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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §284;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Bundes (Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie in Wien), vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Juni 2016, Zl. RV/7400077/2014, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides sowie Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung eines Guthabens (belangte Behörde vor dem Bundesfinanzgericht: Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 6 - Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vertreten durch die CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG in 1210 Wien, Karl-Waldbrunner-Platz 1),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Die Revision wird, soweit sie die Ausstellung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides betrifft, als unbegründet abgewiesen.
2. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie die Abweisung eines Antrags auf Rückzahlung eines Guthabens betrifft, zurückgewiesen.
Der Bund hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles ist zunächst das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, 97/13/0224, VwSlg 7858/F, zu erwähnen. Mit diesem Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde des nunmehrigen Revisionswerbers (Bund) gegen einen Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 9. September 1997 ab, mit dem ihm die Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist für die Berufung gegen einen Kommunalsteuerbescheid vom 19. März 1997 versagt und die verspätete Berufung zurückgewiesen worden war.
2 Gegenstand des Bescheides vom 19. März 1997 war die Vorschreibung von Kommunalsteuer (sowie Verspätungs- und Säumniszuschlägen) an den Bund für die in den Betriebsstätten in Wien gewährten Arbeitslöhne des "Betrieb(es) gewerblicher Art Post- und Telegrafenverwaltung Fernmeldedienste und Postautodienste" im Zeitraum Jänner 1994 bis April 1996 in der Höhe von insgesamt etwa 184 Mio S. In der Beschwerde wurde u.a. geltend gemacht, der Bescheid vom 19. März 1997 wäre nicht an den Revisionswerber, sondern an die Post und Telekom Austria AG zu richten gewesen, auf die das im Eigentum des Bundes stehende Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung einschließlich der Forderungen und Verbindlichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit 1. Mai 1996 übergegangen sei. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, es könne dahingestellt bleiben, ob die Vorschreibung von Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen rechtens an den Bund oder an die Post und Telekom Austria AG zu richten gewesen wäre. Tatsächlich habe sich der Bescheid vom 19. März 1997 - mit ausreichend deutlicher Bezeichnung des Bescheidadressaten - an den Bund gerichtet und diesem Abgaben vorgeschrieben. Eine Rechtswidrigkeit einer solchen Abgabenvorschreibung lasse deren Wirksamkeit unberührt.
3 Mit Hinweis auf den an den Bund gerichteten Bescheid vom 19. März 1997 einerseits und einen an die Post und Telekom Austria AG gerichteten, den Zeitraum April 1994 bis April 1996 betreffenden Kommunalsteuerbescheid der Landeshauptstadt Linz vom 17. Juli 1997 andererseits, und dem Vorbringen, es sei dabei zu Mehrfacherfassungen derselben Lohnsummenbestandteile gekommen, hatte die Post und Telekom Austria AG weiters in einer Eingabe vom 14. Jänner 1998 an das Finanzamt für Körperschaften einen Antrag auf Erlassung eines Zuteilungsbescheides gemäß § 10 Abs. 5 Kommunalsteuergesetz (KommStG) 1993 gestellt und den Standpunkt vertreten, die Post- und Telegraphenverwaltung sei kein Betrieb gewerblicher Art gewesen, weshalb die Bemessungsgrundlage mit S 0,-
- festzusetzen und den Gemeinden zuzuteilen sei.
4 Ein in diesem Sinn ergangener Zuteilungsbescheid des Finanzamts vom 3. September 1998, mit dem die Bemessungsgrundlage hinsichtlich der Gemeinden Wien und Linz jeweils mit "keine" für die Monate Jänner 1994 bis April 1996 festgestellt wurde, wurde von beiden Gemeinden mit Berufung bekämpft und von der Finanzlandesdirektion aufgehoben, womit sich der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, 2000/13/0001, 0002, VwSlg 7585/F, auseinanderzusetzen hatte. Er bejahte die Frage, ob das Finanzamt zur Erlassung eines derartigen Bescheides zuständig gewesen sei, und hob den Bescheid der Finanzlandesdirektion im Wesentlichen deshalb auf, weil sich diese mit der Frage der Steuerpflicht in Verkennung der Rechtslage nicht auseinandergesetzt und die Ansicht vertreten hatte, nur ein Streit zwischen den betroffenen Gemeinden könne zur Erlassung eines Zuteilungsbescheides führen.
