Entscheidungsdatum
27.08.2018Norm
ASVG §113Spruch
W126 2127155-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, Beitragskontonummer XXXX, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) vom 12.04.2016, nach Beschwerdevorentscheidung vom 18.05.2016, Zl. VA/ED-K-0350/2015, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.09.2015, Zl. VA/ED-K-0350/2015, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 3.300,-
vorgeschrieben, da die Anmeldungen für fünf Dienstnehmer nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden seien.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.11.2015 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
4. Mit Schreiben vom 29.02.2016 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines Anwalts einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründend führte er aus, der Sohn des Beschwerdeführers habe die NÖGKK aufgesucht. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass gegen den Bescheid kein Rechtsmittel erhoben worden sei. Tatsächlich sei jedoch gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben worden. Am 12.11.2015 sei die Beschwerdevorentscheidung der NÖGKK in der Kanzlei des Rechtsvertreters eingelangt. Daraufhin habe er am 19.11.2015 fristgerecht den Antrag gestellt, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen. Doch dieses Schreiben sei offensichtlich nicht bei der zuständigen Abteilung der NÖGKK eingelangt, obwohl er es postalisch übermittelt habe. Als Bescheinigung sei ein mit 19.11.2015 datierter Vorlageantrag angeschlossen. Den Beschwerdeführer treffe am Nichteinlangen des Fortsetzungsantrages kein (schweres) Verschulden. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei also Folge zu geben und die gegenständliche Rechtssache der Behörde zweiter Instanz vorzulegen.
5. Mit Schreiben vom 15.03.2016 forderte die NÖGKK den Beschwerdeführer auf, einen entsprechenden Nachweis (Rückscheinbrief, Rechnung der Post, etc.) vorzulegen, welcher bestätigt, dass der Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht wurde.
6. Mit Schreiben vom 31.03.2016 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass er den Briefumschlag des seinerzeitigen Schreibens (per Post) an die GKK übermittle, aber keine Rechnung der Post in seiner Buchhaltung habe finden können (aufgrund des geringen Betrages und der getroffenen Pauschalhonorarvereinbarung). Das Schreiben sei aber jedenfalls bei der Post abgegeben worden.
7. Mit Bescheid vom 12.04.2016 lehnte die NÖGKK den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (gemeint wohl "Wiedereinsetzung") ab. Aus der Übernahmebestätigung des Rückscheinbriefes gehe hervor, dass die Beschwerdevorentscheidung am 10.11.2015 zugestellt worden sei. Der Wiedereinsetzungswerber habe die Behauptung, dass fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt worden sei, nicht glaubhaft machen können. Trotz Aufforderung sei kein entsprechender Nachweis vorgelegt worden. Da es sich bei dem Wiedereinsetzungswerber um einen Rechtsanwalt handle, welcher durch seine berufsgebotene Sorgfaltspflicht zu besonderer Genauigkeit angehalten sei, sei es unglaubwürdig, dass ihm keinerlei Nachweise über den tatsächlichen Versand vorliegen würden. Der Wiedereinsetzungsantrag sei zwar mit 19.11.2015 datiert, da darüber hinaus jedoch keinerlei Nachweise vorliegen würden, wann das Schreiben versendet worden sei, könne nicht angenommen werden, dass der Antrag tatsächlich in offener Rechtsmittelfrist eingebracht worden sei. Die übermittelte Kopie des Briefkuverts lasse keine Schlüsse darauf zu, dass der Vorlageantrag versendet worden sei. Da aus dem Wiedereinsetzungsantrag nicht hervorgehe, wann der Sohn des Beschwerdeführers die NÖGKK aufgesucht habe, könne auch nicht beurteilt werden, ob der Antrag binnen zwei Wochen ab Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei.
