TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/19 98/19/0313

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Veröffentlicht am 19.11.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §113 Abs4;
FrG 1997 §113 Abs5;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs2;
FrG 1997 §7 Abs4;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/19/0165 E 14. Jänner 2000 2000/19/0058 E 8. September 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des 1971 geborenen RW in Wien, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Oktober 1998, Zl. 124.224/2-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Studium" mit Geltungsdauer vom 4. August 1997 bis 4. August 1998.

Am 23. Juli 1998 erklärte der Beschwerdeführer "einen Verlängerungsantrag" auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Aufenthaltszwecke "Student/Schüler" und "selbstständige Erwerbstätigkeit" zu stellen. Er gab an, an einem Wohnsitz im Inland niedergelassen zu sein und eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Reinigungsgewerbe auszuüben.

Aus einem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheid für 1996 sowie aus einer Erfolgsrechnung und einer Steuerberechnung für 1997 ging hervor, dass der Beschwerdeführer in beiden Jahren über Einkünfte aus Gewerbebetrieb, im Jahr 1997 auch über Einkünfte aus selbstständiger Arbeit verfügte.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. August 1998 wurde der als auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewertete Antrag vom 23. Juli 1998 gemäß § 23 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Oktober 1998 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 23 Abs. 2 FrG 1997 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe bis 4. August 1998 über eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Studium" verfügt. Der nunmehr gegenständliche Antrag vom 23. Juli 1998 sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass der Beschwerdeführer neben seinem Studium selbstständig erwerbstätig sein wolle, um seinen Lebensunterhalt und sein Studium finanzieren zu können. Aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 gehe hervor, dass der Beschwerdeführer über Einkommen aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 90.803,-- verfügt habe.

§ 23 Abs. 2 FrG 1997 ordne an, dass Fremden, die beabsichtigten, in Österreich nach Ablauf oder während der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels eine quotenpflichtige unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung dann zu erteilen sei, wenn sie über entsprechende ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligungen verfügten und ein entsprechender Quotenplatz in der Niederlassungsverordnung zur Verfügung stehe. Sei die Quote erschöpft, sei der Antrag hingegen abzuweisen. Für sonstige quotenpflichtige Aufenthaltszwecke gelte diese Bestimmung mit der Maßgabe, dass die Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 oder Abs. 4 FrG 1997 verringere. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 habe die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern höchstens erteilt werden dürften. Die gemäß § 3 Abs. 9 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 1998 festgelegte Anzahl der Bewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für deren Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder für das Bundesland Wien sei ausgeschöpft. Die Berufung des Beschwerdeführers sei daher gemäß § 23 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 1, 3 und 4, § 12 Abs. 3, § 14 Abs. 6, § 18 Abs. 1 und 4, § 22, § 23 Abs. 1 und 2 sowie § 113 Abs. 4 und 5 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als

1.

Aufenthaltserlaubnis oder

2.

Niederlassungsbewilligung

erteilt.

...

(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die

1.

in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder

2.

in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen sind,

brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.

(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn

1.

ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung dient;

...

4.

sie in Österreich erwerbstätig sind, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein.

...

§ 12. ...

...

(3) Fremden darf wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck nicht versagt werden.

...

§ 14. ...

...

(6) Ergibt sich, dass der Antragsteller eine Niederlassungsbewilligung benötigt, so darf einem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht stattgegeben werden; die Möglichkeiten des § 10 Abs. 4 bleiben jedoch unberührt. Das Anbringen ist als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu behandeln und allenfalls unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten; der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.

...

§ 18. (1) Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die

1.

Führungs- und Spezialkräften (Abs. 6) und deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern,

2.

anderen Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern, sowie

...

höchstens erteilt werden dürfen (Niederlassungsverordnung). ...

...

(4) In der Niederlassungsverordnung hat die Bundesregierung schließlich die Höchstzahl jener Niederlassungsbewilligungen von Drittstaatsangehörigen festzulegen, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen dürfen. ...

...

§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird.

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. Waren die Fremden bisher im Besitz einer Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck und erklären sie nunmehr der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung zu stehen (§ 7 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 - AlVG, BGBl. Nr. 609), so ist ihnen auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen unselbstständige Erwerbstätigkeit, zu erteilen. ...

(2) Beabsichtigen Fremde in Österreich - nach Ablauf oder während der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder nach einer Einschränkung gemäß Abs. 1 neuerlich - eine quotenpflichtige unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist ihnen auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung dann zu erteilen, wenn für sie eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen; die Erteilung dieser weiteren Niederlassungsbewilligung verringert jedoch die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 oder 2 um eine. Solchen Fremden steht der Familiennachzug gemäß § 21 offen. § 22 gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen abzuweisen ist. Für sonstige quotenpflichtige Aufenthaltszwecke gelten die nicht auf das Ausländerbeschäftigungsgesetz bezogenen Bestimmungen dieses Absatzes mit der Maßgabe, dass die Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 verringert.

...

§ 113. ...

...

(4) Die Aufenthaltsbewilligungen Fremder, die ab 1. Jänner 1998 eine Aufenthaltserlaubnis benötigen, gelten bis zum Ende ihrer Gültigkeitsdauer - je nachdem - als Erstaufenthaltserlaubnis oder als weitere Aufenthaltserlaubnis.

(5) Die bis 31. Dezember 1997 erteilten Aufenthaltsbewilligungen gelten - je nachdem - als Erstniederlassungsbewilligung oder weitere Niederlassungsbewilligung. Ist die Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck 'unselbstständige Erwerbstätigkeit' erteilt worden, sind die weiteren Niederlassungsbewilligungen für jeglichen Aufenthaltszweck zu erteilen. Ist die Aufenthaltsbewilligung für einen anderen Zweck erteilt worden, so sind die weiteren Niederlassungsbewilligungen für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu erteilen. ..."

Der Beschwerdeführer war an einem inländischen Wohnsitz niedergelassen. Der beantragte Aufenthalt sollte nach den Angaben des Beschwerdeführers in seinem Bewilligungsantrag sowohl dem Zweck des Studiums als auch jenem der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen. Der Beschwerdeführer beabsichtigte daher im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 2 FrG 1997 in Österreich (auch) zur Ausübung einer (selbstständigen) Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen zu bleiben. Er benötigte daher eine Niederlassungsbewilligung, zumal er auch nicht dem in § 7 Abs. 4 FrG 1997 umschriebenen Personenkreis, welcher (nur) eine Aufenthaltserlaubnis benötigt, angehörte: Unter § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG 1997 fiel der Beschwerdeführer nicht, weil sein Aufenthalt nicht ausschließlich dem Zweck eines Studiums, sondern auch der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit diente, dem § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG 1997 war er deshalb nicht zu subsumieren, weil er beabsichtigte, in Österreich an einem Wohnsitz niedergelassen zu bleiben. Es kann den Niederlassungsbehörden daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Anwendung der Bestimmung des § 14 Abs. 6 FrG 1997 als solchen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung behandelten.

Unzutreffend ist aber die Auffassung der belangten Behörde, im Falle des Beschwerdeführers sei § 23 Abs. 2 FrG 1997 anzuwenden:

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Studiums. § 113 Abs. 5 erster Satz FrG 1997 ordnet nun an, dass die bis 31. Dezember 1997 erteilten Aufenthaltsbewilligungen als Niederlassungsbewilligungen gelten. Eine Ausnahme hievon ergibt sich aus § 113 Abs. 4 FrG 1997 lediglich für den Fall, dass der Fremde ab 1. Jänner 1998 (nur) eine Aufenthaltserlaubnis benötigt. Die Aufenthaltsbewilligungen solcher Fremder gelten dann (lediglich) als Aufenthaltserlaubnisse. Dem Wortlaut des § 113 Abs. 4 FrG 1997 ist nun aber nicht zu entnehmen, dass für die Prüfung der Frage, ob ein Fremder (lediglich) eine Aufenthaltserlaubnis "benötigt", schematisch auf den in der zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung angegebenen Aufenthaltszweck abzustellen wäre, also Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck des Studiums im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 jedenfalls (nur) als Aufenthaltserlaubnisse weiter zu gelten hätten.

Gegen die Auffassung, der Begriff "benötigen" in § 113 Abs. 4 FrG 1997 stelle auf den Aufenthaltszweck der zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung ab, spricht zunächst folgendes systematisches Argument:

Die Frage der Weitergeltung einer Aufenthaltsbewilligung als bloße Aufenthaltserlaubnis stellt sich nicht bloß im Zusammenhang mit § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG 1997, sondern etwa auch in jenem mit § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG 1997. Der in § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG 1997 umschriebene Personenkreis (Drittstaatsangehörige, die in Österreich erwerbstätig sind, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein) hätte gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG eine Aufenthaltsbewilligung benötigt, und zwar mit dem Aufenthaltszweck "unselbstständige Erwerbstätigkeit" oder "selbstständige Erwerbstätigkeit" (vgl. § 1 Z. 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995). Den in solchen Aufenthaltsbewilligungen aufscheinenden Aufenthaltszwecken könnte aber nicht entnommen werden, ob der Inhaber in Österreich erwerbstätig ist, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein. Eine Einordnung solcher Aufenthaltsbewilligungen als Niederlassungsbewilligungen oder als Aufenthaltserlaubnisse nach § 113 Abs. 4 FrG 1997 wäre dann nicht möglich.

Das Verständnis des Begriffes "benötigen" in § 113 Abs. 4 FrG 1997 orientiert sich folglich nicht am Zweck der zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung, sondern vielmehr daran, ob der Fremde lediglich Bedarf nach einer Aufenthaltserlaubnis oder aber solchen nach einer Niederlassungsbewilligung hat. Ein solcher Bedarf ist für einen Fremden jedenfalls schon dann gegeben, wenn dieser nach Maßgabe der in seinem rechtzeitig gestellten Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels geltend gemachten Zwecke in Anschluss an die Vorbewilligung eine weitere Niederlassungsbewilligung benötigt, er also mit einer weiteren Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe dieser Zwecke nicht das Auslangen fände.

Liegt also - wie hier - ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels vor und kann nach Maßgabe der darin geltend gemachten Zwecke des Aufenthaltes an die zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung nur mit einer weiteren Niederlassungsbewilligung angeschlossen werden, so gilt diese zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung, jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Antragstellung, selbst als Niederlassungsbewilligung, nicht als bloße Aufenthaltserlaubnis. Nur dadurch kann der vom Fremden angestrebte quotenfreie Anschluss an diese Aufenthaltsbewilligung durch eine weitere Niederlassungsbewilligung gewährleistet werden. Ergibt sich also der "Bedarf" nach einer Niederlassungsbewilligung schon aus dem Inhalt eines rechtzeitig gestellten Antrages auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels, so hängt die Qualifikation der zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung, jedenfalls für den Zeitraum ab Antragstellung, nicht davon ab, ob der Fremde die letztgenannte Bewilligung (seit dem 1. Jänner 1998) auch tatsächlich für andere als die in § 7 Abs. 4 FrG 1997 umschriebenen Zwecke genutzt hat oder nicht. Ob die Nutzung einer solchen Aufenthaltsbewilligung durch den Fremden (ab dem 1. Jänner 1998) zu anderen als den in § 7 Abs. 4 FrG 1997 genannten Zwecken eben dieser Bewilligung auch unabhängig von einer Antragstellung im oben aufgezeigten Sinne den Charakter einer Niederlassungsbewilligung verschaffen kann, kann hier dahingestellt bleiben.

Dieses Interpretationsergebnis findet seine Stütze insbesondere auch in folgender Überlegung:

Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes (AufG) berechtigte eine Aufenthaltsbewilligung - unabhängig davon, zu welchem Zweck sie erteilt wurde - den Fremden zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für deren Geltungsdauer. Eine Einschränkung des Umfanges dieser Berechtigung auf den bei der Antragstellung geltend gemachten Aufenthaltszweck war dem § 10 Abs. 1 AufG in keiner seiner Fassungen zu entnehmen. Dem geltend gemachten Aufenthaltszweck kam im System des Aufenthaltsgesetzes daher in erster Linie der Charakter einer Antragsbegründung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/19/1837).

Dementsprechend war während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes ein Fremder, welcher - wie der Beschwerdeführer - über eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Studiums verfügte, fremden- und aufenthaltsrechtlich durchaus berechtigt, neben diesem Studium auch einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, mag in ihr auch der Aufenthaltszweck "Studium" ausgewiesen sein, wurde demnach die Berechtigung erworben, während der Geltungsdauer dieser Bewilligung auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet auszuüben.

Bei der Auslegung der Übergangsbestimmungen des § 113 Abs. 4 und des § 113 Abs. 5 erster Satz FrG 1997 ist - jedenfalls im Zweifel - davon auszugehen, dass der Gesetzgeber des FrG 1997 den Umfang bereits erteilter Bewilligungen nicht einschränken wollte. Weiters ist zu beachten, dass dem FrG 1997 die Systemvorstellung zugrunde liegt, wonach an eine Bewilligung mit einem bestimmten Berechtigungsumfang grundsätzlich quotenfrei durch eine weitere Bewilligung mit gleichem Berechtigungsumfang angeknüpft werden kann.

Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer schon aufgrund der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligung vor Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 zur Niederlassung und zur selbstständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet berechtigt. Aus seinem Antrag vom 23. Juli 1998 geht hervor, dass er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zukünftig für diese Zwecke zu nutzen beabsichtigte.

Hiefür benötigte der Beschwerdeführer aber - wie bereits oben ausgeführt - eine Niederlassungsbewilligung. In seinem Fall war daher nicht § 113 Abs. 4 FrG 1997, sondern § 113 Abs. 5 erster Satz FrG 1997 anzuwenden.

Galt die dem Beschwerdeführer vor dem 31. Dezember 1997 erteilte Aufenthaltsbewilligung aber als Niederlassungsbewilligung im Sinne des § 113 Abs. 5 erster Satz FrG 1997, so war für die Anknüpfung an dieselbe mit einer weiteren Niederlassungsbewilligung vorliegendenfalls § 113 Abs. 5 dritter Satz leg. cit. maßgeblich. War die Aufenthaltsbewilligung - wie im Fall des Beschwerdeführers - für einen anderen Zweck als den der "unselbstständigen Erwerbstätigkeit" erteilt worden, so waren die weiteren Niederlassungsbewilligungen, also auch die hier der Sache nach beantragte, für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu erteilen. Vom Zweckumfang einer solchen Niederlassungsbewilligung wären aber die hier vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Aufenthaltszwecke "Studium" und "selbstständige Erwerbstätigkeit" jedenfalls umfasst.

Bei der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 5 dritter Satz FrG 1997 handelt es sich aus folgenden Überlegungen nicht um eine quotenpflichtige Zweckänderung im Sinne des § 23 Abs. 2 FrG 1997:

Gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 ist Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. Nur dann also, wenn der Zweckumfang gegenüber der zuvor erteilten Bewilligung geändert (erweitert) werden soll (oder der Fremde an eine Aufenthaltserlaubnis mit einer quotenpflichtigen Niederlassungsbewilligung anzuschließen beabsichtigt), kommt § 23 Abs. 2 FrG 1997 zum Tragen. Eine Aufenthaltsbewilligung, welche aus dem Grunde des § 113 Abs. 5 erster Satz FrG 1997 als Niederlassungsbewilligung gilt, weist nun aber keinen Zweckumfang im spezifischen Verständnis des FrG 1997 auf. Folglich regeln der zweite und der dritte Satz dieser Bestimmung, welche Zweckumfänge im Sinne des FrG 1997 als mit jenem einer vor dem 31. Dezember 1997 erteilten Aufenthaltsbewilligung als ident zu gelten haben. Gemäß § 113 Abs. 5 dritter Satz FrG 1997 gilt eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit als eine solche mit demselben Zweckumfang wie eine Aufenthaltsbewilligung für einen anderen Zweck als den der unselbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Erteilung der erstgenannten Bewilligung im Anschluss an die zweitgenannte darf daher gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 nicht verweigert werden. Gleiches würde nach dem zweiten Satz des § 113 Abs. 5 FrG 1997 für den - ebenfalls nicht quotenpflichtigen - Umstieg von einer Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck unselbstständige Erwerbstätigkeit auf eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck gelten.

Indem sie diese Rechtslage verkannte, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Eine Kostenentscheidung entfiel, weil der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Aufwandersatz nicht beantragt hat (§ 59 VwGG).

Wien, am 19. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998190313.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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