TE Vwgh Erkenntnis 2018/9/11 Ra 2018/16/0113

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Veröffentlicht am 11.09.2018
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Index

20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht
22/03 Außerstreitverfahren
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren
41/05 Stiftungen Fonds

Norm

AußStrG §9 Abs1
GGG 1984 TP12 Anm5
GGG 1984 TP12 lite
GGG 1984 §3 Abs1
PSG 1993 §17 Abs5
PSG 1993 §40

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Mai 2018, W183 2192215-1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: H P in W, vertreten durch Mag. Dr. Mario Mittler, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 4/11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die mitbeteiligte Privatstiftung beantragte in ihrem Schriftsatz vom 24. Februar 2012 die Eintragung der Änderung ihrer Stiftungsurkunde und die Genehmigung zweier Ergänzungsvereinbarungen zwischen ihr und ihren Vorstandsmitgliedern sowie einer „D&O-Versicherung“ (d.h. einer Haftpflichtversicherung für Mitglieder des Stiftungsvorstandes gegen Schadenersatzansprüche aus fehlerhaftem Management).

Das Handelsgericht Wien als Firmenbuchgericht bewilligte in seinem Beschluss vom 10. April 2012 unter Punkt I.1. und I.2. die Ergänzungsvereinbarungen und unter Punkt II. den Abschluss der Haftpflichtversicherung.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2017 schrieb die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien der Mitbeteiligten Pauschalgebühren nach TP 12 lit. e GGG in der Höhe von insgesamt € 1.206,-- sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG vor: Genehmigungen von Rechtsgeschäften der Privatstiftung mit einem Mitgliedervorstand würden dem Privatstiftungsgesetz unterliegen und seien unter TP 12 lit. e GGG zu subsumieren. Im gegenständlichen Fall seien drei Anträge gestellt worden, womit drei unterschiedliche Rechtsgeschäfte vorlägen und jedes einzelne einer Genehmigung durch das Gericht bedürfe. Bei der Gebühr nach TP 12 GGG handle es sich nicht um eine Eingabengebühr wie bei jener nach TP 10 I lit. a GGG, die nur ein Mal zu entrichten sei, egal, wie viele Anträge die Eingabe enthalte. Für jedes einzeln zu bewilligende Rechtsgeschäft falle somit jeweils die Pauschalgebühr nach TP 12 lit. e GGG in Höhe von jeweils € 402,-- an.

In ihrer Beschwerde vom 16. November 2017 wandte sich die Mitbeteiligte gegen die Vorschreibung von dem den Betrag von € 402,-- übersteigenden Betrag an Gerichtsgebühren. Die Anträge auf Genehmigung seien in einem einzigen Antrag gestellt worden und würden keine unterschiedlichen Verfahrensarten betreffen. Das Handelsgericht Wien habe diese drei Rechtsgeschäfte in einem Verfahren und einer Geschäftszahl und auch in einem einzigen Beschluss genehmigt. Der Wortlaut der TP 12 lit. e GGG ließe eine davon abweichende Interpretation nicht zu. Daher dürfe die Pauschalgebühr nach TP 12 lit. e GGG in Höhe von € 402,-- nur ein Mal vorgeschrieben werden.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde insofern statt, als es die Pauschalgebühr für das gegenständliche Verfahren mit € 402,-- gemäß TP 12 lit. e GGG vorschrieb. Weiters sprach das Gericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Ausgehend vom wiedergegebenen Verwaltungsgeschehen gelangte das Verwaltungsgericht zu folgender rechtlichen Schlussfolgerung:

„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden ...

Die Pauschalgebühren gemäß TP 12 lit. e GGG fallen anlässlich eines Verfahrens nach dem PSG an, und werden nicht etwa nach der Anzahl der Anträge bestimmt. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass das Verfahren und die nicht im Zuge dessen zu treffenden einzelnen Entscheidungen zu vergebühren sind. Dass es sich im gegenständlich zu vergebührenden Fall um ein Verfahren nach dem Privatstiftungsgesetz handelt ist auch aus dem Umstand ersichtlich, dass es vor dem HG unter einer Geschäftszahl ... geführt und mit einem Beschluss beendet wurde. Daher ist die diesbezügliche Gebühr in Höhe von EUR 402,00 nur einmal (statt dreimal) vorzuschreiben.

Da die Gebühr nicht sogleich entrichtet wurde, ist eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben. Die im gegenständlichen Fall zu zahlenden Gebühren für das Genehmigungsverfahren betragen somit insgesamt EUR 410,00.

3.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde ... insofern stattzugeben ist, als die Pauschalgebühr gemäß TP 12 lit. e GGG für das Verfahren des Handelsgerichtes Wien zu ... EUR 402,00 beträgt und der offene Gesamtbetrag sohin EUR 410,00 lautet.

....“

3        Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, weder weiche sein Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an solcher (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters sei die vorliegende Rechtsprechung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen sei die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen, weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

4        Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Amtsrevision begründet ihre Zulässigkeit damit, entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes fehle - soweit überblickbar - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob § 3 Abs. 1 Satz zwei GGG betreffend mehrere Eingaben und Schriften nur im Zivil- oder Exekutionsverfahren (etwa für Rechtsmittelschriftsätze) oder auch für Eingaben und Schriften in anderen Verfahren gelte. Sie beantragt, in der Sache dahingehend zu erkennen, dass die Beschwerde gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen werde, in eventu, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 36 VwGG über diese Revision das Vorverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete, in der sie die Zurückweisung, in eventu deren Abweisung als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        Die Amtsrevision erweist sich aus folgenden Erwägungen wohl als zulässig, jedoch nicht als berechtigt:

7        Gemäß § 3 Abs. 1 GGG (in seiner Stammfassung BGBl. Nr. 501/1984) ist in zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren die Pauschalgebühr nur ein Mal zu entrichten, gleichgültig, ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht. Das Gleiche gilt für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist.

Die ErläutRV 366 BlgNR XVI. GP 28 und 30 sprachen von einer Vereinfachung der Gebührenberechnung durch Pauschalierung (Phasenpauschalierung) der Gebührenbeträge in „Zivilprozessen und in Exekutionsverfahren“.

Mit Art. IV Z 3 des Privatstiftungsgesetzes, BGBl. Nr. 694/1993, wurde in TP 12 GGG die (damals: lit. 3a, nunmehr:) lit. e eingefügt, die für „Verfahren nach dem Privatstiftungsgesetz“ eine Gebühr vorsieht. Weiters wurde in TP 12 GGG eine Anmerkung angefügt, wonach mit der Pauschalgebühr nach TP 12 lit. e Eintragungsgebühren nach TP 10 nicht abgegolten sind.

8        Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. Mai 1992, 91/16/0016, in Auslegung des § 3 Abs. 1 GGG ausgeführt, der erste Satz beziehe sich ausdrücklich nur auf zivilgerichtliche Verfahren und Exekutionsverfahren, aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung könne jedenfalls nichts hinsichtlich der Gebühren für die Eintragung in die öffentlichen Bücher und Register im Sinn des § 2 Z 4 GGG herausgelesen werden.

In einem weiteren Erkenntnis vom 25. Juni 1992, 91/16/0070, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, wenngleich die Klage im GGG als Eingabe (im weiteren Sinn) verstanden werde, was deutlicher als in dem § 3 Abs. 1 GGG in § 1 Abs. 1 oder § 31 Abs. 1 GGG zum Ausdruck komme, unterscheide das GGG klar zwischen Pauschalgebühren, Eingabengebühren und Eintragungsgebühren.

9        Die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erging vor den dargestellten Ergänzungen des Gerichtsgebührengesetzes durch das Privatstiftungsgesetz mit Wirksamkeit vom 1. September 1993, weshalb die Amtsrevision zu Recht für ihre Zulässigkeit das Fehlen von Rechtsprechung zu § 3 Abs. 1 GGG im Verhältnis zu TP 12 lit. e GGG in Anspruch nimmt.

10       Die verfahrensgegenständliche Eingabe vom 24. Februar 2012 umfasste neben dem Antrag auf Eintragung einer Änderung der Stiftungsurkunde im Firmenbuch die Genehmigung zweier Ergänzungsvereinbarungen vom 3. Februar 2012 sowie des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung für ihre Vorstandsmitglieder. Das Handelsgericht Wien sprach in seinem Beschluss vom 10. April 2012 unter einem über alle Begehren ab.

11       Gemäß § 17 Abs. 5 PSG bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitgliederstiftungsvorstand, wenn die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Gerichts.

Die Genehmigung nach § 17 Abs. 5 PSG erfolgt gemäß § 40 leg. cit. im Verfahren Außerstreitsachen (Arnold, Privatstiftungsgesetz3, Rz 95 zu § 17).

Unter „Verfahren nach dem Privatstiftungsgesetz“ nach TP 12 lit. e GGG sind solche nach § 40 PSG zu verstehen (Arnold, aaO, Rz 14 zu § 40 PSG).

12       Nach § 9 Abs. 1 Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003, muss der Antrag kein bestimmtes Begehren enthalten, jedoch hinreichend erkennen lassen, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit der Antragsteller anstrebt und aus welchem Sachverhalt er dies ableitet.

Alle aus einem angegebenen Sachverhalt ableitbaren Begehren sind Verfahrensgegenstand, was zu einem „weiten Streitgegenstandsbegriff“ im außerstreitigen Verfahren führt (Rechberger, Kommentar zum Außerstreitgesetz, Rz 3 zu § 9).

Das Privatstiftungsgesetz sieht keine davon abweichenden Einschränkungen, insbesondere nicht die Unzulässigkeit einer Kumulierung von mehreren Genehmigungsbegehren nach § 17 Abs. 5 PSG in einem Antrag vor.

13       § 3 Abs. 1 GGG (in seiner Stammfassung BGBl. Nr. 501/1984) spricht von „zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren“, in denen die Pauschalgebühr nur ein Mal zu entrichten ist, gleichgültig ob „die Klage“ (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht.

14       Während das GGG in seiner Stammfassung vor dem Hintergrund der zitierten ErläutRV den Begriff der „zivilgerichtlichen Verfahren“ als ausschließlich streitige Zivilverfahren verstanden haben könnte, stellte der Gesetzgeber mit seiner Wortwahl in (nunmehr) Anmerkung 5 zu TP 12 GGG, wonach mit der „Pauschalgebühr“ nach TP 12 lit. e Eintragungsgebühren nach TP 10 nicht abgegolten sind, klar, dass es sich bei der im Revisionsfall strittigen Gebühr nach TP 12 lit. e GGG für „Verfahren nach dem Privatstiftungsgesetz“ um eine „Pauschalgebühr“ für ein solches Verfahren handelt.

Mit der Qualifikation als Pauschalgebühr steht der Auslegung des § 3 Abs. 1 nichts mehr im Wege, dass auch in außerstreitigen zivilgerichtlichen Verfahren im Sinn des § 40 PSG die Pauschalgebühr nur ein Mal zu entrichten ist, gleichgültig, ob der Antrag mehrere Begehren enthält oder ob er sich auf mehrere Personen bezieht.

Mag die Eingabe vom 24. Februar 2012 auch mehrere trennbare Begehren auf Genehmigungen von Vereinbarungen gehabt haben, so waren diese zulässigerweise in einem Antrag kumuliert worden, der nur ein Verfahren nach dem Privatstiftungsgesetz einleitete.

Damit erfolgte zu Recht die Vorschreibung der einfachen Gebühr nach TP 12 lit. e GGG im Instanzenzug.

15       Die Amtsrevision ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160113.L00

Im RIS seit

08.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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