Entscheidungsdatum
22.08.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L517 2173239-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXX als Vorsitzenden und den Richter XXXXR und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX, vom 05.09.2017, XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 bis 3, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, stattgegeben, ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt und festgestellt, dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass iSd zitierten Bestimmungen des BBG vorliegen. Der Behindertenpass ist bis 31.08.2021 befristet.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
19.05.2015 - Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem GdB von 50 v.H. und Zusatzeintragung "D3"
07.06.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei (bP) auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (belangte Behörde bzw. bB)
30.08.2017 - Erstellung eines internistischen Sachverständigengutachtens / Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
05.09.2017 - Bescheid der bB / Abweisung des Antrages auf Zusatzeintragung
06.10.2017 - Beschwerde der bP
12.10.2017 - Beschwerdevorlage am BVwG
15.11.2017 - Befundnachreichung
28.05.2018 - Erstellung eines internistischen Sachverständigengutachtens - GdB 60 v.H., NU in 3 Jahren, Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
20.06.2018 - Verständigung der bP und bB vom Ergebnis der Beweisaufnahme / keine Stellungnahmen
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Die bP besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.
Zuletzt am 19.05.2015 wurde der bP ein Behindertenpass mit einem GdB von 50 v.H. und Zusatzeintragung "D3" ausgestellt.
Am 07.06.2017 stellte die bP den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis).
Das am 30.08.2017 erstellte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin stellte zur Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel fest:
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein - und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Der Antragsteller ist in seiner Gehleistung nicht höhergradig eingeschränkt. Es ist ihm zumutbar eine Wegstrecke über 300- 400m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Er ist nicht sturzgefährdet. Es ist ihm zumutbar auch höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel zu überwinden. Es konnte auch keine Einschränkung der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Auch ist die Benützung von Haltegriffen und -stangen möglich. Es konnten auch keine weiteren erheblichen Einschränkungen festgestellt werden, die die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen würden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor.
Gutachterliche Stellungnahme:
Es besteht bislang kein Tragen von Einlagen wegen einer Inkontinenz, daher erfolgt keine Festlegung einer Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel.
..."
Mit Bescheid vom 05.09.2017 wurde der Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgewiesen. Angemerkt wurde, dass die Ausstellung des Parkausweises die Eintragung der Unzumutbarkeit voraussetze. Da die Voraussetzung für diese Eintragung nicht vorliege, bestehe kein Anspruch auf Ausstellung des Parkausweises.
Dagegen erhob die bP am 06.10.2017 Beschwerde und reichte am 15.11.2017 eine Bestätigung des Klinikums XXXX vom 07.11.2017 nach.
Am 28.05.2018 erfolgte im Auftrag des BVwG die Erstellung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Innere Medizin nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, welches nachfolgenden relevanten Inhalt aufweist:
"...
Anamnese:
Chron. entzündl. Darmerkrankung (Mb. Crohn) seit 2011. Zusätzlich besteht eine entzündliche Rheumaerkrankung in Zusammenhang mit dem Mb. Crohn (Enteroarthropathie mit Spondylarthritis).
4/2017 schwerer Schub mit Dosissteigerung der Antikörpertherapie (Anti-TNF-Alpha- Antikörper/Humira) auf 14-tägig 80 mg. Im Schub sind über 10 dünnflüssige Stühle an mehreren Tagen pro Woche aufgetreten, aktuell ist eine leichte Besserung (trotz Dosisreduktion der Humira-Gabe auf 40 mg 14-tägig) erfolgt.
Derzeitige Beschwerden:
Es liegen imperative (plötzlich und vorbotenlos auftretende) Stuhlgänge vor, die meist dünnflüssig sind. Der erste Stuhlgang am Morgen, 10 Minuten nach dem Aufwachen, sei noch vorhersehbar, ab dem
2. Stuhlgang "weiß er nicht mehr wann, wie oft und wie plötzlich die Durchfälle auftreten würden. Die Häufigkeit sei von über 10-maligen Durchfällen seit 2017 auf ca. 5-7 x tägliche Stuhlgänge zurückgegangen. Der letzte Stuhlgang "sei um ca. 22 Uhr", die restliche Nachtruhe ist weitgehend ungestört. Er mache keine Reisen mehr wegen der problematischen Stuhlsituation und trage auch immer Einlagen. Oftmalig käme er zu Hause "nicht einmal von der Terrasse auf die Toilette". (Anmerkung; 20 m Wegstrecke.)
Von Seiten der Gelenks- und Achsenskelettbeschwerden würden keine wesentlichen Beeinträchtigungen vorliegen, es wird eine regelmäßige Physiotherapie durchgeführt.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel
Humira 40 mg s.c. alle 14 Tage (eine Dosisreduktion von 14-tägig 80 mg ist durchgeführt worden)
Nomexor 5 mg 1-0-0
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Sachverständigengutachten Dr. XXXX vom 31.07.2017 und Dr. XXXX vom 29.04.2015.
Dermatologischer Befund Dr. Barta: psoriatische Hautveränderungen (mögliche Therapiefolge)
Unfallchirurgischer Befund Dr. XXXX vom 10.01.2018:
SSP-Partialruptur rechts, Inpinge- ment-Syndrom rechts.
MR rechte Schulter vom 09.09.2014: ausgedünnte Supraspinatussehne - Partialläsion, geringer peritendinöser Erguss um die lange Bizepssehne, geringe Bursitis subakromyalis.
Calprotectin nach mündlicher Auskunft: 2017 um 3000 Aktueller
Kontrollwert 2018: unter 300 - Anmerkung: KOT1
EKG vom 15.05.2018: Sinusrhy. 62/min. (unter Betablockertherapie), Sagittaltyp, kompletter Rechtsschenkelblock, Rotation im Uhrzeiger mit S bis V6.
Untersuchungsbefund:
Ernährungszustand:
Übergewichtig mit BMI 34 kg/m2, Körperfettanteil 35,5 % (= 37,3 kg)
Größe: 176 cm Gewicht: 105 kg Blutdruck: 163/88 mmHg
Klinischer Status - Fachstatus:
Kopf/Hals: Nervenaustrittspunkte frei, keine tastbaren Lymphknoten. Zunge nicht belegt, kein hörbares Strömungsgeräusch über der Halsschlagader.
Brustbereich:
Herz: Regelmäßige (rhythmische) Herzaktion ohne atypische Herzgeräusche (kein Hinweis auf wirksame Fehlfunktion der Herzklappen), keine Verbreiterung oder Vergrößerung des Herzens feststellbar.
Lunge: Beide Lungenbasen gut atemverschieblich, vesiculäres (normales) Atmen, keine Stauungs- oder Rasselgeräusche.
Bauchbereich: Bauch über dem Brustniveau, Bauchumfang 116 cm. Schwäche der vorderen Bauchwandmuskulatur (Rektusdiastase). Leber am Rippenbogen und von unauffälliger Konsistenz, Milz nicht tastbar, kein krankheitsverdächtiger Tastbefund, Nierenlager frei, Bruchpforten geschlossen.
Extremitäten: Periphere Pulse gut tastbar, keine Krampfadern, keine Beinschwellungen (Ödeme).
Rheumatologischer Status:
Leichte Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, kein Druckschmerz über der Wirbelsäule, aber paravertebrale Verspannungen. Keine geschwollenen Gelenke (SJC 0), aber 4 druckschmerzhafte Gelenke (beide Schultern, beide Knie: links wesentlich stärker als rechts). An der Hand zeigen sich 2 leicht geschwollene PIP-Gelenke rechts (2. und 3. Finger), keine druckschmerzhaften Gelenke. Rechts ist das Gaenslen-Zeichen leicht positiv, links negativ. Flexions-Zeichen bds. negariv. Tinel-Phalen-Test unauffällig. Die grobe Kraft ist ausreichend. Über der rechten Achillessehne besteht am Knochenansatz Druckschmerzhaftigkeit (Achillodynie durchaus im Rahmen des Mb. Crohn vorliegend).
Gesamtmobilität - Gangbild:
unauffällig
Status Psychicus:
unauffällig
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs
Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Chron. entzündliche Darmerkrankung (Mb. Crohn) unter Anti-TNF-Alpha-Blocker-Therapie.
Es bestehen tägliche Durchfälle bis in die frühen Nachtstunden (letzter Stuhl um 22 Uhr) ohne Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes. Einschätzung mit dem unteren Rahmensatz. Pos. Nr.07.04.06 GdB 50%
2 Mb. Crohn-assoziierte Enteroarthropathie und Spondylarthritis (DD: psoriatische Spondylarthritis) mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades: unterer Rahmensatz.
In dieser Einschätzung ist die mittelgradige Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies sowie die Funktionseinschränkung der rechten Schulter (Muskelteilruptur mit Reduktion der Hebefähigkeit ab 90°) mitberücksichtigt. Pos. Nr. 02.02.02 GdB 30%
3 Hochdruckleiden (leichte Hypertonie) mit einer niedrig dosierten Betablockertherapie (Einfachbehandlung), ohne Hinweis für hochdruckbedingte Endorganschädigung.