5 Die Finanzlandesdirektion wies daraufhin mit Bescheid vom 3. August 2001 die Berufungen der Gemeinden gegen den Zuteilungsbescheid vom 3. September 1998 ab, weil sie zur Ansicht gelangte, die Tätigkeit der Post- und Telegraphenverwaltung sei im Streitzeitraum Hoheitsverwaltung gewesen. Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof wiederum mit dem Erkenntnis vom 17. November 2005, 2001/13/0239, VwSlg 8084/F, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Er führte dazu aus, im Bereich des Fernmeldewesens habe das Fernmeldegesetz 1993 einerseits einen hoheitlichen, andererseits aber auch einen sogenannten Wettbewerbsbereich vorgesehen, wobei das Gesetz die Post- und Telegraphenverwaltung zu einer strikten organisatorischen und rechnungsmäßigen Trennung der beiden Bereiche verpflichtet habe. Die Finanzlandesdirektion habe es in Verkennung dieser Rechtslage unterlassen, festzustellen, ob und inwieweit die Post- und Telegraphenverwaltung im Streitzeitraum im sogenannten Wettbewerbsbereich tätig geworden sei, und ob es diesbezüglich, wie behauptet, zu Mehrfacherfassungen derselben Lohnsummenbestandteile gekommen sein könnte.
6 Mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 erledigte nunmehr der inzwischen zuständig gewordene unabhängige Finanzsenat schließlich die Berufungen gegen den Zuteilungsbescheid vom 3. September 1998 durch Aufhebung dieses Bescheides und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz. Das Finanzamt erließ daraufhin drei Bescheide vom 23. November 2009, in denen es - getrennt für die Zeiträume 1994, 1995 und Jänner bis April 1996 - Zuteilungen von Anteilen an der Bemessungsgrundlage (soweit aktenkundig: nur) an die Stadt Wien vornahm.
7 Gegen die Bescheide vom 23. November 2009 erhob die Stadt Wien mit Schriftsatz vom 29. Jänner 2010 Berufung.
8 Mit Berufungsentscheidung vom 11. Oktober 2013 gab der unabhängige Finanzsenat der Berufung vom 29. Jänner 2010 statt und hob die Zuteilungsbescheide des Finanzamts vom 23. November 2009 auf.
9 Am 4. Dezember 2014 wurde vom Finanzamt neuerlich ein Zuteilungsbescheid erlassen, gegen den die Stadt Wien wiederum Beschwerde erhob. Diese Beschwerde ist soweit ersichtlich nach wie vor anhängig.
10 Dem nunmehrigen Revisionsfall liegt zugrunde, dass der Revisionswerber (Bund) mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 an den Magistrat der Stadt Wien den Antrag richtete, "aufgrund" des (Anmerkung: zu diesem Zeitpunkt mit dem oben erwähnten Bescheid vom 17. Dezember 2008 bereits aufgehobenen) Zuteilungsbescheides vom 3. September 1998 den - in dieser Eingabe nur unter Anführungszeichen so genannten, nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2003 aber wirksam erlassenen - Bescheid vom 19. März 1997 "aufzuheben und einen vom Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 3. September 1998 abgeleiteten Kommunalsteuerbescheid zu erlassen". Ein solcher Kommunalsteuerbescheid werde eine Steuerschuld von Null auszuweisen haben und das Abgabenkonto des Bundes werde "nach Bescheiderlassung" ein Guthaben über etwa 184 Mio S ausweisen (Anmerkung: Die mit Bescheid vom 19. März 1997 vorgeschriebene Kommunalsteuer war am 29. April 2004 entrichtet worden), dessen Rückzahlung ebenfalls beantragt werde.
11 Diese Anträge wies der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 4. Juni 2009 zurück. Er führte zum Antrag auf Erlassung eines gemäß § 10 Abs. 6 KommStG 1993 vom Zuteilungsbescheid vom 3. September 1998 abgeleiteten Bescheides aus, das Antragsrecht könne nur dem Steuerschuldner zustehen, an den auch der Zuteilungsbescheid zu ergehen habe, und dies sei die Post und Telekom Austria AG (gewesen). Die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages wurde damit begründet, dass der Revisionswerber auch nicht der Abgabenschuldner sei, "auf den das Abgabenkonto lautet".
12 In der Berufung vom 30. Juli 2009 (nunmehr Beschwerde) gegen diesen Bescheid machte der Revisionswerber geltend, die "als ‚Bescheid' bezeichnete Erledigung" betreffend Kommunalsteuer vom 19. März 1997 sei an ihn gerichtet gewesen. Der Magistrat der Stadt Wien habe "- trotz der damals bereits in Kraft befindlichen organisatorischen und rechtlichen Änderungen durch das Poststrukturgesetz - offenbar den Bund (...) als Steuerschuldner und Unternehmer" angesehen und könne sich jetzt nicht darauf berufen, dass ihm die Antragslegitimation fehle. Auf dieses Vorbringen werde auch in Bezug auf den Rückzahlungsantrag verwiesen und zusätzlich geltend gemacht, dass der "Bescheid" vom 19. März 1997 ein Abgabenkonto des Bundes angeführt habe.
13 Im Dezember 2009 übermittelte der Revisionswerber dem Magistrat der Stadt Wien die neuen Zuteilungsbescheide vom 23. November 2009 mit dem Vorbringen, die Voraussetzungen für die Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides lägen "nun jedenfalls" vor.
14 Mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Jänner 2010 gab der Magistrat der Stadt Wien der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 4. Juni 2009 statt und änderte diesen Bescheid dahingehend ab, dass sowohl der Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides als auch der Rückzahlungsantrag abgewiesen wurden. Begründend wurde dargelegt, der Rückzahlungsantrag müsse erfolglos bleiben, weil kein Guthaben bestehe, und der Antrag auf Erlassung eines Kommunalsteuerbescheides sei abzuweisen, weil "kein der geltenden Rechtsordnung unterliegender Grundlagenbescheid" vorliege. Der Zuteilungsbescheid (gemeint: die Zuteilungsbescheide) vom 23. November 2009 sei(en) "nichtig", ein Standpunkt, der auch in der mit Schriftsatz vom selben Tag erhobenen (oben erwähnten) Berufung der Stadt Wien gegen diese Zuteilungsbescheide vorrangig vertreten wurde.
15 Der Revisionswerber beantragte die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 4. Juni 2009.
16 Am 12. Dezember 2013 erging in Bezug auf die Berufung vom 30. Juli 2009 eine 2. Berufungsvorentscheidung des Magistrates der Stadt Wien, woraufhin der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2014 neuerlich die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung beantragte.
17 Mit Bescheid vom 23. Jänner 2014 wies der Magistrat der Stadt Wien die Anträge des Revisionswerbers (Bund) vom 30. Dezember 2008 als unbegründet ab, wobei diese Entscheidung im Wesentlichen dem Spruch der Berufungsvorentscheidung vom 29. Jänner 2010 entspricht.
18 Gegen den Bescheid vom 23. Jänner 2014 wurde vom Revisionswerber am 27. Februar 2014 Beschwerde erhoben.
19 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesfinanzgericht über die Beschwerden des Revisionswerbers gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Wien vom 4. Juni 2009 und 23. Jänner 2014 ab. Es bestätigte die Zurückweisung des Magistrats vom 4. Juni 2009 betreffend den Antrag auf Erlassung eines vom Zuteilungsbescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 3. September 1998 abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides und hob die mit Bescheid vom 23. Jänner 2014 erfolgte Abweisung dieses Antrages wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz "ne bis in idem" auf. Die mit Bescheid vom 4. Juni 2009 erfolgte Zurückweisung des Rückzahlungsantrages hob es auf, wohingegen es die mit Bescheid vom 23. Jänner 2014 erfolgte Abweisung dieses Antrages bestätigte.
