Entscheidungsdatum
27.07.2018Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
G305 2184254-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, XXXX, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27.10.2015, Zl. XXXX, und den Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 23.02.2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 27.10.2015, Zl. XXXX, sprach die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz StGKK) aus, dass XXXX, geb. XXXX, (in der Folge Beschwerdeführer oder kurz: BF) als ehemaliger Geschäftsführer der Firma XXXX, (in der Folge: Primärschuldnerin oder kurz: GmbH) gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm. § 58 Abs. 5 ASVG und § 83 ASVG für auf dem Beitragskonto Nr. XXXXaushaftende Sozialversicherungsbeiträge den Betrag von EUR 21.551,96 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 7,88 % p.a. aus EUR 20.697,55 schulde.
2. Gegen diesen, dem BF am 28.10.2015 zugestellten Bescheid erhob er im Wege seiner Rechtsvertretung die am 24.11.2015, sohin innert offener Frist, zur Post gegebene Beschwerde, die er auf die Beschwerdegründe "Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften" und "Rechtswidrigkeit in Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung" stützte und die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben und 2.) der StGKK den Ersatz der Kosten des Verfahrens in gesetzlicher Höhe binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution auftragen.
Im Kern führte er begründend aus, dass die belangte Behörde kein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren durchgeführt hätte bzw. dieses mangelhaft geblieben sei. So gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, dass die belangte Behörde die beantragten Beweise wahrgenommen habe bzw. diesbezügliche Erhebungen erfolgt seien. So habe der BF in der Stellungnahme vom 13.04.2015 die Beischaffung und Verlesung des Konkursaktes beantragt. Da aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, dass dies veranlasst wurde, bzw. die Behörde keinerlei Aufträge an den BF richtete, diesbezügliche Akten vorzulegen, sei von einer mangelhaften Beweisaufnahme auszugehen. Hätte die Behörde Beweise erhoben, hätte er beweisen könne, dass er die Beiträge vorrangig und nach Kräften bezahlt habe. In der Rechtsrüge monierte er, dass bei einer rechtsrichtigen Würdigung der vorgelegten Unterlagen im Rahmen der Haftprüfung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für den Dezember 2012 bis September 2013 keine Haftung auf Grund einer ungleichen Behandlung der Forderungen der StGKK mit den übrigen Forderungen in Höhe von EUR 21.551,96 ausgegangen werden konnte.
3. Mit Verbesserungsauftrag vom 03.12.2015 wurde der BF von der belangten Behörde zur Konkretisierung des Beschwerdevorbringens in Ansehung der Punkte ad 1.) "Zum geltend gemachten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften" und ad 2.) "Zum geltend gemachten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit in Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung" aufgefordert, dass dargelegt werde, wie die Verlesung des Konkursaktes zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes geführt hätte und woraus sich die Gleichbehandlung - im Gegensatz zur bisher vorgelegten Darstellung der Verbindlichkeiten und Zahlungen des Unternehmens - ergeben würde bzw. welche Tatsachen gegen ein Verschulden des BF sprächen.
4. Mit Stellungnahme vom 16.12.2015 legte der BF zunächst Einzahlungsbelege vor, in denen er monatliche Teilzahlungen in Höhe von jeweils EUR 500,00 nachzuweisen suchte. Inhaltlich verwies er auf das Beschwerdevorbringen und dass aus dieser sämtliche Erfordernisse hervorgingen. Die Verlesung des Konkursaktes erscheine deshalb erforderlich, da daraus hervorgehe, dass er nach Kräften eine Gleichbehandlung der Gläubiger angestrebt hätte. Hätte die belangte Behörde nicht nur auf die rechnerisch dargestellte Ungleichbehandlung abgestellt und in den Konkursakt Einsicht genommen, wäre ihr aufgefallen, dass sämtliche Gläubiger gleichbehandelt worden wären bzw. im Fälligkeitszeitraum (15. des jeweiligen Folgemonats) die entsprechenden Mittel zur Entrichtung der Abgabe nicht vorhanden gewesen wären.
5. Mit Schreiben vom 28.12.2015 ersuchte die belangte Behörde das Landesgericht XXXX um die Übermittlung des Insolvenzaktes zu GZ XXXX, um die vom BF erhobene Behauptung überprüfen zu können, er habe die Abgabenverbindlichkeiten der Gesellschaft bei der StGKK mit den Forderungen der übrigen Gläubiger gleichbehandelt.
6. Mit Schreiben vom 19.01.2016 erging die Mitteilung der Behörde an die Rechtsvertretung des BF über den Eingang des vollständigen Konkursaktes und die Aufforderung, der BF möge sich wegen der Erörterung und Verlesung des Konkursaktes an die belangte Behörde wenden.
7. Am 01.02.2016 wurde der Insolvenzakt in Anwesenheit des BF, der Rechtsvertretung und der steuerlichen Vertretung des BF in den Räumen der belangten Behörde verlesen. Im Kern verwies der anwesende Rechtsvertreter darauf, dass "die quotative Ungleichbehandlung im Rahmen sei".
8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.02.2016, Zl. XXXX, wurde die gegen den Bescheid vom 27.10.2015 gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung heißt es im Wesentlichen kurz zusammengefasst, dass aus den Unterlagen klar hervorgehe, dass Mittel vorhanden gewesen wären. Der BF habe die Mittelverwendung anhand der Berechnungshilfe und Buchhaltungsunterlagen nachgewiesen. Er habe jedoch keine substantiierten Gründe darlegen könne, weshalb an den von ihm selbst vorgelegten Unterlagen zu zweifeln wäre. Die Berechnung der Haftung habe eine Ungleichbehandlung der Abgabenforderung ergeben, weshalb ein Haftungsrohbetrag ermittelt wurde, wovon die erzielte Quote und die rechnerisch ermittelte Zahlung gemäß IESG als haftungsmindernd abgezogen worden seien. Zu der im Rahmen des Strafverfahrens wegen § 153 c StGB abgeschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung erging der Hinweis, dass diese für einbehaltene, aber nicht abgeführte Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung über einen Gesamtbetrag von EUR 17.368,78 abgeschlossen wurde. Es seien insgesamt keine Gründe vorgebracht worden, die gegen ein Verschulden des BF gesprochen hätten.
9. Gegen diese, dem BF am 25.02.2016 im Wege seiner Rechtsvertretung zugestellte Beschwerdevorentscheidung erhob dieser den zum 08.03.2016 datierten, am selben Tag zur Post gegebenen (fristgerechten) Vorlageantrag, den er mit dem Begehren verband, die Behörde möge die Beschwerde vom 24.11.2015 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegen.
10. Die zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt beim Bundesverwaltungsgericht eingelangte Beschwerdesache wurde der Gerichtsabteilung G305 mit den Bezug habenden Verwaltungsakten zur Erledigung zugeteilt.
11. Am 23.07.2018 wurde vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich der der anwesende Vertreter belangten Behörde und der Beschwerdeführer einvernommen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die im Firmenbuch am 14.04.2015 gelöschte Firma XXXX, wurde am 20.11.2008 gegründet und hatte sie ihren XXXX.
Der Geschäftszweig erstreckte sich ursprünglich auf die Führung eines Gastronomiebetriebes.
Ab dem 11.10.2011 bis zur Löschung der Gesellschaft am 14.04.2015 war der BF Alleingesellschafter der GmbH und fungierte er als deren allein vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer.
1.2. Unter den Ägiden des BF bestand der Unternehmenszweck im beschwerdegegenständlichen Zeitraum (November 2012 bis September 2013) im Wesentlichen darin, die von der XXXX hergestellten Backwaren an Endabnehmer weiter zu verkaufen. Der Verkauf der von der XXXX hergestellten Backwaren erfolgte in insgesamt acht von der Primärschuldnerin angemieteten Geschäftsräumen, die sich über das Stadtgebiet von XXXX verteilten und in denen sie ihre Verkaufsfilialen betrieb.
Die Kostenfaktoren der Primärschuldnerin umfassten im Wesentlichen die finanzielle Bedeckung des Wareneinsatzes, die auf die Filialen bezogenen Mietzins- und Betriebskostenzahlungen, sowie die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter.
Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geriet die Primärschuldnerin in eine wirtschaftliche Schieflage, die der BF einerseits auf gestiegene Personalkosten, andererseits darauf zurückführte, dass Mitarbeiter nicht zur Arbeit gekommen wären und Filialen nicht aufgesperrt hätten, und dass die Mieten und die Kosten für Umbauten hoch gewesen seien [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 23.07.2018, S. 6].
Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin, der auch für die Abführung der Steuern und sozialversicherungsrechtlichen Beiträge verantwortlich war, trug der BF mit der Einrichtung eines Dauerauftrages Sorge dafür, dass die für die angemieteten Geschäftsräumlichkeiten, in denen die Filialen der Primärschuldnerin betrieben wurden, angefallenen Monatsmietzinse bis zur Insolvenzeröffnung pünktlich und zur Gänze entrichtet wurden. So wurden sämtliche Mietzinse bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt. Abgesehen von vier Filialen wurde auch der letzte Monatsmietzins vor der Insolvenzeröffnung gezahlt. Dagegen wurden die Gehälter der für die Primärschuldnerin tätig gewesenen Mitarbeiter nicht immer gezahlt. Auch die fälligen Dienstnehmerbeiträge an die StGKK wurden nicht immer bezahlt, wofür der BF die Erklärung ins Treffen führte, dass die Einnahmen ausgeblieben wären [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 23.07.2018, S. 7].
Die Forderungen gegenüber der Primärschuldnerin wurden vom BF als deren handelsrechtlichem Geschäftsführer nach "Notwendigkeit bzw. Dringlichkeit" bedient. So betrachtete er etwa eine Mahnung oder die Kosten und die Löhne der Mitarbeiter als dringlich [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 23.07.2018, S. 8].
Anlassbezogen konnte dagegen nicht festgestellt werden, dass die belangte Behörde am meisten bekommen hätte bzw. ihre Beitragsforderungen vom BF als dringlich bewertet und auch so behandelt worden wären.
1.3. Am 16.10.2013 wurde über das Vermögen der in wirtschaftliche Schieflage geratenen Primärschuldnerin vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen XXXX zu GZ: XXXX das Insolvenzverfahren eröffnet.
Im Insolvenzverfahren meldete die StKGG Beitragsforderungen an, die vom Masseverwalter zur Gänze anerkannt wurden.
Am 30.01.2015 wurde das über das Vermögen der Primärschuldnerin eröffnete Insolvenzverfahren gemäß § 139 IO mit einer Quote von 14,53 % aufgehoben und ist die über diese Quote hinausgehende Forderung der StGKK als uneinbringlich anzusehen.
1.4. Im Rahmen des vor dem Landesgericht für Strafsachen XXXX zu Zl. XXXX gegen den Beschwerdeführer wegen § 153c Abs. 1 und 2 StGB geführten Strafverfahrens (es betraf eine Anzeige wegen der Nichtbegleichung der Beitragsschulden der Primärschuldnerin) schloss dieser zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der StGKK über einen Betrag von EUR 17.368,78 ab. Darin verpflichtete er sich, zur Leistung einer ersten Teilzahlung in Höhe von EUR 1.368,78 sowie zu weiteren monatlichen Teilzahlungen in Höhe von je EUR 500,00. Mit dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung, wendete der BF eine im Raum stehende strafgerichtliche Verurteilung seiner Person wegen § 153c Abs. 1 und 2 StGB ab (Beilagen ./B bis ./D). Der BF kam der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung stets pünktlich nach (Beilagen ./A und Angaben des BF und BehV in Verhandlungsniederschrift vom 23.07.2018, S. 4).
1.5. Nach dem Beitragskonto Nr. XXXX schuldete die Primärschuldnerin als Dienstgeberin der StGKK mit Stand 27.10.2015 Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für den Zeitraum November 2012 bis September 2013 in Höhe von insgesamt EUR 56.168,91 einschließlich Verzugszinsen im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß von 7,88 % (ausgehend vom 26.10.2015).
1.6. Mit Schreiben der StGKK vom 06.03.2015 wurde der BF unter ausdrücklichem Hinweis auf die Haftungsbestimmungen des § 67 Abs. 10 ASVG aufgefordert, sich am Verfahren betreffend die Beitragsschulden der Primärschuldnerin zu beteiligen und einen rechnerischen Entlastungsbeweis samt Nachweisen zu erbringen, oder Einwendungen zu erheben, die gegen eine persönliche Haftung des BF auf Grund seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft sprechen, zu erheben.
Auf Grund der vom BF im Wege seiner Rechtsvertretung vorgelegten Urkunden führte die StGKK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine Haftungsprüfung, die Primärschuldnerin und den Zeitraum Dezember 2012 bis September 2013 betreffend, durch.
Die Haftungsprüfung ergab einen Haftungsrohbetrag in Höhe von EUR 58.540,70, auf den (zugunsten des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Primärschuldnerin) die auf den Haftungszeitraum entfallende Quote gemäß § 139 IO, die weiter auf den Haftungszeitraum entfallende Zahlung gemäß IESG und die bisher geleisteten Raten für Dienstnehmeranteile auf Grund des Strafverfahrens zu Zl. XXXX angerechnet wurden. Nach durchgeführter Anrechnung der vorgenannten Zahlungen ergab sich auf Grund der Ungleichbehandlung der Forderungen eine Haftung des BF für die Beitragsforderungen der StGKK gegenüber der Primärschuldnerin in Höhe von EUR 21.551,96.
Dem BF ist es nicht gelungen, die Gleichbehandlung der Gläubiger im beschwerdegegenständlichen Zeitraum insbesondere im Rahmen des ihm von der belangten Behörde aufgetragenen rechnerischen Entlassungsnachweises nachzuweisen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und aus dem vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, aus den eingeholten öffentlichen Urkunden, sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden und auf den im Beschwerdeverfahren vom BF im Beschwerdeverfahrens vorgelegten Urkunden, die, soweit sie hinsichtlich ihres Aussagegehaltes unbestritten geblieben sind, dem beschwerdegegenständlichen Ermittlungsverfahren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.
Die zur Firma XXXX und zur Vertretungsbefugnis des BF getroffenen Feststellungen gründen im Wesentlichen auf dem eingeholten Firmenbuchauszug zu XXXX und auf den damit in Übereinstimmung stehenden Angaben des BF. Auf denselben Quellen beruht auch die Feststellung, dass der BF im Zeitraum 11.10.2011 bis zur Löschung der Gesellschaft der Primärschuldnerin am 14.04.2015 deren Alleingesellschafter und allein vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer war und als solcher für die Abführung der Steuern und der sozialversicherungsrechtlichen Abgaben verantwortlich war.
Die zum Geschäftszweck und zur Tätigkeit der Primärschuldnerin getroffenen Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den diesbezüglich als glaubwürdig eingestuften Angaben des BF in der vor dem BVwG am 23.07.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Auf diesen Quellen beruhen auch die Konstatierungen zum strategischen Vorgehen des BF nach Eintritt der wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens der Primärschuldnerin, sowie die dazu getroffenen Feststellungen, dass es ihm nicht gelang, für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum die Gleichbehandlung der Gläubiger insbesondere im Rahmen des ihm von der belangten Behörde aufgetragenen rechnerischen Entlassungsnachweises nachzuweisen, bzw. dass die Forderungen gegenüber der Primärschuldnerin vom BF als deren handelsrechtlichem Geschäftsführer nach "Notwendigkeit bzw. Dringlichkeit" bedient wurden.
Die Konstatierung, dass anlassbezogen nicht festgestellt werden konnte, dass die belangte Behörde am meisten bekommen hätte bzw. ihre Beitragsforderungen vom BF als dringlich bewertet und auch so behandelt worden wären, gründen einerseits auf den Angaben des BF und des erschienenen Behördenvertreters, andererseits auf den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen, die eine etwaige Bevorzugung der Beitragsforderungen der belangten Behörde nicht glaubwürdig erscheinen lassen. Bei Wahrunterstellung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger bzw. einer etwaigen Bevorzugung der StGKK wäre es zu keinem Strafverfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu Zl. XXXX wegen § 153 c Abs. 1 und 2 StGB (Beilagen ./B) und zu keinem Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung zwischen dem BF und der StGKK aus diesem Anlass (Beilagen ./A, ./C und ./D) gekommen. Vielmehr hat der BF mit den von ihm zur Vorlage gebrachten Urkunden und mit seiner eigenen Aussage vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht seine Behauptung, als Geschäftsführer der Primärschuldnerin die Beitragsforderungen der StGKK bevorzugt behandelt zu haben, widerlegt. So hatte er vor dem erkennenden Verwaltungsgericht angegeben, dass er mittels Abbuchungsaufträgen dafür Sorge getragen hatte, dass die Mietzinsforderungen für die von der Primärschuldnerin betriebenen Filialen pünktlich und vollständig gezahlt werden. Dass die Primärschuldnerin bzw. der BF als deren Alleingesellschafter und als deren allein vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer an der pünktlichen Mietzinszahlung für die von der Primärschuldnerin für deren Filialnetz gemieteten Geschäftslokale interessiert war, ergibt sich schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung und den Denkgesetzen. Wären die Mietzinse nicht gezahlt worden, wäre der Zusammenbruch der auf den Vertrieb der von der XXXX erzeugten Backwaren durch die Primärschuldnerin auf dem Spiel gestanden. Das wiederum konnte der BF als deren Geschäftsführer nicht riskieren, wollte er - wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG glaubhaft versicherte - trotz oder gerade wegen der wirtschaftlichen Schieflage den Weiterbetrieb des Unternehmens der Primärschuldnerin gewährleisten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 23.07.2018, S. 5 und 7f).
Aus den angeführten Gründen, konnten die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm. § 2 VwGVG und § 6 BVwGG (Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Beschwerden gegen die Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG ist die Entscheidung über Beitragshaftungen gemäß § 67 ASVG nicht von einer Senatsentscheidung umfasst. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 122/2013 geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht waren, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmungen des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit.. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu Spruchteil A):
3.2. Zur Abweisung der gegen den Bescheid vom 27.10.2015, Zl. XXXX, gerichteten Beschwerde:
3.2.1. Gegenständlich geht es im Kern um die Klärung der Frage, ob der BF als handelsrechtlicher Geschäftsführer der XXXX, XXXX, für die auf deren Beitragskonto Nr. XXXX aushaftenden Beitrags(rest)forderungen der belangten Behörde zur Haftung heranzuziehen ist.
3.2.2. Der BF war von 11.10.2011 bis einschließlich 14.04.2015 - sohin auch im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Zl. XXXX des Landesgerichtes für XXXX - Alleingesellschafter und allein zur Vertretung befugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma XXXX. Am 14.04.2015 wurde die vom BF innegehabte und auch ausgeübte Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz gelöscht.
Zwar kommt dem Firmenbuchstand die Vermutung der Echtheit und Richtigkeit zu, doch können die daraus erfließenden Informationen durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden. Die Beweisführung obliegt diesbezüglich dem BF. Im beschwerdegegenständlichen Fall hat er BF jedoch zu keinem Zeitpunkt behauptet oder den Beweis dafür erbracht, dass seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer schon vor Beginn des Beobachtungszeitraumes bzw. vor der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma der Primärschuldnerin geendet hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass die im Beobachtungszeitraum 01.02.2013 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma der Gemeinschuldnerin am 27.10.2015 auf dem Beitragskonto genannter Firma zur Nr. XXXX aufscheinenden Beitragsrückstände während seiner Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer besagter Firma angelaufen sind.
Die belangte Behörde konnte daher im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgehen, dass der BF im Zeitraum November 2012 bis September 2013 die Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Firma der Primärschuldnerin innehatte und er schon auf Grund dieser Funktion für die (zeitgerechte) Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge im genannten Zeitraum verantwortlich war.
Aus den angeführten Gründen begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde den BF im gegenständlichen Fall in Anspruch genommen hat.
3.2.3. Die maßgebliche Haftungsgrundlage des handelsrechtlichen Geschäftsführers für uneinbringliche Sozialversicherungsbeiträge ergibt sich aus den Bestimmungen des § 67 Abs. 10 iVm. § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG.
Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG in der Fassung nach der Novelle BGBl. I Nr. 62/2010 haben die Vertreterinnen und Vertreter juristischer Personen, die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter natürlicher Personen und die Vermögensverwalterinnen und Vermögensverwalter (§ 80 BAO) alle Pflichten und Rechte zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind diese auch befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Novellierung dieser Gesetzesbestimmung führte zu einer Reaktivierung der Vertreterhaftung des § 67 Abs. 10 AVG unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der von den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend.
Die für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltende Bestimmung des § 67 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF. BGBl. Nr. 58/2010, lautete wörtlich wie folgt:
"Haftung für Beitragsschuldigkeiten
§ 67. (1) Wenn mehrere Dienstgeber im Einvernehmen dieselbe Person, wenn auch gegen gesondertes Entgelt, in einer die Pflichtversicherung begründenden Weise beschäftigen, haften sie zur ungeteilten Hand für die Beiträge, denen das Gesamtentgelt zugrunde zu legen ist.
(2) Dienstgeber, die auf gemeinsame Rechnung einen Betrieb führen, haften zur ungeteilten Hand für die anlässlich dieser Betriebsführung auflaufenden Beiträge, gleichviel, ob sie die Arbeiten nach einem einheitlichen Plan gemeinsam durchführen (Mitunternehmer) oder ob jeder von ihnen einen bestimmten Teil der gesamten Arbeiten selbständig durchführt (Teilunternehmer).
(3) Fällt einem anderen als dem Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes (der Verwaltung, des Haushaltes, der Tätigkeit) oder der erzielte Gewinn vorwiegend zu, so haften beide zur ungeteilten Hand für die fällig gewordenen Beiträge.
(4) Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 38 des Unternehmensgesetzbuches (UGB), dRGBl. S. 219/1897, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.
(5) Abs. 4 gilt nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Insolvenzmasse oder im Wege der Überwachung der SchuldnerInnen durch TreuhänderInnen der GläubigerInnen.
(6) Geht der Betrieb auf
1. einen Angehörigen des Betriebsvorgängers gemäß Abs. 7,
2. eine am Betrieb des Vorgängers wesentlich beteiligte Person gemäß Abs. 8 oder
3. eine Person mit wesentlichem Einfluss auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers (z.B. Geschäftsführer, leitender Angestellter, Prokurist),
über, so haftet dieser Betriebsnachfolger ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft wie ein Erwerber gemäß Abs. 4, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb des Vorgängers nicht kennen konnte.
(7) Angehörige gemäß Abs. 6 Z 1 sind:
1. der Ehegatte/die Ehegattin oder der/die eingetragene PartnerIn;
2. die Verwandten in gerader Linie und die Verwandten zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch dann, wenn die Verwandtschaft auf einer unehelichen Geburt beruht;
3. die Verschwägerten in gerader Linie und die Verschwägerten zweiten Grades in der Seitenlinie, und zwar auch dann, wenn die Schwägerschaft auf einer unehelichen Geburt beruht;
4. die Wahl(Pflege)eltern und die Wahl(Pflege)kinder;
5. der Lebensgefährte;
6. unbeschadet der Z 2 die im § 32 Abs. 2 der Insolvenzordnung genannten Personen.
(8) Eine Person ist an einem Betrieb wesentlich beteiligt, wenn sie zu mehr als einem Viertel Anteil am Betriebskapital hat. Bei der Beurteilung des Anteiles am Betriebskapital ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die §§ 22 bis 24 der Bundesabgabenordnung sind sinngemäß anzuwenden.
(9) Stehen Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, nicht im Eigentum des Betriebsinhabers, sondern im Eigentum einer der im Abs. 6 Z 2 bzw. 3 genannten Personen, so haftet der Eigentümer der Wirtschaftsgüter mit diesen Gütern für die Beiträge, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb nicht kennen konnte.
(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."
3.2.4. In der Beschwerdeschrift brachte der BF vor, dass er bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens von der Gleichbehandlung der Gläubiger der Primärschuldnerin auszugehen gehabt hätte. Mit den von ihm vorgelegten Unterlagen ist es jedoch nicht gelungen, die Gleichbehandlung der Gläubiger der Primärschuldnerin nachzuweisen.
Dem BF ist entgegen zu halten, dass es grundsätzlich Sache des jeweiligen Vertreters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Beiträge rechtzeitig entrichtet. Reichen die Mittel zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht aus, hat er darzutun, dass er den Sozialversicherungsträger bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. In diesem Zusammenhang hat nicht die Behörde das Ausreichen der Mittel zur Entrichtung der Beiträge nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Außerdem hat er darzutun, dass er die öffentlich-rechtliche Forderung bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Kommt der Vertreter seiner Darlegungspflicht nicht nach, so kann angenommen werden, dass er die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat (Derntl in Sonntag, ASVG, 6. Aufl., Rz. 80i zu § 67 mwN).
Die Erfüllung der Gleichbehandlungspflicht lässt sich einerseits über die Mitteltheorie, andererseits über die Zahlungstheorie überprüfen. Die Mitteltheorie stellt darauf ab, dass die Sozialversicherungsbeiträge, gemessen an den zur Verfügung stehenden Mitteln, gleichbehandelt werden. Danach ist der Vertreter verpflichtet, die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zurückzuhalten, sondern sogleich entweder anteilig auf alle Gläubiger zu verteilen, oder den auf die Sozialversicherungsbeiträge entfallenden Anteilen zu "liquidieren". Hingegen kommt es bei der Zahlungstheorie darauf an, dass die Sozialversicherungsbeiträge, gemessen an den auf andere Forderungen tatsächlich geleisteten Zahlungen, gleich zu behandeln sind. In seiner Spruchpraxis hat sich der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendung der Zahlungstheorie entschieden (siehe dazu Derntl in Sonntag, ASVG, 6. Aufl., Rz. 80f zu § 67). Der Nachweis für die Gleichbehandlung aller Gläubiger ist durch den Geschäftsführer der GmbH mit der Erbringung des rechnerischen Entlastungsnachweises zu führen.
Die Gleichbehandlungsprüfung nach § 67 Abs. 10 ASVG besteht im Wesentlichen darin, dass die Verbindlichkeiten gegenüber den übrigen Gläubigern der GmbH und die darauf geleisteten Zahlungen den Verbindlichkeiten gegenüber dem Sozialversicherungsträger und den darauf geleisteten Zahlungen einander gegenüber zu stellen sind und daraus eine Über- bzw. Unterbedeckung der Forderung des Sozialversicherungsträgers rechnerisch nachzuweisen ist.
Abgesehen davon ist für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG nicht entscheidungswesentlich, ob den Geschäftsführer einer GmbH in der Eigenschaft als Dienstgeberin ein Verschulden an der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft trifft und ob er auf Grund der Insolvenz selbst einen Schaden erlitt, weil nicht das Verschulden an und der Schaden aus der Insolvenz ins Gewicht fallen, sondern das Verschulden an der nicht ordnungsgemäßen (rechtzeitigen) Beitragsentrichtung vor der Insolvenzeröffnung (siehe dazu VwGH vom 30.05.1989, Zl. 89/14/0043). Es ist somit nicht die Schuldlosigkeit des Vertreters an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der GmbH von Relevanz, sondern die Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit den anderen Verbindlichkeiten in Bezug auf ihre Bezahlung (siehe dazu Derntl in Sonntag, ASVG, 6. Aufl., Rz. 80c zu § 67).
Beschwerdegegenständlich hat der BF zwar die für die Erbringung eines rechnerischen Entlastungsnachweises erforderlichen Unterlagen beigebracht, doch ist es ihm nicht gelungen, den (rechnerischen) Nachweis für eine Gleichbehandlung aller Gläubiger zu erbringen. Selbst aus seinen eigenen, in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht gemachten - im Wesentlichen unsubstantiiert gebliebenen - Angaben lassen sich keine Anhaltspunkte dahin erblicken, dass der BF als handelsrechtlicher Geschäftsführer die Gläubiger der Primärschuldnerin gleichbehandelt hätte. Während er dafür Sorge getragen hatte, dass bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Mietzinse für die von der Primärschuldnerin pünktlich und vollständig gezahlt wurden, ist dies für die Rückstände bei den Beitragsforderungen der belangten Behörde nach dem Stand des durchgeführten Beschwerdeverfahrens zu verneinen.
3.3. Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung, Nachweismangel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G305.2184254.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2018