Index
L00027 Landesregierung Tirol;Norm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und Senatspräsident Dr. Puck sowie die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH & Co KG, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. März 1993, Zl. U-12562/5, betreffend Vorschreibung einer Naturschutzabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21. Oktober 1991 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft "gemäß §§ 6 Abs. 1 lit. d und lit. e, 27 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 und 40 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991, LGBl. Nr. 29/1991 i. d.g.F. die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Vergrößerung der Schipiste im Bereich des Zellerbergsteilhanges auf Grundstück 5392, KG X, um ca. 1000 m2 sowie zur Entschärfung des Steilhanges der bestehenden Schipiste in diesem Bereich auf einer Fläche von ca. 6300 m2", nach Maßgabe eines Lageplanes und unter Vorschreibung näher bestimmter Nebenbestimmungen erteilt.
In der Begründung dieses Bescheides führte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel aus, gemäß § 6 Abs. 1 lit. d und lit. e des Tiroler Naturschutzgesetzes 1991 (im Folgenden: Tir NSchG 1991) sei die Errichtung und die Änderung von Schipisten außerhalb geschlossener Ortschaften bewilligungspflichtig. Gemäß § 27 Abs. 1 lit. a Tir NSchG 1991 sei eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen, wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt werde, die Interessen des Naturschutzes nicht beeinträchtige. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere des Gutachtens des beigezogenen naturschutzfachlichen Amtssachverständigen, sei die naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen gewesen.
Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei zugestellt und erwuchs am 5. November 1991 in Rechtskraft.
1.2. Aufgrund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 21. Oktober 1991 setzte das Amt der Tiroler Landesregierung als Abgabenbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 23. Jänner 1992 die Naturschutzabgabe gemäß § 19 Tir NSchG 1991 mit insgesamt S 74.000,-- fest. Nach der Begründung dieses Abgabenbescheides sei Bemessungsgrundlage das Ausmaß der Flächen, die erstens von der Erweiterung der Schipiste und zweitens von deren Verbesserung (deren Ausbau) betroffen sind. Das seien im erstgenannten Fall 1100 m2 und im zweitgenannten 6300 m2, sohin insgesamt 7400 m2. Die sich daraus ergebende Gesamtabgabe betrage S 74.000,-- (S 10 je m2).
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, welche sich jedoch ausdrücklich nur auf die für die "Verbesserung der Schipiste" vorgeschriebenen S 63.000,-- bezog. In ihrer Berufung vertrat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Auffassung, der Gesetzgeber habe mit der Bezeichnung "Sportanlage" im § 19 Abs. 3 lit. c Tir NschG 1991 keine Schipisten gemeint, weshalb für eine Schipiste keine Naturschutzabgabe zu zahlen sei. Auch knüpfe die vorerwähnte Gesetzesbestimmung die Pflicht zur Zahlung der Naturschutzabgabe an die Tatbestände der "Errichtung" oder des "Ausbaus" von Sportanlagen. Im sprachlichen Zusammenhang könne der letztere Tatbestand nur so verstanden werden, dass nur Vergrößerungen von Sportanlagen, also die Inanspruchnahme zusätzlicher Grundstücksteile für eine bestehende Sportanlage der Abgabenpflicht unterworfen seien. Solange sich die Fläche nicht erhöhe, sei keine weitere Naturschutzabgabe nach dem Gesetz zu zahlen.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 beantragte die beschwerdeführende Partei nach Berufungsvorentscheidung durch das Amt der Tiroler Landesregierung, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß den Bestimmungen der Tiroler Landesabgabenordnung vorzulegen.
1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 1993 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, § 19 Abs. 3 lit. c Tir NSchG 1991 spreche vom "Ausbau von Sportanlagen". Da es für die Berufungsbehörde außer Zweifel stehe, dass Schipisten Sportanlagen im Sinne des § 6 Tir NSchG 1991 darstellten, sei auch für den Ausbau von Schipisten eine Naturschutzabgabe zu bezahlen. Unter dem Wort "Ausbau" könne keine weitere "Errichtung" gemeint sein. Dem Gesetzgeber dürfe nämlich nicht unterstellt werden, er verwende zwei verschiedene Begriffe für den gleichen Sachverhalt. Eine Errichtung im Sinne des § 19 Abs. 3 lit. c Tir NSchG 1991 läge nur dann vor, wenn eine Schipiste neu oder zusätzlich errichtet würde. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei "Ausbau" nicht notwendigerweise mit flächenmäßiger Vergrößerung - wie dies die Beschwerdeführerin behaupte - verbunden. Die Naturschutzabgabe sei - so heißt es in der Begründung weiter - für die "Inanspruchnahme der Natur" zu entrichten. Unter Natur sei die Landschaft, der Naturhaushalt und deren Erholungswert zu verstehen. Durch die Entschärfung eines Steilhanges finde eine Veränderung der Landschaft, des Erholungswertes und allenfalls des Naturhaushaltes statt. Insofern werde Natur in Anspruch genommen.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.5. Gegen den genannten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom 6. März 1995, B 874/93, ablehnte.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 6 Abs. 1 lit. d, g und k sowie § 19 Tir NSchG 1991 lauteten (auszugsweise):
"§ 6 Allgemeine Bewilligungspflicht
(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einer nach § 45 Abs. 1 als Gesetz geltenden Vorschrift eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:
...
d) die Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten, Rodelbahnen, Klettersteige, Golf-, Fußball- und Tennisplätze und dergleichen, sowie von Anlagen zur Erzeugung von Schnee;
...
h) Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke in einem Ausmaß von mehr als 5000 m2 berührter Fläche,
...
k) der Neubau von Straßen und Wegen, ausgenommen der Neubau von Güterwegen nach § 4 Abs. 1 des Güter- und Seilewege-Landesgesetzes und von Wegen, die nach § 40 Abs. 2 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, anzeigepflichtig sind;
...
§ 19 Naturschutzabgabe
(1) Für die Inanspruchnahme der Natur durch Vorhaben nach Abs. 3, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde, ist eine Naturschutzabgabe zu entrichten. Der Abgabepflicht unterliegen nicht Vorhaben von Körperschaften öffentlichen Rechts innerhalb ihres Wirkungsbereiches, ausgenommen Vorhaben im Rahmen der Führung erwerbswirtschaftlicher Unternehmen.
(2) Die Naturschutzabgabe ist eine ausschließliche Landesabgabe. Ihr Ertrag ist dem Tiroler Naturschutzfonds (§ 20) zur Erfüllung seiner Aufgaben zu überweisen.
(3) Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist der Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung für eines der in den lit. a bis f genannten Vorhaben verpflichtet. Die Höhe der Naturschutzabgabe beträgt:
...
c) für die Errichtung oder den Ausbau von Sportanlagen S 10,-- je m2, jedoch höchstens S 500.000,--;
...
(4) Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides. ..."
Mit 1. Juni 1997 trat das Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33, in Kraft. Zufolge § 47 Abs. 2 dieses Gesetzes trat gleichzeitig das Tir NSchG 1991 außer Kraft.
Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, G 21/97 und Folgezahlen, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass das Tir NSchG 1991 verfassungswidrig war. Die Wirkung dieses Ausspruches wurde vom Verfassungsgerichtshof nicht auf Fälle erstreckt, die wie der vorliegende Beschwerdefall keinen Anlassfall des Gesetzesprüfungsverfahrens gebildet haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher das Tir NSchG 1991 auf den vorliegenden Fall anzuwenden, in welchem ein während der Geltungsdauer dieses Gesetzes verwirklichter Abgabentatbestand (§ 19 Abs. 4 leg. cit. in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung 1984) zu beurteilen ist.
2.2.1. Vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt die Beschwerdeführerin zur Begründung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Auffassung, die belangte Behörde sei ein Kollegialorgan im Sinne des § 213 Abs. 3 der Tiroler Landesabgabenordnung. Gemäß der genannten Bestimmung habe die von einer Kollegialbehörde gefällte Berufungsentscheidung die Namen der Mitglieder und des etwa beigezogenen Schriftführers zu enthalten. Außerdem sei sie vom Vorsitzenden der Kollegialbehörde zu unterfertigen. Der vorliegende Bescheid erfülle keine dieser Voraussetzungen. Es seien weder die Namen der Mitglieder der Kollegialbehörde noch des etwa beigezogenen Schriftführers angeführt. Es fehle auch jeder Anhaltspunkt dafür, wann und in welcher Sitzung die Tiroler Landesregierung zur Fassung dieses Bescheides zusammengetreten sei. Der Bescheid sei ganz offenbar auch nicht vom Vorsitzenden der Tiroler Landesregierung unterfertigt worden, sondern vom Sachbearbeiter Dr. Y. Es sei sohin für den Beschwerdeführer nicht überprüfbar, ob z.B. die Beschlussfähigkeit des Kollegialorganes vorgelegen sei, ob ein Mitglied etwa befangen gewesen sei oder ob sonstige Mängel in der Willensbildung des Kollegialorgans vorgelegen seien.
2.2.2. § 3 Abs. 3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl. Nr. 289, lautet:
"In der Geschäftsordnung ist insbesondere auch zu regeln, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder derselben, unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und die Landesverfassung geregelten Verantwortlichkeit, sich bei den zu treffenden Entscheidungen oder Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den Landesamtsdirektor, die Gruppenvorstände und Abteilungsvorstände oder ausnahmsweise auch einzelne den Abteilungen zugeteilte Beamte vertreten lassen können."
Die Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung wird gemäß § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 des zitierten Bundesverfassungsgesetzes vom Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung erlassen.
Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführte, bezieht sich § 213 Abs. 3 der Tiroler Landesabgabenordnung betreffend Inhalt und Fertigung der Berufungsentscheidungen von Kollegialbehörden nicht auf jene Fälle, in denen die Landesregierung als Berufungsbehörde im Sinne des § 49 der Tiroler Landesabgabenordnung zu entscheiden hat, weil deren Geschäftsordnungsangelegenheiten kraft ausdrücklicher bundesverfassungsrechtlicher Anordnung dem Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers entzogen sind.
Gemäß § 9 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 56/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 46/1978 und 77/1982, können sich der Landeshauptmann, die Landesregierung und ihre einzelnen Mitglieder unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und durch die Tiroler Landesordnung 1953 geregelten Verantwortlichkeit bei allen von ihnen zu treffenden Entscheidungen, Verfügungen oder anderen Amtshandlungen (primär) durch die Vorstände der Abteilungen, denen nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung die Besorgung der betreffenden Aufgaben obliegt, vertreten lassen. § 9 Abs. 4 dieser Geschäftsordnung bestimmt, dass der Abteilungsvorstand bzw. der Sachgebietsleiter im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung den Sachbearbeitern die selbstständige Erledigung der von ihnen zu besorgenden Aufgaben (§§ 6 Abs. 3 und 7 Abs. 3) übertragen kann. Eine solche Übertragung bedarf der Schriftform. Die Sachbearbeiter sind vorher zu hören. Organwalter des Amtes der Landesregierung können daher durch verwaltungsinterne Akte zur Genehmigung und Unterfertigung von Bescheiden ermächtigt werden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Dezember 1976, Slg. Nr. 7941, sowie die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1979, Slg. Nr. 9772/A, und vom 18. April 1994, Zl. 91/10/0151 = ZfVB 1996/2/699).
Diese Vertretungsregelung betrifft nicht nur die selbstständige Besorgung von Aufgaben der Verwaltung (u.a.) namens der Landesregierung, sondern auch den Fall der Fertigung eines Bescheides, über den kollegial Beschluss gefasst wurde, durch einen der in § 9 Abs. 1 oder 4 der Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung genannten Organwalter des Amtes der Landesregierung in Vertretung des nach der Geschäftseinteilung (Anlage zur Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung) zuständigen Mitgliedes der Landesregierung, das gemäß § 2 Abs. 5 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 36/1989, in Angelegenheiten, die nach Abs. 3 eines Kollegialbeschlusses bedürfen, den Beschluss der Landesregierung durchzuführen hat. Eine Vertretungsbefugnis der Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung wäre nach § 9 Abs. 1 letzter Satz der Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung nur dann ausgeschlossen, wenn die Unterfertigung von Geschäftsstücken durch Gesetz ausdrücklich dem Landeshauptmann, der Landesregierung oder einzelnen ihrer Mitglieder vorbehalten wäre. Auch könnte sich das Mitglied der Landesregierung die Fertigung vorbehalten. Ein derartiger Vorbehalt ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.
Im konkreten Fall bedurften nach § 2 Abs. 3 Z. 25 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung Entscheidungen über Berufungen gegen Bescheide, die vom Amt der Tiroler Landesregierung als Behörde 1. Instanz erlassen wurden, eines Kollegialbeschlusses. Ein solcher wurde nach Ausweis der Verwaltungsakten geschäftsordnungsgemäß gefasst. Die Durchführung dieses Beschlusses oblag somit gemäß § 2 Abs. 5 dieser Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung dem für Angelegenheiten der Landesfinanzverwaltung zuständigen Landesrat.
Der Landesamtsdirektor der Tiroler Landesregierung hat dem Verwaltungsgerichtshof auf dessen Anfrage hin mit Schreiben vom 2. November 1999 mitgeteilt, dass die Erledigung der vorliegenden Rechtssache nach entsprechendem Kollegialbeschluss der Landesregierung innerhalb des Amtes der Landesregierung der Abteilung Umweltschutz zugekommen ist. Weiters wurde mitgeteilt, dass dem auf dem angefochtenen Bescheid unterfertigten Sachbearbeiter Dr. Y. als Amtsorgan der Tiroler Landesregierung die Befugnis erteilt war, für die Landesregierung rechtsverbindliche Akte zu setzen. Zum einen sei ihm am 6. Februar 1986 gemäß § 9 Abs. 4 und § 11 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung schriftlich die Fertigungsbefugnis für Erledigungsentwürfe der ihm zugeteilten Aufgaben - zu diesen Verwaltungsmaterien habe die vorliegende Rechtssache gezählt - erteilt worden. Zum anderen sei er als Stellvertreter des Abteilungsvorstandes, der sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nachweislich auf Urlaub befunden habe, (auch) in dieser Eigenschaft zur Fertigung berufen gewesen. An seiner Befugnis, den angefochtenen Bescheid zu fertigen, besteht daher - jedenfalls schon wegen des eingetretenen Verhinderungsfalles - kein Zweifel.
Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt somit nicht vor.
2.3.1. Im Hinblick auf die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt die Beschwerdeführerin vor, eine Inanspruchnahme im Sinne des § 19 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c des Tir NSchG 1991 bedeute immer eine "Forderung" im Sinne von "Nehmen" und nicht umgekehrt von "Geben" oder "Entlasten". Die belangte Behörde unterstelle jedoch einerseits, durch die Verbesserung (Entschärfung des Steilhanges) der Schipiste sei die Landschaft und der Erholungswert verändert worden, allenfalls auch der Naturhaushalt, andererseits erwäge die belangte Behörde nicht, ob durch die Verbesserung der Schipiste die bisherige Inanspruchnahme der Natur vermehrt oder vermindert würde. Wenn durch ein solches Vorhaben nach Abs. 3 leg. cit. die Natur nicht weiter als bisher in Anspruch genommen werde, sich also an der bisherigen "Inanspruchnahme" nichts ändere, lägen die Voraussetzungen für die Naturschutzabgabe im Sinne des § 19 Abs. 1 Tir NSchG 1991 nicht vor.
Das Tir NSchG 1991 kenne in seinem § 3 betreffend "Begriffsbestimmungen" den Begriff "Anlage" nicht. Die allgemeine Bewilligungspflicht nach § 6 Abs. 1 lit. d Tir NSchG 1991 spreche nur von der Errichtung von Sportanlagen wie Schipisten ..., sodass diese Gesetzebestimmung nicht als Begriffsbestimmung herangezogen werden könne. Unter dem Begriff "Ausbau" sei immer ein "Mehr" gegenüber dem vorigen Zustand zu verstehen. Wenn die belangte Behörde nun meine, der Begriff Ausbau umfasse auch das "Umbauen, Ausgestalten von etwas zu etwas anderem", so sei dazu zu sagen, der Sinn der zugrunde liegenden Gesetzesbestimmung dürfe nicht verändert werden. Eine Naturschutzabgabe werde nicht abstrakt für ein Vorhaben nach Abs. 3 entrichtet, sondern ausdrücklich für die Inanspruchnahme der Natur. Insofern bedeute der weitere Gesetzestext "durch Vorhaben nach Abs. 3" eine Einschränkung des Grundtatbestandes "für die Inanspruchnahme der Natur".
2.3.2. § 19 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c Tir NSchG 1991 lauteten:
"(1) Für die Inanspruchnahme der Natur durch Vorhaben nach Abs. 3, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde, ist eine Naturschutzabgabe zu entrichten. ...
...