20 Mit dem am 1. Mai 1996 in Kraft getretenen Poststrukturgesetz, BGBl. Nr. 201/1996, sei das Vermögen der Post- und Telegrafenverwaltung einschließlich Forderungen und Verbindlichkeiten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vom Bund auf einen neuen Rechtsträger übergegangen. Gemäß § 17 WAO (der dem § 19 BAO entspreche) gingen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Der Bund sei daher im Jahr 2008 nicht mehr berechtigt gewesen, Anträge in dem das übergegangene Vermögen betreffenden Kommunalsteuerverfahren zu stellen. Eine Antragslegitimation des Bundes lasse sich auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2003, 97/13/0224, ableiten, weil der Verwaltungsgerichtshof dort lediglich ausgesprochen habe, dass der Bescheid vom 19. März 1997 - ungeachtet einer behaupteten Rechtswidrigkeit der Abgabenvorschreibung - wirksam an den Bund ergangen sei. Im Übrigen seien die Zuteilungsbescheide vom 3. September 1998 und 4. Dezember 2014 über Antrag der Post und Telekom Austria AG bzw. A1 Telekom Austria AG (Rechtsnachfolger) erlassen worden. Der Bund sei nicht Bescheidadressat der Zuteilungsbescheide gewesen.
21 Der Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides sei aber auch mangels Antragsrechts zurückzuweisen gewesen. Die Gemeinde habe den Kommunalsteuerbescheid vom 19. März 1997 im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung eines Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheides gemäß § 10 Abs. 6 KommStG 1993 von Amts wegen durch einen neuen Kommunalsteuerbescheid zu ersetzen. Die angeführte Bestimmung sehe kein Antragsrecht der Partei vor. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass für den Fall des Untätigbleibens der Gemeinde die Möglichkeit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO idF des Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes 2012 (FVwG 2012) - davor Devolutionsantrag gemäß § 311 BAO bzw. Antrag gemäß § 243 WAO - offen gestanden sei bzw. offen stehe.
22 Für Rückzahlungen sei maßgebend, ob auf dem Abgabenkonto zum Zeitpunkt der Stellung des Rückzahlungsantrages ein Guthaben bestanden habe. Ein auf dem Abgabenkonto nicht bestehendes Guthaben könne nicht zurückgezahlt werden.
23 Eine ordentliche Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zur Rechtsfrage, "ob der steuerschuldenden Partei in Bezug auf die Erlassung eines von einem geänderten Zuteilungsbescheid abzuleitenden Kommunalsteuerbescheides ein Antragsrecht zukommt", noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorhanden sei. Auch zur weiteren Rechtsfrage, "ob dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie am 30.12.2008 die Legitimation zukam, in einem Kommunalsteuerverfahren, welches das gem. § 24 des am 1.5.1996 in Kraft getretenen Poststrukturgesetzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vom Bund auf einen neuen Rechtsträger übergegangene Vermögen der Post- und Telegraphenverwaltung einschließlich der Forderungen und Verbindlichkeiten betrifft, einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides zu stellen", sei keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorhanden.
24 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in welcher sich der Revisionswerber in erster Linie den vom Bundesfinanzgericht genannten Gründen für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision anschließt.
25 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung sowie eine ergänzende Stellungnahme zur Revisionsbeantwortung erstattet. Der Revisionswerber hat zur Revisionsbeantwortung eine Replik eingebracht.
26 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
27 Mit den dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegenden Bescheiden sprach die belangte Behörde über die Anträge des Revisionswerbers vom 30. Dezember 2008 ab, auf Grund des Zuteilungsbescheides des Finanzamtes für Körperschaften vom 3. September 1998 einen davon abgeleiteten Kommunalsteuerbescheid zu erlassen und einen näher genannten Betrag an den Revisionswerber zurückzuzahlen.
28 Das Bundesfinanzgericht begründete die Zulässigkeit der ordentlichen Revision mit dem Fehlen von Judikatur zu den Fragen, ob die steuerschuldende Partei die Erlassung eines von einem geänderten Zuteilungsbescheid abzuleitenden Kommunalsteuerbescheides beantragen kann und ob dem Revisionswerber (Bund) in einem Kommunalsteuerverfahren, welches im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vom Bund auf einen neuen Rechtsträger übergegangenes Vermögen betrifft, ein solches Antragrecht zusteht.
29 Die vom Bundesfinanzgericht und auch vom Revisionswerber aufgezeigten Rechtsfragen betreffen erkennbar nur den Antrag des Revisionswerbers, einen vom Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 3. September 1998 abgeleiteten Kommunalsteuerbescheid zu erlassen, nicht aber den Antrag auf Rückzahlung des (erst) "nach Bescheiderlassung" ausgewiesenen Kommunalsteuerguthabens. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu diesem Antrag liegt nicht vor, zumal einem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO der Erfolg zu versagen ist, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist (vgl. Ritz, BAO6, § 239 Rz 15).
30 Soweit sich die Revision gegen die Abweisung des Antrags auf Rückzahlung eines Guthabens wendet, zeigt sie demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, weshalb sie insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen war.
31 Zur Frage, ob die Zurückweisung des Antrages, "einen vom Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften vom 3. September 1998 abgeleiteten Kommunalsteuerbescheid zu erlassen", - wie vom Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis angenommen - zu Recht erfolgt ist, ist auf Folgendes zu verweisen:
32 Gemäß § 10 Abs. 6 KommStG 1993 ist ein Kommunalsteuerbescheid, der von einem Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Zerlegung- oder Zuteilungsbescheides von Amts wegen von der Gemeinde durch einen Kommunalsteuerbescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.
33 Das Bundesfinanzgericht hat den Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides (auch) deswegen zurückgewiesen, weil die Gemeinde den Kommunalsteuerbescheid vom 19. März 1997 im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung eines Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheides gemäß § 10 Abs. 6 KommStG 1993 von Amts wegen durch einen neuen Kommunalsteuerbescheid zu ersetzen habe und § 10 Abs. 6 KommStG 1993 kein diesbezügliches Antragsrecht der Partei vorsehe.
34 Abweichend dazu vertritt der Revisionswerber den Standpunkt, der Antrag auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides sei zulässig, zumal das rechtsstaatliche Prinzip fordere, dass Rechtschutzeinrichtungen ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz aufwiesen (Hinweis auf VfGH 11.12.1986, G 199/86). Rechtsschutz heiße - so der Revisionswerber weiter - nicht nur Schutz der Partei vor behördlichen Aktivitäten (z.B. durch Bescheidbeschwerden gegen Bescheide), sondern auch Schutz bei behördlichen Inaktivitäten (z.B. Nichterledigung von Anbringen).
35 Damit verkennt der Revisionswerber, dass Änderungen von Bescheiden nach der § 229 WAO bzw. § 295 BAO nachgebildeten Bestimmung des § 10 Abs. 6 KommStG 1993 gegebenenfalls zwingend (kein Ermessen) zu erfolgen haben (vgl. die zu § 295 Abs. 1 BAO ergangenen Erkenntnisse VwGH 19.10.2006, 2006/14/0027, und 5.9.2012, 2012/15/0062, mwN, idS weiters das auch vom Bundesfinanzgericht erwähnte Erkenntnis VwGH 23.5.2013, 2010/15/0145).
36 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. September 2012, 2012/15/0062, unter Hinweis auf § 311 BAO (der insoweit dem § 243 WAO entsprach) ebenfalls ausgesprochen hat, kann die Verpflichtung zur Anpassung abgeleiteter Bescheide wegen nachträglicher Änderung von Grundlagenbescheiden mittels Devolutionsantrag (nunmehr Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO) geltend gemacht werden. Damit ist - entgegen den Ausführungen in der Revision - ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet (vgl. nochmals VwGH 23.5.2013, 2010/15/0145). Eines gesonderten Antrags auf Erlassung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides, der - worauf das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis zutreffend hingewiesen hat - in § 10 Abs. 6 KommStG 1993 auch nicht vorgesehen ist, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.
37 Die Revision erweist sich daher, soweit sie die Zurückweisung des Antrages auf Ausstellung eines abgeleiteten Kommunalsteuerbescheides betrifft, als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
38 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
39 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 12. September 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016130023.J00Im RIS seit
12.10.2018Zuletzt aktualisiert am
29.11.2018