Entscheidungsdatum
06.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W233 2137879-2/4E
W233 2137880-2/4E
W233 2137876-2/4E
W233 2137877-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas FELLNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX , alle StA Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zl. 1089739507-1801534131, 1089659907-180153421, 1089767403-180153405 und 1089767501-180153375, zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerde werden hinsichtlich der Spruchpunkte I. II. und III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.
2. In Erledigung der Beschwerden hinsichtlich des Einreiseverbotes wird Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Zum Vorverfahren:
Der Erstbeschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Usbekistans, ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin, einer weiblichen Staatsangehörigen Usbekistans. Sie sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Die beschwerdeführenden Parteien stellten seinerzeit am 29.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei ihrer Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.10.2015 gab der Erstbeschwerdeführer als Fluchtgrund an, Schulden seines Bruders übernommen zu haben; er sei dann von den Gläubigern bedroht worden. Er befürchte, dass seine Familie von den Gläubigern in Usbekistan getötet werde. Er sei illegal ausgereist.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei ihrer Erstbefragung im Wesentlichen die gleichen Fluchtgründe an wie ihr Mann.
3. Am 13.09.2016 wurde der Erstbeschwerdeführer durch die belangte Behörde einvernommen und gab dabei soweit hier wesentlich an, im Jahr 2012 die Schulden seines Bruders nach dessen Selbstmord übernommen zu haben. Die Gläubiger hätten regelmäßig das Geld verlangt; 2015 sei die Familie von den Gläubigern bedroht worden. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Schwiegereltern um Hilfe gebeten, die ihm 5.000,- US$ gegeben hätten, womit er und seine Familie ausgereist seien.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab soweit hier wesentlich an, dass sie eigene Fluchtgründe habe. Sie wisse nicht genau, sie sei aber im Supermarkt wegen ihres Mannes bedroht worden. Sie habe ihrem Mann im Supermarkt geholfen und es seien Männer gekommen, die die Bezahlung der Schulden verlangt hätten. Sie sei auch über das Telefon wegen der Schulden bedroht worden; man habe gesagt, man würde die Kinder töten. Sie habe die Kinder nicht mehr in den Kindergarten geschickt. Ihr Mann habe ihr dann keine weiteren Details mehr erzählt.
4. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Im Wesentlichen lässt sich diesen Bescheiden entnehmen, dass das Bundesamt das angeblich fluchtauslösende Vorbringen für nicht glaubhaft erachtete.
5. Gegen diese Bescheide wurde rechtzeitig eine gemeinsame Beschwerde erhoben, in der insbesondere auf die illegale Ausreise der beschwerdeführenden Parteien verwiesen wurde.
6. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 31.05.2017 mit den Beschwerdeführern eine mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt, wobei die beschwerdeführenden Parteien zu ihren Fluchtgründen und zu ihrem Leben in Österreich befragt wurden.
7. Am 22.06.2017 langte eine schriftliche Stellungnahme der Vertretung der beschwerdeführenden Partei ein, in der ausgeführt wurde, dass die beschwerdeführenden Parteien zur sozialen Gruppe der Familie des ursprünglichen Schuldners gehören würden. Selbst wenn eine Subsumption unter einen der Gründe der GFK nicht möglich wäre, würde die fehlende Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfordern. Eine zusätzliche Gefährdung stelle außerdem die illegale Ausreise dar.
8. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 17.07.2017, Zahlen: W211 2137879-1/14E, W211 2137880-1/14E, W211 2137876-1/9E und W211 2137877-1/9E, die Beschwerden der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht soweit hier wesentlich festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass es gegenüber den Beschwerdeführern tatsächlich zu ernsthaften Drohungen durch die Gläubiger gekommen sei. Festgestellt werde jedenfalls, dass die beschwerdeführenden Parteien angaben, nie wegen solcher Drohungen durch die Gläubiger zur Polizei gegangen zu sein. Dass den beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr eine ernsthafte Bedrohung durch diese Gläubiger drohen würde, könne nicht festgestellt werden. Ebenso könne nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer im März 2015 die Reisepässe der Familie im Bus zum Spital verloren bzw. seither keine neuen erhalten habe. Daher könne auch nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien illegal aus Usbekistan ausgereist seien. Zudem stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die beschwerdeführenden Parteien weder politisch interessiert noch aktiv seien. Dass die beschwerdeführenden Parteien wegen ihres Aufenthalts in Österreich und/oder ihrer Asylantragstellung in Österreich einer besonderen Gefahr durch die usbekischen Behörden unterliegen würden, könne ebenso nicht festgestellt werden. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Erkenntnis festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Abschließend hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass auch nicht festgestellt werden könne, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche private und familiäre Integration der beschwerdeführenden Parteien in Österreich vorliege.
Das Bundesverwaltungsgericht traf darüber hinaus umfangreiche Feststellungen zur Situation - im Besonderen zur Lage von Personen, die nach illegaler Ausreise und Asylantragstellung im Westen zurückkehren - in Usbekistan, wobei es sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan, vom 26.02.2016 sowie eine ACCORD Anfragebeantwortungen über die Lage von Personen, die nach illegaler Ausreise und Asylantragstellung im Westen nach Usbekistan zurückkehren [a-9992-1] vom 19.01.2017 stützte.
Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts ist am 17.07.2017 in Rechtskraft erwachsen.
1.2. Zum gegenständlichen Verfahren:
Am 13.02.2018 stellten die Beschwerdeführer ihren gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) in Österreich.
In seiner am 13.02.2018 stattgefundenen Erstbefragung gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er einen neuerlichen Asylantrag stelle, da er in seiner Heimat Schulden habe und er von seinem Vater erfahren habe, dass sein Gläubiger seine Eltern aufgesucht und bedroht haben und ihnen gesagt hätte, dass er ihn, seine Frau und seine Kinder umbringen werde, falls sie wieder zu Hause auftauchen sollten.
Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigt im Zuge ihrer am gleichen Tag stattgefundenen Ersteinvernahme die Angaben des Erstbeschwerdeführers.
Am 06.04.2018 erfolgte die Einvernahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Zuge derer die beiden Beschwerdeführer übereinstimmend angaben, dass der Erstbeschwerdeführer vor zwei Tagen von seinem Vater telefonisch darüber informiert worden wäre, dass die Männer, denen der Erstbeschwerdeführer Geld schulde, seinen Vater gegenüber androhten, dass sie ihn, den Erstbeschwerdeführer, umbringen werden bzw. wie die Zweitbeschwerdeführerin ergänzend vorbrachte, ihn suchen und das Geld zurückfordern würden.
Mit den nunmehr gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes vom 21.06.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Zuerkennung von internationalem Schutz in Österreich gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde ihnen gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht (Spruchpunkt III.). Schließlich wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
Die belangte Behörde traf erneut umfangreiche Feststellungen zur Lage in Usbekistan. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, dass sich sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem jeweiligen zweiten Antrag auf internationalen Schutz nach wie vor auf Rückkehrhindernisse beziehen, welche bereits im Kern in ihren jeweiligen Vorverfahren zur Sprache gekommen seien. Beide Beschwerdeführer hielten ihre Fluchtvorbringen aus dem ersten Asylverfahren aufrecht und könne somit von ihnen kein glaubhafter geänderter Sachverhalt dargestellt werden. Das Bundesamt komme daher zum Schluss, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert vorliege und sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vorliege. Zudem habe sich auch in der maßgeblichen Sachlage bezogen auf den Herkunftsstaat nichts Gravierendes geändert. Die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer seien zu einem Zeitraum getätigt worden, als ihr Aufenthalt im Bundesgebiet unsicher gewesen und letztlich nur durch eine unbegründete Asylantragstellung vorübergehend legalisiert gewesen sei. Die öffentlichen Interessen würden daher gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführer überwiegen. Das gegen die Beschwerdeführer ausgesprochene Einreiseverbot wurde damit begründet, dass sie ihrer Ausreise- bzw. Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen seien. In ihrem konkreten Fall liege nicht bloß ein illegaler Aufenthalt vor, sondern hätten die Beschwerdeführer eine ihnen auferlegte Ausreiseverpflichtung nach einem negativen Asylverfahren missachtet.
Gegen diese Bescheide wurde mit gemeinsamen Schriftsatz vom 24.07.2018 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 26.07.2018 legten die Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung vor, welcher sie auch ein Empfehlungsschreiben, die Jahreszeugnisse der beiden minderjährigen Beschwerdeführer über den Besuch einer öffentlichen Volksschule im Schuljahr 2017/18 und ein Zeugnis der Universität Wien, Sprachenzentrum, über den Kursbesuch "Englisch A2 - Phase 2" der Zweitbeschwerdeführerin im Zeitraum vom 02.07.2018 - 19.07.2018 anschlossen.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakte wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 01.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Gerichtsabteilung W 233, eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer, durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakte zu dem in Rechtskraft erwachsenen Verfahren über die ersten Anträge der Beschwerdeführer und schließlich durch Einsicht in Auszüge aus ZMR, GVS und IZR.