(3) Zur Entrichtung der Naturschutzabgabe ist der Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung für eines der in den lit. a bis f genannten Vorhaben verpflichtet. Die Höhe der Naturschutzabgabe beträgt:
...
c) für die Errichtung oder den Ausbau von Sportanlagen S 10,-- je m2, höchstens jedoch S 500.000,--;"
Dass der Begriff der Anlage (Sportanlage) auch Schipisten umfasst, ergibt sich für das Tiroler Naturschutzgesetz 1991 aus einer den § 6 Abs. 1 lit. d berücksichtigenden Interpretation. Nach dieser Bestimmung besteht eine allgemeine Bewilligungspflicht für die "Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten ... und dergleichen". Daraus folgt, dass Schipisten als Sportanlagen im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen sind.
Dazu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter einer Anlage im Sinne naturschutzrechtlicher Vorschriften alles zu verstehen ist, was durch die Hand des Menschen angelegt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 94/10/0192). Der Begriff der Sportanlage umfasst somit auch Schipisten.
Dem Begriff "Ausbau" kommt, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführte, auch die Bedeutung von Verbessern, Verändern zu, weshalb Ausbau nicht notwendigerweise mit der flächenmäßigen Vergrößerung einer bereits bestehenden Anlage einhergehen muss.
Die Auslegung der beschwerdeführenden Partei, dass unter dem Begriff der "Inanspruchnahme der Natur" durch ein Vorhaben nach § 19 Abs. 3, für das eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde, das hier zu beurteilende Vorhaben der "Entschärfung des Steilhanges" im Zuge der Schipiste nicht verstanden werden könne, weil dieses Projekt als bloße Veränderung des bisherigen Zustandes zu einer geringeren Belastung der Natur führen würde, als sie zuvor bestanden habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als zutreffend zu erkennen. Auszugehen ist davon, dass gemäß § 6 Abs. 1 lit. d Tir NSchG 1991 eine naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht nicht nur für die "Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten ... und dergleichen" besteht, sondern gemäß § 6 Abs. 1 lit. e leg. cit. auch für die "Änderung von Anlagen nach lit. a bis d, sofern das äußere Erscheinungsbild der Anlage erheblich verändert wird oder die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, ...".
Der in dieser Bestimmung verwiesene § 1 Abs. 1 Tir NSchG 1991 lautete:
"(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
a)
ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
b)
ihr Erholungswert,
c)
der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft)."
Die Normierung einer allgemeinen Bewilligungspflicht für die im § 6 leg. cit. aufgezählten Vorhaben und deren dort näher umschriebene naturschutzrelevante Änderungen beruht darauf, dass der Gesetzgeber in diesen Fällen die Eignung, sich auf die Natur in einer Weise auszuwirken, der nur durch die Anordnung einer Bewilligungspflicht Rechnung getragen werden könne, angenommen hat. Die beschwerdeführende Partei ist als Bewilligungswerberin offenkundig selbst davon ausgegangen, dass die vorhin wiedergegebenen Voraussetzungen für die Bewilligungspflicht ihres Vorhabens betreffend die "Entschärfung des Steilhanges" auf einer Fläche von 6300 m2 gemäß § 6 Abs. 1 lit. d leg. cit. vorlagen; sie hat deswegen eine naturschutzbehördliche Bewilligung beantragt. Von dieser Beurteilung ist auch die Naturschutzbehörde ausgegangen und hat die - sodann rechtskräftig gewordene - Bewilligung unter Vorschreibung der erforderlichen Nebenbestimmungen erteilt. Von einem nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 lit. d leg. cit. erfüllenden und somit allenfalls nicht eine "Inanspruchnahme der Natur" im Sinne des § 19 Abs. 3 leg. cit. darstellenden "Ausbau" der Anlage - darunter ist, wie oben ausgeführt, auch eine Veränderung derselben zu verstehen - kann daher nicht gesprochen werden.
Vor dem Hintergrund dieser materiell- und verfahrensrechtlichen Lage hat die belangte Abgabenbehörde den angefochtenen Bescheid nicht mit der geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie davon ausgegangen ist, dass der Abgabentatbestand des § 19 Abs. 3 lit. c Tir NSchG 1991 erfüllt ist.
2.4. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. November 1999
Schlagworte
Fertigungsklausel Unterschrift GenehmigungsbefugnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1993170121.X00Im RIS seit
26.04.2001