Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj N***** A*****, geboren am *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters B***** A*****, vertreten durch Mag. Maximilian Kocher, Rechtsanwalt in Brunn am Gebirge, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Juni 2018, GZ 44 R 252/18m-108, mit dem (unter anderem) der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 25. April 2018, GZ 1 Ps 97/16z-99, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss insoweit aufgehoben, als der Rekurs des Vaters zurückgewiesen wurde. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Vaters unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung:
Der Beschluss des Erstgerichts, mit dem dieses die Obsorge über den Minderjährigen, seinen hauptsächlichen Aufenthalt und das Kontaktrecht des Vaters regelte und den Eltern die Inanspruchnahme von Erziehungs- und Elternberatung auftrug, wurde dem Vater am 26. 4. 2018 zugestellt. Den gegen die Regelung des hauptsächlichen Aufenthalts und des Kontaktrechts gerichteten, am 11. 5. 2018 eingebrachten Rekurs des Vaters wies das Rekursgericht als verspätet zurück.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.
Als Revisionsrekurs erfasst § 62 AußStrG alle Rekurse gegen „im Rahmen des Rekursverfahrens ergangene“ Beschlüsse des Rekursgerichts, sohin nicht nur Rechtsmittel gegen Sachentscheidungen des Gerichts zweiter Instanz. Die Bestimmung regelt vielmehr schlechthin die Anfechtbarkeit für jeden im Rekursverfahren ergangenen Beschluss des Rekursgerichts (RIS-Justiz RS0120565 [T7, T8]). Weist daher das Gericht zweiter Instanz „im Rahmen des Rekursverfahrens“ den Rekurs gegen die erstinstanzliche Sachentscheidung wegen Verspätung zurück, ist auch dieser Beschluss nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar (RIS-Justiz RS0120565 [T3, T14], RS0120974 [T7]). Die Anfechtbarkeit des Zurückweisungsbeschlusses setzt daher voraus, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG abhängt. Eine solche – konkret einen im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtseinheit aufzugreifenden Fehler in der Fristberechnung (vgl 8 Ob 66/99k) – zeigt das Rechtsmittel des Vaters auf.
Nach § 68 AußStrG ist die Einholung einer Revisionsrekursbeantwortung nur für Beschlüsse vorgesehen, mit denen „über die Sache“ oder über die Kosten entschieden wurde (RIS-Justiz RS0120860). Unter „Beschluss über die Sache“ wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand, sei diese meritorisch oder zurückweisend, verstanden (RIS-Justiz RS0120860 [T21, T23]). Eine solche Entscheidung liegt hier aber nicht vor, weil das Rekursgericht nur über die prozessuale Frage der Rechtzeitigkeit des Rekurses entschieden hat; das Revisionsrekursverfahren gegen die Zurückweisung des Rekurses ist daher einseitig (vgl RIS-Justiz RS0120614).
Gemäß § 46 Abs 1 AußStrG beträgt die Rekursfrist 14 Tage ab Zustellung der Entscheidung. Die Fristberechnung richtet sich gemäß § 23 Abs 1 AußStrG nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Fristen, ausgenommen § 222 ZPO. Diese Verweisung erfasst die §§ 123 bis 129 und 140 bis 143 ZPO (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 23 Rz 1; Rechberger in Rechberger, AußStrG² § 23 Rz 1; Fucik/Kloiber, AußStrG § 23 Rz 1; vgl 6 Ob 140/08v).
Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag oder einen Karfreitag, so wird der Ablauf der Frist nach § 126 Abs 2 ZPO gehemmt, sodass die Frist erst am nächstfolgenden Werktag endet (Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 §§ 124–126 Rz 8/1). Als Feiertage sind nach § 25 Abs 3 Geo die im FeiertagsruheG in seiner jeweiligen Fassung genannten Feiertage anzusehen (Buchegger in Fasching/Konecny³ § 126 ZPO Rz 3). Nach § 1 Abs 1 FeiertagsruheG (idF BGBl I 264/1967) gilt (unter anderem) Christi Himmelfahrt als Feiertag.
Aufgrund der Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses an den Vater am 26. 4. 2018 fiel der letzte Tag der 14-tägigen Rekursfrist auf Donnerstag, den 10. 5. 2018. Dabei handelte es sich um den Tag Christi Himmelfahrt, sodass die Rekursfrist erst mit Ablauf des darauffolgenden Werktags, das war Freitag, der 11. 5. 2018, endete.
Nichts anderes ergibt eine Berechnung gemäß Art 5 des – unmittelbar anwendbaren (Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 902 ABGB Rz 17; Bollenberger in KBB5 § 902 ABGB Rz 1), auch zivilverfahrensrechtliche Fristen erfassenden (Aichberger-Beig aaO Rz 19) – Europäischen Übereinkommens über die Berechnung von Fristen (BGBl 1983/254) iVm dessen Anlage 1, die Christi Himmelfahrt als einen von der Republik Österreich notifizierten Feiertag ausweist. Daher muss auf die allfällige Verdrängung regelungsgleicher nationaler Vorschriften durch das Übereinkommen (dies offen lassend 3 Ob 40/99z mwN) nicht eingegangen werden.
Der am 11. 5. 2018 eingebrachte Rekurs des Vaters war daher gemäß § 46 Abs 1 AußStrG rechtzeitig. Der angefochtene Beschluss war im Umfang der Zurückweisung des Rekurses des Vaters aufzuheben; das Rekursgericht wird ihn nunmehr meritorisch zu erledigen haben.
Textnummer
E122843European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00138.18I.0831.000Im RIS seit
12.10.2018Zuletzt aktualisiert am
12.03.2019