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige Usbekistans. Sie stellten am 29.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Diese Anträge wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.07.2017, Zahlen: W211 2137879-1/14E, W211 2137880-1/14E, W211 2137876-1/9E und W211 2137877-1/9E rechtskräftig negativ entschieden. Unter einem wurde im Fall der Beschwerdeführer mit dem oa. Erkenntnis auch eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer nach Usbekistan festgestellt und ihnen für ihre Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet eine Frist von 14 Tagen eingeräumt.
Die Beschwerdeführer sind trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist.
1.2. In den gegenständlichen Fällen der Beschwerdeführer ergaben sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage in ihrem Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person der Beschwerdeführer gelegenen Umständen.
Ebenso ergab sich kein sonstiger unter die Tatbestandsmerkmale der GFK zu subsumierender Sachverhalt. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte daher nicht festgestellt werden.
Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung der vorliegenden Anträge gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung der gegenständlichen Anträge ausscheidet.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:
Die Situation im Herkunftsstaat hat sich seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich verändert und es finden sich weder in der Beschwerde noch in der Beschwerdeergänzung substantiierten bzw. konkreten Hinweise dafür. Vor dem Hintergrund der im Vorverfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachten Länderdokumentation der Staatendokumentation zu Usbekistan und der in diesem Vorverfahren zusätzlich eingeholten ACCORD-Anfrage zur Lage von Personen, die nach illegaler Ausreise und Asylantragstellung im Westen zurückkehren (vom 19.01.2017, Zl: a-9992-1), hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.07.2017 festgestellt, dass kein Grund besteht, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gem. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen sei. Auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im gegenständlichen Verfahren die aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation über Usbekistan mit Stand vom 22.06.2016 eingebracht und hat sich die Situation zum Zeitpunkt der nunmehrigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht wesentlich geändert.
1.3.1. Zur relevanten Situation in Usbekistan werden die folgenden Feststellungen getroffen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Usbekistan, vom 26.02.2016:
1. Politische Lage
Das Land hat seit Dezember 2004 ein parlamentarisches Zwei-Kammer-System (Unterhaus sowie Senat). Die im Unterhaus (Oliy Majlis) vertretenen vier Parteien sind allesamt regierungsnah. Die Parlamentswahlen fanden am 21. Dezember 2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Andere als die vier bisher im Parlament vertretenen Systemparteien durften nicht antreten; die Umweltbewegung besetzt gemäß Verfassung 15 Sitze im 150 Mitglieder umfassenden Unterhaus, die im Rahmen eines Parteikongresses nominiert wurden (AA 10.2015a). Obwohl vier Parteien und die Ökologische Bewegung Usbekistans zur Wahl zugelassen waren, sprachen Beobachter davon, dass all diese Parteien eigentlich dem usbekischen Präsidenten Islom Karimov "gehören". Entsprechend bestand keine besondere Notwendigkeit von Seiten des Präsidenten, Druck oder Einfluss auf einzelne, potentielle Abgeordnete auszuüben (GIZ 12.2015).
Die wichtigste Partei ist die Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei), hervorgegangen aus der früheren Kommunistischen Partei. Sie hat die Mehrheit der Sitze im Parlament. Weitere regierungsnahe Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt) und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden). Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans (gegründet 2003). Die Gründung regierungsnaher Parteien hält die Fassade vom Mehrparteiensystem aufrecht. Tatsächlich gibt es in Usbekistan jedoch derzeit keine zugelassenen außerparlamentarischen Oppositionsparteien (GIZ 12.2015).
Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung existiert nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, das aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden staatlicher Komitees und anderen staatlichen Organe besteht. Der Vorsitzende des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan gehört ebenfalls zum Ministerkabinett. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die Stellvertretenden Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte. Separatistische Tendenzen waren in der Vergangenheit nur in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu beobachten (GIZ 12.2015).
Bei den Präsidentschaftswahlen am 29. März 2015 wurde Islom Karimov (seit 1989 an der Macht) mit laut offiziellen Angaben über 90% der Stimmen im Amt bestätigt (AA 10.2015a; vgl. GIZ 12.2015). Echte unabhängige Gegenkandidaten konnten nicht antreten (GIZ 12.2015).
Präsident Islam Karimov wurde 1989 zum Vorsitzenden der damaligen Sowjetrepublik Usbekistan und ein Jahr später zum Präsidenten Usbekistans ernannt. Auch nach der Unabhängigkeit Usbekistans im September 1991 blieb Karimov im Amt (BBC News 31.3.2015).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016
-
BBC - British Broadcasting Corporation (31.3.2015): Country Profiles, Country Profile: Uzbekistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-16218119, Zugriff 26.2.2016
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2015): Usbekistan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 26.2.2016
2. Sicherheitslage
Es ist weiterhin von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (AA 15.2.2016b; vgl. BMEIA 24.2.2016).
Islamistischer Terror wird von der Regierung als Bedrohung für den Staat und als Begründung für Verfolgung und Inhaftierung einzelner Personen angeführt (AA 10.2015a).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016
-
AA - Auswärtiges Amt (26.2.2016b): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_0494EFE5735F8801D388F6D64005C3E5/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/UsbekistanSicherheit_node.html, Zugriff 26.2.2016
-
BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (26.2.2016): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit und Kriminalität,
http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 26.2.2016
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, nahm die Judikative die Anweisungen der Exekutive entgegen. Das usbekische Justizsystem gibt den präsidentiellen Entscheidungen eine legale Fassade. Alle Richter werden vom Präsidenten für eine - verlängerbare - fünfjährige Amtszeit ernannt und können von diesem jederzeit wieder abberufen werden (USDOS 25.6.2015; vgl. FH 28.1.2015). Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden. Dieses entspricht jedoch im Allgemeinen den Vorgaben des Präsidenten. Laut usbekischem Strafgesetzbuch gilt die Unschuldsvermutung, von den Richtern werden den Vorschlägen der Staatsanwälte hinsichtlich verfahrensrechtlicher Entscheidungen und Bestrafung jedoch meist entsprochen.
Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren vor einem Gericht endete mit einem Schuldspruch. Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt. Im Bedarfsfall wird von der Regierung auch kostenloser Rechtsbeistand zur Verfügung gestellt. Berichten zufolge agieren diese jedoch im Interesse der Regierung. Nach Gesetz müssen Staatsanwälte Haftbefehle bei einem Gericht beantragen und die Gerichte entsprachen diesen Anträgen in der Regel auch. Ein Haftbefehl ermächtigt einen Staatsanwalt die Ermittlungen zu leiten, das Strafverfahren vorzubereiten, den Richtern Strafen vorzuschlagen und Gerichtsentscheidungen, inklusive die Strafe, zu beeinspruchen, sofern diese nicht seiner Empfehlung entspricht. Nach formeller Anklageerhebung entscheidet der Staatsanwalt auch, ob ein Verdächtiger auf Kaution freigelassen wird, in Untersuchungshaft bleibt oder unter Hausarrest gestellt wird. Gerichte begründen ihre Urteile oft ausschließlich mit Geständnissen oder Zeugenaussagen, die unter Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder Anwendung anderer Formen von Gewalt zustande gekommen sind (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
-
FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Uzbekistan,
http://www.ecoi.net/local_link/309947/447871_de.html, Zugriff 26.2.2016
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/270730/400813_de.html, Zugriff 26.2.2016
4. Sicherheitsbehörden
Für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der National Security Service (NSS) befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und Geheimdiensten, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität und Drogen umfassen (USDOS 25.6.2015). Im Juni 2013 fand in Taschkent eine von der OSZE organisierte Schulung für die Kriminalpolizei statt. Der besondere Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Zuge der Dienstausübung. Die Schulung ist Teil eines größeren Projekts in Zusammenarbeit zwischen der OSZE und der "National Police Academy" in Usbekistan, mit dem Ziel, eine Verbesserung bei der Ausbildung der usbekischen Strafverfolgungsbehörden zu erreichen (OSZE 4.6.2013; vgl. OSZE 27.7.2015).
Im April 2015 fand ein Kurs zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt, der Teil eines langjährigen Engagements der OSZE Projektkoordination zur Unterstützung Usbekistans bei der Bekämpfung von Menschenhandel ist (OSCE 30.4.2015).
Quellen:
-
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.6.2013): OSCE trains police in Uzbekistan on operational and investigation legal procedures, http://www.osce.org/uzbekistan/102245, Zugriff 26.2.2016
-
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (27.7.2015): Annual Report of the Secretary General on Police-Rlated Activities in 2014,
http://www.osce.org/secretariat/174686?download=true, Zugriff 26.2.2016
-
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (30.4.2015): OSCE Project Coordinator in Uzbekistan trains law enforcement police officers on detecting and investigating human trafficking, http://www.osce.org/uzbekistan/154556, Zugriff 26.2.2016
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/270730/400813_de.html, Zugriff 26.2.2016
5. Korruption
Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, aber die Regierung hat diese nicht effektiv implementiert. Zwar gibt es Berichte über eine erhöhte Anzahl von Festnahmen im Zusammenhang mit Korruption, jedoch ist Korruption endemisch und Beamte blieben häufig trotzt korrupter Praktiken ungestraft. Korruption und Straffreiheit in den Reihen der Strafverfolgungsbehörden bleibt nach wie vor ein Problem. Die Polizei erpresst routinemäßig und willkürlich Bestechungsgelder. Berichten zufolge verhaftet die Polizei Personen unter falschen Vorwürfen als Einschüchterungstaktik, um diese am Aufdecken von Korruptionsfällen zu hindern. Das Innenministerium, Abteilung für die Bekämpfung von Korruption, Erpressung und Schutzgelderpressung und das Büro zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption des Generalstaatsanwaltes sind für die Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Korruptionsfällen zuständig (USDOS 25.6.2015).
