TE Bvwg Beschluss 2018/8/2 I408 2202343-1

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Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I408 2202343-1/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2018, Zl. 1116570001-180704045 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes, betreffend XXXX alias XXXX, geb. XXXX, alias XXXX, StA. Marokko, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2016, Zl. 1116570001/160746313, wurde er Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem dreijährigen Einreiseverbot erlassen.

Am 06.07.2017 stimmte die marokkanische Botschaft zu, ein Heimreisezertifikat auszustellen, wobei seine tatsächliche Identität mit "XXXX, geb. XXXX" festgestellt wurde. Den Antrag auf internationalen Schutz stellte der Beschwerdeführer unter der Identität "XXXX, geb. XXXX" und begründete diesen mit Problemen mit Privatpersonen.

Am 06.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er habe in Innsbruck eine Frau kennengelernt, die jetzt schwanger von ihm sei. Deshalb möchte er hierbleiben. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe habe sich nichts geändert. Er werde von einer Person umgebracht, mit der er in Marokko Probleme hatte. Diese Person habe ihm gedroht, ihn zu töten.

Am 24.07.2018 erfolgte eine niederschriftliche Befragung vor der belangten Behörde.

Mit dem am 31.07.2018 mündlich verkündeten Bescheid, hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz nach § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Fremde ist ein Staatsangehöriger Marokkos, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20 b AsylG. Die Identität des Fremden steht zwischenzeitlich fest und er ist in Österreich unbescholten.

Der Beschwerdeführer stellte am 06.06.2016 nach illegaler Einreise seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig abgewiesen wurde.

Am 07.07.2018 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zuvor wies er in Österreich keinen gemeldeten Wohnsitz. Nach seinen Angaben hatte er sich dem ersten Asylverfahren durch eine Ausreise nach Italien entzogen, wo er sich ein- bis eineinhalb Jahre aufgehalten haben will. Danach kehrte er nach Österreich zurück und begründete vor einem Jahr und sieben Monate eine Beziehung zu seiner derzeitigen Freundin. Bei dieser ist er seit 11.07.2018 polizeilich gemeldet. Seine Freundin ist schwanger und er will sie heiraten. In Österreich ist der Beschwerdeführer bisher keiner geregelten, legalen Tätigkeit nachgegangen und bezieht auch kein regelmäßiges Einkommen. Er hat bisher auch keinen Deutschkurs besucht.

Der Beschwerdeführer hat kein neues Fluchtvorbringen vorgebracht, sondern nur auf seine derzeitige private Situation (Schwangerschaft seiner Freundin) verwiesen.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Marokko ist seit der Entscheidung über den vorigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein Vorbringen bezogen.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, zumal Marokko nach § 1 Z. 9 HStV ein sicherer Herkunftsstaat ist.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom BFA zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner mündlichen Einvernahme am 24.07.2018, seiner Ersteinvernahme vom 07.07.2018 und den eingeholten Abfragen aus ZMR, GVS und IZR, alle vom 01.08.2018.

Seine tatsächliche Identität ist dem Schreiben der marokkanischen Botschaft vom 26.09.2017 entnommen (AS 57).

In Bezug auf sein Privatleben stützt sich der erkennende Richter ausschließlich auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Befragung am 24.07.2018, die auch im Beisein seiner Freundin erfolgt ist.

Die Feststellungen zur Ländersituation in Marokko beruhen auf den im mündlich verkündeten Bescheid angeführten Quellen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Die angeführte Rückkehrentscheidung ist seit 21.06.2016 rechtskräftig. Wie auch bereits dargetan, ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung anstelle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines der formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in Algerien droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Es gibt nämlich auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer grundsätzlich ausreichend gesund für Arbeitstätigkeiten und daher erwerbsfähig ist.

Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, selbst wenn die große Zahl Angehöriger ersten und zweiten Grades in wider Erwarten nicht unterstützt, sei es mit der genannten oder einer anderen Tätigkeit. Zudem besteht ganz allgemein in Marokko keine solch extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben. Die derzeit bestehende Beziehung zu einer österreichischen Staatsbürgerin hat sich während des illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers entwickelt, in einem Zeitraum, wo er weder polizeilich gemeldet war noch einer legalen Erwerbstätigkeit nachging.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.2202343.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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