TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 G309 2183092-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2183092-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 28.11.2017, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide behoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 18.08.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ein. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel (Befunde udgl.) sowie die Kopie des Meldezettels der BF angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Facharzt für Orthopädie, vom 13.11.2017 wird nach persönlicher Untersuchung der BF im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Die BF leide an einem chronischen Lendenwirbelsyndrom, an einer Knietotalendoprothese beidseitig, an Diabetes mellitus Typ II sowie an Hypertonie. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage 50 v.H.

Zur Gesamtmobilität im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung wird ausgeführt:

"Die Antragstellerin ist seit der Knieprothesenimplantation rechts im Vormonat noch mit einer Gehstütze mobilisiert und das Kniegelenk weist noch ein Beuge- und Streckdefizit auf, Schmerzmedikamente werden nur noch bei Bedarf eingenommen. Es ist durch die geplante Rehab auch damit zu rechnen, dass der Antragsteller innerhalb von 6 Monaten nach Knieprothesenimplantation das Gehen ohne Hilfsmittel möglich sein wird und es ist auch davon auszugehen, dass eine kurze und ausreichende Wegstrecke von 300 bis 400 Metern wieder selbständig bewältigt werden kann. Das Ein- und Aussteigen in öffentlichen Verkehrsmitteln könnte auch bereits jetzt geleistet werden. Insgesamt liegt keine dauerhafte Mobilitätseinschränkung vor, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich machen würde."

3. Mit Bescheid vom 28.11.2017 wurde der Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten.

4. Mit der am 22.12.2017 mündlich am Amtssitz der belangten Behörde zu Protokoll gegebenen Stellungnahme erhob die BF Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde. Darin führte sie zusammengefasst im Wesentlichen aus, sie habe beidseitig Knieprothesen, welche ihr große Probleme bereiten würden und sie müsse täglich Schmerzmedikamente einnehmen. Ihre Beschwerden seien nach wie vor sehr groß, insbesondere ihr linkes Knie lasse immer wieder aus, was zu Sturzgefahr führe. Sie könne in etwa 100 Meter gehen, wobei sie danach 30 Minuten rasten müsse. Das Bewältigen von Stufen würde ihr große Probleme bereiten und habe die Kraft in ihrem Oberarm stark abgenommen, weshalb ihr in einem öffentlichen Verkehrsmittel das Anhalten schwer falle.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 16.01.2018 vorgelegt.

6. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige

XXXX Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im eingeholten Gutachten vom 05.04.2018 wird, basierend auf persönlicher Untersuchung der BF, hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass, zusammengefasst folgendes festgehalten:

"Als führende Problematik zeigt sich eine deutliche schmerzbedingte Belastungsminderung im re. Kniegelenk nach Kniegelenksersatz; beide Kniegelenke zeigen eine leichte Seitenbandinstabilität, die Beweglichkeit selbst kann als ausreichend frei bewertet werden. Zusätzlich finden sich bei genauerer Exploration auch Hinweise für Störungen der Tiefensensibilität im Sinne einer diskreten ataktischen Gangstörung nach operierter Spinalkanalstenose, welche für sich keine relevante Ausfallsproblematik darstellen würde, jedoch in Kombination mit der Kniegelenksproblematik sehr wohl von Relevanz ist.

Unter Zusammenfassung der Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten besteht daher eine erhebliche Gangstörung im Sinne einer Einschränkung der Gangsicherheit, der Anpassungsfähigkeit von Seiten der unteren Extremitäten u. der Belastungsfähigkeit.

Das Zurücklegen einer Gangstrecke von 300 bis 400 Metern ist in ausreichendem Ausmaß nicht mehr gegeben, zusätzlich bestehen Einschränkungen beim Überwinden von üblichen Niveauunterschieden und bei Ortswechsel im fahrenden öffentlichen Verkehrsmittel. In der Zusammenschau der gesamten Funktionseinschränkungen wird von meiner Seite daher eine hochgradige Mobilitätseinschränkung bewertet."

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 25.04.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses.

Die BF ist beidseitig mit Knietotalendoprothesen versorgt und leidet an einem chronischen Lendenwirbelsyndrom, an Diabetes mellitus sowie an Bluthochdruck.

Bei der BF liegt eine erhebliche Gangstörung im Sinne einer Einschränkung der Gangsicherheit und der Anpassungsfähigkeit von Seiten der unteren Extremitäten und der Belastungsfähigkeit vor. Bei der BF liegt eine hochgradige Mobilitätseinschränkung vor. Die BF kann eine relevante Wegstrecke von 300 m bis 400 m auch unter Zuhilfenahme von Gehbehelfen nicht zurücklegen und es bestehen erhebliche Einschränkungen beim Überwinden von üblichen Niveauunterschieden. Der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen ist der BF nicht möglich und zumutbar.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das vom erkennenden Gericht eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch und erfüllt die Voraussetzungen der Vollständigkeit und Schlüssigkeit. Die im Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund. Es wurde dabei auf die Art der Leiden und deren Ausmaß eingegangen und zu deren Bedeutung für die beantragte Zusatzeintragung Stellung genommen.

Im Vergleich zum durch die belangte Behörde eingeholten Vorgutachten führt XXXX nachvollziehbar aus, dass sich Hinweise für Störungen der Tiefensensibilität im Sinne einer diskreten ataktischen Gangstörung nach Spinalkanalstenose ergeben würden, welche in Kombination mit der Kniegelenksproblematik von großer Relevanz seien. Bei der BF liegt unter Zusammenfassung der Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten eine erhebliche Gangstörung vor, die eine hochgradige Mobilitätseinschränkung bewirkt.

Der Inhalt des medizinischen Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen. Das erstattete Sachverständigengutachten wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragt hat.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016), ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das

36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d leg. cit. vorliegen.

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.). Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen zufolge leidet die BF an erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten. Die BF weist eine deutlich verminderte Gangleistung und somit eine hochgradige Mobilitätseinschränkung auf. Das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport mit einem öffentlichen Verkehrsmittel sind der BF aufgrund der festgestellten Mobilitätseinschränkung nicht zumutbar.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

Es war daher spruchgemäß zu Entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2183092.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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