Obwohl eine zunehmende Zahl von Amtsträgern verhaftet und wegen angeblicher Korruption angeklagt wurde, erfolgt diese Verfolgung weder systematisch noch unparteiisch und ist nicht als Ergebnis der Antikorruptions-Politik von der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden zu sehen (BTI 2016).
Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2015 auf Rang 153 geführt - bei 168 angeführten Staaten, wobei der niedrigste gereihte die geringste Korruption aufweist (TI 2015).
Quellen:
-
BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): Uzbekistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Uzbekistan.pdf, Zugriff 26.2.2016)
-
TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, http://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 26.2.2016
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, , Zugriff 26.2.2016
6. Frauen/Kinder
Jegliche Diskriminierung aufgrund von ethnischem Hintergrund, Religion oder anderen Charakteristiken ist in Usbekistan verboten. Die Bestimmungen der Internationalen Konvention zur Eliminierung aller Formen von ethnischer Diskriminierung sind in der nationalen Gesetzgebung vollkommen widergespiegelt. Laut Artikel 18 der Verfassung haben alle usbekischen Staatsbürger dieselben Rechte vor dem Gesetz, ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, ethnischer Herkunft, Nationalität, Sprache, Religion, sozialer Herkunft, Überzeugung, des individuellen und sozialen Status (IOM 5.2014). Artikel 46 der Verfassung schreibt die Gleichberechtigung von Mann und Frau fest und auch andere Rechtshandlungen beinhalten nicht-diskriminierende Bestimmungen (z.B. Familien-, Arbeits- und Strafrecht) (IOM 5.2014; vgl. GIZ 12.2015b; vgl. USDOS 25.6.2015). Aufgrund kultureller und religiöser Normen spielen Frauen jedoch eine untergeordnete Rolle (USDOS 25.6.2015) und sind Männer- und Frauenwelten im ländlichen Milieu stärker getrennt. Ein kleines Kopftuch ist auf dem Lande und in konservativeren Schichten üblich. (GIZ 12.2015b).
Usbekistan nimmt als aktiver Part an internationalen Initiativen teil, wie z.B. die Beijing Plattform. Das Land war das erste unter den Zentralasiatischen Staaten, das die UN Konvention zur Eliminierung aller Formen von Diskriminierung gegen Frauen beitrat, ebenso der Konventionen Nr. 111 (Schutz der Mutterschaft) und Nr. 103 (Diskriminierung am Arbeitsplatz und Berufstätigkeit) der International Labour Organization (ILO) (IOM 5.2014).
Vergewaltigung ist gesetzlich verboten, wird jedoch kaum angezeigt. Häusliche Gewalt ist nicht ausdrücklich gesetzlich verboten und stellt weiterhin ein Problem dar (USDOS 25.6.2015). Offiziell wird nicht von häuslicher Gewalt gesprochen, sondern von einem "Familienkonflikt". Staatliche Institutionen können ihre Inaktivität rechtfertigen, indem sie darauf verweisen, dass Familienkonflikte innerhalb der Familie gelöst werden sollen. Manchmal greift hier das Mahalla-System in Streitigkeiten zwischen Eheleuten ein. Dies führt aber häufig dazu, dass Frauen unter Druck gesetzt werden, wieder zu ihren gewalttätigen Ehemännern oder missbrauchenden Schwiegermüttern zurückzukehren. Beim System der Mahalla ("Nachbarschaftskomitee") handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen. Diese Komitees besitzen zwar keine rechtliche Autorität, können aber teils zu einem Hindernis für Frauen werden. So ist es beispielsweise für Frauen schwer, sich ohne Zustimmung des lokalen Mahalla-Komitees scheiden zu lassen. Frauen, die von Gewalt betroffen sind können etwas Unterstützung in Krisenzentren bekommen (IOM 5.2014). Es gibt keine Unterkünfte für Frauen die von häuslicher Gewalt betroffen sind (IOM 5.2014; vgl. USDOS 25.6.2015), aber es gibt einige Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel. Drei NGOs stellen Unterstützung und Schutz für Opfer von häuslicher Gewalt bereit, wie beispielsweise rechtliche und psychologische Beratung und berufsvorbereitende Kurse (z.B. Nähen, Friseur, Computer) (IOM 5.2014).
Kindesmissbrauch wird in der Gesellschaft im Allgemeinen als familieninterne Angelegenheit betrachtet (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2015b): Usbekistan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 26.2.2016
-
IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Uzbekistan,
http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM%202014_%20CFS%20Uzbekistan.pdf, Zugriff 26.2.2016
-
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, Zugriff 26.2.2016
7. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit, jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt. Um in eine andere Stadt zu ziehen, ist eine behördliche Erlaubnis notwendig. Um ins Ausland zu reisen, müssen die Bürger Exit - Visa beantragen, die meist erst nach Bezahlung von Bestechungsgeld gewährt werden (USDOS 25.6.2015).
Usbekische Bürger brauchen eine Ausreisegenehmigung bevor sie das Land verlassen. Diese erteilt das Innenministerium und ist zwei Jahre gültig. Man kann so oft damit ausreisen wie man will. Es gibt keine Strafen, wenn man nach Ablaufen der Genehmigung zurückreist. Normalerweise kann diese Genehmigung von Botschaften der Republik Usbekistan erneuert werden. Verlässt ein usbekischer Staatsbürger jedoch das Land ohne Genehmigung, kann dies mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe in Höhe von drei- bis fünf Jahren (IOM 5.2014), in besonders schweren Fällen in Höhe von fünf bis zehn Jahren bestraft werden (AA 3.9.2010).
Innerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist Usbekistan Mitglied des Minsk Abkommens (Abkommen zur Bewegungsfreiheit von CIS-Bürger innerhalb des CIS-Territoriums ohne Visum). Ebenso gibt es bilaterale Abkommen zur Visafreiheit mit den Staaten Kirgisistan, Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Kasachstan, Republik Moldau, Russische Föderation und Ukraine. Staatenlosen und ausländischen Bürgern kann die Einreise aufgrund der nationalen Sicherheit (z.B. Terroristen, Extremisten etc.) verwehrt werden. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist nicht erlaubt. Zurückkehrende Personen müssen den Behörden beweisen, dass sie keine fremde Staatsbürgerschaft angenommen haben, ansonsten verlieren sie die usbekische Staatsbürgerschaft (IOM 5.2014).
Quellen:
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IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Uzbekistan,
http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM%202014_%20CFS%20Uzbekistan.pdf, Zugriff 26.2.2016
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, Zugriff 26.2.2016
8. Grundversorgung/Wirtschaft
Auch im 24. Jahr seiner Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan noch im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System.
Wirtschaftsliberalisierung, Privatisierung und Strukturreformen werden nur langsam umgesetzt. Usbekistan ist reich an Bodenschätzen (Gold, Kupfer, Uran, Kohle, Erdgas) und an gut ausgebildeten Fachkräften. Mit einem Bruttonationaleinkommen von 2128.- US$ pro Kopf (Quelle: offizielle usbekische Statistik 2014) zählt Usbekistan zu den "lower middle income" Ländern der Weltbank-Klassifikation. Mit Präsidialdekreten zur Vereinfachung von Kontrollmechanismen und Unternehmensgründungen versucht die usbekische Regierung seit 2011 der privatwirtschaftlichen Entwicklung (besonders bei den kleinen und mittleren Unternehmen) mehr Schwung zu verleihen. Das usbekische Bruttoinlandsprodukt wächst seit Jahren nach offiziellen Angaben mit ca. 8%. Wichtigste Wirtschaftszweige Usbekistans sind Industrie und Bergbau sowie die Landwirtschaft. Der Industriesektor ist offiziellen Angaben zufolge 2014 um 8,1% gewachsen. Hauptindustriezweige sind die Brennstoffindustrie, Maschinenbau, Metallverarbeitung, Transportmittelbau und Elektrotechnik (in dieser Gruppe insbesondere die Kfz-Industrie mit ihrem Aushängeschild, dem Pkw-Werk "GM-Uzbekistan" im Ferganatal), die Leichtindustrie sowie das Hüttenwesen (Metallurgie). Gleichwohl gehört Usbekistan zu den ärmsten Ländern der GUS. Seine junge und wachsende Bevölkerung, die hohen Transportkosten wegen weit entfernter Seehäfen (2.900 km) und die Transformation der Wirtschaft bringen enorme wirtschafts- und entwicklungspolitische Herausforderungen mit sich (AA 10.2015).
Weitere Probleme, die die Entwicklung des Landes hemmen, sind beispielsweise die mangelnde Rechtssicherheit, die Schwäche des Bankenwesens, die jährlich steigende Inflation sowie langwierige Genehmigungsverfahren und die weit verbreitete Korruption. Usbekistan profitiert vor allem von den dauerhaft hohen Weltmarktpreisen für die Hauptexportgüter. Die vielen usbekischen Gastarbeiter im Ausland unterstützen den Aufschwung durch ihre Geldüberweisungen in die Heimat zusätzlich. Die positive ökonomische Entwicklung erreicht allerdings nur Teile der usbekischen Bevölkerung. Etwa die Hälfte der Beschäftigten geht zumindest zeitweise einer Tätigkeit im informellen Sektor oder zusätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nach. Häufig fehlt die Ausbildung für eine Arbeit, die den Lebensunterhalt sichert. (BMZ 12.2015.).
Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten und größten Sektoren der nationalen Wirtschaft. Usbekistan ist eine der besten Regionen für den Anbau von Nutz- und Industriepflanzen. Im landwirtschaftlichen Sektor arbeiten die meisten Menschen und er versorgt die Bevölkerung mit Nahrung und Rohmaterial für andere Wirtschaftszweige. Der Anteil des landwirtschaftlichen Sektors am BIP beträgt 28% (IOM 5.2014).
Laut UNDP Usbekistan lebten 2011 16% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und 75% der Bevölkerung mit niedrigem Einkommen lebten im ländlichen Raum. Laut offiziellen Quellen verringerte sich die Armut von 27,5% im Jahr 2001 auf 15% im Jahr 2012 aufgrund des rapiden Wirtschaftswachstums, großer Investitionen der Regierung in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und regulärer Zuwächse der Gehälter im Öffentlichen Dienst und gesteigerter Auslandsüberweisungen. Aufgrund der globalen Finanzkrise wurden folgende Aktivitäten gesetzt: zusätzliche Gehälter, Erhöhungen bei Pensionen und Vergünstigungen, Erhöhungen bei sozialer Unterstützung, verbesserter Zugang zu Mikro-Krediten, Bereitstellung von Wohnraum für Waisen und soziale Unterstützung für alleinstehende Bürger in Not. Alle regionalen Behörden führten zusätzliche Maßnahmen im Bereich Arbeitsplatzbeschaffung im Öffentlichen Dienst, kommunale Infrastrukturverbesserungen, Bauwesen, Dienstleistungen und Viehzucht ein (IOM 5.2014).
Quellen
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015): Reise- und Sicherheitshinweise, Wirtschaft,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_4962318095FE728C353D7474AF55FE95/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.2.2016
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BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2015): Länder und Regionen, Partnerländer, Usbekistan, Zusammenarbeit,
http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/laender_regionen/asien/usbekistan/zusammenarbeit.html, Zugriff 26.2.2016
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IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Uzbekistan,
http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM%202014_%20CFS%20Uzbekistan.pdf, Zugriff 26.2.2016
8.1. Sozialbeihilfen
Sozialleistungen werden aufgrund von Alter, Behinderung, Verlust des Erhalters und Kinderbeihilfen ausgezahlt. Das soziale Transfersystem verlagerte sich langsam in Richtung einer zielgerichteten sozialen Unterstützung, es braucht aber noch Verbesserungen, da auf lokaler Ebene eine beachtliche Verfügungsfreiheit und Willkür herrscht. Einige neue Resolutionen zur sozialen Unterstützung wurden 2010-2013 angenommen. Beispielsweise bei der Bereitstellung von Wohnraum für Waisen, bei der sozialen Unterstützung für alleinstehende Bürger in Not, bei der Bereitstellung von Prothesen und Hörgeräten, bei der Unterstützung von arbeitslosen Müttern etc. Um Sozialbeihilfen zu erhalten sollten arbeitende Bürger mit ihrer Personalabteilung Kontakt aufnehmen, nicht arbeitende Bürger mit dem Sozialamt am Wohnsitz. Festsetzung und Zahlung der Pensionen oder andere soziale Beihilfen werden von den Abteilungen des Pensionsfonds der Distrikte am Ort des dauerhaften Aufenthaltes durchgeführt. Umfassende Informationen zu den administrativen Erfordernissen um Beihilfen zu erhalten und Musteranträge mit einer Liste der erforderlichen Dokumente für unterschiedliche Arten von Unterstützungen finden sich in der Anweisung des usbekischen Justizministeriums Nr. 2282 vom 17. November 2012. Personen, die soziale Unterstützung brauchen sehen sich beim Erhalt von Sozialbeihilfen keinen Hindernissen gegenüber (IOM 5.2014).
