Entscheidungsdatum
07.08.2018Norm
AuslBG §12bSpruch
L517 2195798-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Geschäftsstelle XXXX, vom 16.04.2018, GZ: XXXX beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
08.03.2018 - Antrag auf Zulassung von XXXX ("Arbeitnehmerin"), Staatsangehörigkeit Bosnien-Herzegowina, als Schlüsselkraft gem. § 12b Abs. 1 AuslBG im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei ("bP") für die berufliche Tätigkeit als administrative Unterstützung der QS-Abteilung
12.03.2018 - Schreiben des AMS, Geschäftsstelle XXXX (belangte Behörde bzw. "bB") - Parteiengehör betreffend Vermittlungsauftrag / Übermittlung des Vermittlungsauftrages durch die bP
13.04.2018 - Sitzung des Regionalbeirates
16.04.2018 - Bescheid der bB, Abweisung des Antrages auf Zulassung als sonstige Schlüsselkraft
02.05.2018 - Beschwerde der bP
16.05.2018 - Beschwerdevorlage am BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Für die beantragte Arbeitnehmerin besteht eine Aufenthaltsbewilligung Studierende. Mit Bescheid vom 10.07.2017 wurde der Arbeitnehmerin eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Reinigungsarbeiterin für die Zeit vom 10.07.2017 bis 09.07.2018 erteilt.
Am 08.03.2018 wurde der Antrag auf Zulassung von oben genannter Arbeitnehmerin als sonstige Schlüsselkraft im Unternehmen der bP für die berufliche Tätigkeit als administrative Unterstützung der QS-Abteilung gestellt.
Folgende Unterlagen wurden in Kopie in Vorlage gebracht:
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ÖSD Zertifikat B2 vom 03.05.2016
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Arbeitgebererklärung (Tätigkeit: "administrative Unterstützung der QS-Abteilung": QS Mithilfe, Unterstützung bei Messungen, administrative Unterstützung; Vermittlung von Ersatzkräften nicht erwünscht, da die beantragte Arbeitnehmerin das Unternehmen schon länger kenne und mit der Tätigkeit vertraut sei)
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Bestätigung der Universität zu XXXX, Ökonomische Fakultät, vom 12.12.2013 über die Beendigung des akademischen Studiums des ersten Zyklus des Studienprogramms Ökonomie, Diplom am 20.12.2012
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Diplom der Universität zu XXXX, Ökonomische Fakultät, vom 11.07.2013 über die erlangte Hochschulbildung und den erlangten akademischem Titel "Diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin"
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Bescheinigung der Universität zu XXXX, Ökonomische Fakultät, vom 28.11.2013 über die bestandenen Prüfungen
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Lohn- und Gehaltsabrechnungen vom Februar 2018, Jänner 2018, Dezember 2017
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Reisepass
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Auszug aus dem Geburtsregister
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Studienblatt der XXXX für das Sommersemester 2018 (Zulassungsbeginn: 10.02.2014)
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Bestätigung des Studienerfolges an der XXXX, Masterstudium Management and Applied Economics
Mittels Schreiben der bB vom 12.03.2018 wurde die bP zur Abgabe des Vermittlungsvertrages aufgefordert, dem die bP entsprach und darin anführte:
Berufsbezeichnung: administrative technische Unterstützung.
Detaillierte Tätigkeitsbeschreibung: ERP-Pflege (QS-Daten, Artikelstammdaten); Messungen QS, administrative Unterstützung, Assistentin der Betriebsleitung, Reinigung im Medizin- und Messbereich. Erforderliche höchste abgeschlossene Ausbildung:
abgeschlossenes Studium, Matura. Zusätzliche erforderliche Qualifikation, Kenntnisse oder Berufspraxis: langjährige Berufserfahrung, Kennen des Betriebs, interne Schulungen, steriles Arbeiten.
