Entscheidungsdatum
20.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W186 2203421-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.08.2018, Zahl:
1105505305/180761383, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 11.08.2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG und § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), stellte am 15.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 18.08.2017 wurde dieser Antrag gem. § 3 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AslyG abgewiesen und es wurde dem BF subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung des BF nach Nigeria für zulässig erklärt. In einem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Im Beschwerdeverfahren wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Das Beschwerdeverfahren in der Sache selbst ist noch beim BVwG anhängig.
2. Am 29.01.2018 wurde der BF von Beamten der LPD Wien am Hauptbahnhof angetroffen; es wurde ein am 28.12.2017 ausgestellter nigerianischer Reisepass sichergestellt.
3. Am 10.08.2018 wurde der BF einer sicherheitspolizeilichen Kontrolle unterzogen und unmittelbar im Anschluss daran in das PAZ Hernalser Gürtel überstellt. Am 11.08.2018 erfolgte die Einvernahme des BF zur möglichen Schubhaftverhängung.
4. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:
...] "F: Stimmt der Sachverhalt soweit?
VP: Mein Name ist nicht wirklich XXXX sondern XXXX . In Italien hat man einen Fehler gemacht. Auch der nigerianische Reisepass ist ein Fehler, der einfach weiter übernommen wurde. Ich bin hergekommen, um meine Freundin zu besuchen. Es stimmt ich habe keine Schlüssel, aber meine Sachen sind dort. Ich mache keine Probleme in der Unterkunft.
LA: Warum kennen die Anwohner Sie dann nicht?
VP: Sie kennen mich schon, ich weiß nicht warum mich die Person nicht kannte. Vielleicht wollte man mir Probleme machen.
LA: Wo waren Sie, bevor Sie kamen um Ihre Freundin zu besuchen?
VP: Ich war schon in Österreich, aber an dem Tag bin ich von meiner Wohnung zu der Wohnung meiner Freundin gefahren, um Essen zu holen, da ich nichts mehr zuhause hatte. Es handelt sich um die Frau, die den Polizisten die Tür geöffnet hat. Ihr Name ist XXXX (phonetisch).
LA: Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt?
VP: Ich bekomme von der Caritas alle zwei Monate € 730,-. Ich gehe auch zum BFI in die Schule. Ich mache dort einen Deutschkurs auf A1 und A2 Niveau. Danach werde ich einen B1 Kurs machen. Ich habe die Bestätigung hier bei der Polizei.
LA: Sie legten Beschwerde gegen den Asylbescheid beim BVwG ein. Haben Sie schon Post bekommen?
VP: Nein seit ich die Beschwerde einlegte, habe ich nichts gehört.
LA: Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde aberkannt, dh. Sie sind verpflichtet auszureisen. Warum haben Sie das Land noch nicht verlassen?
VP: Weil ich das Beschwerdeverfahren abwarten will. Bei der Einvernahme habe ich gesagt, ich möchte in die Schule gehen. Ich habe einen Platz bekommen und besuche seither einen Deutschkurs.
LA: Sind Sie bereit freiwillig auszureisen?
VP: Aber ich möchte hier zur Schule gehen und Deutsch lernen. Es gefällt mir hier in der Schule. Bitte helfen Sie mir, ich möchte in der Schule bleiben.
LA: Warum reisten Sie im Jänner nach Italien?
VP: Ich habe dort einen Freund besucht und Urlaub gemacht.
Die Behörde trifft folgende Entscheidung:
Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie sich illegal im Bundesgebiet aufhalten, da Ihr Asylantrag abgewiesen wurde. Die Entscheidung ist zwar noch nicht rechtskräftig, jedoch durchsetzbar und durchführbar. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen, sondern verblieben beharrlich im Bundesgebiet.
Eine Wohnsitzüberprüfung ergab, dass Sie Ihren Nachbarn unbekannt sind und auch keinen Wohnungsschlüssel besitzen. Dass Sie tatsächlich an Ihrer Meldeanschrift aufhältig sind, erscheint unglaubwürdig. Die Behörde geht davon aus, dass Sie auf freiem Fuß belassen für ein ha. Verfahren nicht greifbar sein werden.
Es befindet sich ein gültiger Reisepass im Akt, sodass eine zeitnahe Abschiebung erfolgen kann. Aus genannten Gründen wird über Sie die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.
Gemäß § 22a BFA-VG haben Sie das Recht das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides anzurufen.
Bezüglich der Schubhaft steht Ihnen eine kostenlose Rechtsberatung zu. Die zuständige Organisation wird Ihnen mittels Verfahrensanordnung mitgeteilt werden.
LA: Wollen Sie zur Verhängung der Schubhaft etwas angeben?
VP: Kann ich nicht einfach entlassen werden und weiter in die Schule gehen bitte? Ich habe die Entscheidung, von der Sie sprechen nicht bekommen.
LA: Haben Sie alles verstanden?
VP: Ja."
5. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 11.08.2018 wurde über den BF Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Das Bundesamt traf in diesem Bescheid die folgenden Feststellungen:
"Zu Ihrer Person:
Sie sind Drittstaatsangehöriger und die Bestimmungen des FPG sind daher auf Ihre Person anwendbar. Ihre Identität steht mittlerweile fest, da ein gültiger nigerianischer Reisepass sichergestellt werden konnte.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 15.02.2016 wurde mit Bescheid ha. Behörde vom 18.08.2017 abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung gegen Sie erlassen. Es wurde festgestellt, dass Ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist und wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.
Gegen diesen Bescheid legten Sie rechtzeitig Beschwerde ein, sodass die Entscheidung zwar noch nicht rechtskräftig, die Rückkehrentscheidung jedoch durchführbar ist.
Einer legalen Beschäftigung im Bundesgebiet gehen Sie nicht nach, sind jedoch im Rahmen der Grundversorgung krankenversichert und beziehen finanzielle Leistungen aus der Grundversorgung.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
-
Sie halten sich illegal im Bundesgebiet auf, da gegen Sie eine durchführbare Rückkehrentscheidung besteht. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen.
-
Sie verfügen über keine ortsübliche Unterkunft, da Sie zwar aufrecht gemeldet, jedoch den Nachbarn an Ihrer Wohnanschrift unbekannt sind und keinen Schlüssel für die Wohnung besitzen.
-
Sie verhielten sich in der Vergangenheit unkooperativ, indem Sie der Behörde Ihren gültigen Reisepass vorenthielten und dieser nur bei einer zufälligen Personenkontrolle am Hauptbahnhof sichergestellt werden konnte.
-
Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach, sondern wird Ihr Lebensunterhalt durch Leistungen der Grundversorgung finanziert.
-
Sie sind in Österreich nicht integriert, da Sie keine familiären oder sonstigen relevante sozialen Kontakte im Bundesgebiet haben. Auch beruflich sind Sie nicht integriert.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich, familiär noch sozial verankert. Sie sind ledig und für Niemanden sorgepflichtig. Laut Ihren Angaben im Asylverfahren leben Ihre Mutter, ein Bruder und drei Schwestern in Nigeria und haben Sie telefonischen Kontakt zu Ihren Familienangehörigen.
Sie gingen noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach, sind aber im Rahmen der Grundversorgung krankenversichert. Sie gaben an, einen Deutschkurs auf A1/A2-Niveau zu besuchen."
In rechtlicher Hinsicht fand die Behörde:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
1 und 9.
Sie stellten einen Asylantrag, welcher abgewiesen wurde. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass Ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht erteilt und es wurde Ihnen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Der Bescheid befindet sich derzeit in Beschwerde, ist jedoch durchführbar.
Sie weigern sich, das Bundesgebiet zu verlassen und legten der Behörde zudem keinerlei Identitätsdokumente vor, obwohl Sie im Besitz eines gültigen Reisepasses waren. Der Reisepass konnte nur zufällig bei einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof sichergestellt werden. Auch in der heutigen Einvernahme gaben Sie an, nicht ausreisen zu wollen, da Sie hier weiter zur Schule gehen und Deutsch lernen wollen.
Zu Österreich bestehen keinerlei familiäre oder sonstige soziale Bindungen. Eine Wohnsitzüberprüfung am 10.08.2018 ergab, dass Sie zwar aufrecht gemeldet sind, jedoch für die betreffende Wohnung keinen Schlüssel besitzen und den Nachbarn im Haus unbekannt sind. Es tatsächliche behördliche Greifbarkeit und ein gesicherter Wohnsitz bestehen somit nicht.
