TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 I408 2202481-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I408 2202481-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Marokko, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 10.07.2018, Zl. 1100636500-180453365, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt IV. wie folgt zu lauten hat:

"Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach MAROKKO zulässig ist."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 25.12.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der als unbegründet abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. U.e. wurde über ihn ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Diese Entscheidung erwuchs mit 28.07.2017 in Rechtskraft. Diesen Antrag begründete er mit Streitigkeiten in der Familie und fehlenden wirtschaftlichen Alternativen. Als Auslöser für das Verlassen seines Herkunftsstaates gab er an, einen Brief von oben, von der Polizei zu einem Interview erhalten zu haben. Seine Freunde seien danach 10 Jahre im Gefängnis gewesen. Er werde zudem von einer Familie verfolgt. (AS 63-71).

Am 11.05.2018 stellte er nach seiner Rücküberstellung aus der Schweiz einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Lt. Auskunft seiner Mutter würden Gläubiger und Polizei nach ihm suchen.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid 10.07.2018 wurde dieser Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) Außerdem wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.)

Mit der fristgerecht durch die bevollmächtigte Rechtsberatung eingebrachte Beschwerde vom 26.07.2018 wurde diese Entscheidung in vollem Umfang bekämpft und dem BVwG am 02.08.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko, ist volljährig und befindet sich in einem guten gesundheitlichen Allgemeinzustand.

Seit 27.07.2018 befindet er sich in Schubhaft.

Seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte er am 25.12.2015. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.07.2017 abgewiesen, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach Marokko erlassen und ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt. Diese Entscheidung erwuchs am 28.07.2017 in Rechtskraft.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.02.2016, XXXX wurde er wegen Verbrechens nach § 15 StGB, § 269 (1) StGB, § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer seit 21.11.2016 über keinen gemeldeten Wohnsitz mehr, hat hier keine Verwandte oder sonstige maßgebliche private und familiäre Beziehungen. Er weist auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Die vom Beschwerdeführer nach seiner Rücküberstellung aus der Schweiz am 11.05.2018 neu vorgebrachten Fluchtgründe, er werde in seinem Herkunftsstaat von Gläubigern und der Polizei gesucht, sind unglaubwürdig und stellen zudem keine asylrelvante Verfolgung dar.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 10.07.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet auch wenn über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen berichtet wird. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat, abgesehen von Kopierfehlern im Bescheid, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes, insbesondere den Niederschriften, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid sowie dem angeführten Bescheid vom 04.07.2017 in Bezug auf seinen (ersten), rechtskräftig abgewiesenen Antrag und den eingeholten Abfragen aus ZMR, Strafregister und IZR.

Seine strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich aus der aktuellen Strafregisterabfrage.

Die nicht vorhandenen familiären oder privaten Beziehungen im Bundesgebiet sowie das Fehlen von maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 18.06.2018 (AS 303-ff).

Zu seinem neuerlichen Fluchtvorbringen:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des verfahrensgegenständlichen Bescheides sich umfassend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers - er werde von Gläubigern und der Polizei gesucht - auseinandergesetzt und zweifelsfrei herausgearbeitet, warum sie diesem keinen Glauben schenkt (Bescheid S 28-30). Auch für den erkennenden Richter gibt es keinerlei Ansätze, die dieses Vorbringen nur den Ansatz einer Glaubhaftigkeit zukommen lässt. Er bleibt in seinen Angaben oberflächlich und unbestimmt und verstärkt, zuletzt mit seiner Behauptung, er stamme nicht aus Marokko, sondern aus der Westsahara den Eindruck, dass es ihm nur darum geht, in irgendeiner Form eine Abschiebung nach Marokko zu verhindern. Unabhängig davon stellt eine (ordnungsgemäßen) Ladung durch die Polizei keine asylrelevante Verfolgung dar.

Es ist dem Beschwerdeführer damit nicht gelungen, neue Sachverhaltselemente vorzubringen, die eine Neubehandlung seiner "Sache" bedingt.

Auch der Beschwerde kann nichts entnommen werden, die diese Begründung in Zweifel ziehen könnte.

Die Feststellungen zur Lage Marokko ergeben sich aus den im Bescheid angeführten Berichten und Quellen der Staatendokumentation. Auch wenn im Spruch von "Algerien" gesprochen wird, enthält der verfahrensgegenständliche Bescheid die entsprechenden Feststellungen zu Marokko. Ein Umstand, der auch in der Beschwerde nicht gerügt worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist der belangten Behörde beizupflichten, dass kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte und somit die Zurückweisung wegen § 68 AVG zu Recht erfolgt war.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.3. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall eine Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Nachdem der Beschwerdeführer aufgrund der (negativen) ersten Asylentscheidung Österreich 2017 verlassen hat, hält er sich erst seit seiner Rücküberstellung im Mai 2018 wieder in Österreich auf. Er verfügt in Österreich über keine erkennbaren familiären oder privaten Beziehungen, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keinen gemeldeten privaten Wohnsitz auf. Seit 27.07.2018 befindet er sich in Schubhaft.

Auf der andren Seite verbrachte der Beschwerdeführer die prägenden Jahre seines Lebens in Marokko, ist mit den örtlichen und kulturellen Verhältnissen vertraut und steht über seine Mutter mit seinen Familienangehörigen in Kontakt. Von einem 22jährigen Mann, der seit Ende 2016 in Österreich bzw. in Europa aufhältig ist, ist zu erwarten, dass er in der Lage ist, dort nach einer Rückkehr sich eine Lebensgrundlage aufzubauen.

Unter Abwägung der berührten Interessen ergibt sich, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des geltenden Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Unabhängig davon spricht auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet für ein überwiegen des öffentlichen Interesses.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.4. Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Marokko zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens dort verbracht.

Er hat, wegen seines Alters und seiner Gesundheit die Möglichkeit, am Arbeitsmarkt fündig zu werden und wird in der Lage sein, in Marokko, auch mit Unterstützung seiner dort lebenden Familienangehörigen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich - auch ohne Straftaten - wirtschaftlich besser leben kann als in Nigeria, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht festgestellt worden. Er ist in Marokko keinen asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen und seinem Vorbringen in Bezug auf eine Verfolgung durch Gläubiger und die Polizei ist - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt - kein Glauben zu schenken.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko als rechtmäßig, zumal es sich um Marokko um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

3.5. Zur Gewährung keiner Frist für eine freiwillige Ausreise

Nach § 55 Abs. 1a FPG besteht im Fall einer zurückweisenden Entscheidung nach § 68 AVG keine Frist für eine freiwillige Ausreise.

Die diesbezügliche Entscheidung de belangten Behörde ist damit nicht zu beanstanden und die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

3.6. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

Nach § 18 Abs. 1 Z 6 kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen worden ist.

Diese Voraussetzung liegt im gegenständlichen Fall vor, sodass auch dieser Spruchpunkt zu bestätigen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe drei Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen ist unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 VFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall - wie oben dargelegt - aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Folgeantrag, Identität der Sache, Interessenabwägung, öffentliches
Interesse, Prozesshindernis der entschiedenen Sache,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.2202481.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten