TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/28 W265 2203962-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.08.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2203962-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren. Am 19.06.2018 stellte die Mutter des Beschwerdeführers als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz für den Beschwerdeführer. Dazu legte sie die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers und einen Auszug aus dem Melderegister vor.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit oben genanntem Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass für den Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe geltend gemachten worden seien. Die gesetzliche Vertreterin habe auf die für sie geltend gemachten Fluchtgründe verwiesen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2017 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen. Da den gesetzlichen Vertretern des Beschwerdeführers mit zuvor genanntem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden wurde, war auch dem minderjährigen Beschwerdeführer derselbe Schutz zuzuerkennen.

3. Mit Verfahrensanordnung vom 18.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

4. Der Beschwerdeführer erhob gegen den oben genannten Bescheid fristgerecht Beschwerde, welche am 17.08.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Darin wurde kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Zysten in beiden Nieren habe, folglich beide Nieren entfernt und durch Spenderorgane ersetzt werden müssten. Der Beschwerdeführer werde sein Leben lang auf medizinische Behandlung angewiesen sein. Eine solche Behandlung sie in Afghanistan nicht möglich.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 22.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme der Eltern des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des genannten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer führt den NamenXXXX und ist am XXXXin Österreich geboren. Er ist afghanischer Staatsangehöriger.

Die Mutter des Beschwerdeführers als gesetzliche Vertreterin hat für den Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Der Beschwerdeführer hat Zysten in beiden Nieren.

Der Beschwerdeführer ist der minderjährige Sohn von XXXX (W218 2125553-1/14E) und von XXXX (W218 2125550-1/15E). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2017 wurden die Beschwerden der gesetzlichen Vertreter hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen. Das erkennende Gericht erkannte den gesetzlichen Vertretern des minderjährigen Beschwerdeführers den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Der Beschwerdeführer ist das minderjährige Kind von XXXX und von XXXX und somit dessen Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005.

3. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den Angaben der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers im Verfahren sowie aus den vorgelegten Unterlagen.

Dass bei dem Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe vorliegen, ergibt sich aus dem Vorbringen der Mutter des Beschwerdeführers.

Die Feststellung, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um den minderjährigen Sohn von XXXX und XXXXhandelt, gründet sich auf die im Verfahren vorgelegten Dokumente.

Dass die Beschwerde der gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen wurde, ergibt sich aus dem jeweiligen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2017 zu W218 2125553-1/14E und W218 2125550-1/15E. Aus den zuvor genannten Erkenntnissen ergibt sich zudem, dass den gesetzlichen Vertretern der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist und ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2016, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (in der Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A.) I.: Abweisung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

4.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder im Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat.

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.

4.2. Da die Mutter des Beschwerdeführers als dessen gesetzliche Vertreterin für diesen keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht hat, kann keine individuelle asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat festgestellt werden.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 bezüglich der Verfahren des minderjährigen Beschwerdeführers und seiner Eltern vor.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.2017 wurden die Beschwerden der gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen. Die erkennende Richterin erkannte jedoch den gesetzlichen Vertretern des minderjährigen Beschwerdeführers den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

Da den gesetzlichen Vertretern des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt wurde, konnte gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werden.

Die in der Beschwerde geltend gemachte medizinische Behandlungsnotwendigkeit des Beschwerdeführers stellt keine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar, weil es diesbezüglich an einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) mangelt.

4.3. Da sich auch sonst keine konkrete gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in seinem Heimatstaat ableiten ließ, war im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Familienverfahren, Glaubhaftmachung, mangelnde Asylrelevanz,
Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2203962.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten