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L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der H in H, vertreten durch Dr. Kurt Klein, Dr. Paul Wuntschek und Dr. Berit Mayerbrucker, Rechtsanwälte in Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 3. Juli 1997, Zl. Präs. K-32/1997-1, betreffend Bemessung des Ruhegenusses, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die im April 1945 geborene und seit 1982 bei der Landeshauptstadt Graz beschäftigte Beschwerdeführerin steht als Betriebsoberoffizial i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1995 war die Beschwerdeführerin nach einem längeren "Krankenstand" und, nachdem ihr mit Bescheid des Bundessozialamtes Steiermark vom 16. Februar 1995 ab 1. Jänner 1995 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70 v. H. zuerkannt worden war, mit Ablauf des 31. Mai 1995 gemäß § 47 Abs. 2 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz (DO-Graz) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 in den zeitlichen Ruhestand versetzt worden.
Am 11. Juni 1996 beschloss der Steiermärkische Landtag mit der unter LGBl. Nr. 46/1996 verlautbarten Novelle zur DO-Graz - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - insbesondere den Wegfall der Einrichtung des zeitlichen Ruhestandes und die Einführung einer Abschlagsregelung für Beamte, die vor dem 60. Lebensjahr (wegen Dienstunfähigkeit) in den Ruhestand versetzt werden. Nach der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 2 dieser Novelle gilt die Abschlagsregelung auch für Bedienstete im zeitlichen Ruhestand, die nach dem Inkrafttreten dieser Novelle in den (dauernden) Ruhestand versetzt werden.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1996 ersuchte das Personalamt den bereits seinerzeit bei der Versetzung der Beschwerdeführerin in den zeitlichen Ruhestand als Sachverständigen befassten Facharzt für Psychiatrie und Neurologie um Abgabe eines Gutachtens über den Gesundheitszustand der sich im zeitlichen Ruhestand befindlichen Beschwerdeführerin. Dieses Gutachten vom 2. Juli 1996 langte am 15. Juli 1996 beim Personalamt ein. Demnach zeigte sich gegenüber der "seinerzeitigen neuropsychiatrischen Diagnostik" keine Änderung (trotz eines mehrwöchigen Krankenhaus-Aufenthaltes). Es liege weitgehende Therapieresistenz vor; eine Progredienz der sowohl somatischen (degenerative Wirbelsäulenerkrankung, Präcoxarthrose) als auch psychischen Störungen sei anzunehmen. Es sei nach dem Gutachten eine fortschreitende Leistungs- und Belastungsinsuffizienz bei der Beschwerdeführerin gegeben (wird näher ausgeführt).
Nach Einräumung des Parteiengehörs wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid des Stadtsenates als Dienstbehörde erster Instanz vom 13. Dezember 1996 mit Ablauf des 31. Dezember 1996 in den (dauernden) Ruhestand versetzt und ihr Ruhegenuss unter Anwendung des § 146 Abs. 3 DO-Graz in der Fassung LGBl. Nr. 13/1996 und des § 49 Abs. 3 DO-Graz in der Fassung LGBl. Nr. 46/1996 bemessen. Die Bemessung erfolgte auf Grundlage einer anrechenbaren Dienstzeit von 22 Jahren und 7 Monaten. Dann heißt es in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides weiter:
"Das Ausmaß des Ruhegenusses beträgt daher 75,17 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage.
Gemäß § 49 Abs. 3 DO verkürzt sich das Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 v.H. für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem letzten Tag des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollenden wird, um 0,1667 Prozentpunkte.
Die Ruhegenussbemessungsgrundlage beträgt daher 63,66 v.H. der für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbaren Bezüge.
Für den Ruhegenuss anrechenbare Bezüge gemäß § 49 Abs. 1 des zit. Gesetzes:
Gehalt nach Schema I, Verwendungsgruppe 3,
Dienstklasse III, Gehaltsstufe 5 seit 1.1.1995
vorschussweise S 15.185,--
+ Verwaltungsdienstzulage S 1.623,--
+ allgem. Dienstzulage 7,143 % von I/3 III/5
plus Verwaltungsdienstzulage S 1.200,60
S 18.008,60
63,66 v.H. Ruhegenussbemessungsgrundlage S 11.464,27
5,17 v.H. Pensionsausmaß S 8.617,69
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Der Ruhegenuss beträgt beträgt demnach vorschussweise
S 8.617,69 (i.W.: Schilling achttausendsechshundertsiebzehn 69/100)
und ist monatlich im Vorhinein fällig.
Über die Bemessung bzw. Zuerkennung einer allfälligen Ruhegenusszulage gemäß § 52a leg.cit. wird gesondert entschieden."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie aber nur die Ruhegenussbemessung bekämpfte und diesbezüglich im Wesentlichen die Auffassung vertrat, die Abschlagsregelung des § 49 Abs. 3 DO-Graz sei auf ihren Fall nicht anzuwenden, weil diese Regelung erst mit 1. Juli 1996 in Kraft getreten, sie aber bereits vor diesem Zeitpunkt dienstunfähig gewesen sei und daher bereits früher in den Ruhestand hätte versetzt werden müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen.
Zur Begründung führt die belangte Behörde nach kurzer Darlegung des Verfahrensablaufes weiter aus, die erste Instanz (Personalamt) habe zur Feststellung der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin ein neuropsychiatrisches Gutachten eingeholt. Dieses sei am 2. Juli 1996 erstellt worden und am 15. Juli 1996 beim Magistrat Graz eingelangt. Frühestens ab diesem Zeitpunkt habe das Personalamt davon ausgehen können, dass die Beschwerdeführerin nicht mehr dienstfähig sei. Nach der notwendigen Wahrung des Parteiengehörs und Einholung eines ergänzenden Gutachtens sei die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. Dezember 1996 in den Ruhestand versetzt worden. Die belangte Behörde habe bei diesem Ablauf des Verfahrens nicht finden können, dass die erste Instanz die Versetzung in den Ruhestand unzulässigerweise hinausgezögert hätte.
Nach Hinweis auf die Regelung des § 49 Abs. 3 DO-Graz führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus, die Anwendung dieser Bestimmung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 sei zu Recht erfolgt, weil die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Versetzung in den Ruhestand das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe. Hinzugefügt könne werden, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 94/12/0193, festgestellt habe, dass jene Rechtslage anzuwenden sei, die im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung gelte, also die Rechtslage, die am 31. Dezember 1996 gegeben gewesen sei. Die Novelle "von § 49 Abs. 3 DO" sei mit LGBl. Nr. 46/1996 ausgegeben und am 10. Juli 1996, also vor der Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin, versendet worden. Da die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 31. Dezember 1996 in den Ruhestand versetzt worden sei, sei eindeutig, dass § 49 Abs. 3 DO-Graz in der Fassung LGBl. Nr. 46/1996 zur Anwendung gelangen habe müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Recht auf Durchführung des Ermittlungsverfahrens von Amts wegen gemäß §§ 37 und 39 AVG und ihrem verfassungsgesetzlich garantierten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG in Verbindung mit Art. 14 EMRK verletzt. Nach ihrem gesamten Beschwerdevorbringen bekämpft die Beschwerdeführerin die Ruhegenussbemessung.
Im Beschwerdefall ist folgende Rechtslage maßgebend:
Paragraphenzitate ohne Gesetzesangabe beziehen sich in der Folge auf die DO-Graz, LGBl. Nr. 30/1957.
Die Novelle LGBl. Nr. 46/1996 schaffte die bis dahin geltende Unterscheidung zwischen der Versetzung in den zeitlichen und in den dauernden Ruhestand ab. Das Gesetz kennt seit dieser Novelle nur mehr die Versetzung in den Ruhestand.
Gemäss § 44 lit. c in der Fassung der Novelle
LGBl. Nr. 46/1996 verfügt der Stadtsenat die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen oder auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 47.
§ 47 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 regelt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
Dem § 49 wurden durch die Novelle LGBl. Nr. 46/1996 folgende Absätze 3 bis 5 angefügt:
"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 v.H. um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden.
(4) Eine Kürzung nach Abs. 3 findet nicht statt a)im Fall des im Dienststand eingetretenen Todes des Beamten, b)wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf
einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente gebührt.
(5) Die Ruhegenussbemessungsgrundlage darf 62 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges nicht unterschreiten."
Gemäß ihrem Art. III ist die Novelle, LGBl. Nr. 46/1996, am 1. Juli 1996 in Kraft getreten. Das 16. Stück des Landesgesetzblattes, das die Nummer 46 enthält, wurde am 10. Juli 1996 ausgegeben und versendet. Die Novelle selbst wurde am 11. Juni 1996 im Landtag beschlossen.
Art. II der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 lautet:
"Übergangsbestimmung
(1) Für sämtliche Bedienstete, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in den zeitlichen Ruhestand versetzt wurden, gelten für die Dauer des zeitlichen Ruhestandes die Bestimmungen der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, in der Fassung LGBl. Nr. 13/1996.
(2) Wird ein Bediensteter, der sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im zeitlichen Ruhestand befindet, nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in den dauernden Ruhestand versetzt, so gilt dieser dauernde Ruhestand als Ruhestand gemäß der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, in der Fassung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. In diesem Fall erfolgt die Festsetzung des Ruhegenusses zum Zeitpunkt der Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß § 49 und § 50 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, in der Fassung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.
(3) Für Bedienstete, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens im dauernden Ruhestand befinden, gilt dieser als Ruhestand nach der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, in der Fassung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes."
Nach § 49 Abs. 2 beträgt die Ruhegenussbemessungsgrundlage 80 v. H. der für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbaren Bezüge.
Im Beschwerdefall ist gemäß § 146 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 13/1996 u. a. § 50 Abs. 1 und 2 in der Fassung vor dieser Novelle anzuwenden.
Nach § 50 Abs. 1 beträgt der Ruhegenuss nach einer für die Ruhegenussbemessung anrechenbaren Dienstzeit von 10 Jahren 50 v. H. der Ruhegenussbemessungsgrundlage und steigt für Beamte, die einen Ruhegenuss im Ausmass der vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage
nach 30 Dienstjahren erreichen, jährlich um 2,5 v. H.,
nach 32 1/2 Dienstjahren erreichen, jährlich um 2, 22 v. H.,
nach 35 Dienstjahren erreichen, jährlich um 2 v. H.
§ 52 regelt Ansprüche bei Versetzung in den Ruhestand und bei
Auflösung des Dienstverhältnisses in besonderen Fällen. Nach dessen Abs. 2 erfolgt eine Zurechnung von 10 Jahren bei einem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden infolge Erblindung oder praktische Blindheit, Geistesstörung oder eines in Ausübung seines Dienstes erlittenen Unfalles dauernd dienst- und zu einem zumutbaren Erwerb unfähig wird oder durch Ausübung seines Dienstes erkrankt und dadurch oder durch eine Berufskrankheit dauernd dienst- und zu einem zumutbaren Erwerb unfähig wird.
Abs. 3 des § 52 hat folgenden Wortlaut:
"Wird ein Beamter infolge einer anderen als im Abs. 2 angeführten schweren, unheilbaren Krankheit, die er sich ohne sein vorsätzliches Verschulden zugezogen hat, dauernd dienst- und zu einem zumutbaren Erwerb unfähig, so kann ihm zu seiner anrechenbaren Dienstzeit ein Zeitraum bis zu 10 Jahren für die Ruhegenussbemessung zugerechnet werden."
Im Beschwerdefall ist zunächst die Frage der Anwendung der Abschlagsregelung auf die Ruhegenussbemessung im Fall der Beschwerdeführerin zu lösen.
Der belangten Behörde kann im Hinblick auf die Rechtslage in der Frage der Anwendbarkeit der Abschlagsregelung des § 49 Abs. 3 DO-Graz nicht entgegengetreten werden, weil die zwingende Berücksichtigung dieser Abschlagsregelung auf Grund der Bestimmung des Art. II Abs. 2 letzter Satz der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 (im Sinne der früheren Terminologie: dauernden) vom Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung, die im Beschwerdefall nach dem 1. Juli 1996 erfolgt ist, abhängig ist. Gleiches gilt aber auch hinsichtlich des Abs. 4 und Abs. 5 des § 49 DO-Graz. Die Behörde wäre daher bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage jedenfalls verpflichtet gewesen, sich auch damit auseinander zu setzen, ob nicht die Tatbestandsvoraussetzung des § 49 Abs. 4 lit. b gegeben und daher aus diesem Grunde keine Kürzung stattzufinden hat.
Da dies von der belangten Behörde rechtsirrtümlich nicht erkannt wurde und die Dienstbehörde im Dienstrechtsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 DVG die zum Vorteil und zum Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt wahrzunehmen hat, erweist sich die Ruhegenussbemessung unter alleiniger Heranziehung der Abschlagsregelung und ohne Prüfung der Frage, ob nicht im Hinblick auf § 49 Abs. 4 lit. b DO-Graz eine Kürzung gar nicht stattzufinden gehabt hätte, schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig.
Zur Auffassung der Beschwerdeführerin, der Gesetzgeber wäre verpflichtet gewesen, in einer (anderen) Übergangsbestimmung zu § 49 Abs. 3 DO-Graz bestimmte Übergangsfälle von der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auszunehmen, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1999, Zl. 97/12/0281, hingewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich in dem damaligen Fall im Hinblick auf den in diesem Fall bereits gefassten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1998, B 2125/97, nicht zu einer Anfechtung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlasst. Diesbezüglich gebietet auch der vorliegende Fall keine andere Betrachtung, weil auch bei einem Bediensteten des zeitlichen Ruhestandes durch die Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 2 letzter Satz der Novelle LGBl. Nr. 46/1996 der Landesgesetzgeber unter Beachtung der diesbezüglichen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat.