8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung, falscher Tatsachenfeststellung und unrichtiger Beweiswürdigung und beantragte die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Wiedereinsetzungswerber sei nicht verpflichtet, entsprechende Beweise zu erbringen. Dem Erfordernis der Bescheinigung von Wiedereinsetzungsgründen und der Bescheinigung, dass die verabsäumte Prozesshandlung auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zurückzuführen sei, sei der Beschwerdeführer nachgekommen. Er habe das seinerzeitige per Post übermittelte Schreiben weitergeleitet und in einem weiteren Schreiben eine Kopie des Briefumschlages samt dem darin enthaltenen Schreiben. Es hätte darüber hinaus auch die Einvernahme der rechtsfreundlichen Vertretung des Einschreiters erfolgen können. Die Versäumung der Frist sei auf einen mangelhaften bzw. gesetzwidrigen Zustellvorgang zurückzuführen. Es sei nicht gesetzlich geboten, Schriftstücke auf eine bestimmte Art und Weise zu senden. Die Versendung mit der Post werde als eine der sichersten Versendungsarten der Welt gesehen. Werde die Postsendung nicht wie erwartet durchgeführt, handle es sich um ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis, das eine Wiedereinsetzung rechtfertige. Da seitens der Rechtsanwaltskanzlei kein Verschulden vorliege und die rechtzeitige Absendung des Vorlageantrags bescheinigt worden sei, sei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.05.2016 wurde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde dargelegt, dass die Behauptung des Wiedereinsetzungswerbers, demnach dieser Antrag gestellt worden sei, nicht glaubhaft gemacht werden konnte, da kein entsprechender Nachweis vorgelegt werden konnte. Es erscheine unglaubwürdig und lebensfremd, dass das vermeintliche Schreiben und sogar das Kuvert, in welchem sich gegenständliches Schreiben befunden hätte, kopiert und aufgehoben worden seien, jedoch keinerlei Bestätigungen über den tatsächlichen Versand (Rechnung der Post, Rückscheinbrief, etc.) angefertigt bzw. aufgehoben worden seien. Insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Wiedereinsetzungswerber um einen Rechtsanwalt handle, welcher durch seine berufsgebotene Sorgfaltspflicht zu besonderer Genauigkeit angehalten sei. Es erscheine unglaubwürdig, dass dem Rechtsanwalt keinerlei Nachweise über den tatsächlichen Versand vorliegen, da gerade dieser mit den Konsequenzen von Nichteinhaltung von Fristen vertraut sei. Lediglich die Behauptung, das Schreiben am 19.11.2015 mittels Post versendet zu haben, reiche nicht aus, um den fristgerechten Versand des Schreibens glaubhaft zu machen.
10. Der Beschwerdeführer stellte daraufhin fristgerecht den Antrag, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.
11. Mit Schreiben vom 27.02.2018 gab der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers die Auflösung seiner Vollmacht in der gegenständlichen Rechtsache bekannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdevorentscheidung vom 10.11.2015 wurde dem Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsanwalts spätestens am 12.11.2015 zugestellt.
Mit Schreiben vom 29.02.2016 (Postaufgabe am 01.03.2016) stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und übermittelte als Beilage einen Vorlageantrag datiert mit 19.11.2015.
Dass der Beschwerdeführer den Vorlageantrag binnen zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.11.2015 bei der Post aufgegeben hat und dieser am Postweg verloren gegangen ist, wird nicht festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Der Beschwerdeführer behauptete sowohl im Wiedereinsetzungsantrag als auch in seiner Beschwerde, dass ihm der Bescheid am 12.11.2015 zugestellt worden ist. In der Begründung des angefochtenen Bescheids sowie in der Beschwerdevorentscheidung wurde demgegenüber festgestellt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 10.11.2015 dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt wurde. Dies gehe aus einer Übernahmebestätigung vom 12.11.2015 hervor, die dem Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht vorliegt. Genauere Ermittlungen bezüglich des Zustelldatums waren allerdings nicht erforderlich, da es gegenständlich keinen Unterschied für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages macht, ob die Zustellung am 10.11.2015 oder am 12.11.2015 erfolgt ist. Es war davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer spätestens am 12.11.2015 die Beschwerdevorentscheidung zugestellt wurde.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist es für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausreichend, wenn der Beschwerdeführer die Gründe für die Wiedereinsetzung und deren Kausalität für die Versäumung der Frist glaubhaft macht. Reine Behauptungen betreffend das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes reichen demgemäß nicht aus (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 116). Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen bzw. bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel beizubringen (vgl. VwGH 21.03.1997, 97/02/0093; VwGH 25.02.2003, 2002/10/0223).
Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer lediglich behauptet, der Vorlageantrag sei am Postweg verloren gegangen; er hat kein über die bloße Behauptung hinausgehendes Vorbringen erstattet und keine tauglichen Bescheinigungsmittel für die rechtzeitige Postaufgabe vorgelegt.
Der Beschwerdeführer legte zwar mit dem Wiedereinsetzungsantrag auch einen mit 19.11.2015 datierten Vorlageantrag vor. Daraus geht jedoch nicht hervor, dass der Vorlageantrag auch tatsächlich an die Post übergeben wurde; auch finden sich am Vorlageantrag, bei welchem es sich ja um eine Kopie handeln müsste, keine Vermerke. Selbst über Ersuchen der Behörde taugliche Nachweise (z.B. Rechnungen der Post) vorzulegen, übermittelte der Beschwerdeführer lediglich die Kopie des Umschlages des Vorlageantrages, auf dem die Anschrift der NÖGKK zu lesen ist, und brachte vor, er habe keine Rechnung der Post in seiner Buchhaltung finden können. Auf dem vorgelegten Kuvert ist nichts vermerkt, auch kein Poststempel, sodass dies auch nach Ansicht des Gerichts nichts zur Glaubhaftmachung des vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrundes beiträgt. Es kann der Behörde überdies nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass es unglaubhaft und lebensfremd erscheint, dass der vermeintlich zur Post gegebene Vorlageantrag und sogar das Kuvert, in welchem sich dieser befunden haben soll, kopiert und aufgehoben wurden, jedoch keine Bestätigungen über den tatsächlichen Versand (Rechnung der Post, Rückscheinbrief, etc.) angefertigt bzw. aufgehoben wurden, zumal es sich beim Einschreiter um einen Rechtsanwalt handelt, welcher eben gerade mit den Konsequenzen von der Nichteinhaltung von Fristen vertraut ist. Auch eine sonstige Dokumentation oder Kanzleivermerke zu dem vermeintlich erhobenen und zur Post gegebenen Vorlageantrag oder Kopien aus dem Kanzleiakt wurden nicht vorgelegt. In einer Zusammenschau ist daher davon auszugehen, dass der Vorlageantrag tatsächlich nie zur Post gegeben wurde.
Eine Partei, die entgegen der allgemein zu erwartenden prozessualen Vorsicht eine fristgebundene Eingabe nicht "eingeschrieben" zur Post gibt, sondern lediglich in den Postkasten wirft, nimmt das Risiko auf sich, den von ihr geforderten Gegenbeweis in Hinsicht auf die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nicht erbringen zu können (VwGH 22.02.2011, 2009/04/0095).
Dem Beschwerdeführer ist es insgesamt nicht gelungen, den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Rechtliche Grundlagen:
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Bei Versäumen der Beschwerdefrist ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG 2014 die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG 2014 geregelte Beschwerde handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG 2014 übertragbar sind (vgl. VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086, mwN).
3.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:
Der Beschwerdeführer beantragte die Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages. Diese Frist wurde vom Beschwerdeführer versäumt, da ihm die Beschwerdevorentscheidung vom 10.11.2015 spätestens am 12.11.2015 zugestellt wurde, der Vorlageantrag aber erst gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung, also am 01.03.2016, bei der Behörde einlangte.
Ein Anbringen gilt nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich einlangt, und die Partei trägt auch die Gefahr des Verlustes einer Eingabe. Der Umstand, dass ein zur Post gegebenes Schriftstück bei der Behörde, an die es adressiert ist, nicht einlangt, ist ein Ereignis, das der Absender offensichtlich nicht einrechnet, kann doch im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht von der Partei nicht erwartet werden, dass sie diesen Umstand einrechnet (vgl. VwGH 30.04.2013, 2012/05/0090).
Das vom Beschwerdeführer behauptete Ereignis - der Verlust auf dem Postweg - würde demnach zwar ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen, allerdings hat er, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, den Eintritt dieses Ereignisses, insbesondere mangels Vorlage tauglicher Bescheinigungsmittel, nicht glaubhaft machen können. Die rechtzeitige Aufgabe und der anschließende Verlust des Poststückes auf dem Postweg wurden daher nicht als gegeben angenommen bzw. festgestellt und die Wiedereinsetzung war folglich auch nicht zu bewilligen.
Zusätzlich ist folgendes anzumerken:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. VwGH vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0092, mwN). Der Rechtsanwalt muss gegenüber seinen Mitarbeitern (auch den juristischen) der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachkommen (vgl. VwGH vom 5. November 2014, Ra 2014/18/0006, mwN). Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich (siehe VwGH vom 28. Jänner 2004, 2003/12/0166). Im Hinblick auf die Bedeutung für die Wahrung der Rechtsmittelfrist besteht in Bezug auf das Zustelldatum eine besondere Prüfpflicht (siehe VwGH vom 27. April 2016, Ra 2016/05/0015, mwN). (vgl. VwGH 31.05.2017, Ra 2017/22/0064)
Es kann somit der Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie anführt, dass der Rechtsvertreter durch seine berufsgebotene Sorgfaltspflicht zu besonderer Genauigkeit angehalten ist und es daher als unglaubhaft anzusehen ist, dass ihm keinerlei Nachweise über den tatsächlichen Versand vorliegen würden. Von einem Rechtsanwalt kann erwartet werden, Zustellungen (an Behörden), ob per Post oder per Telefax, mit einem entsprechenden Zustellnachweis vorzunehmen oder zumindest Nachweise über die vorgenommenen Übermittlungen zu haben und aufzubewahren, insbesondere wenn es sich um die Wahrung von Rechtsmittelfristen handelt. Von einem minderen Grad des Versehens könnte somit gegenständlich auch in eventu nicht gesprochen werden.
Die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht und die diesbezügliche Beschwerde ist abzuweisen.
3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall stellte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer keinen Antrag auf eine mündliche Verhandlung. Der Sachverhalt ergab sich gegenständlich zweifelsfrei aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde; der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist hinreichend geklärt und wurde den behördlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht teilte die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung bzw. ergänzte diese bloß unwesentlich (vgl. VwGH 03.10.2017, Ra 2016/07/0002). Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Es wurden keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 2. und 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erging in Beurteilung der gegenständlich einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation.
Die Beurteilung, ob ein im Sinn des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG bzw. des § 33 Abs. 1 VwGVG unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden zur Versäumnis geführt hat, also die Qualifikation des Verschuldensgrades, unterliegt - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH vom 26. Februar 2016, Ra 2016/03/0026, mwN). VwGH 31.05.2017, Ra 2017/22/0064)
Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in einem Verfahren betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verneint hat, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 28.05.2018, Ra 2018/01/0237).
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Wiedereinsetzung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W126.2127155.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.10.2018