TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/15 W168 2174150-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2018
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Entscheidungsdatum

15.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W168 2174150 - 1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2017, Zahl 1094403601-151755193, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.02.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und §§ 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach schlepperunterstützt unberechtigter Einreise am 12.11.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am Tag der Antragstellung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.11.2015 gab der Beschwerdeführer an, er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei shiitischer Moslem. Er stamme aus der Provinz Maidan Wardak. Im Herkunftsstaat habe er neun Jahre die Grundschule besucht. Vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat hätte dieser als Hilfsarbeiter gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei über Pakistan, den Iran und in weiterer Folge die Türkei nach Griechenland gelangt und habe sich anschließend über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich begeben. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass seit sechs Jahren in seinem Dorf Krieg herrsche und er seinen Bruder bereits verloren habe. Als er erfahren habe, dass die Grenzen offen seien, habe er beschlossen, zu fliehen, da er nicht auch im Krieg sterben habe wollen.

Nach Zulassung seines Verfahrens erfolgte am 25.07.2016 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, dass er sich geistig und körperlich in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. Identitätsbezeugenden Dokumente könnte dieser nicht in Vorlage bringen. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er in Maidan Wardak geboren worden und schiitischer Hazara sei. Er sei verheiratet, habe keine Kinder und praktiziere seinen Glauben, indem er fünfmal am Tag bete.

Auf Aufforderung, seinen Lebenslauf bezüglich seiner Person zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in Maidan Wardak geboren worden und im Alter von ca. drei Jahren mit seiner gesamten Familie nach Pakistan ausgewandert sei. Nach zwei Jahren sei er mit seinen Angehörigen zurück nach Maidan Wardak gezogen, wo er neun Jahre die Schule besucht habe. Aufgrund des Krieges gegen die Hazara hätten sie alle Besitztümer verloren, da sowohl ihr Haus als auch ihre landwirtschaftlichen Grundstücke durch Bomben zerstört worden seien. Vor vier Monaten sei der Beschwerdeführer darüber informiert worden und habe auch erfahren, dass sich seine Eltern aufgrund dieser Geschehnisse nunmehr im Iran aufhalten würden. Da er der einzige Sohn sei, habe ihm seine Mutter geraten, Afghanistan zu verlassen. Zur Frage, wie er in Afghanistan seinen Lebensunterhalt bestritten habe, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass sein Vater aufgrund seiner Krankheit nicht erwerbstätig sein habe können und er selbst daher in der Landwirtschaft gearbeitet habe. Seine Mutter und seine Schwestern seien Schneiderinnen. Kurz vor der Ausreise habe der Beschwerdeführer aufgrund der Zerstörung seines Wohnhauses nicht mehr arbeiten können. Die Grundstücke der Familie wären von den Kuchi in Beschlag genommen und benutzt worden. Befragt, wann dieser den Entschluss gefasst habe, sein Heimatland zu verlassen, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er den konkreten Entschluss, zu fliehen, etwa einen Monat vor der tatsächlichen Ausreise getroffen habe. Zuerst sei er nach Kabul gereist und habe in weiterer Folge an der Staatsgrenze auf den Schlepper gewartet. Er habe die Erlaubnis seiner Mutter gehabt, alle Grundstücke zu verkaufen, um die Kosten des Schleppers in Höhe von 2000 Euro zu bezahlen. Seine gesamte Familie, einschließlich seiner Tanten, befinde sich nunmehr im Iran, seine Großeltern seien bereits verstorben. Der Beschwerdeführer stehe mit seinen afghanischen Freunden nur mehr via Facebook in Kontakt, mit seinen Eltern habe er unregelmäßigen telefonischen Kontakt. Sein Vater sei im Iran verstorben, seiner übrigen Familie gehe es jedoch gut. Die Fragen, ob er im Herkunftsstaat vorbestraft oder inhaftiert gewesen sei oder ob er Probleme mit den Behörden gehabt habe, wurden von ihm verneint. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat weder aufgrund seines Religionsbekenntnisses noch seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder mit Privatpersonen Probleme gehabt und habe auch an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass es in Wardak immer Krieg gegeben habe, da Schiiten immer Probleme mit Kuchi gehabt hätten. Diese Gruppierung bestehe aus Paschtunen und diese würden grundlos Hazara töten, da sie der schiitischen Gemeinschaft angehören würden. Da sie von der afghanischen Regierung keine Unterstützung bekommen würden, hätten sich die Kuchi alle Besitztümer einschließlich ihrer Schafe angeeignet. Der Beschwerdeführer habe Angst, von diesen getötet zu werden, da zuvor bereits ein Freund aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der Volksgruppe der Hazara von den Kuchi ermordet worden sei. Da es ihnen finanziell nicht gut gegangen sei, hätten sie auch in einer anderen Stadt nicht neu beginnen können. Zur Frage, was den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat erwarten würde, antwortete dieser, dass er dies nicht genau wisse, da man in Afghanistan sowieso immer in Angst leben würde. Vor einer konkreten Bedrohung hätte er keine Angst. Befragt, welche Grundstücke er noch verkaufen habe können, bevor diese von den Kuchi beschlagnahmt und benutzt worden seien, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er alle diese Grundstücke dennoch günstig verkaufen habe können. Die Frage, ob er jemals persönlich von den Kuchi bedroht worden sei, wurde vom Beschwerdeführer verneint. Es seien jedoch ganz allgemein alle Hazara von den Kuchi bedroht worden. Die Kuchi hätten nahezu alle Besitztümer der Hazara in der Nachbarschaft -auch unter Gewaltanwendung- enteignet. Seine Familie habe dieselben Probleme mit den Kuchi gehabt wie alle anderen Hazara.

Zu den Lebensumständen in Österreich befragt, gab der Beschwerdeführer an, keine Verwandte in Österreich zu haben und bereits Deutschkurse absolviert zu haben. In seiner Freizeit lerne er Gitarre, besuche einen Tanzkurs und spiele Fußball. In Österreich beabsichtige er, eine Tätigkeit als Friseur anzunehmen. Er lebe nicht in einer Lebensgemeinschaft, sei in keinem Verein tätig und arbeite für die Volkshilfe. Der Beschwerdeführer sei nie von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer sowie nie von einem zivil-oder strafgerichtlichen Verfahren in Österreich betroffen gewesen und habe in Österreich weder Privatbesitz noch anderwärtige private Interessen. Er sei in Österreich auch noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom Beschwerdeführer ein Empfehlungsschreiben der Flüchtlings-und Migrantinnenbetreuung vom 20.07.2017 über den Besuch eines angebotenen Deutschunterrichts, eine Teilnahmebestätigung über einen Deutschkurs auf A 1 Niveau vom 05.07.2016 und ein Petitionsschreiben zum Schutz der Rechte der Volksgruppe der Hazara.

Mit Schriftsatz vom 31.10.2016 wurde ein Zertifikat über die Absolvierung eines Deutschkurses auf A1 Niveau übermittelt, wonach der Beschwerdeführer die Prüfung sehr gut bestanden habe.

Mit weiterem Schriftsatz vom 20.02.2017 wurde eine Teilnahmebestätigung am Kurs "Basisbildung für junge Flüchtlinge" sowie eine Bestätigung über die Absolvierung eines Überleitungslehrganges vom 10.02.2017 in einer Tourismusschule übermittelt.

Mit Schreiben vom 10.07.2017 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers ein Zertifikat über eine ÖSD-Prüfung A2, eine Bestätigung der Absolvierung eines Lehrganges einer Tourismusschule, Bestätigung über eine Basisbildung sowie die Bestätigung über die Absolvierung eines Erste-Hilfe Grundkurses des Roten Kreuzes.

In der Stellungnahme vom 08.08.2016 wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Hazara in seiner Heimat nach wie vor gefährdet sei und es immer wieder Angriffe auf diese Volksgruppe gebe. Er habe Angst vor einer Rückführung in seine Heimat, da er durch die Angehörigen von der Kuchi Enteignung erfahren habe und man sich nicht dagegen wehren habe können. Viele Hazara seien wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit getötet worden und die Polizei hätte nichts dagegen unternommen. Die Lebensgrundlage des Beschwerdeführers wäre durch die Wegnahme der landwirtschaftlichen Grundstücke zerstört worden, daher ersuche der Beschwerdeführer, in Österreich bleiben zu können.

In einer weiteren Stellungnahme vom 07.08.2017 zu den Länderinformationen der Staatendokumentation Afghanistan wurde ausgeführt, dass die Feststellung, dass Hazara diskriminiert werden würden, wiederholt werde und auch aktueller zu sein scheine. Übergriffe und im Besonderen Anschläge seien gezielt gegen Hazara gerichtet. Seine Angst vor einer Rückführung in sein Heimatland begründe sich nicht in der zu erwartenden Diskriminierung, sondern vielmehr in die Angst um sein Leben.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Die BFA stellte fest, dass aufgrund Aussagen des Beschwerdeführers in der Einvernahme, die offensichtlich widersprüchlich, unschlüssig und nicht nachvollziehbar geblieben wären, glaubwürdige Gründe für die Ausreise aus Afghanistan nicht vorgebracht worden seien und die vorgebrachten Gründe auch keine asylrelevanten Tatsachen darstellen würden. Es sei somit festzuhalten, dass aus Sicht der Behörde weder in dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründen noch im abstrakten Grund einer vermeintlichen Gruppenverfolgung eine Asylrelevanz nach Maßgabe der anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen erkannt werden könne. Eine Verfolgungsgefahr sei nur dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohe. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genüge nicht. Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer Afghane sowie Hazara und Schiite sei, erfülle nicht die Voraussetzungen einer asylrelevanten Verfolgung, solange keine den Beschwerdeführer individuell treffenden Gründe vorliegen würden. Auch aufgrund der vorliegenden Länderinformationen ergebe sich keine Gruppenverfolgung von Personen, die derselben Volksgruppe des Beschwerdeführers angehören würden. Eine Verfolgung aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit sei daher auch ausgeschlossen. Glaubhaft sei gewesen, dass der Beschwerdeführer keiner staatlichen bzw. quasi-staatlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Eine solche habe der Beschwerdeführer auch nicht behauptet bzw. eine solche ausgeschlossen. Er selbst habe angegeben, nie persönlich bedroht worden zu sein. Der Beschwerdeführer habe in seinem gesamten Vorbringen, auch bei Nachfragen, nicht eine konkrete Verfolgungshandlung oder eine konkrete, ihn treffende Verfolgungsgefährdung vorgebracht. Es werde nicht verkannt, dass die Sicherheitssituation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bedrohlich sei und dass es sich bei Maidan Wardak um eine volatile Provinz Afghanistans handle. Es sei ihm durchaus zumutbar, sich in einer sicheren Gegend wie Kabul niederzulassen. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich, dass Kabul über den internationalen Flughafen sicher zu erreichen sei. Aufgrund der vorhandenen Anknüpfungspunkte in Afghanistan, aufgrund der Feststellungen zur gewährleisteten Grundversorgung in Kabul und des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen, arbeitsfähigen Mann mit Schulbildung und Berufserfahrung handle, sei davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland nicht in eine die Existenz bedrohende Notlage gelangen würden. Der Beschwerdeführer verfüge über stärkere Bindungen zum Herkunftsstaat:

Er habe dort mehr als 18 Jahre gelebt und spreche eine Landessprache als Muttersprache. Er habe dort auch neun Jahre die Schule besucht und sei auch viele Jahre einer Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft nachgegangen. Im Gegensatz dazu sei er in Österreich schwächer integriert: Der Beschwerdeführer habe an Deutschkursen teilgenommen und bisher nicht in Österreich gearbeitet. Sein soziales Umfeld ergebe sich aus österreichischen Freunden, diese Beziehung könne jedoch keine stärkere Bindung zu Österreich als zu seinem Herkunftsstaat herstellen. Die deutsche Sprache beherrsche der Beschwerdeführer zum Teil, seinen Lebensunterhalt bestreite er im Rahmen der Grundversorgung.

3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 10.10.2017 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde vorgebracht, dass ein Leben in Afghanistan für Hazara nicht möglich sei, da diese einer generellen Diskriminierung ausgesetzt seien und ihm die Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich sei. In Wardak sei immer Krieg gegen die Hazara gewesen, es gebe dort "Kuchi", diese seien Paschtunen und Schiiten hätten Probleme mit diesen. Da es keine Unterstützung der afghanischen Regierung gebe, hätten diese alles Bewegliches in Beschlag genommen und sogar die Schafe mitgenommen. Bei der Erstbefragung habe der Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit gehabt, seinen Fluchtgrund ausführlich zu erzählen, daher habe er es nur stichwortartig getan. Man habe ihm gesagt, dass er seinen Asylgrund nur kurz zusammenfassen solle und bei der Einvernahme die Möglichkeit hätte, diesen weiter auszuführen, weshalb seine Angaben im Rahmen der Einvernahmen seiner Ansicht nach nicht im Widerspruch gestanden seien. Der Beschwerdeführer habe in der Erstbefragung angegeben, dass ein Freund, der wie ein Bruder für ihn gewesen sei, getötet worden sei. Es sei nicht korrekt übersetzt worden, da er damals die deutsche Sprache nicht beherrscht habe und habe deshalb das Missverständnis nicht beseitigen habe können. Wenn die Behörde in der Beweiswürdigung anführe, dass er vorher angegeben hätte, dass ihr nicht nachvollziehbar gewesen sei, wie er seine Grundstücke für die Flucht verkaufen habe können, obwohl die Kuchi die Grundstücke in Beschlag genommen hätten, müsse er angeben, dass diese Grundstücke dennoch im Besitz seiner Familie gewesen seien. Er habe diese jedoch billig verkaufen müssen und seine Flucht finanzieren können. Es sei schlichtweg falsch, wenn die Behörde davon ausgehe, dass ein Leben für den Beschwerdeführer in Kabul möglich wäre. Folge man den Ausführungen der belangten Behörde zu Kabul, so sei die Stadt als relativ sicher einzustufen, was jedoch nicht den Tatsachen entspreche, was auch dementsprechende Berichte zeigen würden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde angesichts dieser Berichte dennoch von einer zumutbaren Rückkehr nach Afghanistan ausgehen könne, da der Beschwerdeführer nicht auf ein soziales Netz zurückgreifen könne. Bezüglich seiner Integration in Österreich habe er sich bemüht, eine Lehrstelle zu finden und ihm sei dafür auch eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden.

4. Am 27.02.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer teilgenommen hat. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist bei der Verhandlung nicht erschienen.

Im Rahmen der Verhandlung führte der Beschwerdeführer aus, dass die Angaben im Rahmen der Erstbefragung, wonach ein Bruder von ihm verstorben sei und ein anderer verschollen, nicht stimmen würden. Es werde in der Region Krieg geführt und jüngere Männer von Kuchi verfolgt und unterdrückt. Die Kuchi würden ihnen unterstellen, keine Hazara zu sein und würden ihnen immerzu Probleme bereiten. Auf Vorhalt, dass diese Gründe bereits gewürdigt worden seien und zur Frage, weshalb er Beschwerde erhoben habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass sie beabsichtigt hätten, ihn nach Afghanistan zurückzuschicken und er in Afghanistan nicht in Sicherheit sei. Befragt, ob es der Wahrheit entspreche, dass er nach wie vor sowohl mit seiner Mutter, seinen zwei Schwestern und Freunden in Kabul in Kontakt stehe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er zwar ursprünglich viele Kontakte gehabt habe, er sie nunmehr jedoch vielleicht einmal im Monat oder alle zwei Monate kontaktiere und deren Situation aufgrund der Illegalität schlecht sei. Alle, auch seine Freunde, seien mittlerweile in den Iran ausgewandert, da Krieg in ihrem Gebiet herrsche. Zur Frage, ob er in Afghanistan jemals konkret und unmittelbar bedroht worden sei, erklärte der Beschwerdeführer nach Wiederholung der Frage, dass er in einem Gebiet, in dem eine allgemeine Bedrohung vorherrsche, auch bedroht werden könnte. Die Frage, ob er selbst ganz persönlich und konkret bedroht worden sei, wurde vom Beschwerdeführer jedoch letztlich verneint und ausgeführt, dass in diesem Krieg alle Hazara und Schiiten umgebracht werden könnten.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass in Wardak immer der Kriegszustand vorgeherrscht habe und Taliban und Kuchi immer gegen Hazara gekämpft hätten. Jedes Jahr hätten sie diese vom Sommer bis zum Winter schikaniert und das Gebiet erst aufgrund des Schnees verlassen. Vor seiner Ausreise sei ein Freund dem Märtyrertod erlegen und auch in anderen Dörfern habe es Tote gegeben. Seine Mutter habe ihm deshalb auch zur Ausreise geraten, weil sie ihren einzigen Sohn nicht verlieren habe wollen. Konkrete Vorfälle, den Beschwerdeführer betreffend, habe es jedoch nicht gegeben. Seit seiner Asylantragstellung habe sich bezüglich seiner Asylgründe keine wesentliche Änderung ergeben. Auf Vorhalt, dass seine Fluchterzählung Geschehnisse beinhalten würden, die sich im Jahr 2015 zugetragen hätten und befragt, weshalb er davon ausgehe, dass die allgemeine Unsicherheit nach wie vor aufrecht sei, da Hazara und Schiiten selbst in Kabul nicht sicher seien, da alle Moscheen, die gesprengt werden würden, schiitisch seien. Als Schiite und Hazara werde der Beschwerdeführer nicht akzeptiert, da alle Paschtunen einen höheren Stellenwert hätten und sie als Moslems nicht anerkennen würden. Zum Vorhalt, dass den Länderinformationen zu Afghanistan nicht zu entnehmen sei, dass eine gezielte Verfolgung von Angehörigen der Hazara stattfinde bzw. viele Hazara insbesondere nach Kabul gezogen seien, führte der Beschwerdeführer aus, dass Millionen von Hazara in die Städte oder in den Iran gehen würden. Über deren Lebensweise wisse er jedoch nicht Bescheid. Auf jeden Fall würden diese in Angst leben und illegal im Iran wohnhaft seien. Zum weiteren Vorhalt, was der Beschwerdeführer zu den Würdigungen im angefochtenen Bescheid sage, wonach den Länderinformationen zu Afghanistan zu entnehmen sei, dass die Sicherheitslage insbesondere in Kabul und in Mazar e-Sharif stabil sei und sich sicherheitsrelevante Vorfälle hauptsächlich gegen "high profile" Personen richten würden, sich jedoch aus der gegenwärtigen Lage eine relevante Bedrohung für Jedermann nicht ergebe, erklärte er, dass es einen Bombenanschlag in Kabul gegeben habe, der jeden hätte treffen können. Auf Aufforderung, konkrete Gründe zu nennen, weshalb er davon ausgehe, dass er bei Rückkehr nach Afghanistan einer über das allgemeine Maß hinausgehenden Bedrohung ausgesetzt wäre, entgegnete der Beschwerdeführer, dass sowohl Hazara und Schiiten Probleme hätten und er als Angehöriger dieser Gruppierungen somit ebenfalls gefährdet wäre. Auf Aufforderung, konkrete Gründe zu nennen, weshalb er im Speziellen qualifiziert schutzbedürftiger als andere, sich in Afghanistan aufhältige Personen sei, brachte der Beschwerdeführer nur allgemein vor, dass die Lage unsicher sei.

Aufgrund des Krieges sei die Lage so volatil gewesen, dass man Grundstücke sehr billig an einen anderen Hazara verkaufen habe können. In solchen Situationen würden sie die Grundstücke um den halben Preis kaufen. Zur Frage, weshalb er die Grundstücke so plötzlich und billig verkaufen habe müssen, erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Unsicherheit den schnellen Verkauf verursacht habe. Auf weitere Nachfrage, weshalb er nicht länger abgewartet habe, um einen besseren Preis für seine Grundstücke auszuhandeln, entgegnete der Beschwerdeführer, dass sie aufgrund der mittlerweile sehr unsicheren Lage weder weiterarbeiten noch ihre Felder bearbeiten hätten können. Zum Vorhalt, dass die unsichere Lage bereits Jahre zuvor nicht gegeben gewesen sei, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass sie bereits lange Zeit gearbeitet hätten und ihnen in weiterer Folge jedoch nichts geblieben sei. Sie hätten darauf gewartet, dass sich die Lage verbessere, die Hoffnung sei jedoch enttäuscht worden, indem all ihre Besitztümer zerstört worden seien. Befragt, ob die Aussage stimme, dass er beschlossen habe, Afghanistan zu verlassen, da die Grenzen offen gewesen seien, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er nur in Sicherheit habe leben wollen und der Iran aufgrund der drohenden Rekrutierung für den Syrienkrieg ebenfalls volatil gewesen sei.

Für die Bezahlung des Schleppers habe er insgesamt 2500 Euro aufgewendet und für den Verkauf der Grundstücke habe er insgesamt 5000 oder 6000 Euro erhalten, obwohl er bei günstigerer Lage den doppelten Preis bekommen hätte können. Befragt, wieso er die Geldmittel, die ihm durch den Verkauf der Grundstücke zur Verfügung gestanden seien, nicht aufgewendet habe, um sich in einer anderen Stadt Afghanistans eine Existenz aufzubauen, erklärte der Beschwerdeführer, dass er in Afghanistan keinen sicheren Ort gefunden habe und ihm auch viel Geld bei unsicherer Lage nicht weiterhelfe. Zur Frage, ob er auch in Kabul konkret bedroht worden sei, erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Unsicherheit auch in dieser Stadt vorherrschend sei und er deshalb auch ausgereist sei. Der Beschwerdeführer habe darauf verzichtet, ein Visum für den Iran zu beantragen, weil er für die Ausstellung länger als für eine Beauftragung eines Schleppers hätte warten müssen und ihm seine Mutter die Hälfte der Ausgaben bezahlt habe. Aufgrund der prekären Lage sei seine Familie gezwungen worden, in den Iran zu gehen, wo sie nunmehr auch nach wie vor aufhältig seien. Der Beschwerdeführer habe sich nicht in den Nachbarstaaten Afghanistans niedergelassen, da diese Länder einerseits Probleme mit Schiiten hätten und andererseits, da diese Asylwerber zurück nach Afghanistan schicken würden. In Griechenland habe niemand um Asyl angesucht und in Mazedonien und der Slowakei seien allen Asylwerbern von den örtlichen Behörden lediglich der Weg in die Nachbarstaaten gezeigt worden. Der Beschwerdeführer sei nicht mit seiner Familie gereist, da ihm seine Mutter empfohlen habe, zuerst nach Europa zu gelangen, um in weiterer Folge seine Familie nachzuholen.

Zur Frage, wovon er in Österreich seinen Lebensunterhalt bestreite, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er bereits zwei Jahre bei der Volkshilfe in einem Camp gewesen sei und nunmehr eine dreijährige Ausbildung zum Friseur absolviere. Er bereite sich auch die Deutschprüfung auf dem Niveau B1 vor und habe in Österreich viele Freunde. Eine Freundin helfe ihm bei Alltagsdingen, er führe jedoch keine Beziehung mit dieser Frau.

Im Rahmen der Verhandlung wurden vom Beschwerdeführer drei Empfehlungsschreiben sowie eine Lohn-bzw. Gehaltsabrechnung vom November 2017 bis Jänner 2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist Muslim schiitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Maidan Wardak, wo er zuletzt als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft arbeitete. Der Beschwerdeführer reiste im November 2015 illegal ins Bundesgebiet ein, wo er am 11.11.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die gesamte Familie des Beschwerdeführers lebt im Iran, beabsichtigt jedoch ebenfalls, nach Europa zu gelangen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit oder seiner Minderjährigkeit konkret bedroht worden ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell bzw. dass jedem Angehörigen der Volksgruppe der Hazara physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aufgrund einer glaubwürdigen ihn unmittelbar konkret betreffenden Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Kabul oder Mazar-e-Sharif, besteht für den Beschwerdeführer keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation. Es besteht kein maßgebliches Risiko, dass der Beschwerdeführer in Kabul oder Mazar-e-Sharif einer asylrelevanten Verfolgung durch eine Gruppierung der Kuchi mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgesetzt ist.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in der Stadt Kabul, besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehender, gesunder und leistungsfähiger Mann im berufsfähigen im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im November 2015 durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer ist selbsterhaltungsfähig und bestreitet seinen Lebensunterhalt als Friseurlehrling. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse (A1, A2) besucht, einen Lehrgang der Tourismusschule Bad Ischl, sowie eine Basisausbildung im Salzkammergut besucht, sowie weitere Bestätigungen über abgelegte Kurse vorgelegt. Er hat in Österreich keine Verwandten und keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen. Das Bestehen einer insgesamt besonderen Integration, bzw. von besonderen Gründen die für ein Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.9.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)

Zivilist/innen

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

(UNAMA 7.2017)

High-profile Angriffe:

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:

Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

"Green Zone" in Kabul

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).

Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).

Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

Quellen:

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BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-us-canada-41314428, Zugriff 20.9.2017

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BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack, http://www.bbc.com/news/world-asia-40802572, Zugriff 21.9.2017

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INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017

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INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):

Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 19.9.2017

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NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade, https://www.nytimes.com/2017/09/16/world/asia/kabul-green-zone-afghanistan.html?mcubz=3, Zugriff 20.9.2017

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NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan,

https://www.nytimes.com/2017/08/25/world/asia/mosque-kabul-attack.html?mcubz=3, Zugriff 21.9.2017

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Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike: U.S. military, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-airstrike/senior-islamic-state-commanders-killed-in-afghanistan-air-strike-u-s-military-idUSKCN1AT06J, Zugriff 19.9.2017

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Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightened-after-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7, Zugriff 20.9.2017

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SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES

CONGRESS,

https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-07-30qr.pdf, Zugriff 19.9.2017

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SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment, https://www.sigar.mil/pdf/special%20projects/SIGAR-17-48-SP.pdf, Zugriff 20.9.2017

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The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan, https://www.theguardian.com/world/2017/aug/03/afghanistan-war-helmand-taliban-us-womens-rights-peace, Zugriff 19.9.2017

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Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed In Nangarhar Air Strike,

http://www.tolonews.com/afghanistan/daesh-media-leader-killed-nangarhar-air-strike, Zugriff 19.9.2017

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UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf, Zugriff 20.9.2017

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UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situation-afghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7, Zugriff 21.9.2017

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WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces,

http://www.washingtontimes.com/news/2017/may/8/abdul-hasib-head-isis-afghanistan-killed-us-afghan/, Zugriff 19.9.2017

KI vom 27.6.2017: Afghanische Flüchtlinge im Iran (betrifft: Abschnitt 23 Rückkehrer)

Aus gegebenem Anlass darf auf folgendes hingewiesen werden:

Informationen zur Situationen afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem Länderinformationsblatt Iran entnommen werden (LIB Iran - Abschnitt 21/Flüchtlinge).

Länderkundliche Informationen, die Afghanistan als Herkunftsstaat betreffen, sind auch weiterhin dem Länderinformationsblatt Afghanistan zu entnehmen.

KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:

BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und p

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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