Da Sie über ein gültiges Reisedokument verfügen, kann Ihre Außerlandesbringung zeitnah erfolgen.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
Sie wurden am 23.11.2017 und 26.07.2016 wegen § 27 SMG zur Anzeige gebracht.
Da an der Verhinderung von Schwarzarbeit ein großes öffentliches Interesse besteht, reicht allein schon das Betreten des Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit aus, um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen (VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).
Dies trifft auf Sie nicht zu.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Sie sind nicht im Besitz von Barmitteln und können somit keinen Betrag erlegen, der im Hinblick auf ihr bisher gezeigtes persönliches Verhalten als verfahrenssichernd angesehen werden kann.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Zu Österreich bestehen keinerlei familiären Bindungen und kann - wie oben beschrieben - nicht von einer gesicherten Unterkunft ausgegangen werden. Auf Grund Ihres bisherigen Verhaltens besteht eindeutig die Gefahr, dass Sie untertauchen werden, um sich dadurch dem behördlichen Verfahren zu entziehen, wie Sie es auch in der Vergangenheit getan haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass ein gelindes Mittel zur Verfahrenssicherung ausreichend ist.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Sie haben angegeben, gesund zu sein. Sollte sich an Ihrem Gesundheitszustand etwas ändern, so kann Ihnen auch im Stande der Schubhaft adäquate medizinische Betreuung angeboten werden.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."
6. Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 13.08.2018, durch seinen Rechtsberater als gewillkürten Vertreter, Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.08.2018 sowie die Anhaltung in Schubhaft.
Darin wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Anordnung der Schubhaft erweise sich im Hinblick auf "richtlinienkonforme Auslegung des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG" als rechtswidrig.
Gegen den BF sei mit Beschied vom 18.08.2017 eine Rückkehrentscheidung erlassen worden. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren sei noch offen. Die Rückkehrentscheidung sei wohl nach nationalem Recht durchführbar; im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Gnandi erscheine "diese Schlussfolgerung nunmehr allerdings nicht mehr vereinbar mit dem Unionsecht". Die Beschwerde führt weiters aus, dass sich aus dem Tenor dieses Urteils ergebe, dass alle Rechtswirkungen einer Rückkehrentscheidung bis zur endgültigen Entscheidung über den Rechtsbehelf ausgesetzt wären. Während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens sei damit auch die Verhängung von Schubhaft nach Art. 15 RückführungsRL unzulässig.
Darüber hinaus erweise sich die Schubhaft auch mangels Vorliegens von Fluchtgefahr als rechtswidrig. Die Behörde habe im angefochtenen Bescheid nicht dargetan, warum im Fall des BF Fluchtgefahr iSd 3 76 Abs.2 Z1 und Abs. 3 bestehe. Die Behörde habe selber festgestellt, das der BF an einer Wiener Adresse gemeldet sei; es sei nicht richtig, dass er sich weigere, das Bundesgebiet zu verlassen und an seiner Meldeadresse nicht wohne. Ein beträchtliches Risiko des Untertauchens liege beim BF nicht vor; auch habe er soziale Beziehungen in Österreich, nämlich zu der bei der Behörde bereits genannten Freundin. Der BF wolle mit den Behörden kooperieren. Davon wolle er das Gericht in einer mündlichen Verhandlung überzeugen.
Aus den gleichen Gründen sei in seinem Fall auch mit einem gelinderen Mittel das Auslangen zu finden, etwa der Anordnung einer Meldeverpflichtung, und die Schubhaft erweise sich auch deshalb als unverhältnismäßig.
Abschließend beantragt die Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
7. Mit Beschwerdevorlage vom 14.08.2018 legte das Bundesamt die Akten vor und erstattete dazu Stellungnahme. Aus der Stellungnahme ergibt sich insbesondere:
"Der Beschwerdeführer (BF) gelangte laut Angabe am 14.02.2016. erstmalig in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 15.02.2016 einen Asylantrag.
Es sei auf den dort aufliegenden Inhalt des Asylaktes verwiesen, insbesondere auf den Täuschungssachverhalt über die wahre Identität des BF. durch Angabe falscher Identitätsdaten und behaupteter Minderjährigkeit.
Das Asylvorbringen erwies sich als völlig unglaubwürdig.
Der BF. wurde im Bundesgebiet wegen Suchtgifthandels gerichtlich rechtskräftig verurteilt:
Landesgericht für Strafsachen Wien vom 18.08.2016 zur Zahl 152 Hv 75/2016p gem. §§ 27(1) Zi. 1 ,8.Fall, 27(2a), 27(3) SMG zu 4 Monaten bedingt auf 3 Jahre.
Mit Bescheid vom 18.08.2017 wurde der Asylantrag gem. § 3 Absatz 1 i. V.m. § 2 Abs.1 Zi. 13 AsylG 2005 abgewiesen, kein subsidiärer Schutz zuerkannt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt, und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt.
Das Beschwerdeverfahren zum abweisenden Asylbescheid ist noch anhängig, der Eingang im Bundesverwaltungsgericht wurde mit 25.09.2017 bestätigt, eine aufschiebende Wirkung wurde nicht zuerkannt.
Der Bescheid ist durchsetzbar und durchführbar.
Am 29.01.2018 wurde der BF. von Beamten der LPD Wien am Hauptbahnhof angetroffen und es konnte ein am 28.12.2017 von der Botschaft Wien ausgestellter Reisepass sichergestellt werden. Erst dadurch war die tatsächliche Identität geklärt.
Der BF. wurde am 10.08.2018/17:00 Uhr im Rahmen einer Streifung mit Festnahmeauftrag betreffend eines Landsmannes in einer Wohnung Wien XXXX , XXXX von Beamten der PI. Wurmsergasse einer Kontrolle unterzogen. In Bezug auf das unkooperative Verhalten bei der Feststellung seines Wohnsitzes sei auf die Anzeige PAD/18/01494901/001/VStV verwiesen. Vom Journaldienst des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde die Direkteinlieferung verfügt.
Eine Einvernahme durch das BFA erfolgte am 11.08.2018.
Der BF. versuchte, seine durch Reisepass festgestellten Nationale in Zweifel zu ziehen, und den Alias- Familiennamen XXXX als richtig darzustellen. Weiters stellte er in Abrede, dass ihn niemand an seiner Wohn- und Meldeanschrift Wien XXXX , XXXX kannte: "Sie kennen mich schon.... Vielleicht wollte man mir Schwierigkeiten machen."
Er zeigte keine Ausreisewilligkeit.
Er nannte keinerlei familiäre Beziehungen oder Bindungen zum Bundesgebiet.
Mit Bescheid vom 11.08.2018, um 16:55 Uhr wurde gegen den BF gem. § 76 Abs. 2 Zi. 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft als Mandatsbescheid erlassen.
Die Unterschriften auf den Zustellbestätigungen von Schubbescheid und Verfahrensanordnung wurden verweigert.
Da sich diese noch nicht beim Akt befanden, werden sie in Beilage nachgereicht.
Der Bf. verhielt sich bisher absolut unkooperativ gegenüber der Behörde.
Der Schubbescheid wurde zu Recht erlassen.
Aus der Schubhaftbeschwerdeschrift geht hervor, dass der BF. auch seine Rechtsvertretung nicht über die richtigen Identitätsdaten aufklärte. Auf keinem der beigefügten Belege sind diese richtig angeführt.
Der Reisepass ist gültig.
Eine Abschiebung für 21.08.2018 per Flug nach Lagos ist gebucht.
Die Schubhaft wird aufrecht erhalten.
Es wird daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen, aussprechen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen, sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten verpflichten. ...]"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person: Der BF ist ein volljähriger nigerianischer Staatsbürger und nicht österreichischer Staatsbürger. Er ist im Besitz eines gültigen nigerianischen Reisepasses.
Rechtlicher Status in Österreich: Der BF befindet sich jedenfalls seit dem 15.02.2016 im Bundesgebiet. Gegen den BF besteht eine aufrechte und durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Der BF ist seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen.
Grad der sozialen Verankerung in Österreich: Der BF verfügt in Österreich über keine relevanten sozialen Anknüpfungsmomente. Er geht/ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach.
Der BF ist vorbestraft.
Gesundheitlicher Zustand: Der BF ist haftfähig.
Durchführbarkeit der Abschiebung: Die Behörde hat ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet, der BF wurde von den nigerianischen Behörden identifiziert und es wurde ein Termin für seine Abschiebung nach Nigeria für den 21.08.2018 festgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akteninhalt. In der Beschwerde wurde nichts Gegenteiliges behauptet - mit Ausnahme der Behauptung einer bestehenden Wohnmöglichkeit in Österreich und Beziehung zu einer Freundin. Dass der BF in Österreich auch nur ansatzweise sozial verankert sei, kann unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensganges allerdings nicht erkannt werden.
Unbestritten steht fest, dass der BF in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist und keine relevanten sozialen Kontakte pflegt. Unbestritten steht fest, dass er vorbestraft ist; ein Umstand, der vor diesem Hintergrund - Grad der sozialen Verankerung natürlich relevant ist. Andere Tatsachen wurden in der Beschwerde nicht behauptet und belegt. Dass der BF jetzt - wie die Beschwerde in einem Satz behauptet, ausreisewillig sei, erscheint vor dem Hintergrund seiner vormals wiederholt beteuerten Absicht, in Österreich bleiben zu wollen, hier die Schule besuchen zu wollen, als unglaubwürdig. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der BF die Behörde über seine Identität getäuscht hat und erst "zufällig" sein Reisepass sichergestellt werden konnte; auch hier ist gerade nicht von einer Kooperationsbereitschaft auf der Seite des BF auszugehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist. Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft seit 11.08.2018):
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG in der seit 20.07.2015 geltenden Fassung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2). Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt gemäß Abs. 3 vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1) ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2), ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3), ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4), ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5), ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c), ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7), ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9). Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft gemäß Abs. 5 ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese gemäß Abs. 6 aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
2. Der BF ist nicht österreichischer Staatsbürger; er ist nigerianischer Staatsangehöriger; somit ist er ein Fremder. Er verfügt über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Gegen den BF besteht eine Rückkehrentscheidung. Der BF wurde von der belangten Behörde zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.
3. Die belangte Behörde begründet das Vorliegen von Fluchtgefahr mit dem Vorverhalten des BF und seinen persönlichen Umständen: Er habe keinerlei Anbindungen in Österreich, er halte sich rechtswidrig im Bundesgebiet auf und sei sich des Bestehens der gegen ihn bestehenden Rückkehrentscheidung auch bewusst. Er sei straffällig geworden und habe sich als unkooperativ erwiesen, insbesondere habe er die Behörde über seine Identität getäuscht.
Für das Vorliegen von Umständen, die ein gelinderes Mittel nahelegten, ergäben sich aus dem Sachverhalt, der der behördlichen Entscheidung zu Grunde gelegen ist, keine Anhaltspunkte. Dies hält die Behörde in ihrem Bescheid auch fest.
Die Beschwerde bringt gegen diese Entscheidung im Wesentlichen vor, dass die Behörde das Bestehen von Fluchtgefahr vor dem Hintergrund der Tatbestände des §76 FPG nicht nachvollziehbar begründet habe.
4. Der Beschwerde ist nicht Recht zu geben. Die Anordnung der Schubhaft ist zur Sicherung des Rückkehrverfahrens in das Herkunftsland des BF erfolgt. Die Behörde ist vor diesem Hintergrund auch richtig vom Bestehen eines Sicherungsbedarfs ausgegangen. In Fall des BF liegt Fluchtgefahr vor; dies hat die Behörde dargelegt. Die Beschwerde ist dieser Schlussfolgerung nicht wirksam entgegengetreten: insbesondere reicht es nicht aus, erstmalig im Beschwerdeschriftsatz zu behaupten, dass der BF sich nicht weigere, das Bundesgebiet zu verlassen, wenn sein gesamtes bisheriges Vorbringen Gegenteiliges nahe gelegt hat. Die Anhaltung in Schubhaft ist daher vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltens des BF verhältnismäßig, da die Interessen des BF weniger schwer wiegen, als das öffentliche Interesse an der Sicherung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme.
5. Die Beschwerde rügt die Verhängung von Schubhaft und fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft auch aus einem weiteren Grund. Aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Gnandi ergebe sich - kurz dargestellt-, dass während eines offenen Rechtsmittelverfahrens die Rechtswirkungen einer Rückkehrentscheidung ausgesetzt seien. Dies sei im Fall des BF anzunehmen, da das BVwG über seine Beschwerde im Asylverfahren (und damit auch über die damit verbundenen Rückkehrentscheidung) noch nicht entschieden habe.
Nach Ansicht des Gerichts ist aber daraus für den BF nichts zu gewinnen.
Die Behörde hat in seinem Fall der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (, die der Beschwerde im Regelfall ex lege zukäme). Das Verfahren wird und wurde vom Gericht weiter geführt. Das BVwG hat der Beschwerde allerdings die aufschiebende Wirkung nicht (wieder) zuerkannt. Hier kann dem BVwG nicht unterstellt werden, dass die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig erfolgt sei. Eine derartige Rechtswidrigkeit lässt sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht vor dem Hintergrund der zitierten Rechtssache Gnandi erkennen, in der der EuGH zur Auslegung der RückführungsRL gefragt wurde. Es kann dem EuGH freilich nicht zugesonnen werden, dass er mit diesem Urteil das etwa in der VerfahrensRL normierte System betreffend die aufschiebende Wirkung von Beschwerden in Asylverfahren habe "aushebeln" wollen, zumal er im Urteil auf die Bestimmungen der VerfahrensRL auch nicht kursorisch eingeht. Das BVwG geht darüber hinaus davon aus, dass die nationalen Bestimmungen über die aufschiebende Wirkung von Beschwerden in Einklang mit den Regeln der VerfahrensRL stehen, an deren Gültigkeit auch vor dem Hintergrund des Urteils Gnandi nicht zu zweifeln sein wird.
Damit erweist sich im vorliegenden Fall aber die Zulässigkeit der Abschiebung des BF als rechtmäßig und rechtswirksam festgestellt. Anschließend daran ist die in Bezug auf die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung verhängte Schubhaft, zumal ein legitimer Sicherungsbedarf besteht, rechtmäßig.
6. Zum gelinderen Mittel:
6.1. § 77 FPG sieht vor:
"(1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen."
6.2. Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet ist.
Die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ist auch hinsichtlich der Nicht-Anordnung des gelinderen Mittels gegeben; ein solches Mittel würde den Sicherungszweck nicht erfüllen. Dies hat die Behörde - anders als in der Beschwerde behauptet - auch begründet.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt nach Ansicht des Gerichtes weiterhin nicht in Betracht.
6. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann weiters immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047). Gerade im Hinblick auf den bereits festgesetzten Abschiebetermin erscheint die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers - vor dem Hintergrund der zulässigen gesetzlichen Hafthöchstdauer - jedenfalls auch verhältnismäßig.
7. Zu Spruchpunkt II. Fortsetzungsausspruch:
Gem. §22a Abs BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Da der Beschwerdeführer aktuell in Schubhaft angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Schubhaft abzusprechen.
Die soeben zu Spruchpunkt I. angeführten Erwägungen haben in inhaltlicher Hinsicht aufgrund ihrer Aktualität und ihres Zukunftsbezuges - es sind keine die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennbar - auch den Ausspruch der Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zur Folge. Insbesondere ist auf obige Ausführungen im Rahmen des Abspruches zu Spruchpunkt I. hinzuweisen, die die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit der Abschiebung in betreffen.
Im Fall des BF besteht weiterhin Fluchtgefahr und es kann weiterhin mit der Anwendung des gelinderen Mittels nicht das Auslangen gefunden werde. Der BF ist weiterhin haftfähig.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im vorliegenden Fall nicht angezeigt, da sich keine wesentlichen Änderungen der Sach- u. Rechtslage ergeben haben und der BF zu seiner konkreten Haftsituation zeitnah einvernommen wurde.
Zu Spruchpunkt III. und IV. - Kostenbegehren
Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Barauslagen sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht angefallen.
Zu Spruchpunkt B) (Un)zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. und II. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen.
Aufgrund der nunmehr eindeutigen Rechtslage, die Frage des Kostenersatzes betreffend, war die Revision aber auch diesbezüglich - Spruchpunkte III. und IV. - nicht zuzulassen.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall, EuGH, Fluchtgefahr, Fortsetzung derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W186.2203421.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.10.2018