TE Bvwg Beschluss 2018/8/27 W120 2159314-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2018
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Entscheidungsdatum

27.08.2018

Norm

ASVG §293
AVG §37
BSVG §141
B-VG Art.133 Abs4
B-VG Art.133 Abs9
FMGebO §47
FMGebO §48 Abs1
FMGebO §48 Abs5
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51
GSVG §150
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1
ZustG §2 Z4

Spruch

W120 2159314-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Christian Eisner über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 9. März 2017, GZ 0001654113, Teilnehmernummer: XXXX , den Beschluss:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die GIS Gebühren Info Service GmbH zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit am 13. Jänner 2017 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.

Auf dem Antragsformular kreuzte die Beschwerdeführerin unter der Rubrik "wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an" die Auswahlmöglichkeit "Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren

Leistung" an und trug unter der Rubrik "Nachstehende Personen leben mit mir im gemeinsamen Haushalt (Wohnsitz)" keine Personen ein.

Dem Antrag wurde die Kopie eines Behindertenpasses beigeschlossen.

2. Am 25. Jänner 2017 richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin unter dem Titel "Ergebnis der Beweisaufnahme" folgendes Schreiben:

"[...] wir haben Ihren Antrag [...] auf

* Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen

* Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen

geprüft und dabei festgestellt, dass

* Ihr Haushaltseinkommen die für die Gebührenbefreiung bzw. Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt maßgebliche Betragsgrenze übersteigt.

Nachweis über außergewöhnliche Belastungen lt. Finanzamt Einkommen aller Personen im Haushalt, Mitversicherungs- bestätigung, Schulbesuchsbestätigung, Lohn, etc Nachweis über aktuelle Mietzinsaufschlüsselung

Bei der Bemessung werden im Anlassfall als Abzugsposten vom Finanzamt anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des EStG 1988 (Diäten, Körperbehinderung etc.) als auch der Hauptmietzins - einschließlich Betriebskosten (abzüglich Mietzins- oder Wohnbeihilfen) berücksichtigt. Um die Beilage geeigneter Nachweise wird gebeten.

Um einen positiven Bescheid auf Ihren Antrag zu bewirken, können Sie zu dieser Feststellung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Schreibens bei der GIS Gebühren Info Service GmbH, eine schriftliche Stellungnahme abgeben.

Sie können Ihre schriftliche Stellungnahme auf dem Postweg oder per Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise einbringen. Bitte beachten Sie, dass Sie als Absender das Risiko für Übertragungsfehler oder verloren gegangene Schriftstücke tragen.

Wir weisen Sie darauf hin, dass nicht oder verspätet eingebrachte Einwendungen keine Berücksichtigung finden können und wir Ihren Antrag in diesem Fall abweisen müssen.

[...]

BERECHNUNGSGRUNDLAGE [...]---

ANTRAGSTELLER/IN---

XXXX ---

Einkünfte---

Pension-€-1.043,64-monatl.

Sonstiges-€-173,44-monatl.

---

Abzüge---

Außergew. Belastungen gem. §§34 u. 35 EStG-€-190,00-monatl.

Minderung der Erwerbsfähigkeit-€-30,25-monatl.

---

HAUSHALTSMITGLIED(ER)---

XXXX ---

Einkünfte---

Pension-€-1.248,09-monatl.

---

XXXX ---

---.

XXXX ---

---

XXXX ---

---

Wohnungsaufwand (Pauschalbetrag)-€-140,00-monatl.

---

Summe der Einkünfte-€-2.465,17-monatl.

Summe der Abzüge-€-360,25-monatl.

Maßgebliches Haushaltseinkommen-€-2.104,92-monatl.

Richtsatz für 5 Haushaltsmitglieder-€-1.955,61-monatl.

RICHTSATZÜBERSCHREITUNG-€-149,31-monatl.

1) Nachweis über außergewöhnliche Belastungen lt. Finanzamt Einkommen aller Personen im Haushalt, Mitversicherungs- bestätigung, Schulbesuchsbestätigung, Lohn, etc Nachweis über aktuelle Mietzinsaufschlüsselung"

3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf keine weiteren Unterlagen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den vorliegenden Antrag der Beschwerdeführerin ab. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag "eingehend geprüft und festgestellt" worden sei, dass "-Ihr Haushaltseinkommen die für die Gebührenbefreiung bzw. Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt maßgebliche Betragsgrenze übersteigt". Zur herangezogenen "Berechnungsgrundlage" enthielt der angefochtene Bescheid die bereits im unter I.2. erwähnten Schreiben enthaltenen Ausführungen.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Hinzurechnung des Einkommens von XXXX zum Einkommen der Beschwerdeführerin unrichtig sei. Dieser würde zwar mit dem Hauptwohnsitz an der antragsgegenständlichen Adresse gemeldet seien, jedoch bestehe aufgrund der getrennten Lebensmittelpunkte kein Familieneinkommen. Sie lebe in einem Mehrfamilienhaus und habe dort eine kleine Wohnung. Ihr Einkommen sei als "Alleinhaushaltseinkommen" zu berechnen.

6. Die belangte Behörde legte die Akten betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 24. Mai 2017 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 leg.cit. nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zu den im Beschwerdefall relevanten materiellen Regelungen:

2.1.1. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, lautet idF BGBl. I Nr. 70/2016 auszugsweise:

"Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36

Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16

Euro

monatlich

[...]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

[...]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970„ anzuwenden.

[...]"

2.1.2. Die §§ 47-51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, in der Folge: FGO, lauten idF BGBl. I Nr. 70/2016:

"§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG), der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:

1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Blindenheime, Blindenvereine,

b) Pflegeheime für hilflose Personen,

wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen

a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;

b) Heime für solche Personen,

wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.

(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:

1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,

2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2. der Antragsteller muss volljährig sein,

3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.

(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.

(3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können.

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

(5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet.

(6) Die Gesellschaft darf die ermittelten Daten ausschließlich zum Zweck der Vollziehung dieses Bundesgesetzes verwenden; sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die Daten nur im zulässigen Umfang verwendet werden und hat Vorkehrungen gegen Missbrauch zu treffen.

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.

(2) Die Gebührenbefreiung ist mit höchstens fünf Jahren zu befristen. Bei Festsetzen der Befristung ist insbesondere Bedacht auf die Art, die Dauer und den Überprüfungszeitraum der in § 47 genannten Anspruchsberechtigung zu nehmen.

(3) Der Wegfall der Voraussetzung für die Gebührenbefreiung ist der GIS Gebühren Info Service GmbH anzuzeigen. Die von den Rundfunkgebühren befreite Person oder Institution hat der GIS Gebühren Info Service GmbH jederzeit auf Verlangen Auskünfte zu den Umständen der Anspruchsberechtigung zu geben.

(4) Im Falle des Wegfalles auch nur einer der Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Entziehung der Gebührenbefreiung rückwirkend mit jenem Zeitpunkt auszusprechen, an dem die Voraussetzung für die Gebührenbefreiung weggefallen ist. Im Falle der Verletzung der Auskunfts-, Vorlage- bzw. Meldepflichten des Abs. 3 hat die GIS Gebühren Info Service GmbH mittels Bescheid die Gebührenbefreiung zu entziehen."

2.1.3. Die "für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze" des Haushalts-Nettoeinkommens (§ 48 Abs 5 iVm Abs 1 FGO) ergibt sich aus dem Ausgleichszulagen-Richtsatz für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt (vgl. § 293 ASVG, § 150 GSVG und § 141 BSVG) sowie dessen Erhöhung um 12 % und beträgt:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

3. Im bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerde-führerin auf Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren ua ab, weil das festgestellte "maßgebliche Haushaltseinkommen" die für die Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze übersteige.

4. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind jedoch im vorliegenden Fall die

Voraussetzungen einer Aufhebung und Zurückverweisung erfüllt, da die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt nicht vollständig ermittelt hat, welcher Umstand ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG erforderlich macht.

Diese Bestimmung bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unter-lassen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zu dieser Bestimmung aus (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063), dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommt, "wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungs-schritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat".

Ausgehend von der nunmehrigen Rechts- und Sachlage bedarf daher im gegenständlichen Fall eine (neuerliche) Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin umfangreicher ergänzender Ermittlungen.

Im verfahrenseinleitenden Antrages gab die Beschwerdeführerin kein weiteres in ihrem Haushalt aufhältiges Haushaltmitglied an. Im Ergebnis der Beweisaufnahme der belangten Behörde vom 25. Jänner 2017 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin ua zur Vorlage von Nachweisen vom "Einkommen aller Personen im Haushalt", ohne konkret darzulegen, von welchen Personen Einkommensnachweise vorzulegen wären. Ein expliziter Mängelbehebungsauftrag durch die belangte Behörde wurde der Beschwerdeführerin nicht erteilt.

Sollte die belangte Behörde davon ausgegangen sein, dass die Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt mit mehreren Personen lebt, hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin diesen Umstand vorhalten und diese um diesbezügliche Ergänzung ihrer Angaben auffordern müssen. Trotzdem erfolgte die Berechnung des maßgeblichen Haushaltseinkommens im angefochtenen Bescheid bezüglich der Beschwerdeführerin, XXXX .

Bei Nicht-Bestehen wechselseitiger Unterhaltspflichten zwischen den "Haushaltsangehörigen", kann man die Frage stellen, ob ein festes Abstellen auf das gesamte Haushaltseinkommen und seinen Nachweis durch einen Antragsteller als Voraussetzung für die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren überhaupt verfassungskonform ist bzw. was in einer solchen Konstellation unter "Haushaltseinkommen" in verfassungskonformer Auslegung zu verstehen ist [vgl. VwGH Ro 2016/15/0042 AnwBl 2018/407 (Sutter)]:

"5. Im Übrigen und abstrahiert vom vorliegenden Revisionsfall können sich aber auch Antragsteller_innen iSd § 47 Fernmeldegebührenordnung rechtliche wie faktische Schwierigkeiten hinsichtlich der Vorlage bestimmter Urkunden stellen. So stellt § 48 Abs 1 der Fernmeldegebührenordnung auf ‚das Haushalts-Nettoeinkommen' ab, das einen gewissen Betrag nicht überschreiten darf. Gem § 50 Abs 4 Fernmeldegebührenordnung ist die GIS daher berechtigt, ‚den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.'

Dabei können die Antragsteller_innen aber auf Widerstand der anderen betroffenen ‚Haushaltsmitglieder' stoßen. Man denke etwa an den Fall eines weitgehend voneinander unabhängigen Zusammenlebens verschiedener Personen etwa im Rahmen einer Wohngemeinschaft. Bestehen keine wechselseitigen Unterhaltspflichten zwischen den ‚Haushaltsangehörigen', kann man diesfalls die Frage stellen, ob ein festes Abstellen auf das gesamte Haushaltseinkommen und seinen Nachweis durch eine/n Antragsteller_in als Voraussetzung für die Befreiung von Rundfunkgebühren überhaupt verfassungskonform ist bzw was in einer solchen Konstellation unter ‚Haushaltseinkommen' in verfassungskonformer Auslegung zu verstehen ist. Bei Abstellen auf das Einkommen aller WG-Bewohner könnte nämlich letztlich dem-/derjenigen, der eine Rundfunkempfangseinrichtung betreibt, eine Befreiung von der Rundfunkgebühr unter Hinweis auf Einkünfte von Personen versagt werden, die keinerlei Fürsorgepflichten für ihn/sie haben und deren Unterlagenvorlage er/sie auch nicht durchsetzen kann. Ohne selbst einen durchsetzbaren Anspruch auf Urkundenvorlage zu haben, stoßen die Antragsteller_innen aber - jenseits der inhaltlichen Fragen einer solchen Verquickung von Einkommenssituationen - auch bereits an die Grenzen ihrer Nachweismöglichkeiten. Zudem mag es auch für die anderen ‚Haushaltsmitglieder' sachlich schwer verständlich sein, warum sie - wenn sie selbst etwa gar kein Rundfunk-Angebot nützen und zu dem Betreiber der Rundfunkempfangseinrichtung auch in keinem Unterhaltsverhältnis stehen - sich an den Kosten von dessen (eigenverantwortlichen) Betrieb, auf dessen Aufnahme sie keinen Einfluss haben, beteiligen sollen."

In diesem Zusammenhang ist auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2012, 2009/17/0194, zu berücksichtigen, das betreffend den Begriff der "Wohnung" in § 2 Abs 2 RGG wörtlich Folgendes festhält:

"[...] Eine Wohnung ist dabei die Zusammenfassung von Räumlichkeiten und Einrichtungen, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind (vgl. schon zu § 26 BAO das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1969, Zl. 125/68 = Slg 3901). Dass eine Wohnung regelmäßig nicht nur der dauernden Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses einer einzelnen Person, sondern auch des Wohnbedürfnisses einer durch enge Bande zusammengefügten Gemeinschaft (Familie) dient, hat der Verwaltungsgerichtshof - wie die Beschwerde zu Recht aufzeigt - bereits in anderem Zusammenhang hervorgehoben (vgl das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0090, zu § 4 Abs. 1 GrEStG 1955). Ob ein Privatwohnhaus zwei ‚Wohnungen' beinhaltet oder als solches eine ‚Wohnung' bildet, ist jedoch letztlich eine Tatfrage und nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen.

Dabei ist es ein erstes Indiz, ob die Liegenschaft eine gemeinsame oder eine getrennte Bezeichnung/Anschrift besitzt. Letztlich sind aber die tatsächlichen Umstände der Wohnnutzung maßgebend, wobei sich für den Verwaltungsgerichtshof folgendes Abgrenzungsmuster ergibt:

Wohnen mehrere Personen in einem gemeinsamen Wohnungsverband, gewähren einander wechselseitigen Zutritt zu ihren Räumlichkeiten und üben eine Form des Zusammenlebens (Wohngemeinschaft), so ist von einer gemeinsamen Wohnung und einem einheitlichen Standort im Sinne des RGG auszugehen. Die Annahme eines solchen Wohnungsverbandes wird dabei noch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es für die Personen des Wohnungsverbandes durchaus getrennte Wohn- und Rückzugsbereiche in ihrer grundsätzlichen Verfügungshoheit gibt. Dies zeigen auch die Beispiele für eine einheitliche Zuordnung zu einem Standort in § 3 Abs 3a RGG (Gästezimmer von Privatzimmervermietern und von gewerblichen Beherbergungsbetrieben oder Heimen für Auszubildende und für ältere Menschen).

Liegen hingegen zwei getrennte und abgeschlossene Einheiten vor, ist von zwei Standorten im Sinne des RGG auszugehen. Eine solche Trennung manifestiert sich beispielsweise in getrennten Eingangsbereichen, getrennten Postfächern, versperrbaren und regelmäßig versperrten Eingangsportalen zu den jeweiligen Einheiten. Ein räumliches ‚Zusammenleben', das über ein Nachbarschaftsverhältnis hinausgeht, findet hier nicht statt. Sie erscheinen damit auch nach außen beispielsweise nicht als einheitliche Abgabenstelle im Sinne des § 2 Z 4

ZustellG.

Vor diesem Hintergrund ist die ‚Bewohnung getrennter Wohnbereiche' oder das Vorhandensein getrennter Infrastrukturen wie Küche und Bad auf zwei miteinander verbundenen Stockwerken allein noch kein Grund, von zwei Standorten im Sinne des RGG auszugehen."

Vor dem Hintergrund der soeben zitierten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 50 FGO und des dargestellten Verfahrensganges, wäre es an der belangten Behörde gelegen, unter Wahrung des Parteiengehörs zu überprüfen und zu ermitteln, ob die Beschwerde-führerin in einem alleinigen Haushalt lebt, die jeweiligen Haushaltsmitglieder ein weitgehend voneinander unabhängiges Zusammenleben führen oder ob wechselseitige Unterhaltspflichten zwischen diesen bestehen.

Der Telefonanruf durch die belangte Behörde bei der Gemeinde, ohne das Ergebnis dieses Anrufes, und zwar, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Haushalt um ein großes Einfamilienhaus handle, der Beschwerdeführerin vorzuhalten und ihr diesbezüglich Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, ist nicht ausreichend.

5. Folglich wäre von der belangten Behörde in weiterer Folge zu ermitteln, welche Haushaltsmitglieder konkret an der antragsgegenständlichen Adresse wohnhaft sind und ob diese ein voneinander unabhängiges Zusammenleben führen oder ob wechselseitige Unterhaltspflichten zwischen diesen bestehen (dh ob ein gemeinsamer Haushalt zwischen den Haushaltsmitgliedern besteht oder ob in Bezug auf die Beschwerdeführerin trotz aufrechter Hauptwohnsitzmeldungen von weiteren Personen an der antragsgegenständlichen Adresse ein Ein-Personenhaushalt vorliegt).

6. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen gelangt das Bundesverwaltungsgericht somit zum Ergebnis, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Hinblick auf den vorliegenden Antrag in einem entscheidenden Punkt nicht nachgekommen ist und ohne die weitere Ermittlungstätigkeit eine Beurteilung der vorliegenden Beschwerde in der Sache nicht möglich ist.

Es war daher spruchgemäß nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG vorzugehen.

7. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die angesprochenen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die entsprechenden Ergebnisse mit der Beschwerdeführerin - unter Beachtung des Parteiengehörs - zu erörtern haben.

8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall - auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages - gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. jüngst VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Berechnung, Ermittlungspflicht,
gemeinsamer Haushalt, Kassation, mangelhaftes Ermittlungsverfahren,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Nachreichung von Unterlagen,
Nettoeinkommen, Pflegegeld, Richtsatzüberschreitung,
Rundfunkgebührenbefreiung, Unterhaltspflicht, Verbesserungsauftrag,
Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W120.2159314.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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