TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/7 I408 1253094-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2018
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Entscheidungsdatum

07.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I408 1253094-7/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Nigeria, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 27.06.2018, Zl. 277395004-171407327, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte der Beschwerdeführer nach illegaler Einreise am 28.01.2003 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, am 25.10.2010 nach Rücküberstellung aus England seinen zweiten, am 07.10.2011 nach Rücküberstellung aus Norwegen seinen dritten und am 31.01.2013 seinen vierten. Der ersten beiden Anträge wurde rechtskräftig abgewiesen, die beiden anderen wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen, jeweils verbunden mit einer Ausweisungs- bzw. Rückkehrentscheidung.

Nach Rechtskraft der vierten negativen Entscheidung am 20.11.2017 stellte der Beschwerdeführer am 20.12.2017 seinen nunmehr fünften Antrag auf internationalen Schutz.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid 27.06.2018 wurde dieser Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.)

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer über seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet unter Bluthochdruck, ist ansonsten gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer verbrachte nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat. 2003 reiste er illegal nach Österreich und kehrte nach einem Aufenthalt in Großbritannien 2010 wieder nach Österreich zurück. 2011 wurde er von Norwegen nach Österreich rücküberstellt und 2017 aus Ungarn. Trotz der vier für den Beschwerdeführer negativen Asylentscheidungen war der Beschwerdeführer bisher nicht bereit, den ergangenen Rückkehrentscheidungen zu entsprechen und in seinen Herkunftssaat zurückzukehren.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er weist auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er ist in Österreich nicht berufstätig, lebt in einem Heim der Assocation for Democracy in Africa und ist von Leistungen der Grundversorgung abhängig.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.04.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen § 28 (1) 1.2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, davon 12 Monate bedingt, verurteilt (Datum der letzten Tat: 07.08.2015). Daneben bestehen drei weitere Verurteilungen wegen Vergehen nach dem SMG aus 2003 und 2004.

Die seitens des Beschwerdeführers im durchgeführten Ermittlungsverfahren ins Treffen geführten Fluchtgründe können mangels Glaubhaftigkeit nicht als gesicherter Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Die Homosexualität bzw. sich daraus ergebende Probleme oder ein konkretes Gefährdungspotential konnten seitens des Beschwerdeführers nicht glaubhaft vorgebracht werden.

Beide Punkte (Homosexualität bzw. sich daraus ergebende Probleme oder ein konkretes Gefährdungspotential) waren bereits Gegenstand des vierten Asylverfahrens, welches wegen entschiedener rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Die diesbezügliche Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 18.03.2014, W153 125094-4/5E, abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides vollinhaltlich an.

Laut den Länderfeststellungen besteht im Herkunftsstaat kein Bürgerkrieg, die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist grundsätzlich gewährleistet und es herrscht keine Hungersnot. Der Beschwerdeführer selbst ist volljährig, gesund und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit sein nötiges Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere den Niederschriften, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde, dem angeführten Erkenntnis des BVwG vom 18.03.2014 und den eingeholten Abfragen aus ZMR, Strafregister und IZR.

Seine strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich aus der aktuellen Strafregisterabfrage und des o.a. Erkenntnisses des BVwG.

Die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich, seinen wiederholten Antragstellungen in Bezug auf internationalen Schutz sowie seinen Rücküberstellungen aus anderen Ländern der EU ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde.

Zu seinem neuerlichen Fluchtvorbringen:

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Die von der Erstbehörde vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des VwGH, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennt, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Aussagen macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den Erfahrungen entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des nunmehr fünften Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, zumal über die Homosexualität bzw. die sich daraus ergebenden Probleme bereits im vierten Verfahren rechtskräftig abgesprochen und vom Bundesverwaltungsgericht bereits damals seine angeblich seit Jahren bestehende homosexuelle Orientierung als unglaubwürdige Steigerung der Asylgründe zum Zweck der Verfahrensverzögerung angesehen worden ist.

Auch das Vorbringen zum konkreten Antrag des Beschwerdeführers, drei ihm als homosexuell bekannte Personen, zu welchen er lediglich die Vornamen Jude, David und Peter angeben konnte, wären von einer neuen Polizeieinheit, die gegen Homosexuelle vorgehen soll, verhaftet worden und es wäre möglich, dass diese seinen Namen der Polizei genannt haben könnten, enthält keinen glaubhaft asylrelevanten Kern. Wie auch die belangte Behörde ausführt (Bescheid S 27-28) stellt dieses, weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme substantiierte Vorbringen, welches nur auf Spekulationen aufbaut, nur eine weitere Steigerung eines bereits als unglaubhaft erkanntes Vorbringen dar. Ein neuer Sachverhalt, welcher eine anderslautende Entscheidung rechtfertigen würde, liegt damit nicht vor.

Insgesamt gesehen konnte vom Beschwerdeführer eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden.

In der Beschwerde wurde nur allgemein auf Einzelberichte in Bezug auf Homosexuelle hingewiesen, es erfolgte aber keine Auseinandersetzung mit der Begründung der belangten Behörde im verfahrensgegenständlichen Bescheid.

Die Feststellungen zur Lage in Nigeria, insbesondere im Hinblick auf eine Rückkehr, ergeben sich aus den im Bescheid angeführten Berichten und Quellen der Staatendokumentation.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.

Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Hierbei darf die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind (vgl. z.B. VwGH 23. 1. 1997, 95/09/0189; VwGH 6. 3. 1997, 94/09/0229). In der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid bzw. in einer allfälligen Beschwerdeergänzung können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (VwGH 28. 10. 2003, 2001/11/0224).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist dem Bundesasylamt beizupflichten, dass kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte und somit die Zurückweisung wegen § 68 AVG zu Recht erfolgt war.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.3. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall eine Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

In Österreich und Europa hält sich der Beschwerdeführer nur aufgrund abgewiesener oder zurückgewiesener Anträgen auf internationalen Schutz auf und verhindert seit Jahren eine Abschiebung durch die Stellung von immer wieder neuen Anträgen. Der Beschwerdeführer hat den sich daraus ergebenden langjährigen Aufenthalt auch nicht für sich genutzt. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, er verfügt im Bundesgebiet über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen, weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf, ist hier weder berufstätig noch selbsterhaltungsfähig, lebt in einem Heim der Assocation for Democracy in Africa und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Hinzu kommen 4 rechtskräftige Vorstrafen wegen Vergehen nach dem SMG.

Auch wenn sich der Beschwerdeführer seit 2003 in Europa aufhält, verbrachte er die prägenden Jahre seines Lebens in Nigeria und ist mit den örtlichen und kulturellen Verhältnissen vertraut. Von einem 45-jährigen Mann ist zu erwarten, dass er in der Lage ist, dort nach einer Rückkehr sich wieder eine neue Lebensgrundlage aufzubauen.

Unter Abwägung der berührten Interessen ergibt sich, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des geltenden Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Unabhängig davon spricht auch die wiederholte Straffälligkeit des Beschwerdeführers an einem überwiegen des öffentlichen Interesses.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.4. Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens dort verbracht.

Er hat, wegen seines Alters und seiner Gesundheit die Möglichkeit, am Arbeitsmarkt fündig zu werden und wird in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich - auch ohne Straftaten - wirtschaftlich besser leben kann als in Nigeria, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht festgestellt worden. Er ist in Nigeria keinen asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen und seinem Vorbringen in Bezug auf seine Homosexualität ist - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt - kein Glauben zu schenken.

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

3.5. Zur Gewährung keiner Frist für eine freiwillige Ausreise

Nach § 55 Abs. 1a FPG besteht im Fall einer zurückweisenden Entscheidung nach § 68 AVG keine Frist für eine freiwillige Ausreise.

Die diesbezügliche Entscheidung de belangten Behörde ist damit nicht zu beanstanden und die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe drei Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen ist unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 VFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall - wie oben dargelegt - aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

- Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Folgeantrag, Homosexualität, Identität der Sache,
Interessenabwägung, öffentliches Interesse, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache, Rückkehrentscheidung, vage Mutmaßungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.1253094.7.00

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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