TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 G313 2199474-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

G313 2199474-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag Birgit WALDNER-BEDITS über die Beschwerde der mj. XXXX, geboren am XXXX gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX, serbische Staatsangehörige, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2018 Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführin (BF) ist in Österreich nachgeborene Tochter der Mutter XXXX, geb.am XXXX und des Vaters XXXX, geb.XXXX. Die Familie gelangte im Oktober 2017 nach Österreich und beantragte hier am 06.10.2017 internationalen Schutz. Nach der Erstbefragung und der Zulassung des Verfahrens wurden der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) am 24.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vernommen.

Mit den oben angeführten Bescheiden wurden die Anträge der BF sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen (Spruchpunkt II.), ihnen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilt, gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 1, 2 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der BF. Gleichzeitig beantragten sie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG, ohne dies näher zu begründen

Mit Erkenntnissen des BVwG vom 26.6.2018 wurden die Beschwerden der gesamten Familie abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung bereits in Rechtskraft.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde zur mj Beschwerdeführerin langte am 26.7.2018 beim BVwG ein.

Feststellungen:

Die Eltern und weiteren Geschwister der mj. BF besitzen neben der serbischen auch die kosovarische Staatsangehörigkeit. Sie bekennen sich zum Islam.

Der Vater der BF gehört der Volksgruppe der Roma an. Seine Muttersprache ist Serbisch, er spricht aber auch Albanisch und ein wenig Deutsch. In Serbien besuchte er die achtjährige Grundschule und war danach als Reinigungskraft erwerbstätig.

Die Mutter gehört der albanischen Volksgruppe an. Ihre Muttersprache ist Albanisch. Sie ist Analphabetin und verfügt weder über eine Schul- noch über eine Berufsausbildung.

Die BF verließen ihre Heimat, weil sie seit ungefähr zehn Jahren Probleme mit Angehörigen der Mutter hätten, die gegen ihre Beziehung mit dem Vater der BF seien, weil sie ihn wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit ablehnen. Bei einer Rückkehr nach Serbien oder in den Kosovo befürchten die BF, dass ein Verwandter den Eltern etwas antun oder den Vater gar töten könnte. Die Eltern der BF wandten sich wegen dieser Übergriffe nie an die serbischen oder an die kosovarischen Sicherheitsbehörden.

Derzeit wohnen die BF in einer Unterkunft der ORS Service GmbH in XXXX. Ihre Lebenserhaltungskosten werden durch staatliche Leistungen im Rahmen der Grundversorgung gedeckt. Sie haben im Bundesgebiet (abgesehen vom Halbbruder des Vaters) keine familiären Anknüpfungspunkte. Auch sonst können - abgesehen von geringen Deutschkenntnissen des BF1 - keine Anhaltspunkte für eine Integration der BF in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht, festgestellt werden.

Die BF sind gesund und strafgerichtlich unbescholten. Die Eltern der BF sind arbeitsfähig. Die Familie der BF hat im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat keine Sanktionen zu befürchten. Sie werden dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Die Eltern hatten mit den serbischen oder kosovarischen Behörden keine Probleme. Solche sind auch bei ihrer Rückkehr nicht zu befürchten. Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Serbien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten werden.

Zur allgemeinen Lage in Serbien:

Seit 19.12.2009 können serbische Staatsangehörige für Kurzzeitaufenthalte visumfrei in den Schengen-Raum einreisen. Im März 2012 wurde Serbien offiziell der Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen; am 21.01.2014 wurden Beitrittsverhandlungen aufgenommen. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Serbien wird in mehreren EU-Staaten als "sicherer Herkunftsstaat" geführt.

Serbien verfügt gemäß der serbischen Verfassung von 2006 über die beiden autonomen Provinzen Wojwodina sowie Kosovo und Metochien. Kosovo erklärte am 17.02.2008 die Unabhängigkeit. Serbien protestierte dagegen scharf und betrachtet den Kosovo weiterhin als Teil des eigenen Staatsgebiets. Unter Vermittlung der Europäischen Union konnte am 19.04.2013 mit einer ersten Vereinbarung zwischen Serbien und Kosovo eine wichtige Etappe zur Normalisierung der Beziehungen genommen werden. Serbien erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo jedoch unverändert nicht an.

Die serbische Verfassung postuliert das Prinzip der Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz. Dennoch bleiben Gerichte für Korruption und politischen Einfluss anfällig.

Der Ombudsmann der Republik Serbien ist eine unabhängige und autonome Behörde, die damit beauftragt ist, die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Vorgänge der Behörden in Bezug auf die Ausübung der individuellen und kollektiven Rechte der Bürger zu kontrollieren und die Menschen- und Minderheitenrechte und Freiheiten zu schützen und zu fördern.

Die Behörden üben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Die Effektivität der Polizei variiert. Die Regierung hat wirksame Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption. Korruption und Straflosigkeit sind ein Problem innerhalb der Polizei, dennoch stellten Vertreter der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der internen Untersuchungen weiter verbesserte. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden. Es liegen keine Anzeichen für staatliche Repressionen vor.

Über Verschleppungen oder Folter von Gefangenen durch den Staatssicherheitsdienst wurde seit 2000 nicht mehr berichtet.

Die Szene der Nichtregierungsorganisationen in Serbien ist sehr dynamisch und Zeichen einer lebendigen, vom Staat unbeeinflussten Bürgergesellschaft. Während Regierungsstellen im Allgemeinen mit diesen Organisationen kooperieren, sind sie Kritik, Belästigungen und Drohungen durch Private ausgesetzt, insbesondere in Bezug auf nationalistische Anschauungen zum Kosovo, den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und die Kriege der 1990er Jahre.

Die serbische Verfassung enthält umfangreiche Bestimmungen zu Grundfreiheiten und Menschenrechten. Die Menschenrechtslage in Serbien entspricht internationalen Standards und ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz der zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem bestehen verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme bei der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit. Allgemein ist zu beobachten, dass sich die Menschenlage in den vergangenen zehn Jahren verbessert hat. Sowohl die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz grundlegender Rechte als auch demokratischer Normen im Zuge der politischen Transformation, die Menschenrechten einen wichtigen Platz innerhalb der Gesellschaft und der Politik einräumen, haben sich positiv entwickelt. Dennoch bestehen weiterhin Defizite. Probleme existieren etwa in Bezug auf Minderheitenschutz, den Kampf gegen Diskriminierung, die Missachtung von Rechten durch die Polizei und in den staatlichen Gefängnissen. Hinzu kommt der unzureichende Schutz von Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.

Die politische Opposition kann sich frei betätigen.

Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalen Standards. Ein 2009 verabschiedetes Antidiskriminierungsgesetz stärkt ua auch die Rechte nationaler Minderheiten. Probleme ergeben sich immer wieder bei der Implementierung. In der serbischen Öffentlichkeit sind Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (ua Roma, Albaner) unverändert weit verbreitet. Allerdings sind in einzelnen Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen. Laut OSZE bezeichnen die meisten Minderheitenvertreter ihre eigene Situation als grundsätzlich zufriedenstellend. Zu den Aufgaben des Ombudsmanns gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Seit 2003 bestehen nationale Minderheitenräte, die die Interessen ihrer Volksgruppe vertreten. Die Polizei geht nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vor. Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften (ua Muslime und Juden, Mitglieder evangelischer Freikirchen, manchmal auch Katholiken) sind mitunter Opfer gesellschaftlicher Vorurteile oder gewalttätiger Angriffe nationalistischer Organisationen (Skinheads).

Es gibt keinerlei Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma. In den meisten Roma-Siedlungen sind die Lebensbedingungen sehr schwierig. Die Roma leben meist in absoluter Armut und sind gesellschaftlich ausgegrenzt. Die häufigsten Probleme dieser Siedlungen sind fehlender Anschluss an Wasser, Abwassersysteme und Elektrizität, wodurch oft die Gesundheit beeinträchtigende hygienische Bedingungen herrschen. Roma erleben laut verschiedenen Umfragen weiterhin Diskriminierungen durch das Personal von Gesundheitseinrichtungen. Sie sind von einer Reihe sozialer Dienste ausgeschlossen; ihre Teilnahme am formellen Arbeitsmarkt ist sehr gering. Es gibt zahlreiche Initiativen zur Verbesserung der Lage der Roma in Serbien.

Es kommt immer wieder vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner Serbiens. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und Disziplinarverfahren. Es gibt keine besonderen Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma. Diese sind - wie alle Einwohner Serbiens - vor dem Gesetz gleich. In Serbien gibt es Stellen auf Republikebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungsabteilung für Menschen- und Minderheitenrechte) und auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Roma im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Es bestehen auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, und zahlreiche Roma-Organisationen in ganz Serbien.

Trotz Bemühungen sind ethnische Albaner im Justizwesen, Polizei und öffentlichen Sektor in der mehrheitlich von Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zum Kosovo weiterhin unterrepräsentiert. Die albanische Minderheit kritisiert, die mehrheitlich albanisch besiedelten südserbischen Gemeinden würden durch die im November 2013 verabschiedete Neuregelung der Sitze und örtlichen Zuständigkeiten von Gerichten und Staatsanwaltschaften schlechter gestellt. Die albanische Minderheit ist seit den Parlamentswahlen im Jänner 2007 im serbischen Parlament vertreten. In den albanischen Siedlungsgebieten ist eine multiethnische Polizeitruppe im Aufbau. Dank dieser Entwicklung konnten die vom UNHCR durchgeführten Rückkehrprogramme für Albaner, die aus Südserbien in den Kosovo geflohen waren, erfolgreich abgeschlossen werden.

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit, Freizügigkeit, Emigration und Wiedereinbürgerung, wobei dies auch in der Praxis seitens der Regierung eingehalten wurde.

Serbiens Wirtschaft befindet sich auf dem Weg der Transformation und Modernisierung. Serbien ist heute eine liberale Marktwirtschaft, die damit kämpft, sich historischer Altlasten (politische Einflussnahme auf die Wirtschaft, wirtschaftliche Regression und Modernisierungsblockade) zu entledigen. In den zurückliegenden Jahren wurde eine Vielzahl von Gesetzen an EU-Standards angepasst. Ein weiterhin ungelöstes Strukturproblem liegt in der hohen Arbeitslosigkeit und der ungünstigen Beschäftigungsstruktur. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Vielen Bürgern Serbien gelingt es nur durch Schwarzarbeit, ihre Existenz zu sichern. Ungefähr 10 % der Bevölkerung leben in Armut. Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung.

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausgezahlt. Seit Oktober 2000 kann der Staat Ansprüche auf Sozialbeihilfe wieder erfüllen; das System stabilisierte sich nachhaltig.

Die Gesundheitssituation in Serbien ist stabil; es bestehen keine größeren epidemiologischen Besorgnisse. Das Gesundheitssystem des Landes leidet unter einem Mangel an finanziellen Mitteln und Investitionen, bietet den Bürgern jedoch die Möglichkeit einer medizinischen Basisversorgung. Es gibt eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung, für deren Inanspruchnahme eine Registrierung notwendig ist. Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Die Behandlung bestimmter Krankheitsbilder (z.B. Psychosen und Epilepsie), Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz, lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen, bestimmte Impfungen und gezielte präventive Untersuchungen sind kostenlos. Außerhalb der größeren Städte ist die medizinische Versorgung nicht überall gewährleistet. Der Standard der Krankenhäuser ist oft sehr bescheiden.

Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. In der Regel kehren Rückkehrer an den Ort zurück, der ihr letzter Wohnsitz war, weil Kranken- und Sozialversicherungsschutz nur gewährleistet werden kann, wenn man über einen melderechtlich erfassten Wohnsitz verfügt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Aufgrund der Minderjährigkeit der BF ist eine Entscheidung im Rahmen eines Familienverfahrens gem.§ 34 Asyl G zu treffen und hat daher eine gleichlautende Entscheidung wie zu den Eltern bzw den Geschwistern der BF zu ergehen.Eigene Beschwerdegründe für die BF wurden nicht vorgebracht.

Zu Spruchpunkt A. des angefochtenenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention, kurz GFK) droht.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017,

Ra 2016/19/0350). Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl ua VwGH 30.8.2007, 2006/19/0400 und 19.10.2000, 98/20/0430).

Einer von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Zwar sind in der serbischen Öffentlichkeit gesellschaftliche Vorurteile gegen Roma wie den BF1 weit verbreitet; diese leben häufig in schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen und werden mitunter sogar Opfer gewalttätiger Angriffe. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 28.06.2011, 2011/01/0102).

Gemäß Art 7 Abs 2 der Statusrichtlinie (vgl § 2 Abs 1 Z 9 AsylG), die im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zu berücksichtigen ist, muss der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden wirksam sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn etwa der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat. Die Statusrichtlinie sieht daher einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber andererseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat, bei seinem Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141), außer wenn von vornherein klar ist, dass die staatlichen Stellen vor der Verfolgung nicht schützen können oder wollen (VwGH 11.06.2002, 98/01/0394).

Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der serbischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt sich, dass dort grundsätzlich ein staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die serbischen Behörden entgegen den Länderfeststellungen Übergriffe wie die von den BF geschildeten systematisch tolerierten oder nicht ernsthaft behandelten und verfolgten. Zwar geht die Polizei nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Roma vor. Die BF haben aber nicht dargelegt, dass sie speziell keinen Zugang zu dem in Serbien grundsätzlich eingerichteten wirksamen System der polizeilichen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung hätten, zumal alle Einwohner Serbiens den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden haben, Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe vorgesehen sind und es verschiedene Stellen in Serbien gibt, an die sich Roma im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Die BF haben nicht einmal behauptet, dass sie sich wegen der Übergriffe und Bedrohungen durch die Angehörigen der BF2 überhaupt an die Behörden gewandt hätten, obwohl sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergibt, dass der Versuch, dort Schutz zu suchen, nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre, zumal es keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma gibt. Es kann vielmehr davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Institutionen in Serbien im Zusammenhang mit den von den BF geschilderten Übergriffen rechtsstaatskonform agieren und im Hinblick auf eine mögliche Bedrohung des BF1 durch Angehörige der BF2, die ihre Beziehung zum BF1 ablehnen, schutzfähig und schutzwillig sind.

Auch in Bezug auf die erstmals in der Beschwerde behauptete Entführung der 2007 geborenen Schwester der BF durch Angehörige der Mutter gibt es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Schutzfähigkeit oder -willigkeit serbischer Behörden. Auch in diesem Zusammenhang behaupten die Eltern der BF 1 nicht einmal, dass sie sich an die serbischen oder kosovarischen Behörden gewandt hätten, sodass dazu mangels Entscheidungswesentlichkeit keine Feststellungen getroffen werden.

Dem Fluchtvorbringen der BF bzw der gesamten Familie kommt daher keine Asylrelevanz zu, zumal aufgrund der Behauptung der Eltern, die geschilderten Probleme bestünden schon seit zehn Jahren, auch kein zeitlicher Zusammenhang zwischen den als Fluchtgrund angegebenen Übergriffen und dem Verlassen des Landes erkennbar ist. Da auch sonst keine aktuelle oder zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Heimat verließen, bestehende asylrelevante Verfolgung der Familie der BF hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist auch bei Zugrundelegung der von ihnen dargelegten Fluchtgründe davon auszugehen, dass keine solche besteht. Die Abweisung des Antrags der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit nicht zu beanstanden.

Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.

Subsidiären Schutz würde der BF demnach dann erhalten, wenn bei der Rückführung nach Serbien Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung) oder die Protokolle Nr 6 und Nr 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) verletzt würde. Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Prognose anzustellen, die eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob exzeptionelle Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0133). Es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die BF in ihrem Herkunftsstaat solchen Gefahren ausgesetzt wären; die bloße Möglichkeit genügt nicht. Außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Umstände im Herkunftsstaat führen nur bei außergewöhnlichen Umständen dazu, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden Art 3 EMRK verletzt (EGMR 02.05.1997, D. gg Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid gg Vereinigtes Königreich, Zl. 44599/98).

Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Hier ist aufgrund der allgemeinen Lage in Serbien von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des Staats sowohl in Bezug auf die Volksgruppe des BF1 (Roma) als auch auf die der BF2 (Albaner) auszugehen. Die BF haben keine konkreten Gründe vorgebracht, die für eine ihnen aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechen. Es besteht somit keine reale Gefahr, dass sie bei der Rückkehr nach Serbien in eine Art 3 EMRK widersprechende Lage geraten würden. Der BF1 und die BF2 sind gesund und in einem erwerbsfähigen Alter; der BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und war zuletzt als Reinigungskraft in Belgrad erwerbstätig. Er wird auch nach seiner Rückkehr nach Serbien in der Lage sein, mit Tätigkeiten wie den bislang ausgeübten oder ähnlichen ein ausreichendes Einkommen für sich und seine Familie zu erwirtschaften. Daneben besteht die Möglichkeit, Unterstützung im Familienkreis (insbesondere von den in Serbien lebenden Angehörigen des BF1), Sozialhilfe oder karitative Hilfsleistungen zu erhalten.

Von den schwierigen Lebensbedingungen serbischer Roma, die sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien ergeben, ist die Familie der BF nicht in einem existenzbedrohlichen Ausmaß betroffen, zumal der Vater wirtschaftliche Fluchtgründe ausdrücklich verneinte und vor der Einreise in Belgrad wohnte und ein regelmäßiges Einkommen bezog. Außergewöhnliche Umstände, die dazu führen würden, dass die Familie in Serbien keine Lebensgrundlage vorfinden und existentielle Grundbedürfnisse nicht decken können, wurden demnach nicht vorgebracht. Es ist nicht anzunehmen, dass ihnen im Fall der Rückkehr nach Serbien dort die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass in Serbien ein so hohes Maß an willkürlicher Gewalt herrscht, dass für die BF alleine durch ihre Anwesenheit dort ein reales Risiko für die körperliche Unversehrtheit oder das Leben besteht.

Der Familie der BF droht in Serbien somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Es bestehen angesichts der stabilen Sicherheitslage in Serbien keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückführung dorthin für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Daher ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abgewiesen wird, der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist gemäß § 58 Abs 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der Familie der BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet. Zur ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit des serbischen Staats in diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen zu Spruchpunkt I. verwiesen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs 1 AsylG liegen daher nicht vor.

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder

9 Abs 2 AsylG vorliegt. Eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 2 AsylG ist hier ebensowenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 3a AsylG.

Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß

§ 9 Abs 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß

§ 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 58 Abs 2 AsylG setzt die amtswegige Prüfung, ob ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen ist, die Entscheidung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt wird, voraus.

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die Familie der BF reiste ohne Reisedokumente, also nicht rechtmäßig, in das Bundesgebiet ein. Sie halten sich erst seit Oktober 2017 als Asylwerber in Österreich auf, wobei ihr Aufenthalt aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Die Rückkehrentscheidung greift nicht unverhältnismäßig in ihr Familienleben ein, weil die bestehende Kernfamilie nicht getrennt werden soll, sondern Eltern und Kindern das Aufenthaltsrecht verweigert wird und sie gemeinsam in ihr Heimatland zurückkehren sollen. Andere Personen, zu denen eine so hohe Beziehungsintensität oder Abhängigkeit besteht, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet würde, sind nicht vorhanden.

Unter Privatleben iSd Art 8 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR das Netzwerk persönlicher, sozialer und ökonomischer Beziehungen zu verstehen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen.

Aufgrund des relativ kurzen inländischen Aufenthalts der Familie ist trotz der beginnenden sprachlichen Integration des Vaters der BF keine intensive soziale Anbindung hier anzunehmen, Es liegen keine Nachweise für Integrationsbemühungen oder in Österreich geknüpfte soziale Kontakte vor. Zudem besteht eine enge Bindung der Familie zu Serbien, wo sich nach wie vor zahlreiche Familienmitglieder aufhalten. Es ist den BF unbenommen, sich statt in Serbien im Kosovo niederzulassen, wohin insbesondere die Mutter der BF eine starke Bindung hat.

Der Behörde anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.

Der vergleichsweise geringen Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens der Familie der BF in Österreich steht das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, dem als Teil des Interesses am Schutz der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt.

Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die hier eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen. Eine amtswegige Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG kommt daher nicht in Betracht, sodass der Spruch der angefochtenen Bescheide entsprechend zu modifizieren ist.

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Abschiebung der BF gemeinsam mit ihrer Kernfamilie nach Serbien vor. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation dort und der Lebensumstände der BF bzw ihrer Famiie keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung dorthin unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen.

Zu Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG kann das BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ua dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Z 1), wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (Z 2) oder wenn das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht (Z 5). Hier ist jedenfalls die Voraussetzung des § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG erfüllt, zumal Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus. Dabei ist das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 HStV kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen gegenüberzustellen (VwGH 28.04.2015,

Ra 2014/18/0146). Anhaltspunkte dafür, dass hier konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen, sind nicht hervorgekommen.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Hier liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG nicht vor. Es wurde bereits dargelegt, dass keine Gefährdung der Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK durch die Rückführung der BF nach Serbien anzunehmen ist. Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise unter anderem dann nicht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. In Verfahren, in denen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom BFA aberkannt wurde und in denen keine Zuerkennung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VBG erfolgt, ist daher keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ist dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018; zuletzt VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168).

Ausgehend von diesen Grundsätzen entfällt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG. Davon ist keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und das Gericht ohnedies vom Fluchtvorbringen der BF und von ihren in der Beschwerde behaupteten privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet ausgeht.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG waren nicht zu beantworten, sodass kein Anlass besteht, die Revision zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Familienverfahren,
Interessenabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement,
öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung, sicherer
Herkunftsstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2199474.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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