Nach Anhörung des Regionalbeirates wurde mit Bescheid der bB vom 16.04.2018 der Antrag vom 08.03.2018 abgewiesen. Begründend führte die bB aus, dass statt der erforderlichen Mindestpunktezahl von 50 nur 35 angerechnet werden hätten können. Für die Sprachkenntnisse hätten 15 Punkte und für das Alter von 29 Jahren 20 Punkte angerechnet werden können. Auf der Arbeitgebererklärung sei angegeben worden, dass keine Vermittlung von Ersatzkräften erwünscht sei, da die Arbeitnehmerin das Unternehmen länger kenne und mit der Tätigkeit vertraut sei. Die Beschäftigungsbewilligung sei jedoch für die Tätigkeit Reinigungsarbeiter/in ausgestellt worden. Auf dem Vermittlungsauftrag seien bei der Tätigkeitsbeschreibung hauptsächlich Tätigkeiten im Bereich Unterstützung, Mithilfe und Reinigung angegeben worden, was Hilfstätigkeiten bzw. einfache angelernte Tätigkeiten seien. Voraussetzung für ein positives Gutachten für Schlüsselkräfte sei unter anderem eigenständiges Arbeiten. Die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte für Hilfstätigkeiten bzw. einfache angelernte Tätigkeiten sei generell nicht zulässig, da dies dem System der Schlüsselkraftzulassung widerspreche und der Wille des Gesetzgebers nicht darauf gerichtet sei, mit der Rot-Weiß-Rot Karte Hilfskräfte nach Österreich zu holen. Mit der Novelle zum AuslBG, BGBl I Nr. 25/2011 sei das kriteriengeleitete Zuwanderungssystem eingeführt worden und sei aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage erkennbar, dass sonstigen Schlüsselkräften aus Drittstaaten nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden solle. Eine Tätigkeit, die im überwiegenden Ausmaß in Hilfsarbeitertätigkeiten oder einfachen angelernten Tätigkeiten bestehen solle, wie im konkreten Fall beabsichtigt sei, sei im Rahmen einer solchen Berechtigung daher nicht möglich.
In ihrer dagegen am 02.05.2018 bei der bB eingelangten Beschwerde führte die bP aus, dass die beantragte Arbeitnehmerin, trotz Bereitstellung aller notwendigen Dokumente, eine nicht zufriedenstellende Antwort erhalten hätte. Der Grund der Ablehnung habe gelautet, dass Hilfskräfte bzw. einfach angelernte Tätigkeiten keine Schlüsselkräfte darstellen würden. Die beantragte Arbeitnehmerin sei zurzeit als Hilfskraft auf Teilzeitbasis angestellt, werde jedoch in Zukunft aufgrund ihrer abgeschlossenen Ausbildung im Bereich Wirtschaftswissenschaft an der Universität in Bosnien und Herzegowina im Bereich Organisation und Qualitätsmanagement beschäftigt werden. Für diese Arbeit, die sich mit umfassenden Messungen auseinandersetze, sei ihre Qualifikation für das Unternehmen von großer Bedeutung. Somit sei sie eine Schlüsselkraft. Die bP ersuche um nochmalige Überprüfung der Unterlagen bzw. Anrechnung des Abschlusses der Arbeitnehmerin. Derzeit seien die Qualifikationen mit 0 geschätzt worden, was nicht verständlich sei.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, durch Einholung eines Firmenbuchauszuges sowie den sonstigen relevanten Unterlagen.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
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Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
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Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl Nr 51/1991 idgF
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Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr. 218/1975 idgF
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Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
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Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
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Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gemäß § 20g Abs. 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Dies auch unter dem Aspekt, dass, um eine Entscheidung in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren treffen zu können, vorher vom Bundesverwaltungsgericht noch notwendige ergänzende Ermittlungen durch Einholung von weiteren Sachverständigengutachten vorzunehmen wären. Dementsprechend würde es das Verfahren iSd § 28 Abs. 2 VwGVG nicht beschleunigen und auch keine Kostenersparnis mit sich bringen. Die Behörde ist in diesem Fall an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Gegenständliche Entscheidungsform stellt nach Ansicht des ho. Gerichtes ein verfahrensökonomisches Instrument, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche verfahrensbeschleunigende Wirkung dar, welches generell vorab durch die Behörde zu prüfen und einzelfallbezogen in Betracht zu ziehen wäre.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Nach Ansicht des Gerichtes liegt zwar die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Prüfung der Beschwerde vor. Eine Senatszuständigkeit, wie sie im § 20g AuslBG normiert ist, wird dadurch aber nicht begründet. Dies ergibt sich ua aus § 28 iVm § 31 VwGVG in Zusammenschau mit der zitierten Bestimmung des AuslBG. Laut § 20g AuslBG liegt eine zwingende Senatszuständigkeit hinsichtlich Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice vor. Im gegenständlichen Fall bedarf es aber keiner Entscheidung auf Grundlage der zitierten Bestimmung.
Schlussfolgernd liegt keine Zuständigkeit für einen Senat iSd § 20g AuslBG, sondern eine Einzelrichterzuständigkeit iSd § 6 BVwGG vor.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Durch die Zurückverweisung wird die Rechtssache nicht materiell erledigt, sondern es handelt sich um eine prozessuale Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senats und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.
Da die gegenständliche Rechtssache für eine materielle Entscheidung mangels hinreichend feststehenden Sachverhaltes für den Senat noch nicht verhandlungs- bzw. entscheidungsreif war, ergibt sich die Zuständigkeit für diese Zurückverweisung als Einzelrichter und ist unter Zugrundelegung der oben angeführten Erwägungen der Bescheid nach § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und zur neuerlichen Erlassung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Dies auch unter dem Aspekt der Raschheit und Wirtschaftlichkeit iSd § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG, da aufgrund der infrastrukturellen Gegebenheiten des BVwG das anhängige Verfahren mit Sicherheit nicht rascher, sondern nur kostenintensiver im Vergleich zum Sozialministeriumservice, durch Einholung weiterer Sachverständigengutachten, durchgeführt werden kann.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 (und in weiterer Folge auch mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Ra 2014/08/0005), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.
Gemäß § 37 AVG iVm § 17 VwGVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Die "Feststellung" des maßgebenden Sachverhaltes erstreckt sich auf die Ermittlung aller unter diesem Gesichtspunkt in Betracht kommenden Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise (VwGH 21.12.1978, 1240/77; VwSlg 13.635 A/1992; VwGH vom 20.10.1992, 91/08/0096). Die Sachverhaltsfeststellung durch ein ordnungsgemäß (vgl. §§ 39 bis 55 AVG) durchgeführtes Ermittlungsverfahren ist unerlässliche Voraussetzung für die mängelfreie Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit (vgl. VwGH 01.07.1993, 93/09/0051).
In der Begründung des Bescheides sind grundsätzlich die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0156; 13.10.1991, 90/09/0186, Slg.Nr. 13.520/A; 28.07.1994, 90/07/0029). Zu einer lückenlosen Begründung gehört nicht nur die Feststellung des Sachverhalts, sondern auch die Anführung der Beweismittel (im Einzelnen), auf die die Feststellungen gegründet werden (vgl. VwGH 28.03.2007, 2006/12/0115).
Im vorliegenden Fall geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führen, nicht gegeben sind.
Sache der Behörde ist lediglich die Prüfung, ob die von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten konkret umschrieben sind, in den betrieblichen Notwendigkeiten ihre Deckung finden und die darüber erbrachten Nachweise ausreichen (VwGH vom 10.09.2015, Ro 2015/09/0011).
Im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist es grundsätzlich Sache des Beschäftigers, das Anforderungsprofil hinsichtlich des zu besetzenden Arbeitsplatzes und der konkreten von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten auf abstrakte Weise festzulegen. Der Beschäftiger hat zwar nach § 4a Abs. 1 letzter Satz AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Die belangte Behörde ist in diesem Rahmen aber grundsätzlich an das von der antragstellenden Partei formulierte Anforderungsprofil gebunden. Auch die - durchaus von der Antragstellerin festzulegenden - Besonderheiten des Arbeitsplatzes und damit auch der an eine Ersatzkraft gestellten besonderen Anforderungen entbindet aber anderseits die antragstellende Partei nicht von ihrer Obliegenheit, an einem Ersatzkraftstellungsverfahren im Sinne des § 4b Abs. 1 AuslBG teilzunehmen (VwGH vom 15.05.2008, 2005/09/0106).
Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus - in Zusammenhang mit der beantragten Tätigkeit - Folgendes:
Das Antragsformular und die Arbeitgebererklärung bezeichneten die berufliche Tätigkeit als "administrative Unterstützung der QS Abteilung", in der genauen Beschreibung der Tätigkeit wurden "QS Mithilfe, Unterstützung bei Messungen, administrative Unterstützung" angeführt. Im Vermittlungsauftrag gab die bP an: "Berufsbezeichnung:
administrative technische Unterstützung. Detaillierte
Tätigkeitsbeschreibung: "ERP-Pflege (QS-Daten, Artikelstammdaten); Messungen QS, administrative Unterstützung, Assistentin der Betriebsleitung, Reinigung im Medizin- und Messbereich.
Erforderliche höchste abgeschlossene Ausbildung: abgeschlossenes Studium, Matura. Zusätzliche erforderliche Qualifikation, Kenntnisse oder Berufspraxis: langjährige Berufserfahrung, Kennen des Betriebs, interne Schulungen, steriles Arbeiten."
Die Annahme der bB, dass es sich hierbei um einfache angelernte Tätigkeiten bzw. Hilfsarbeitertätigkeiten handle, ist für das Gericht mangels konkreter Angaben nicht nachvollziehbar. Eine Tätigkeit in der Qualitätssicherung ist für eine Wirtschaftswissenschafterin nicht denkunmöglich und lassen alleine die Formulierungen "Unterstützung" und "Mithilfe" nicht den Schluss zu, dass es sich um Hilfsarbeiten handelt. Die bB hat es unterlassen, den genauen Willen des Arbeitgebers zu erforschen, in welchem Bereich und mit der Betrauung welcher Aufgaben dieser die Arbeitnehmerin zu beschäftigen beabsichtigt. Ohne konkrete Anhaltspunkte dafür zu haben, ist es nicht möglich, zu schlussfolgern, dass die Arbeitnehmerin nicht als sonstige Schlüsselkraft in Betracht kommt. Wenn die bP in die Arbeitgebererklärung angibt, dass für die angestrebte Tätigkeit Matura bzw. darüber hinaus ein abgeschlossenes Studium erforderlich wären, so lässt diese Angabe konkrete Informationen dahingehend vermissen, ob nun Matura alleine ausreicht bzw. welches Studium aus welchem Grund erforderlich ist. Den Willen der bP im Sinne einer ausführlichen Beschreibung der vorgesehenen Tätigkeit hätte die bB zu erforschen gehabt. Sich alleine in der Annahme zu erschöpfen, dass aufgrund dieser Tätigkeitsbeschreibung keine Matura und kein Studium erforderlich seien, ist unzureichend. Erst durch nachvollziehbare Darlegung durch die bP, was vom Anforderungsprofil umfasst ist, können umfassende, den gesamten Sachverhalt in Betracht ziehende Schlüsse gezogen werden.
Es bedarf daher durch den Arbeitgeber näherer Erläuterungen bezüglich des Anforderungs- und Tätigkeitsprofils - dazu ist es seitens der bB erforderlich, nähere Fragen zur Präzisierung zu stellen.
Eine restlose Aufklärung des Sachverhalts ist somit nicht erfolgt.
Da der Parteiwille nicht feststeht, kann daraus keine klar erkennbare Ausrichtung des Tätigkeitsprofils der begehrten Arbeitnehmerin abgeleitet werden.
Es wäre an der bB gelegen, amtswegig den objektiven Parteiwillen zu ermitteln, was unterblieben ist. Dieser wird im fortgesetzten Verfahren zu erforschen sein.
Es handelt sich hierbei um fehlende Feststellungen sowie um divergierende Aussagen, die der Annahme einer umfassenden Sachverhaltsermittlung entgegenstehen und eine Entscheidung auf Grundlage dieser mangelhaften Sachlage nicht zulassen.
Erst wenn der konkrete Parteiwille in Bezug auf das begehrte Tätigkeitsprofil feststeht, kann über die Rechtssache entschieden werden.
Aus dem Verwaltungsakt geht nicht hervor, inwieweit die belangte Behörde überhaupt ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren iSd oben dargestellten § 37 AVG geführt hat, zumal vor dem Hintergrund dieser marginalen Sachverhaltsermittlung eine Entscheidungsfindung nicht möglich ist. Die bB hat es daher unterlassen, in einer der nachprüfbaren Kontrolle zugänglichen Weise hinreichend darzutun, dass nach den Ergebnissen eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens keine der in § 4 Abs. 3 AuslBG geforderten Voraussetzungen vorliegt. Eine Erhebung des für eine Gesamtschau erforderlichen Sachverhalts ist diesbezüglich nicht erfolgt.
Dem Bundesverwaltungsgericht ist auf Basis des lediglich fragmenthaften und nicht rekonstruierbaren Verwaltungsaktes eine nachfolgende Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides somit verwehrt (vgl. VwGH 14.09.1993, 92/07/0036 u.a.).
Wenn man vom prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte ausgeht, würde dies im konkreten Fall bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Erhebungen, welche grundsätzlich bereits von der belangten Behörde durchzuführen gewesen wären, selbst zu tätigen hätte. Dies hat dann durch das Verwaltungsgericht zu erfolgen, wenn der Sachverhalt noch ergänzungsbedürftig ist und eine eigene Sachverhaltsermittlung die raschere Verfahrenserledigung erlaubt oder wenn sie erheblich zur Kostenersparnis beiträgt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG Anm 8).
Auch davon kann hier nicht gesprochen werden. Zum einen handelt es sich im verfahrensgegenständlichen Fall nicht um bloße Ergänzungen des Sachverhalts, da grundlegende Sachverhaltserhebungen fehlen. Zum anderen erscheint es im Interesse der Raschheit gelegen, wenn diese Erhebungen von der bB durchgeführt werden.
Im vorliegenden Fall würde somit eine meritorische Entscheidung nach Durchführung der erforderlichen geeigneten Ermittlungsschritte durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, sofern überhaupt möglich, - wie bereits erwähnt - nicht zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen.
Das von der bB durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich daher in wesentlichen Punkten als mangelhaft, weswegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vorliegen.
Würde im konkreten Fall das Bundesverwaltungsgericht - jene Instanz die zur eigentlichen Rechtskontrolle eingerichtet wurde - die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlässt, so wäre damit der Rechtsschutz der bP de facto eingeschränkt. Es ist in erster Linie die Aufgabe der bB als Tatsacheninstanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen, ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen und diese zentrale Aufgabe nicht etwa an das Bundesverwaltungsgericht auszulagern.
3.5. Gemäß § 27 VwGVG ist es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die angefochtene Entscheidung - gegenständlich ein Bescheid - zu "überprüfen". Das Bundesverwaltungsgericht ist damit in erster Linie Kontrollinstanz. Insbesondere angesichts der gerichtlichen Verfahrensführung durch einen einzelnen Richter, der Beachtung des Unmittelbarkeitsprinzips bei der Beweisaufnahme und grundsätzlich gegebenen Verhandlungspflicht, kann gegenständlich auch nicht festgestellt werden, dass die Verfahrensführung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, hier mit einer erheblichen Zeit- und Kostenersparnis verbunden wäre.
Es war somit der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.6. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war und das Mehrbegehren zurückzuweisen war, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung iSd § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen konnte.
3.7. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil im gegenständlichen Fall die Entscheidung als Einzelrichter gemäß § 6 BVwGG iVm § 28 Abs. 3 VwGVG von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diesbezüglich liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes Gründe vor, insbesondere aufgrund der im
§ 45 Abs. 3 BBG normierten Senatszuständigkeit, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen.
In diesem Sinne ist die Revision zulässig.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L517.2195798.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2018