TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/29 W142 2167130-1

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Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W142 2167130-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) des XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 17.09.2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.11.2017, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Antrag des XXXX auf internationalen Schutz vom 17.09.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status es Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXXeine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Somalias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17.09.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 18.09.2015 fand vor Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des BF im Beisein eines Dolmetschers, welcher in die Sprache Somalisch übersetzte, statt. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab der BF an, dass er traditionell verheiratet sei und sich zum muslimischen Glauben bekenne. Er gehöre der Volksgruppe der Tumaal an. Der BF habe vier Jahre lang die Grundschule in Jilib besucht. In Somalia würden noch seine Mutter, seine Ehefrau, seine beiden Kinder und seine beiden Brüder leben. Sein Vater sei bereits verstorben. Der BF habe in Jilib gelebt und habe sein Herkunftsland im Juni 2015 mit einem PKW. Die Reise habe ca. 5.000 USD gekostet.

Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, dass er der den Tumaal angehöre und die Tumaal in Somalia diskriminiert werden würden. Sie seien wie "Zigeuner". Sein Vater sei erschossen worden, da sie sein Geld hätten haben wollen. Ein Mann der aus Sheekhal sei, hätte den Vater getötet. Sie hätten in Jilib ein Grundstück gehabt, welches seinem Vater gehört habe. Der Mann, der aus diesem Clan stamme, sei eines Tages gekommen und habe das Grundstück vom Vater haben wollen. Der Vater habe dies verneint und gesagt, dass es ihm gehöre und er es ihm nicht verkaufen werde. Als der Vater dies gesagt habe, habe der Mann eine Waffe genommen und den Vater erschossen. Sein älterer Bruder XXXX habe mit diesem Mann und den Männern, die mit diesem Mann unterwegs gewesen seien, reden wollen. Der Bruder habe gesagt, dass er das Grundstück nie auf seinen Namen schreiben werde. Nachdem sie gestritten hätten, habe sein Bruder ein Messer gezogen und auf den Mann, der den Vater erschossen habe, eingestochen. Sein Bruder sei dann verschwunden und bis jetzt wisse der BF nicht, wo der Bruder sei. Nach diesem Ereignis sei der BF von seiner Heimat verschwunden. Bei einer Rückkehr befürchte er von dem Mann, der von seinem Bruder angestochen worden sei, umgebracht zu werden.

3. Am 02.05.2016 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) eine Säumnisbeschwerde gemäß Art.-130 Abs. 1 Z 3 B-VG ein.

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2016 wurde die Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG abgewiesen.

5. Am 03.05.2017 langte beim BFA erneut eine Säumnisbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ein. Es wurde begründend ausgeführt, dass sein Verfahren seit mehr als 15 Monaten anhängig sei und über seinen Antrag bis dato nicht entschieden worden sei. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in Stattgabe der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und dem BF Asyl, gegebenenfalls subsidiären Schutz gewähren.

6. Am 09.08.2017 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.11.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch und im Beisein eines Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm.

Der BF brachte wie folgt vor:

[...]

RI: Können Sie mir sagen, von wann bis wann Sie in Somalia gelebt haben?

BF: Ab meiner Geburt bis 2015.

RI: Und wann sind Sie geboren?

BF: Ich bin am XXXX geboren.

RI: Und wann genau haben Sie Somalia verlassen?

BF: Am 07.06.2015.

RI: Und wo haben Sie in Somalia ständig gelebt?

BF: In Jilib.

RI: Und wo befindet sich Jilib in Somalia?

BF: In Südsomalia.

RI: Und Jilib ist das eine große Stadt?

BF: Es ist eine alte Stadt. Sie ist nicht groß, aber auch nicht klein. Sie ist mittelgroß.

RI: Wie weit ist Jilib von Mogadischu entfernt?

BF: Ich kann es nicht schätzen.

RI: Was ist die nächstgrößere Stadt von Jilib?

BF: Kismayo, Buale, Xarmka.

RI: Und Sie noch Verwandte, die in Jilib leben?

BF: Zuletzt hat meine Familie dort gelebt.

RI: Wissen Sie, wo Ihre Familie jetzt lebt?

BF: Nein, seitdem ich Somalia verlassen habe, habe ich keinen Kontakt.

RI: Und welche Familienangehörigen haben in Jilib gelebt?

BF: Meine Mutter, mein Bruder, meine Schwester, meine Frau und meine zwei Kinder und auch mein Onkel.

RI: Haben Sie eine Schulausbildung?

BF: Ja, ich bin vier Jahre in die Schule gegangen.

RI: Welche Schule haben Sie besucht?

BF: Die Grundschule, von 2004 bis 2007.

RI: Waren Sie schon jemals in Mogadischu aufhältig?

BF: Nein, ich war nur in Jilib.

RI: Was war der Grund, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

BF: Ich habe zwei Probleme gehabt. Das eine war, dass ich diskriminiert wurde und der Tod meines Vaters.

RI: Wieso wurden Sie diskriminiert?

BF: Weil ich ein Tumal bin. Ich bin in der Schule oft diskriminiert worden. Mein Vater hatte ein Haus. Sie haben uns unser Haus weggenommen und ihn getötet.

RI: Wer hat Ihnen das Haus weggenommen und wer hat Ihren Vater getötet?

BF: Der Sheikhal-Clan hat das Haus weggenommen und ihn getötet. Jilib ist Al-Shabaab-Gebiet.

RI: Wann wurde Ihr Vater getötet?

BF: Mein Vater wurde am XXXX getötet.

RI: Waren Sie anwesend, als Ihr Vater getötet wurde?

BF: Ja, ich war anwesend.

RI: Haben Sie alle gemeinsam in diesem Haus gelebt?

BF: Ja.

RI: Können Sie mir beschreiben, was an diesem Tag passiert ist, als Ihr Vater getötet wurdeß

BF: Als sie sein Haus weggenommen haben, ist er zu Al-Shabaab gegangen. Er wollte, dass sie ihn unterstützen. Sie haben aber gesagt, "wir können das nicht". Mein Vater war nicht alleine, als er zu Al-Shabaab gegangen ist. Ich war auch dabei und auch mein Onkel. Wir sind zu unserem Haus zurückgegangen und mein Vater hat mit den Männern, die unser Haus weggenommen haben, gestritten. Sie haben ihn erschossen.

RI: Haben Sie diese Männer gekannt, die Ihnen das Haus weggenommen haben?

BF: Nein, ich kannte sie nicht. Ich wusste nur, dass Sie Sheikhal-Angehörige sind.

RI: Woher wissen Sie, dass das Sheikhal-Angehörige sind?

BF: Die Namen von diesen Männern weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie Sheikhal-Angehörige sind.

RI: Aber woher wissen Sie, dass das Sheikhal-Angehörige sind?

BF: Weil dieses Gebiet, Sheikhal gehört.

RI: Das heißt, Jilib? Jilib gehört den Sheikhal?

BF: Ja und auch den Tunni.

RI: Und Tunni ist ein eigener Clan?

BF: Das ist ein kleiner Clan.

RI: Und zu welchem Hauptclan gehört Tunni?

BF: Es ist ein eigener Clan.

RI: Wie ist Ihr Vater getötet worden?

BF: Sie haben ihn erschossen. Als mein Vater erschossen wurde, kam mein Bruder und erstach mit einem Messer einen Mann. Es war nicht der Mann, den meinen Vater erschossen hat, sondern es war ein anderer Mann.

RI: Mit wie vielen Männern hat Ihr Vater gestritten?

BF: Es waren fünf Männer, einer war bewaffnet. Mein Bruder lief weg, als er den einen Mann mit dem Messer verletzt hat. Ich weiß nicht, ob dieser Mann starb. Ich weiß nur, dass er schwer verletzt war. Ich war in dem Geschäft, wo ich gearbeitet habe und Autos gewaschen habe. Mein Onkel rief mich dort an und sagte, dass ich weglaufen müsse und erzählte mir, was mein Bruder getan hat.

RI: Sie haben vorhin gesagt, dass Sie anwesend waren, als Ihr Vater getötet wurde?

BF: Ja, das stimmt, das war ich.

RI: Wann hat Ihr Bruder den einen Mann mit dem Messer verletzt?

BF: Als mein Vater bereits beerdigt war, kam mein Bruder zurück und stritt mit den Männern.

RI wiederholt die Frage.

BF: Es war am selben Tag, wie mein Vater gestorben ist. Am Vormittag starb mein Vater und am Nachmittag hat mein Bruder den einen Mann mit dem Messer verletzt.

RI: Und dieser Mann, der mit dem Messer verletzt wurde, gehörte zu den Männern, die Ihren Vater getötet haben?

BF: Ja.

RI: Hat Ihr Bruder diese Männer, die den Vater getötet haben, gesucht?

BF: Mein Bruder ist wieder zurückgekommen, wo unser Haus war und hat mit den Männern gestritten.

RI: Die Männer, die Ihren Vater getötet haben, sind nach dem Tod Ihres Vaters bei Ihrem Haus geblieben?

BF: Ja.

RI: Was haben Sie gemacht, als Ihr Vater erschossen wurde?

BF: Ich habe nichts gemacht, weil ich jung war.

RI: Wie alt waren Sie?

BF: Ich war damals 21 Jahre alt.

RI: Was haben Sie gemacht, Ihr Vater wurde erschossen?

BF: Ich habe nichts gemacht.

RI: Sind Sie dann einfach nach dem Tod Ihres Vaters einfach ins Geschäft gegangen, um zu arbeiten?

BF: Ja, ich bin nachdem mein Vater getötet wurde, wieder ins Geschäft gegangen, um dort wieder zu arbeiten.

RI: War Ihre Mutter und Ihre Frau auch anwesend, als Ihr Vater erschossen wurde?

BF: Nein, die waren nicht dort. Sie waren in einem anderen Haus.

RI: In welchem Haus?

BF: Es war kein echtes Haus, sondern ein Buschhaus.

RI: Wann wurde Ihnen das Haus von diesen Sheikhal weggenommen?

BF: Am XXXX.

RI: Was heißt weggenommen? Beschreiben Sie mir das.

BF: Sie haben es weggenommen, weil sie Macht haben und wir nichts dagegen machen können.

RI: Wie war das? Sie waren mit Ihrer Familie in dem Haus und dann kamen Männer und sagten, dass Sie mit Ihrer Familie weggehen sollen?

BF: Am Anfang haben diese Männer zu meinem Vater gesagt, dass sie das Haus kaufen wollen. Mein Vater hat aber abgelehnt. Er sagte, dass er nicht verkaufe. Sie brachten gefälschte Papiere und sie haben ihn bedroht, dass er weggehen müsse. In Jilib haben wir keine Macht. Wir gehören einer Minderheitengruppe an und wir können dagegen nichts machen.

RI: Heißt das, dass Sie mit Ihrer Familie und Ihrem Vater aus dem Haus ausgezogen sind?

BF: Es ist kein Haus, es ist ein Grundstück.

RI: Zuerst sagten Sie, dass es ein Haus war, das Ihnen weggenommen wurde und jetzt sagen Sie, dass es ein Grundstück gewesen ist, das Ihnen weggenommen wurde?

BF: Es ist ein Haus ohne Dach und deswegen sagen wir, Haus oder Grundstück.

RI: Wo haben Sie denn dann mit Ihrer Familie gelebt?

BF: In einem anderen Haus im Zentrum von Jilib.

RI: Wie groß war dieses Grundstück, das Ihnen weggenommen wurde?

BF: Es war eine Achtzimmerwohnung.

RI: Wer hat in dieser Achtzimmerwohnung gelebt?

BF: Es hat dort niemand gelebt, weil es dort kein Dach gab.

RI: Warum wollten diese Sheikhal-Angehörigen dieses Grundstück bzw. dieses Haus ohne Dach haben?

BF: Ich weiß es nicht, aber ich vermute, dass sie auf diesem Haus drauf bauen wollten.

RI: Wo groß war dieses Grundstück, wo dieses Haus stand?

BF: Ich kann es nicht genau sagen, aber es war eine Achtzimmerwohnung.

RI: Also Ihr Onkel hat Sie angerufen, in dem Geschäft, wo Sie gearbeitet haben und hat Ihnen mitgeteilt, dass Ihr Bruder einen Mann mit dem Messer niedergestochen hat. Was haben Sie dann gemacht?

BF: Mein Onkel hat gesagt, ich muss weggehen, ansonsten sie mich töten würden. Ich bin weggegangen.

RI: Das heißt, Sie haben das Geschäft sofort verlassen und sind dann gleich weggegangen?

BF: Ja. Ich habe dann Jilib gleich verlassen. Ich bin mit dem Lkw gefahren und bin nach Kenia gefahren.

RI: Wie lange haben Sie gebraucht, um nach Kenia zu gelangen?

BF: Zwei Tage.

RI: Was haben Sie in Kenia dann gemacht?

BF: Ich war drei Tage lang dort und konnte nicht weiterleben. Dann habe ich einen Schlepper gefunden. Ich bin in den Sudan, Libyen, Italien und dann nach Österreich.

RI: Wo haben Sie sich in Kenia drei Tage lang aufgehalten?

BF: Ich weiß es nicht genau.

RI: Sie sind sofort ausgereist, nach dem Ihr Onkel Sie angerufen hat. Haben Sie sich nicht um Ihre Frau und Ihre beiden Kinder gekümmert?

BF: Ich habe mir um meine Familie Sorgen gemacht. Ich war aber in Gefahr, weil mein Bruder einen Mann verletzt hat, deshalb habe ich Somalia verlassen. Mein Bruder ist auch weggegangen und wenn diese Männer meinen Bruder nicht finden, würden sie mich nehmen und mich töten und mein Onkel hat mir empfohlen, so schnell, wie möglich, Somalia zu verlassen.

RI: Sie haben seit Ihrer Ausreise aus Somalia keinen Kontakt zu Ihrer Frau und zu Ihren beiden Kindern oder anderen Familienmitgliedern?

BF: Nein, ich habe keinen Kontakt.

RI: Wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren müssten, was hätten Sie dann zu befürchten?

BF: Ich habe Angst, ich hätte dieselben Probleme.

RI an RV: Haben Sie Fragen?

RV: Ja, zu dieser Zeit hatte die Al-Shabaab die Kontrolle in Ihrer Stadt?

BF: Ja.

RV: Sie haben gesagt, dass Ihr Vater zu den Al-Shabaab gegangen ist, um ihm zu helfen, aber die Al-Shabaab haben "Nein" gesagt. Wissen Sie, warum die Al-Shabaab "Nein" gesagt hat?

BF: Ja, weil die Al-Shabaab die Sheikhal unterstützen und die Al-Shabaab lebt vom Geld der Sheikhal.

RI: Haben Sie noch irgendwelche Dokumente, die Sie noch vorlegen möchten?

RV: Ja, Integrationsunterlagen.

Der BF hat an Deutschkursen teilgenommen, sowohl an Deutsch A2 Teil 1 und Teil 2, diese Unterlagen werden in Kopie als Beilage A zum Akt genommen.

RI: Arbeiten Sie hier in Österreich?

BF: Nein, aber ich suche Arbeit. Ich wollte immer als Hilfsarbeiter arbeiten, habe aber bis jetzt keine Arbeit in Österreich gefunden. Ich bemühe mich Arbeit zu finden.

RI: Haben Sie Verwandte in Österreich?

BF: Nein.

RI: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

BF: Ich spiele Fußball. In Linz treffe ich Österreicher auch Leute aus Afghanistan und Menschen aus Afrika.

Erörtert wird der Bericht des Bundesamtes, Staatendokumentation Somalia, Stand 27.06.2017 sowie der Bericht Facht Finding Mission Report, Somalia, August 2017.

RI: Möchten Sie etwas zu der Situation in Ihrem Heimatland sagen?

BF: Nein.

RV: Ich möchte nur auf die Dürreproblematik in Somalia hinweisen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Al-Shabaab noch immer die Kontrolle in Jilib über hat und verweise auf die Seite 25 des Berichtes in Facht Finding Mission Report, Somalia, August 2017.

[...]

8. Am 30.07.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF die aktuellen Länderfeststellungen zu Somalia (Stand 12.01.2018, zuletzt aktualisiert per 03.05.2018) und wurde ihm eine Frist von zwei Wochen zur Einbringung einer Stellungnahme gewährt.

9. Am 10.08.2018 langte die Stellungnahme des BF beim Bundesverwaltungsgericht ein. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Herkunftsregion des BF stark umkämpft sei und es sich dabei um direktes Kriegsgebiet handeln dürfte. Als Beweis dafür werde auf Artikel von April und Juli 2018 verwiesen. In Somalia seien die Menschen noch immer auf internationale Hilfe angewiesen. Aufgrund der jahrelangen Dürre und des nunmehr erst bewältigten Starkregens mit großflächigen Überschwemmungen herrsche noch immer eine Hungerkrise. Dem BF stehe keine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu offen, da er dort kein Netzwerk, keine Unterkunft und keine Arbeit habe. Dem BF drohe im Falle einer Rückkehr nach Somalia eine Art. 2 und Art 3 widersprechende Behandlung und sei ihm internationaler Schutz zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, des Antrags auf internationalen Schutz vom 17.09.2015, der Erstbefragung des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 18.09.2015 und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2017, werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Somalia, Zugehöriger des Clans der Tumaal und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er stellte am 17.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Von Geburt an bis zu seiner Ausreise lebte er in Somalia in Jilib, in der Region Middle Juba. Der BF hat seit Juni 2015 keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen.

Die von ihm behaupteten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zu Grunde gelegt.

Festgestellt wird, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia aufgrund der instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage und der schwierigen allgemeinen Versorgungslage, Gefahr laufen würde, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Relevante Länderberichte zur Situation in Somalia:

0. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

...

(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

...

(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

...

(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

-

UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

1. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

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EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

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NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

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UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

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UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017

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UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

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UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017):

SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1, Zugriff 11.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

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WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

2. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Vergleicht man die Areas of In

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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