TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/6 LVwG-AV-885/001-2018

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Veröffentlicht am 06.09.2018
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Entscheidungsdatum

06.09.2018

Norm

BAO §4 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1927 §13 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1927 §15 Abs2
GdwasserleitungsG NÖ 1927 §15 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn A, ***, ***, vom 26. Juli 2018 gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 28. Juni 2018, Zl. ***, mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 20. Februar 2018 betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe nicht stattgegeben worden war, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) und Frau B sind je grundbücherliche Hälfteigentümer der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, *** (Grundstücke Nr. ***, ***, EZ ***, ***, KG ***), auf der ein Gebäude errichtet ist.

1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2017, eingelangt bei der Gemeinde *** am 2. Jänner 2018, wurde von Frau C eine Veränderungsanzeige gemäß § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 für die Bemessung der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe eingebracht:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.3.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 20. Februar 2018, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 und der geltenden Wasserabgabenordnung der Gemeinde *** aus Anlass der durchgeführten Änderung der Berechnungsfläche für die Liegenschaft mit der Anschrift ***, *** (Grundstücke Nr. ***, ***, KG ***), eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 1.719,76 (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Dabei wurde als Berechnungsfläche vor der Änderung eine Fläche von 150,40 m² ermittelt, während als Berechnungsfläche nach der Änderung eine Fläche von 373,11 m² herangezogen wurde:

I. Bestand nach der Änderung

Gebäude            Bebaute Fläche       Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus neu     100,00                  50,00     2 + 1            150,00

Nebengebäude     148,11                  74,06     1 + 1    148,11

Anteil der unbebauten Fläche: 15 % von 1.751,89 m²      75,00

                                                           (maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche nach der Änderung        373,11

II. Bestand vor der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus alt  100,00   50,00     1 + 1     100,00

Anteil der unbebauten Fläche: 15 % von 336,00 m²      50,40

                                (maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche vor der Änderung        150,40

Unter Heranziehung des geltenden Einheitssatzes von € 7,02 sei sohin ein Gesamtbetrag von € 1.563,42 (exklusive USt.) errechnet worden.

1.3.2.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhoben Herr A, der Beschwerdeführer und Frau C, bezeichnet als Nutzerin der Liegenschaft, mit Schreiben vom 16. März 2018 fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründeten diese damit, dass die an das Wohnhaus angrenzenden Gebäude und Gebäudeteile nicht an das Wasser- und Kanalnetz angeschlossen seien.

1.3.3.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 28. Juni 2018, Zl. ***, wurde die Berufung der Frau C als unzulässig eingebracht zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass Frau C nicht als Bescheidadressatin des Abgabenbescheides genannt, der Abgabenbescheid nicht an sie ergangen sei, der Abgabenbescheid keine Wirkung ihr gegenüber entfalten könne und sie daher nicht zur Einbringung einer Berufung befugt sei.

1.3.4.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Abgabenbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 28. Juni 2018, Zl. ***, wurde unter Spruchpunkt II. der Berufung des Beschwerdeführers dahingehend Folge gegeben als der Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert und eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 2.104,55 (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben wurde. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Zitierung der als maßgeblich erachteten Gesetzesbestimmungen dargelegt, dass eine Berechnungsfläche nach der Änderung von 448,29 m² und vor der Änderung von 175,75 m² zugrunde zu legen sei:

I. Bestand nach der Änderung

Gebäude            Bebaute Fläche       Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus neu     248,86                  124,43     2 + 1   373,29

Anteil der unbebauten Fläche: 15 % von 1.751,14 m²      75,00

                                                           (maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche nach der Änderung        448,29

II. Bestand vor der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus alt  100,75   50,375    1 + 1     100,75

Anteil der unbebauten Fläche: 15 % von 1.899,25 m²      75,00

                                (maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche vor der Änderung        175,75

Auslösender Abgabentatbestand sei die Errichtung eines Badezimmers und WCs im Obergeschoß sowie die Vergrößerung der bebauten Fläche bei lotrechter Projektion der oberirdischen baulichen Anlagen. Der neu hinzugekommene Abstellraum sei nicht als Gebäudeteil zu betrachten, da er mit dem Wohngebäude statisch verbunden und durch den Eingang ins Wohnhaus dieses mit dem Abstellraum verbunden sei. Es könne daher der Abstellraum nicht als Gebäudeteil oder eigenes Nebengebäude betrachtet werden.

1.4. Beschwerdeverfahren:

Mit Schreiben vom 26. Juli 2018 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründete diese wörtlich „wegen der Größe der Berechnungsgrundlage und Nichtberücksichtigung des Weinbaus“.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 7. August 2018 legte die Gemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt (samt Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Gemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. 6930-7:

Wasseranschlußabgabe

§ 6 (1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche

         a)       bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

         b)       in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche vermehrt wird.

(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:

         1.       Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

         2.       als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

         3.       die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von höchstens 500 m² zu berücksichtigen;

         4.       zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind. …

(8) Bei der Bauführung auf einem Grundstück, das durch Abteilung eines Grundes auf Bauplätze entstanden ist, ist eine Wasseranschlussabgabe auch dann zu entrichten, wenn für den ungeteilten Grund eine Wasseranschlussabgabe bereits entrichtet wurde.

Ergänzungsabgabe

§ 7. Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlußabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlußabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlußabgabe um mindestens 10 %, mindestens jedoch um € 8,– höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.

Veränderungsanzeige

§ 13. (1) Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, sind binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner

§ 15. (2) Der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe entsteht mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige. …

(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.

(7) Im Falle des § 6 Abs. 8 tritt hinsichtlich der Wasseranschlussabgabe der Bauwerber als Abgabenschuldner an die Stelle des Liegenschaftseigentümers, sofern dieser eine vom Bauwerber verschiedene Person ist. Der Liegenschaftseigentümer haftet mit dem Bauwerber für die Wasseranschlussabgabe zur ungeteilten Hand.

(8) Wenn der Liegenschaftseigentümer und der Eigentümer der Baulichkeiten verschiedene Personen sind, so ist Abgabenschuldner der Eigentümer der Bauten.

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.2.

Hinsichtlich der Wasseranschlussabgabe bzw. der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe ergibt sich der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld aus § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 als lex spezialis zu § 4 Abs. 1 BAO. Die Abgabenschuld ist dabei nach der Rechtslage im Entstehungszeitpunkt der Schuld zu beurteilen (vgl. VwGH vom 23. Mai 1990, Zl. 90/17/0126, und vom 26. April 1996, Zl. 95/17/0452).

Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. 6930-7 stellt für das Entstehen der Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe auf das Einlangen einer Veränderungsanzeige im Sinne des § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 bei der Abgabenbehörde ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 95/17/0104, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0197, mit der hier maßgeblichen Rechtsfrage auseinander gesetzt. Er hat hierin ausgesprochen, dass der Ergänzungsabgabentatbestand nach § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 dann verwirklicht wird, wenn eine Veränderungsanzeige, also eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung abgegeben wird. Da vom Gesetz eine Veränderungsanzeige, also eine Parteienerklärung gefordert werde, sei es auch bedeutungslos, dass die Abgabenbehörden allenfalls in der Lage wären, sich Kenntnis der abgabenrechtlichen Umstände durch Einsichtnahme in die Bauakten – soweit sie daraus überhaupt ersichtlich sind – zu verschaffen (vgl. auch VwGH vom 16. Mai 2011, Zl. 2010/17/0112). Gleiches gilt für eine von den Abgabenbehörden veranlasste Überprüfung vor Ort.

3.1.3.

Der Ergänzungsabgabentatbestand nach § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 wird demnach lediglich durch eine förmliche, die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende schriftliche Parteienerklärung des Abgabenschuldners erfüllt, aus welcher neben den tatsächlich ausgeführten Anschlüssen in den Geschoßen auch das tatsächliche Ausmaß der Berechnungsflächen ersichtlich ist (vgl. VwGH vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0197). Als Veränderungsanzeige gilt grundsätzlich nur eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung des Abgabenschuldners (vgl. VwGH vom 19. Mai 2011, Zl. 2010/17/0112).

Abgabenschuldner gemäß § 15 Abs. 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 sind im Gegenstand die Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, Herr A und Frau B, welche zu Recht von den Abgabenbehörden als Bescheidadressaten der Abgabenbescheide bezüglich Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe herangezogen wurden.

Die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 7 leg. cit. kommt nicht zur Anwendung, da kein Fall des § 6 Abs. 8 leg. cit. vorliegt. Die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 8 leg. cit. kommt nicht zum Tragen, da kein Hinweis dafür vorliegt, dass der Liegenschaftseigentümer und der Eigentümer der Baulichkeiten verschiedene Personen sind. So wurde in der verfahrensrelevanten – oben wiedergegebenen – Veränderungsanzeige gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. vom 29. Dezember 2017 Frau C, welche die Veränderungsanzeige erstattet hat, explizit als Bauwerberin, nicht aber als Bauwerkseigentümerin tituliert. Frau C ist daher nicht Abgabenschuldnerin betreffend der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe.

In der Folge wurden seitens der Abgabenbehörden zutreffend die Liegenschaftseigentümer A und B als Abgabenschuldner herangezogen, eine Berufung der Frau C gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 20. Februar 2018, ***, mangels Parteistellung folgerichtig zurückgewiesen.

Da den Gemeindebehörden nun - unbestritten - keine Veränderungsanzeige durch den Abgabenschuldner vorlag, erweist sich die bescheidmäßige Festsetzung der Ergänzungsabgabe nach § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 mangels Bestehen eines Abgabenanspruches der Gemeinde schon dem Grunde nach als rechtswidrig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.4.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.1.5. Ergänzendes:

In der Folge werden die Abgabenschuldner – gegebenenfalls unter Hinweis auf die Bestimmung des § 17 Abs. 1 lit. c NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 – von der Abgabenbehörde I. Instanz aufzufordern sein, eine Veränderungsanzeige gemäß § 13 Abs. 2 leg.cit. zu legen.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Ergänzungsabgabe; Veränderungsanzeige; Abgabenschuldner;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.885.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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