 93, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. August 1994, Zl. Fr 1344/94, betreffend Ausweisung und Zurückweisung eines Antrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - soweit damit der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 54 FrG zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde - aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 24. August 1994 gerichtet, mit dem einerseits der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Sri Lanka, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen und anderseits sein Antrag gemäß § 54 FrG auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Sri Lanka zurückgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 6. April 1994 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei; er sei nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung gewesen. Am 8. April 1994 habe er einen Asylantrag eingebracht. Dieser sei mit Bescheid vom 14. April 1994 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden. Das Bundesasylamt habe ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt. Es liege auch keine direkte Einreise vor, da sich der Beschwerdeführer, seinen eigenen Angaben zufolge, vor seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet legal in Singapur aufgehalten habe. Aufgrund der fehlenden direkten Einreise nach Österreich komme ihm auch die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach §§ 6 und 7 des Asylgesetzes 1991 nicht zu. Mit Sri Lanka bestehe kein Sichtvermerksabkommen und der Beschwerdeführer sei daher nicht zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet berechtigt. Weiters benötigten Fremde für die Einreise und den Aufenthalt einen gültigen Reisepass. Der Beschwerdeführer sei sohin zumindest unter Missachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet gelangt. Er sei innerhalb eines Monates nach der Einreise betreten worden. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse, dies umso mehr in einer Zeit, in der, wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunehme. Die für Fremde vorgesehenen Rechtsvorschriften würden zunehmend an Bedeutung gewinnen; den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG sei deswegen zurückzuweisen gewesen, weil ein solcher Antrag bei der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde einzubringen sei.

2. Als Beschwerdegründe werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Ausweisung

1. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG in der hier anzuwendenden Fassung vor der FrG-Novelle 1996 können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie unter Missachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen eines Monats betreten werden.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist zu sein, seinen Reisepass habe er gutgläubig seinem Schlepper zur Durchführung der Formalitäten der Einreise überlassen. Er sei auch in Singapur, von wo er direkt nach Österreich eingereist sei, seines Lebens nicht mehr sicher gewesen, und es sei ihm nicht möglich gewesen, einen Sichtvermerk zu erlangen und sein Leben zu retten. Er habe sich nach seiner Einreise sofort bei der Behörde gemeldet und in Österreich um Asyl angesucht. Im Übrigen habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass § 17 Abs. 2 FrG der Behörde Ermessen einräume. Die belangte Behörde habe nicht ausgeführt, dass und warum sie von ihrem Ermessen zu seinen Ungunsten Gebrauch gemacht habe.

3. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

Der Beschwerdeführer hat anlässlich seiner Einvernahme am 8. April 1994 vor dem Bundesasylamt vorgebracht, nach Singapur zwar legal eingereist zu sein, sich dort jedoch in der Folge illegal in einer Moschee aufgehalten zu haben, als sein Visum abgelaufen gewesen sei. Er habe Singapur verlassen, weil er eines Tages von der Polizei aufgegriffen worden sei, welche im gesagt habe, dass er das Land zu verlassen hätte, andernfalls er große Schwierigkeiten bekäme. Vom Transitraum des Flughafens Wien-Schwechat sei er von einem Mann, der die Pässe verlangt habe, mit zur Polizei genommen worden, wo er einvernommen worden sei und seinen Asylantrag gestellt habe; in der Folge sei er nach Traiskirchen gebracht worden. In der Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz hat der Beschwerdeführer vorgebracht, vor seiner Einreise nach Österreich in keinem anderen Land Schutz vor Verfolgung gefunden zu haben, und weiters, dass er gegen die Abweisung seines Asylantrages durch das Bundesasylamt Berufung erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei.

Die belangte Behörde ist zu ihrer Ansicht, der Beschwerdeführer sei unter Missachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes eingereist, und aufgrund der fehlenden direkten Einreise komme ihm auch die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 6 und 7 des Asylgesetzes 1991 nicht zu, ohne Bedachtnahme auf das - eingangs des Punktes 3 wiedergegebene - Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt, dem zufolge ihm offensichtlich die Einreise auf dem Flughafen Wien-Schwechat gemäß § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 gestattet wurde, gelangt. Das - in offensichtlicher Verkennung der Rechtslage erfolgte - Fehlen einer Auseinandersetzung mit dem das Bestehen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 geltend machenden Vorbringen des Beschwerdeführers war somit wesentlich, war doch aufgrund dessen die belangte Behörde nicht in der Lage zu beurteilen, ob einer Ausweisung des Beschwerdeführers § 9 Abs. 1 leg. cit. entgegenstand (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1998, Zl. 95/21/1092).

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides das ihr durch § 17 Abs. 2 FrG eingeräumte Ermessen zu Ungunsten des Beschwerdeführers üben durfte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 96/18/0162).

Der angefochtene Bescheid war somit hinsichtlich der damit ausgesprochenen Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Zur Zurückweisung des Antrages nach § 54 FrG

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid der im Berufungsschriftsatz gestellte - und an die Behörde erster Instanz gerichtete - Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Sri Lanka zurückgewiesen wurde, wird zur Rechtswidrigkeit dieser Vorgangsweise auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 4. Dezember 1996, Zl. 96/21/0041, verwiesen. Aus den dort angeführten Erwägungen war auch der hier angefochtene Bescheid im besagten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf den in der genannten Verordnung angeführten Pauschbetrag abzuweisen.

Wien, am 15. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995180106.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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