Usbekistan hat versucht trotz des Systemwechsels ein dichtes soziales Netz aufrechtzuerhalten. Zwischen 1991 und 1994 fand eine schrittweise Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems statt, in deren Verlauf die Ausgaben den verminderten finanziellen Möglichkeiten des Staates angepasst wurden. Seit 1995 ist der Staat bemüht, die Zielgerichtetheit der Sozialleistungen zu verbessern, d. h. allgemeine staatliche Zuwendungen aufzugeben zugunsten von Hilfen für wirklich bedürftige Gruppen. Diese Ziele wurden vor allem durch vier sozialpolitische Komponenten verfolgt:
1. Das Mahalla-System
Die usbekische Regierung schuf das Mahalla - System zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen (GIZ 12.2015b).
2. Unterstützung für Mütter und Kinder
Familien können für Kinder unter 14 Jahren Kinderbeihilfe bekommen. Seit Jänner 2013 ist die Kinderbeihilfe 50% des Mindestlohns für Familien mit einem Kind, 80% für Familien mit zwei Kindern und 120% für Familien mit drei oder mehr Kindern (IOM 5.2014).
Für Familien mit Kindern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, gibt es weitere Möglichkeiten, öffentliche Unterstützung zu erhalten:
> Einmalzahlung zur Geburt eines jeden Kindes (2x Mindestlohn);
> Kindergeld (für unter 2jährige in 1,5facher Höhe des Mindestlohnes);
> Extra-Leistungen und Steuerermäßigungen für Familien mit behinderten Kindern;
> Unterstützungszahlungen für Kinder unter 16 Jahren: für das erste Kind 50% des Mindestlohns, für das 2. Kind 100%, für das 3.Kind 140% und ab dem 4.Kind 170%);
> Materielle Leistungen für bedürftige Familien, z.B. Winterkleidung für Kinder (GIZ 12.2015b).
3. Das Pensionssystem
Die arbeitende Bevölkerung kommt für den Unterhalt der Pensionsbezieher auf. Anspruch auf Pension haben Alte (Männer ab 60, Frauen ab 55 Jahren), Arbeitsunfähige und Familien, die "den Ernährer verloren haben". Die Pensionen sind zwar im Verhältnis zum vorherigen Einkommen großzügig bemessen, können aber angesichts sehr niedriger Gehälter und Löhne kein Existenzminimum sichern. Sie betragen in der Regel 75% des vorherigen Einkommens. Derzeit arbeitet die Regierung an einer umfassenden Rentenreform, die auch Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge mit einbeziehen soll (GIZ 12.2015b; vgl. IOM 5.2014).
4. Arbeitslosenunterstützung
Schon kurz nach der Unabhängigkeit führte die usbekische Regierung einen Beschäftigungsfond ein, der aus den Beiträgen der Arbeitnehmer in Höhe von 2,5% des Lohnes finanziert wird. Die Unterstützung, die Arbeitslose aus diesem Fonds erhalten, ist so gering, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen die Auszahlung überhaupt beantragt. Diese Auflistung vermittelt den Eindruck eines engmaschigen sozialen Netzes. In der Tat ist der Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP in Usbekistan wesentlich geringer als im Durchschnitt der GUS-Staaten gesunken. Der Anteil der Sozialausgaben am öffentlichen Haushalt ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten konstant geblieben. Berücksichtigt man allerdings das gesunkene BIP, ergibt sich absolut betrachtet eine Abnahme der öffentlichen Sozialleistungen - eine Entwicklung, die parallel verläuft zur Entstehung ganz neuer sozialer Problemlagen durch den Transformationsprozess. Der Staat sieht sich nach wie vor zur sozialen Fürsorge verpflichtet, kann der weitverbreiteten Bedürftigkeit aber aufgrund beschränkter Mittel und/oder zu wenig zielgerichteter Allokation nicht nachkommen. Die Zahlen zu unter- und fehlernährten Kindern sprechen hier eine deutliche Sprache (GIZ 12.2015b).
In Einklang mit der bestehenden Gesetzgebung beträgt das Arbeitslosengeld nicht weniger als 50% des durchschnittlichen Einkommens des vorigen Arbeitsplatzes, es soll jedoch nicht weniger als der gesetzliche Mindestlohn sein.
Dauer der Zahlung der Arbeitslosenunterstützung:
* 26 Kalenderwochen während einer zwölfmonatigen Periode für Personen, die ihren Job und Einkommen verloren haben oder die nach einer Langzeitpause (länger als ein Jahr) wieder in die Arbeit einsteigen wollen.
* 13 Kalenderwochen während einer zwölfmonatigen Periode für Personen, die nie gearbeitet haben und das erste Mal nach einem Job suchen. Arbeitslosenunterstützung wird Personen gewährt, die nach dem Arbeitsgesetz als arbeitslos anerkannt sind (IOM 5.2014).
Quellen
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015): Reise- und Sicherheitshinweise, Wirtschaft,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_4962318095FE728C353D7474AF55FE95/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.2.2016