TE Bvwg Beschluss 2018/6/1 I408 2196951-1

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Veröffentlicht am 01.06.2018
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Entscheidungsdatum

01.06.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I408 2196951-1/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 28.05.2018, Zl. 5471714607-18048970, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. ALGERIEN, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID, als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 17.12.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, den+ er mit rein wirtschaftlichen Gründen begründete und der rechtskräftig in I. Instanz abgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs mit 07.08.2012 in Rechtskraft.

2. Am 29.11.2017 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründetem dass seine Ex-Frau transsexuell gewesen wäre und er auf Facebook einige Sachen über ein Land gepostet habe. Er habe darauf sehr viele Hasskommentare, sowohl aus Österreich als auch aus Algerien erhalten und es wäre auch geschrieben worden, dass man ihn töten werde. Dieser Antrag wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 18.03.2018 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

3. Am 08.05.2018 wurde der Beschwerdeführer zur Sicherung der beabsichtigten Abschiebung in Haft genommen und in weiterer Folge die Schubhaft verhängt.

4. Am 22.05.2018 stellte der Beschwerdeführer aus der Schubhaft heraus den gegenständlichen, dritten Antrag auf internationalen Schutz.

5. Am 28.05.2018 erfolgte im Beisein einer Vertreterin der ihm zugewiesenen Rechtsberatungsorganisation eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Er führte dabei an, dass er vor drei Jahren einen Transsexuellen geheiratet habe und bei einer Rückkehr werde er gesteinigt. Außerdem sei er zum Christentum konvertiert, habe aber noch keine Bestätigung von der Kirche erhalten. Er habe auch in der Karlskirche als Prospektverteiler für Veranstaltungen von Mozart gearbeitet.

6. Mit dem im Anschluss an diese Befragung mündlich verkündeten Bescheid hob die belangte Behörde gemäß § 12a Abs. 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG auf.

7. Mit Mail vom 28.05.2018, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung am 01.06.2018, informierte das BFA das Gericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsbürger und ist gesund.

Er hat in Österreich bereits 2010 und 2017 zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, die beide abgewiesen bzw. zurückgewiesen wurden.

Gegen den Beschwerdeführer liegt eine seit 19.03.2018 rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Der Beschwerdeführer, der mit 03.05.2018 zur Sicherung der geplanten Abschiebung in Schuhhaft genommen wurde, brachte bei seiner Einvernahme keine neuen Gründe vor, die die bisher ergangenen Entscheidungen in Frage stellen würden.

Es haben sich auch keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine ausweglose oder lebensbedrohende Lage geraten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den, dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere dem Einvernahmeprotokoll vom 28.05.2018 und der darin enthaltenen Begründung des mündlich verkündeten Bescheides, der sich der erkennende Richter vollinhaltlich anschließt.

Die belangte Behörde hat sich ausführlich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und zweifelsfrei dargelegt, warum sie diesem keinen Glauben schenkt.

Der gesunde Beschwerdeführer hat selbst bei seiner Einvernahme angegeben, dass er dort keine Probleme und dort eine Familie sowie eine Unterkunft habe. Zudem handelt e sich bei Algerien um einen sicheren Herkunftsstaat. Wenn er in diesem Zusammenhang anführt, dass sein Problem sei, dass er (in Österreich) eine transsexuelle Person geheiratet habe, ist darauf hinzuweisen, dass darüber bereits in seinem zweiten Verfahren auf internationalen Schutz rechtskräftig abgesprochen worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Nach § 12a Abs. 2 AsylG kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Die angeführte Rückkehrentscheidung ist seit 19.03.2018 rechtskräftig und damit durchsetzbar. Wie auch bereits dargetan, ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung anstelle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in Algerien droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Es gibt nämlich auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist.

Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal er dort auf familiäre Unterstützung zurückgreifen kann und eine Unterkunft hat. Zudem besteht ganz allgemein in Algerien keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben Sein angeblich Ende 2014 begonnenes Privatleben mit der erwähnten Frau begann nach Rechtskraft der Abweisung seines Asylantrags und weist kein ausschlaggebendes Gewicht auf.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.2196951.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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