TE Vfgh Beschluss 1997/9/30 KI-3/97, KI-12/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.1997
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 litb
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof mangels Vorliegen eines Kompetenzkonfliktes; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

I. Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

II. Die Anträge auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Zu dem zu KI-3/97 protokollierten Antrag:

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (im folgenden: UVS) vom 9. Oktober 1995 wurde die gemäß §51 FremdenG, BGBl. 838/1992, erhobene Beschwerde des Einschreiters als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Einschreiter Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B3398/95, ab und trat sie über nachträglich gestellten Antrag vom 8. Mai 1996 gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. Der Verwaltungsgerichtshof wies in der Folge die Beschwerde mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0249, als unbegründet ab; er begründete dies im wesentlichen damit, daß die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zwar zulässig sei, sich jedoch nicht als berechtigt erweise, weil sich der Einschreiter bei Erhebung seiner Beschwerde an den UVS nicht mehr in Schubhaft befunden habe. Dadurch, daß der UVS die an ihn gerichtete Beschwerde zum Teil einer meritorischen Erledigung zugeführt habe, obgleich sich der Einschreiter nicht mehr in Schubhaft befunden habe, sei der Einschreiter in keinem Recht verletzt worden.

2. Zu dem zu KI-12/97 protokollierten Antrag:

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (im folgenden: UVS) vom 29. Februar 1996 wurde die ebenfalls gemäß §51 FremdenG, BGBl. 838/1992, erhobene Beschwerde desselben Einschreiters zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil als unzulässig zurückgewiesen.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Einschreiter Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 23. September 1996, B1277/96, ab und trat sie über nachträglich gestellten Antrag vom 5. Dezember 1996 gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab. Der Verwaltungsgerichtshof wies in der Folge die Beschwerde mit Erkenntnis vom 21. März 1997, Zl. 96/02/0603, mit einer dem Erkenntnis vom 4. Oktober 1996, Zl. 96/02/0249 entsprechenden Begründung ab.

3. Mit seinen nunmehrigen Eingaben stellt der Einschreiter beim Verfassungsgerichtshof zwei auf Art138 Abs1 litb B-VG (§46 Abs1 VerfGG 1953) gestützte Anträge auf Entscheidung eines (verneinenden) Kompetenzkonfliktes zwischen dem Verwaltungsgerichtshof einerseits und dem Verfassungsgerichtshof andererseits.

Zur Begründung seiner Anträge verweist der Einschreiter jeweils im wesentlichen darauf, daß beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ihre Zuständigkeit zur Behandlung der Bescheidbeschwerde verneint hätten. Denn die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes entspreche "qualitativ einer Zurückweisung, weil eine meritorische Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde geltend gemachten - und zuvor beim Verfassungsgerichtshof auch nicht in Abrede gestellten - Rechtsverletzungen in Wahrheit nicht erfolgt" sei. Deshalb bestehe jeweils ein negativer Kompetenzkonflikt, "der offensichtlich darin begründet liegt, daß beide Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts eine gegenteilige ständige Rechtsprechung zur Schubhaftbeschwerdelegitimation auch nach bereits erfolgter Haftentlassung vertreten und der Verwaltungsgerichtshof nicht geneigt ist, die - ein solches Beschwerderecht bejahende - Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes anzuerkennen, obwohl der Verfassungsgerichtshof sie auch bereits mehrfach bekräftigt hat. ..."

Der Antragsteller begehrt abschließend, der Verfassungsgerichtshof möge jeweils den dargestellten Kompetenzkonflikt entscheiden und "die dem verfassungsgerichtlichen Erkenntnis entgegenstehenden verwaltungsgerichtlichen Akte" - kostenpflichtig - aufheben.

II. 1. Gemäß Art138 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Kompetenzkonflikte "zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten".

Nach der zitierten Verfassungsbestimmung iVm. §46 Abs1 VerfGG 1953 besteht ein verneinender Kompetenzkonflikt u.a. dann, wenn der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof die Zuständigkeit in derselben Sache verneint haben und einer dieser beiden Gerichtshöfe dies zu Unrecht tat (s. VfSlg. 13983/1994, 14203/1995, VfGH 29.2.1996, KI-8/94, uva.).

Zwar kann auch dann, wenn einerseits der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG über Antrag des Beschwerdeführers zur Entscheidung darüber, ob letzterer in sonstigen Rechten verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, und andererseits der Verwaltungsgerichtshof die an ihn abgetretene Beschwerde zurückgewiesen hat, ein Kompetenzkonflikt vorliegen, der von ihm gemäß Art138 Abs1 litb B-VG zu entscheiden ist; dies dann, wenn entweder die Ablehnung der Behandlung und die Abtretung der Beschwerde unzulässig war, weil es sich um einen Fall handelt, der gemäß Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist und dessen Behandlung daher gemäß Art144 Abs2 B-VG vom Verfassungsgerichtshof nicht hätte abgelehnt werden dürfen, oder aber - sofern dies nicht zutrifft - wenn der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit in derselben Sache zu Unrecht verneint hat (s. VfSlg. 13983/1994, 14203/1995, VfGH 29.2.1996, KI-8/94).

2. Der Verwaltungsgerichtshof wies nun aber die Beschwerden nicht wegen Unzuständigkeit zurück; der Antragsteller übersieht, daß der Verwaltungsgerichtshof in der Sache entschied, wenn er die Beschwerden mangels Vorliegens der vom Einschreiter behaupteten Rechtsverletzung abgewiesen, nicht etwa mangels Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen hat (s. VfGH 12.6.1997, KI-1/97). Ein Kompetenzkonflikt im Sinne der oben zitierten Vorschriften liegt also nicht vor.

3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußten seine unter einem mit den Anträgen auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes gestellten Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm. §35 VerfGG 1953).

Aus den oa. Gründen waren die Anträge auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zurückzuweisen.

III. Diese Beschlüsse konnten

gemäß §72 Abs1 ZPO iVm. §35 VerfGG 1953 bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:KI3.1997

Dokumentnummer

JFT_10029070_97K00I03_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten