TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/4 I413 2114679-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §194
GSVG §86

Spruch

I413 2114679-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch seinen Rechtsnachfolger XXXX, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Landesstelle Tirol vom 22.07.2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der durch seinen Sachwalter vertretene Beschwerdeführer stellte am 30.12.2014 einen Antrag auf Befreiung von der Kostenbeteiligung und reichte am 17.03.2015 einen Behindertenpass nach, der einen Grad der Behinderung des Beschwerdeführers von 50 v.H. auswies.

2. Mit Schreiben vom 19.03.2015 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer, dass der Antrag auf Befreiung vom Kostenanteil (ausgenommen Heilbehelfe und Hilfsmittel) ab dem 30.12.2014 positiv bearbeitet werden konnte und darüber, dass die Befreiung ab 30.12.2014 gültig sei und mit dem Wegfall der Voraussetzungen ende.

3. Mit Schreiben vom 29.06.2015 begehrte der durch seinen Sachwalter vertretene Beschwerdeführer eine Befreiung von der Kostenbeteiligung ab 01.01.2008 und Retournierung der zuviel bezahlten Selbstbehalte. Beim Beschwerdeführer sei das Pflegegeld per 01.01.2008 neu bemessen worden und er erhalte seitdem die Pflegestufe 5. Spätestens seit diesem Zeitpunkt sei der belangten Behörde durch Vorlage diverser Befunde bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer eine Behinderung von mindestens 50 % habe.

4. Mit Schreiben vom 06.07.2015 teilte die belangte Behörde mit dass eine rückwirkende Befreiung nicht möglich sei. Es gelte das Antragsprinzip, sodass erst ab Antragstellung Ansprüche ausgelöst werden könnten. Außerdem wäre bis 31.12.2012 als Voraussetzung einer Befreiung vom Kostenanteil ein Grad der Behinderung von zumindest 70 % erforderlich gewesen. Erst durch Satzungsänderung sei die Möglichkeit einer Befreiung ab einem Behinderungsgrad von 50 % geschaffen worden.

5. Mit E-Mail vom 06.07.2015 ersuchte der Sachwalter des Beschwerdeführers um bescheidmäßige Absprache über seinen Antrag.

6. Mit bekämpftem Bescheid vom 22.07.2015 wies die belangte Behörde dein Antrag auf Befreiung von der Kostenbeteiligung für den Zeitraum 01.01.2008 bis 29.12.2014 ab. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Antrag auf Befreiung vom Kostenanteil erst am 30.12.2014 bei der belangten Behörde eingelangt sei und daher die Befreiung vom Kostenanteil erst ab dem 30.12.2014 festgestellt werden könne. Der Antrag auf Befreiung vom Kostenanteil vor dem 30.12.2014 sei daher abzuweisen. Überdies hätte vor dem 01.01.2013 ein Grad der Behinderung bzw eine Minderung der Erwerbsfähigkeit laut Behindertenpass von 70 % vorliegen musste, um vom Kostenanteil befreit zu werden.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der durch seinen Sachwalter vertretene Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03.08.2015 "Einspruch" und teilte mit, mit dem Ergebnis des Bescheides nicht einverstanden zu sein. Da er urlaubsbedingt erst am 20. August einen Termin bei seinem Anwalt habe, ersuche er, sich bis dahin zu gedulden, damit die weitere Vorgehensweise abklären könne.

8. Am 21.09.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

9. Am 21.03.2018 beauftragte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer die Mängel der Beschwerde zu verbessern und die Gründe aufzuzeigen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze und welches Begehren konkret gestellt werde.

10. Mit Schreiben vom 11.04.2018 kam der Sachwalter des Beschwerdeführers dem Mängelbehebungsauftrag nach und teilte zusammengefasst mit, dass der Beschwerdeführer (der Vater des Sachwalters) bei der belangten Behörde sozialversichert sei und einen Kostenanteil von 20 % der Arztkosten sowie die Kosten der Rezeptgebühren tragen müsse. Es gäbe für Personen mit einer Behinderung von 70 %, seit 31.12.2012 mit 50 % Ausnahmen. Dem Beschwerdeführer sei im Jänner 2008 der linke Fuß amputiert worden. In weiterer Folge sei eine Erhöhung des Pflegegeldes beantragt worden. Am 17.06.2008 sei der Beschwerdeführer eingehend untersucht worden und anschließend rückwirkend zum 01.01.2008 die Pflegestufe 5 zuerkannt worden. Die belangte Behörde habe genau gewusst, dass eine 70 % Behinderung vorliege. Die belangte Behörde hätte von sich aus tätig werden und die Kostenbefreiung veranlassen müssen. Die belangte Behörde lasse einen mit Absicht im Regen stehen. Dass die belangte Behörde den alten Behindertenausweis des Beschwerdeführers mit einem Behinderungsgrad von 50 % heranziehe, sei angesichts der aktuellen Untersuchung vom Juni 2008 unverständlich. Auch der Einwand, der Beschwerdeführer sei im Altersheim XXXX untergebracht und verfüge nur mehr über eine Restpension von EUR 144,53 im Monat, sei nicht berücksichtigt worden. Erst im März 2015 sei er zufällig auf die Möglichkeit der Kostenbefreiung aufmerksam geworden und habe nach entsprechendem Anschreiben den bekämpften Bescheid erhalten. Da der Beschwerdeführer zu dieser Zeit sehr hohe Ausgaben für Medikamente und Rezeptgebühren hatte, habe sie der Sachwalter von seinem Privatkonto abgedeckt. Er beantrage die Rückerstattung dieser Ausgaben. Er könne die Aufstellung der Rezeptgebühren vorlegen, nicht aber eine solche über Selbstbehalte für Arztbesuche, hier könne die belangte Behörde aushelfen. Der Bescheid sei am 22.07.2015 zugestellt worden. Den "Einspruch" habe er am 20.08.2015 eingebracht. Hierzu legte der Sachwalter des Beschwerdeführers sein Vorbringen belegende Unterlagen vor.

11. Mit Schreiben vom 03.05.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Sachwalter des Beschwerdeführers um Mitteilung, ob die im Akt einliegende Kopie des Behindertenausweises vom 09.04.2003 den aktuellen Grad der Behinderung ausweise oder ob und wann der Grad der Behinderung nach 2003 neu festgesetzt worden ist. Ferner ersuchte es um Mitteilung, ob es im Hinblick auf den behaupteten Grad der Behinderung von 70 % einen Beleg durch Gutachten oder einen Bescheid des Sozialministeriumservices Landesstelle Tirol gebe, wobei es darauf verwies, dass sich die Befreiung vom Kostenanteil an den Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Behindertenpass richte. Zudem fragte es an, zu welchem Zeitpunkt erstmals der Antrag auf Befreiung vom Kostenanteil samt Nachweis des Grades der Behinderung gestellt wurde.

12. Fristgerecht erstattete der Sachwalter des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 09.05.2018 eine Stellungnahme, in der er zusammengefasst ausführte, dass sein Vater 2002 oder 2003 einen Oberschenkelhalsbruch erlitten habe und ihm ein Behindertenpass mit einer Behinderung von 50% im Jahr 2003 ausgestellt worden sei. 2008 sei ihm der linke Fuß abgenommen worden. Durch einen Sturz habe sich sein Vater so schwer verletzt, dass er innerhalb von kurzer Zeit (5 Monate) ins Altersheim gebracht werden musste. Es habe keine Veranlassung bestanden, den Grad der Behinderung neu festsetzen zu lassen, es sei denn man hätte gewusst, dass ab einer Behinderung von 70 % eine Befreiung der Selbstbehalte gebe. Sein Vater sei am 17.06.2008 von Dr. XXXX auf Anordnung der belangten Behörde untersucht worden. Er habe die gesamten Krankenakten erhalten. Ein Auszug hiervon werde beigelegt. Bei dieser Untersuchung sei es um die Erhöhung des Pflegegeldes gegangen, welches von Stufe 1 auf 5 erhöht worden sei. Die belangte Behörde hätte hier von sich aus tätig werden und die gewünschte Befreiung veranlassen müssen. Er werfe der belangten Behörde vor, mit Absicht unwissende Beitragszahler nicht informiert zu haben. Den Antrag auf Erhöhung habe er nicht gestellt, sondern er sei von einem Sozialberater des LKH-XXXX gemacht worden. Deshalb wisse er auch nicht, was der Umfang der Untersuchung beinhaltet. Den Antrag auf Befreiung der Kostenanteile habe er erstmals am 13.07.2015 gestellt. Er sei ihm nicht genehmigt worden.

13. Am 25.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung in Beisein der Vertreterin der belangten Behörde und des Rechtsnachfolgers des zwischenzeitig verstorbenen Beschwerdeführers statt, in der der Sachverhalt erörtert wurde. Im Hinblick auf das Ableben des Beschwerdeführers teilte sein Sohn mit, dass er eine Entscheidung wünsche, weil er die durch die Nichtzuerkennung der Befreiung von der Kostenbeteiligung entstandenen Mehrkosten für den Beschwerdeführer tragen musste.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt. Zudem werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer hatte infolge eines Oberschenkelhalsbruches im Jahr 2002 oder 2003 eine Funktionseinschränkung am Bewegungsapparat und verfügte mit einem Grad der Behinderung von 50 % über einen vom Bundessozialamt Landesstelle Tirol am 09.04.2003 ausgestellten Behindertenpass. Aufgrund eines Sturzes im Jahr 2007 verletzte sich der Beschwerdeführer derart, dass ihm in Folge dieser Verletzung im Jahr 2008 der linke Fuß amputiert wurde und er ins Altersheim übersiedeln musste. Neben dieser Funktionseinschränkung litt der Beschwerdeführer unter Demenz. Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers wurde bis zu seinem Tod nicht mehr neu festgesetzt.

Der Beschwerdeführer bezog seit 01.01.2008 bis zu seinem Tod am XXXX2016 Pflegegeld in der Pflegestufe 5.

Am 17.06.2008 untersuchte Dr. XXXX auf Anordnung der belangten Behörde den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Zuerkennung des Pflegegeldes der Pflegestufe 5.

Der Beschwerdeführer ist am XXXX2016 verstorben. An diesem Tage endete die Sachwalterschaft von XXXX.

XXXX ist als gesetzlicher Erbe Rechtnachfolger des verstorbenen Beschwerdeführers.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die Beschwerde, in den vorgelegten Verwaltungsakt, in die ergänzenden Stellungnahmen vom 11.04.2018 und vom 09.05.2018 sowie durch Erörterung der Sachlage und der Befragung der Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.05.2018. Die Feststellungen hinsichtlich der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers seines Grades der Behinderung ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Kopien des Behindertenpasses sowie den glaubwürdigen Aussagen des Sachverhaltes des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 25.06.2018. Dass der Beschwerdeführer bzw. sein Sachwalter nicht eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung vornehmen ließ bzw. beantragt hat, ergibt sich ebenfalls aus der glaubhaften Aussage des vormaligen Sachwalters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2018. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am XXXX2016 verstorben ist, beruht ebenfalls aus der glaubhaften Aussage des Sachwalters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2018. Als Sohn des verstorbenen Beschwerdeführers ist Dieter EHRENSPERGER dessen Erbe und Rechtsnachfolger.

3. Rechtliche Beurteilung:

A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG ist Partei eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht eine Person, die sich die Tätigkeit des Verwaltungsgerichts in Anspruch nimmt oder auf die sich die Tätigkeit des Verwaltungsgerichts bezieht, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist. Der Beschwerdeführer ist am XXXX2016 verstorben. Mit dem Tod des Beschwerdeführers als Pflegebefohlener des einschreitenden Sachwalters erlischt die Sachwalterschaft (§ 278 Abs. 2 ABGB). Eines gerichtlichen Aufhebungsbeschlusses bedarf es hierzu nicht. Aufgrund der Endigung der Sachwalterschaft ist es dem einschreitenden Sachwalter Dieter EHRENSPERGER daher verwehrt, die gegenständige Angelegenheit für seinen verstorbenen Vater, den als Pflegebefohlener zu vertreten hatte, weiter zu verfolgen. Dieter EHRENSPERGER ist als Sohn gesetzlicher Erbe nach dem Beschwerdeführer.

Fraglich ist, ob er in die Parteistellung seines Vaters nachgefolgt ist. Besondere Vorschriften über die rechtsnachfolgende Parteistellung enthält das AVG nicht. Auch das VwGVG schweigt in diesem Punkt. Ob im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein Wechsel in der Person in der Partei eintreten kann, ist daher nach Verwaltungsvorschriften zu beurteilen (vgl § 8 AVG). Im vorliegenden Fall ist § 35c GSVG zu berücksichtigen, wonach im Falle des Todes versicherten Person, die sich aus diesem Abschnitt (Abschnitt V-Aufteilung der Mittel) sowie aus § 86 (Kostenbeteiligung) gegebene Rechte und Pflichten der versicherten Person auf den Rechtsnachfolger oder die Rechtsnachfolgerin übergehen. Für den Umfang der in Anspruch des Rechtsnachfolgers oder der Rechtsnachfolgerin gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. Durch diese Bestimmung ist der Erbe verfahrensrechtlich wieder versichert zu behandeln. Beitragsforderungen brauchen aufgrund dieser Bestimmung nicht im Zivilrecht eingebracht werden, sondern die Zahlungspflicht des Erben kann sich mit einem ihm gegenüber zu erlassenen Bescheid bzw. gegebenenfalls in eine Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden (Aminger-Solich/Taudes in Sonntag (Hrsg), GSVG, 7. Auflage 2018, § 35c Rz 2). Im Hinblick auf diese Sonderbestimmung erweist sich das Einschreiten des Sohnes und vormaligen Sachwalters des verstorbenen Beschwerdeführers in Rechtsnachfolge des Beschwerdeführers als berechtigt. Die Parteistellung ist gegeben.

3.2. Gemäß § 86 Abs. 1 GSVG ist für die vom Versicherungsträger gewährten Sachleistungen mit Ausnahme der Anstaltspflege vom Assyrien grundsätzlich ein in der Satzung festgesetzte Anteilkosten zu entrichten. Von der Eingebung des Kostenanteiles der Versicherungsträger unter anderem absehen, wenn eine besondere Schutzbedürftigkeit des Versicherten vorliegt und nicht § 93 Abs. 2 GSVG anzuwenden ist (§ 86 Abs. 6 d GSVG). Die konkreten Rechte und Pflichten der Versicherung (Antragsberechtigten sowie der Antragsschuldner) sind insbesondere in der Satzung zu regeln (§ 225 Abs. 1 GSVG).

Die Satzung zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides sieht zum Kostenanteil die Bestimmung des § 15 vor. Danach ist der Kostenanteil mit 20 % der der belangten Behörde erwachsenen Kosten gesetzt. Nach § 15 a der Satzung wird über Antrag ein Kostenanteil nach § 86 Abs. 1 und 2 GSVG mit Ausnahme der Zuzahlungen nach § 15 Abs. 2, für Versicherte nicht festgesetzt, deren Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbstätigkeit laut Behindertenpass nach § 1 Z 3 der Verordnung BGBl. Nr. 86/1991 mindestens 50 % beträgt (§ 15 a Abs. 2 Z 5 Satzung der SVA). Diese Regelung des § 15 a Abs. 2 Z 5 Satzung der SVA gilt seit 01.01.2013. Zuvor betrug der Grad der Behinderung zur Bestimmung bzw. Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit laut Behindertenpass mindestens 70 %, damit ein Versicherter vom Kostenanteil befreit werden konnte.