Pos. Nr. 05.01.01 GdB 10%
4. Psoriasis vulgaris.
Es besteht aktuell keine funktionelle Beeinträchtigung und die Therapie mit dem Anti-TNF-Alpha-Blocker ist gleichzeitig auch eine Therapie der Psoriasis. Pos. Nr. 01.01.02 GdB 20%
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Lfd. Nr. 1 ist die führende Position. Durch Lfd. Nr. 2 kommt es zu einer additiven funktionellen Beeinträchtigung und zu einer Anhebung im Gesamt-GdB um eine Stufe. Lfd. Nr. 3-4 führen zu keiner weiteren Anhebung im GdB bei fehlender additiver funktioneller Auswirkung.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen kein Grad der Behinderung:
Gelenks- und Muskelschmerzen im Rahmen des rheumatischen Leidens stehen in Assoziation mit der chron. Darmentzündung und sind in Lfd. Nr. 2 mit eingeschätzt.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten wird Lfd. Nr. 1 um eine Stufe angehoben aufgrund der Durchfalls- und Stuhlfrequenz: höhere Einschätzung aufgrund der zunehmenden Durchfälle, die auch nun nächtlich (zumindest in den frühen Nachtstunden bis 22 Uhr) auftreten.
Lfd. Nr. 2 ist eine neue Positionseinschätzung (Pos. 02.02.02) und beinhaltet sowohl die Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies, der rechten Schulter und die Auswirkungen auf Gelenke, Muskulatur und Sehnenansätze (Enthesiopathien) im Rahmen der chron. entzündlichen Darmerkrankung (Mb. Crohn).
Im Vorgutachten sind lediglich die Bewegungseinschränkungen im linken Knie (Lfd. Nr. 2) und die Schulterbehinderung rechts (Lfd. Nr. 3) in eigenen Positionen eingeschätzt. Diese wurden im aktuellen Gutachten unter Lfd. Nr. 2 zusammengefasst.
Die Einschätzungspositionen Lfd. Nr. 4 und 5 aus dem Vorgutachten wurden unverändert übernommen.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Die Aktivität und funktionelle Beeinträchtigung durch die chron. entzündl. Darmerkrankung hat im Vergleich zum Vorgutachten zugenommen.
[X] Nachuntersuchung in 3 Jahren, Begründung: Es liegt eine Besserungsfähigkeit durch laufende (auch neue) Therapieinnovationen vor.
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen schränken die Mobilität ein? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (ca. 300 - 400 m), das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?
Von Seiten des Bewegungsapparates (degenerative Veränderungen und Crohn-assoziierte Enteroarthropathie/psoriatische Spondylarthritis) bestehen keine Einschränkungen. Eine Gehstrecke von 300 m ohne Pause ist möglich, es können auch 2 Stockwerke ohne Pause begangen werden. Somit sind sowohl das gefahrlose Einsteigen (mit entsprechender Überwindung der Niveauunterschiede) und der gefahrlose Transport möglich.
2. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?
Es besteht ein Zustand nach Herzinfarkt ohne erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit.
2. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit? In welcher Weise ist dadurch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen unter Beachtung der üblichen Niveauunterschiede oder die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?
Siehe Pkt. 1 und Pkt. 5.
2a Besteht eine Harn- oder Stuhlinkontinenz bzw. eine erhebliche Miktions- und Defäkationsstörung oder eine Stomaversorgung? Welche Notwendigkeiten bzw. Konsequenzen ergeben sich daraus?
Miktions- und Defäkationsstörungen liegen nicht vor, ebenso keine Stuhlinkontinenz. Allerdings treten imperative, kaum kontrollierbare Durchfälle auf (siehe Pkt. 5).
3a Liegt eine psychische Funktionsbeeinträchtigung vor, welche den Aufenthalt unter Menschen in geschlossenen Räumen (bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln) bei gleichzeitig fehlender Kontrolle über die Situation verunmöglicht? Welche Einschränkungen ergeben sich daraus? Sind zumutbare therapeutische Optionen ausgeschöpft?
Siehe Pkt. 1
4. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen führen zu einer dauerhaften erheblichen Einschränkung des Immunsystems? Ist dadurch die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln auf erhebliche Art und Weise erschwert bzw. verunmöglicht?
Patienten mit chron. entzündlichen Darmerkrankungen werden abwehrschwächend behandelt. Der Patient steht unter einer Therapie mit Anti-TNF-Alpha-Blocker (sogenannte Biologika), worunter es statistisch gesehen zu einer geringen Erhöhung der Infektrate kommt.
Prinzipiell ist es aber Patienten mit abwehrschwächender Behandlung aus der Gruppe der Biologika, TNF-Alpha-Blocker erlaubt, weitgehend uneingeschränkt am öffentlichen Leben (der Besuch von Gaststätten, Konzerten, Kinos, usw.) teilzunehmen und auch öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
5. Stehen sonstige sich aus dem Gesundheitszustand ergebende Umstände aus medizinischer Sicht der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegen?
Es treten 5-7 imperative (nicht vorhersehbare) breiige bis dünnflüssige Durchfälle auf, worauf innerhalb von kürzester Zeit (unter 1 Minute) eine Toilette aufgesucht werden muss. Tlw. verwendete Stopfungsmittel sind nicht effektiv und in der Wirkvoraussehbarkeit unsicher. Es werden Einlagen getragen, eine Stuhlinkontinenz liegt nicht vor. Auf Grund des vorliegenden Krankheitsverlaufes und Stuhlverhaltens erscheint die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aktuell sehr problematisch, da das krankheitsbedingte Stuhlverhalten nicht vorhersehbar ist. Zusätzlich ist die daraus sich ergebende psychische Anspannungssituation als Trigger und als ein zusätzlicher Auslöser dieser unkontrollierbaren Stuhlgänge einzuschätzen.
Im weiteren Verlauf ist mit einer zu erwartenden besseren Grundkrankheitskontrolle (entzündl. Darmerkrankung) zu rechnen und eine kalkülsrelevante Änderung der Einschätzung künftig möglich.
..."
Die bP und bB wurden vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt - Stellungnahmen sind nicht eingelangt.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).
Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das internistische Sachverständigengutachten vom 28.05.2018, welches im Auftrag des BVwG eingeholt wurde, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Im Gutachten wurden alle relevanten, von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.
Im angeführten Gutachten wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Im angeführten Gutachten wurde vom Internisten auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung - insbesondere im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - umfassend dargelegt, sowie der daraus resultierende Grad der Behinderung sowie die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erörtert und schlüssig und nachvollziehbar begründet.
Die Frage der Auswirkung der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Gutachten folgendermaßen dargelegt:
"Auf Grund des vorliegenden Krankheitsverlaufes und Stuhlverhaltens erscheint die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aktuell sehr problematisch, da das krankheitsbedingte Stuhlverhalten nicht vorhersehbar ist. Zusätzlich ist die daraus sich ergebende psychische Anspannungssituation als Trigger und als ein zusätzlicher Auslöser dieser unkontrollierbaren Stuhlgänge einzuschätzen."
Das internistische Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch den Gutachter ist der Einschätzung des Internisten folgend von einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. und der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auszugehen, mit einer Befristung des Behindertenpasses bis 31.08.2021, weshalb der Beschwerde stattzugeben war.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
-
Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
-
Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
-
Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
-
Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
-
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
-
Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 1 bis 3 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, vorliegen. Bei Kindern und Jugendlichen gelten jedoch dieselben Voraussetzungen ab dem vollendeten 36. Lebensmonat.
b) blind oder hochgradig sehbehindert ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 4 oder 5 BPGG vorliegen.
c) gehörlos oder schwer hörbehindert ist;
die Eintragung gehörlos ist bei einem Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, bzw. einem Grad der Behinderung von 70% aufgrund der Position 643 nach der Richtsatzverordnung BGBl. Nr. 150/1965, vorzunehmen.
Die Eintragung schwer hörbehindert ist ab einem Grad der Behinderung von 50% auf der Grundlage der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, bzw. der Position 643 nach der Richtsatzverordnung, vorzunehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 10. Lebensjahr muss ein Grad der Behinderung von 90%, vom 11. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 80% entsprechend der Positionsnummer 12.02.01 der Anlage zur Einschätzungs-verordnung vorliegen.
d) taubblind ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Mindesteinstufung im Sinne des § 4a Abs. 6 BPGG vorliegen.
e) Träger/Trägerin eines Cochlear-Implantates ist;
f) Epileptiker/Epileptikerin ist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn eine Diagnose entsprechend Abschnitt 04.10.02 oder 04.10.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung bzw. der Positionsnummern 573 oder 574 nach der Richtsatzverordnung vorliegt.
g) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist;
diese Eintragung ist vorzunehmen, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegt. Der Zöliakie sind die Phenylketonurie (PKU) und ähnliche schwere Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.
h) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Vorliegen einer Gallen-, Leber- oder Nierenerkrankung mit einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist;
diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
j) Träger/Trägerin von Osteosynthesematerial ist;
k) Träger/Trägerin einer Orthese ist;
l) Träger/Trägerin einer Prothese ist.
2. die Feststellung, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a) einer Begleitperson bedarf;
diese Eintragung ist vorzunehmen bei
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Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z.1 lit. a verfügen;
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Passinhabern/Passinhaberinnen, die über eine Eintragung nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d verfügen;
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bewegungseingeschränkten Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr, die zur Fortbewegung im öffentlichen Raum ständig der Hilfe einer zweiten Person bedürfen;
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Kindern ab dem vollendeten 6. Lebensjahr und Jugendlichen mit deutlicher Entwicklungsverzögerung und/oder ausgeprägten Verhaltensveränderungen;
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Menschen ab dem vollendeten 6. Lebensjahr mit kognitiven Einschränkungen, die im öffentlichen Raum zur Orientierung un