Der angefochtene Bescheid ist aber noch aus einem weiteren Grund in der Ruhegenussbemessung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Die Beschwerdeführerin hat zwar nicht ausdrücklich die Unterlassung der Anwendung des § 52 DO-Graz gerügt; diese Frage ist aber zweifellos vom Beschwerdepunkt mitumfasst.
Zur Anwendung des § 52 DO-Graz im Zusammenhang mit der Ruhegenussbemessung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits vorher genannten Erkenntnis vom 29. September 1999, Zl. 97/12/0281, grundlegend ausgeführt:
"Mit seiner Versetzung in den Ruhestand erwirbt der Beamte, wenn er eine bestimmte Dienstzeit aufweist (vgl. dazu näher § 43 Abs. 1), einen Anspruch auf Ruhegenuss. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich der DO Graz kein hinreichender Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Ermittlung des Ruhegenusses gleichsam zwei von einander unabhängige Verfahren vorsieht, die allenfalls miteinander verbunden werden können, aber nicht müssen: nämlich das 'Normalverfahren' der Ruhegenussbemessung, in dem die in jedem Verfahren bedeutsamen Bemessungskriterien zu prüfen sind, und ein davon unabhängig zu führendes Verfahren in den Fällen des § 52, sodass mit dem Abschluss des 'Normalverfahrens' (soweit sich aus dem Ruhegenussbemessungsbescheid infolge einer Verbindung nicht ausdrücklich anderes ergibt) keinerlei Entscheidung über die Zurechnung nach § 52 getroffen wäre. Dies ist im Ergebnis der Rechtsstandpunkt der belangten Behörde. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber nach der Systematik des Gesetzes (danach sind alle Bemessungsfaktoren von derselben Behörde von Amts wegen zu ermitteln, und zwar auch die in § 52 genannten Tatbestände) davon auszugehen, dass grundsätzlich alle für die Bemessung des Ruhegenusses relevanten Umstände in einem Verfahren zu klären sind, zumal dafür nach der DO Graz - anders als grundsätzlich im Bundesbereich (vgl. dazu § 2 Abs. 6 DVG sowie § 9 Abs. 1 PG 1965) - dieselbe Dienstbehörde zuständig ist. Zum Bemessungsverfahren gehört daher auch die Zurechnung von Jahren nach § 52 (hier: nach Abs. 3), die für eine Bemessungskomponente des Ruhegenusses von Bedeutung sein kann. Daran ändert der Umstand, dass es sich bei § 52 Abs. 3 um eine Ermessensregelung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, 92/12/0013) handelt, nichts. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist daher eine in einem Bescheid getroffene Entscheidung über die Ruhegenussbemessung als abschließende Entscheidung anzusehen, es sei denn, es würde sich aus ihr ausdrücklich etwas anderes ergeben. Dies wäre zB dann der Fall, wenn die Behörde in den Spruch einen Entscheidungsvorbehalt aufgenommen hat, der selbstverständlich auch bezüglich einer Entscheidung nach § 52 möglich ist, wenn sich zB abschätzen lässt, dass das Ermittlungsverfahren, in dem das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Bestimmung zu prüfen ist, erheblich länger dauern wird als das Verfahren hinsichtlich der übrigen Bemessungskomponenten, die eine (vorläufige) Bemessung ohne Zurechnung von Jahren ermöglichen würde (Grundsatz der Verfahrenseinheit bei möglicher Trennbarkeit der einzelnen Ansprüche)."
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann es aber keinem Zweifel unterliegen, dass im Beschwerdefall die Dienstbehörde erster Instanz in ihrem Bescheid den Ruhegenuss der Beschwerdeführerin insoweit abschließend bemessen hat, als sie lediglich einen Entscheidungsvorbehalt zugunsten einer Entscheidung nach § 52 a DO-Graz aufgenommen hat. Mit der Abweisung der Berufung ist dies Inhalt der angefochtenen Entscheidung.
Die belangte Behörde hat daher offensichtlich ausgehend von einem Rechtsirrtum über die Anwendbarkeit des § 52 DO-Graz bei der Ruhegenussbemessung, obwohl sie gemäß § 8 Abs. 1 DVG verpflichtet gewesen wäre, in diesem Verfahren die zum Vorteil und zum Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen, sich mit der Frage der Zurechnung überhaupt nicht auseinander gesetzt. Der angefochtene Bescheid ist daher auch deshalb mit einem sekundären Verfahrensmangel behaftet; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betrifft die für eine nicht vorzulegende dritte Beschwerdeausfertigung entrichteten Stempelgebühren.
Wien, am 17. November 1999
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997120296.X00Im RIS seit
16.05.2001Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009