Damit ergibt sich, dass der Beschwerdeführer frühestens am 01.01.2013 Anspruch auf die Befreiung vom Kostenanteil gemäß § 15 a Abs. 2 Z 5 der Satzung hatte, weil er zu keinem Zeitpunkt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 % verfügte. Der Umstand, dass er bereits zuvor mutmaßlich einen höheren als er in seinem Behindertenpass festgestellten Grad der Behinderung aufgewiesen hätte, erweist sich aufgrund des Abstellens der Bestimmung des § 15 Abs. 2 Z 5 der Satzung auf den Grad der Behinderung "laut Behindertenpass" als irrelevant.

Um vor den 01.01.2013 überhaupt in den Genuss einer Befreiung vom Kostenanteil zu kommen, hätte der Grad der Behinderung im Behindertenpass des Beschwerdeführers neu festgesetzt werden müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Auch der Umstand, dass die belangte Behörde über einen Vertrauensarzt den Beschwerdeführer untersuchen wies, ergibt noch nicht zwingend eine Erhöhung des Grades der Behinderung. Für die Festsetzung des Grades der Behinderung bzw. des Grades der Erwerbsunfähigkeit ist das Sozialministeriumservice (vormals Sozialamt) zuständig.

Dem Sachwalter des Beschwerdeführers ist freilich Recht zu geben, dass die Passivität der belangten Behörde im Hinblick der festgestellten schweren Funktionseinschränkungen vor dem Hintergrund der hohen Pflegestufe 5 nicht begreiflich ist und nicht von Servicefreundlichkeit gegenüber dem Beschwerdeführer zeugt. Rechtlich ist aber der belangten Behörde Recht zu geben, dass zum Zeitpunkt bis zum 01.01.2013 eine Befreiung vom Kostenanteil mangels Vorliegen eines Grades der Behinderung oder die Minderung der Erwerbstätigkeit gemäß Behindertenpass von 70 % tatsächlich nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich der Zeit vom 01.01.2013 bis 30.12.2014 ist darauf zu verweisen, dass die Befreiung vom Kostenanteil gemäß § 15a der Satzung eines Antrages bedarf. Ein amtswegiges Vorgehen der belangten Behörde, etwa dahingehend, dass in Kenntnis der hohen Pflegestufe von Amtswegen eine Befreiung vom Kostenanteil verfügt wird, ist in der Satzung § 15a nicht vorgesehen.

Daher war es der belangten Behörde nicht möglich, von Amts wegen den Beschwerdeführer ohne Vorliegens eines entsprechenden Antrages vom Kostenanteil zu befreien. Würde dies die belangte Behörde verfügen, wäre ein solches nicht auf dem von der Satzung geforderten Antrag basierendes amtwegiges Vorgehen rechtswidrig und könnte in extremis zu strafrechtlichen Konsequenzen für das eine solche Befreiung vom Kostenanteil ohne Antrag verfügenden Organ führen. Im Übrigen läge auch Ungleichbehandlung zwischen einem durch ein solches Vorgehen Begünstigten und den übrigen Versicherungsnehmern, die weiterhin den Kostenanteil zu bezahlen hätten, vor. Daher ist das Vorgehen der belangten Behörde rechtlich nicht zu beanstanden. Mangels Antrages konnte die belangte Behörde nicht vor Einlangen des Antrages gestützt auf § 15 a Abs. 2 Z 5 der Satzung den Beschwerdeführer vom Kostenanteil befreien. Der Antrag auf Befreiung vom Kostenanteil langte am 30.12.2014 ein. Zutreffend hat die belangte Behörde im Hinblick auf den Grad der Behinderung des Beschwerdeführers im Behindertenpass von 50 % diesen Antrag ab 30.12.2014 stattgegeben.

Der belangten Behörde ist auch Recht zu geben, dass vor dem 30.12.2014 kein Antrag auf Befreiung vom Kostenbeteiligung übermittelt worden ist. Ein Antrag auf Pflegegeld bzw. Neubemessung des Pflegegeldes ist nicht als Antrag von der Befreiung vom Kostenanteil zu werten, da es sich hierbei um vollkommen unterschiedliche Angelegenheiten handelt. Aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragsprinzip, Grad der Behinderung, Kostenanteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2114679.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten