TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 G309 2180226-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2180226-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, OB: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 12.09.2017 (Datum: Eingangsstempel) via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), die Anträge auf Verlängerung des mit 30.09.2017 befristet ausgestellten Behindertenpasses (Ausstellungsdatum: 24.03.2014), als auch Parkausweises gemäß § 29b StVO, ein. Dem Antrag waren Kopien des Behindertenpasses, des Parkausweises und der Meldebestätigung der BF sowie eine Reihe medizinischer Beweismitteln (Befunde udgl.) angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 24.10.2017, wird nach persönlicher Untersuchung des BF im Wesentlichen zusammengefasst folgendes festgehalten:

Die BF leide an einer Sprunggelenksfraktur links, an einem chronischen Halswirbelsyndrom und an einer Hörminderung links. Es liege daher ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vor.

Im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung wurde im Wesentlichen folgendes festgehalten:

"Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Die Sprunggelenksschädigung links und das chronische Halswirbelsäulensyndrom bewirken keine maßgebliche Funktionseinschränkung der oberen oder der unteren Extremität, im Sinne einer Lähmung oder Gelenksversteifung eines großen Körpergelenkes. Die Hörschwäche ist ausreichend kompensiert mittels Hörgeräten. Daher sind der Kundin öffentliche Verkehrsmittel zumutbar.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein"

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.11.2017 wurde der BF mitgeteilt, dass laut dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial" vorliegen würden. Mit einem weiteren Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde der BF der beantragte Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v. H. übermittelt.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.11.2017 wurde der Antrag der BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf die in dem genannten ärztlichen Sachverständigengutachten getroffenen Ausführungen.

5. Mit E-Mail vom 15.12.2017 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, ihre Mobilitätseinschränkung habe sich seit der letzten Begutachtung nicht gebessert. Die Bewältigung von Niveauunterschieden falle ihr schwer und sie leide aufgrund der einseitigen Bewegung über die rechte Beinseite an erheblichen Schmerzen. Das linke Bein sei immer wieder stark entzündet. Eine Strecke von 200 m bis 300 m könne sie nur unter Zuhilfenahme von Gehhilfen gehen. Da das linke Bein immer wieder "auslasse" habe sie schon mehrere Stürze erlitten und sich dabei Brüche zugezogen, welche auch langfristig Probleme bereiten würden. Aufgrund der Beschwerden in den Halswirbeln könne sie auch das Gehen mit den Gehhilfen nicht überstrapazieren. Eine Operation sei nicht möglich, da das linke Bein immer wieder offene Entzündungen aufweise.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde, einlangend mit 19.12.2017, vorgelegt.

7. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens befasst. Im eingeholten Gutachten vom 11.04.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung zusammengefasst folgendes festgehalten:

Bei der BF würden eine Sprunggelenksfraktur links mit höhergradiger Bewegungseinschränkung, ein chronisches Halswirkbelsyndrom sowie Abnützungen im Lendenwirbelsäulenbereich und eine Hörminderung mit Tinnitus vorliegen. Stellungnehmend wurde folgendes ausgeführt:

"Unzweifelhaft besteht eine Bewegungseinschränkung deutlichen Ausmaßes, im Sinne einer Versteifung nach Knöchelbruch im Bereich des linken Sprunggelenkes. Unter entsprechender Schuhversorgung ist eine relevante Wegstrecke unter Schmerzen, welche nachvollziehbar und auch zu würdigen sind, anzunehmen, auch ist es möglich ein bis zwei Stufen zu überwinden, dies wird auch anamnestisch angegeben. Von Seiten der Wirbelsäule bestehen keine neuromotorischen Lähmungsescheinungen, bezüglich der angegebenen Stuhlproblematik sind keinerlei relevante Befunde vorliegend, die eine durch die Lendenwirbelsäule bedingte Mastdarmstörung begründen würden. Die Beweglichkeit im Bereich der oberen Extremitäten ist als ausreichend zu bezeichnen. Die angegebenen Gefühlsstörungen im Rahmen des chronischen Halswirbelsäulensyndroms mit Abnützungen im Bereich der Wirbelgelenke als auch Bandscheibe nachvollziehbar, jedoch ohne relevante Hantier- und Haltefunktionsstörung. Die Hörschwäche ist ausreichend kompensiert mittels Hörgeräten

Bei der Beschwerdeführerin liegen

-

keine direkten erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor

-

keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

-

keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder schwere anhaltende Erkrankungen des Immunsystems vor.

-

keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor."

8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 19.04.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses und hat ihren Wohnsitz im Inland.

Die BF leidet an einer Sprunggelenksfraktur links mit höhergradiger Bewegungseinschränkung, an einem chronischen Halswirbelsyndrom sowie an Abnützungen im Lendenwirbelsäulenbereich und eine Hörminderung mitsamt Tinnitus.

Eine erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten liegt nicht vor. Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und keine maßgeblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten. Die BF ist im Bereich der oberen Extremitäten hinreichend beweglich. Es liegt eine ausreichende Hantier- und Haltefunktion vor. Das selbstständige Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist der BF unter Zuhilfenahme orthopädischer Behelfe möglich, ebenso wie das Ein- und Aussteigen in bzw. aus einem öffentlichen Verkehrsmittel bei üblichen Niveauunterschieden und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass, liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zum ausgestellten Behindertenpass sind dem von der belangten Behörde übermittelten Akt zu entnehmen. Die Feststellung hinsichtlich des Wohnortes der BF ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Das zum Gesundheitszustand der BF eingeholte Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen sowie zu deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Das Gutachten von XXXX kommt hinsichtlich der bei der BF vorliegenden Gesundheitsschädigen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Wesentlichen zu denselben Ergebnissen, wie das von der belangten Behörde herangezogene Sachverständigengutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 27.10.2017. Der Inhalt des medizinischen Sachverständigengutachtens von XXXX wurde den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Das Sachverständigengutachten von XXXX sowie jenes von XXXX werden der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragten.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das

36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d leg. cit. vorliegen.

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 in der geltenden Fassung) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen XXXX zufolge leidet die BF an einer Sprunggelenksfraktur links mit höhergradiger Bewegungseinschränkung, an einem chronischen Halswirkbelsyndrom sowie an Abnützungen im Lendenwirbelsäulenbereich und eine Hörminderung mitsamt Tinnitus.

Diese Leiden bewirken nachvollziehbar eine Einschränkung der Mobilität. Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde, konnten jedoch nicht festgestellt werden. Es konnten auch keine Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten in einem erheblichen Ausmaß oder eine schwere, anhaltende Erkrankung des Immunsystems festgestellt werden. Die BF ist im Bereich der oberen Extremitäten ausreichend beweglich und es konnte eine hinreichende Hantier- und Haltefunktion festgestellt werden. Unter Zuhilfenahme orthopädischer Behelfe kann die BF eine relevante Wegstrecke von 300 m selbstständig zurücklegen. Der BF ist das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus medizinischer Sicht möglich und zumutbar.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2180226.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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