TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 W152 2115052-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §8 Abs1

Spruch

W152 2115052-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP nach Übergang der Entscheidungspflicht infolge einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über den am 25.08.2014 gestellten Antrag auf internationalen Schutz, Zl. 1029586703-14908797, des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag auf internationalen Schutz wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 4 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Asylwerber stellte am 25.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Schriftsatz vom 22.06.2015, der am 25.06.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht wurde, erhob der Asylwerber Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Säumnisbeschwerde).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte schließlich mit Schreiben vom 28.09.2015 - ohne die Möglichkeit der Nachholung des Bescheides genutzt zu haben - die Säumnisbeschwerde einschließlich der Verwaltungsakten vor, wobei ausgeführt wurde, dass eine Erledigung durch das Bundesamt aufgrund seiner Umstrukturierung, besonderer Prioritäten, extrem angestiegener Antragszahlen und insgesamt dafür nicht ausreichender Personalressourcen nicht möglich gewesen sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Asylwerber wurde als Sohn der XXXX, geb. XXXX, StA. von Afghanistan, am XXXX geboren, weshalb er zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig war. Diese Feststellung ergibt sich aus den Verwaltungsakten und den in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstatteten Vorbringen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 10.08.2018, GZ: W152 2115053-1/19E, der oben genannten Mutter des Asylwerbers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF den Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- und Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zur Beschwerde über die Verletzung der Entscheidungspflicht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Der am 01.06.2016 in Kraft getretene § 22 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, der eine Sonderfrist von 15 Monaten vorsah, findet hier keine Anwendung.

§ 8 Abs. 1 VwGVG knüpft bei der Regelung der Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde an die im AVG vorgesehene sechsmonatige Entscheidungsfrist an. Die Entscheidungsfrist beginnt grundsätzlich erst mit Einlangen des Antrages auf Sachentscheidung bei der zuständigen Behörde zu laufen. Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich (vgl. Eder/Martschin/Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, NWV 2013, K 2 und K 4 zu § 8 VwGVG).

Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen. Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen (Abs. 2 leg.cit.).

Ist die Säumnisbeschwerde zulässig und nicht abzuweisen, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht über (vgl. Eder/Martschin/Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, NWV 2013, K 28 zu § 28 VwGVG).

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer am 25.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Am 25.06.2015 wurde Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben. Zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde war daher die (im gegenständlichen Fall maßgebliche) Entscheidungsfrist von sechs Monaten gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG verstrichen, weshalb sich die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht als zulässig erweist. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl holte den Bescheid gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG innerhalb von drei Monaten nicht nach und legte mit Schriftsatz vom 28.09.2015 die Verwaltungsakten vor. Somit ist die Zuständigkeit auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Anzumerken ist auch, dass aus den hiebei erfolgten Ausführungen des Bundesamtes vom 28.09.2015 keine Umstände hervorgehen, wonach die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen wäre. In diesem Zusammenhang ist weiters anzumerken, dass sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war.

Zu Spruchpunkt A):

§ 34 AsylG 2005 idgF lautet:

(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status eines subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

2. entfällt

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. entfällt

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(3) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der

Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(5) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption

(§ 30 NAG).

Familienangehöriger ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

Gemäß § 75 Abs. 24 AsylG 2005 ist auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.November 2015 gestellt haben, § 3 Abs. 4 AsylG 2005 nicht anzuwenden.

Da das Bundesverwaltungsgericht der Mutter des - zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjährigen - Asylwerbers mit Erkenntnis vom 10.08.2018, GZ: W152 2115053-1/19E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF den Status der Asylberechtigten zuerkannt hat, war ihm daher gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 idgF ebenfalls der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 1985/10 idgF (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Entscheidungspflicht,
Familienverfahren, Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W152.2115052.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten