TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/24 W247 2148944-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2018
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Entscheidungsdatum

24.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W247 2148944-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl vom 08.02.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr. 33/2013 idgF, gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde seitens des Beschwerdeführers (BF) am 25.09.2015 eingebracht, wobei dieser angab, den Namen XXXX zu führen, aus Afghanistan zu stammen, der Volksgruppe der Hazara anzugehören, sowie am XXXX in XXXX geboren zu sein. Hinsichtlich seiner Religionszugehörigkeit sei schiitischer Moslem zutreffend (vgl. Seite 1 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

Ein daraufhin mit Kroatien eingeleitetes Konsultationsverfahren verlief im Ergebnis negativ, weshalb der Antrag zugelassen worden ist.

Begründend für seinen Rechtsgang führte der Asylwerber im Rahmen seiner am selben Tage erfolgten polizeilichen Erstbefragung vor der PI XXXX aus, wonach in seinem Herkunftsland keine Sicherheit herrsche. Als ethnischer Hazara wäre er einmal in der Vergangenheit während einer Linienbusfahrt von JAGHORI nach KABUL von Taliban angehalten und bedroht worden. Drei mit Tüchern vermummte, langbärtige Männer hätten die Ausweise der Fahrgäste kontrolliert. Der Antragsteller habe jedoch keinen Ausweis mit sich geführt, weshalb man ihn dazu aufgefordert hätte, künftig immer ein solches bei sich zu tragen. Misshandelt sei er im Zuge dieses Vorfalls zwar nicht worden, wohl aber sei der BF bedroht für den Fall, dass er nochmals ohne Ausweis angetroffen werde. Weil der BF Angst gehabt habe, sei er in den Iran gegangen. Im Iran sei er illegal gewesen und habe keinen Ausweis gehabt. Weil Afghanen im Iran schlecht behandelt würden sei er nach Europa geflüchtet. Sein Reiseweg hätte ihn vom Iran über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien bis nach Kroatien geführt. Wenngleich er nichts Negatives über dieses Land berichten könne, habe das vor Ort vorgefundene Umfeld nicht seinen subjektiven Vorstellungen entsprochen: "In Kroatien habe ich in einem Lager geschlafen. Man hat mich gut behandelt. Kroatien hat mir nicht gefallen. Ich wollte immer nach Österreich (Seite 5 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan befürchte der Asylwerber das Schlimmste, "eventuell würden mich die Taliban töten (Seite 6 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

2. Von der belangten Behörde am 02.02.2017 neuerlich hinsichtlich seiner Motivlage in Bezug auf seine Antragstellung auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen, bestätigte der Beschwerdeführer zunächst, nach wie vor mit seinen beiden im Herkunftsland lebenden Eltern in regelmäßigen Kontakt zu stehen. Beide würden, ebenso wie seine beiden Brüder und seine Schwester, ihren Lebensunterhalt durch Erträge der eigenen, etwa einen Hektar Gesamtfläche umfassenden, Landwirtschaft decken. Daneben würden noch ein Onkel, eine Tante sowie drei Cousinen in seinem Heimatdorf leben. Abgesehen von geringfügigen Herzproblemen seiner Mutter gehe es allen Angehörigen gut.

Das anlässlich seines ersten Behördenkontakts ins Treffen geführte Alter weiche deshalb von der nunmehr erstmals präsentierten Kopie seiner Tazkira ab, da er dieses lediglich "geschätzt habe (Seite 85 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Da es sich bei seiner Mutter nachgewiesenermaßen um eine Analphabetin handeln würde, könne auch diese keine verlässlichen Angaben hinsichtlich seines tatsächlichen Geburtstages machen und würde derartige Daten in seinem Herkunftsland generell keinerlei besondere Relevanz beigemessen. Nochmals dazu aufgefordert, sein wahres Alter zu nennen, vergewisserte sich der Rechtsmittelwerber zunächst nochmals, ob "ich das wirkliche angeben soll (Seite 86 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)", um sich letztendlich auf dreiundzwanzig festzulegen.

Seine Schulbildung umfasse insgesamt zwölf Jahre und hätte der Asylwerber anschließend ein Jahr lang vor seiner Übersiedelung in den Iran als Lkw-Beifahrer gearbeitet, wo er in weiterer Folge abermals entgeltliche Tätigkeiten verrichtet habe.

Zwischenzeitlich sei der Antragsteller vom Islam zum Christentum konvertiert.

Als Beweismittel für sein diesbezügliches Vorbringen präsentierte der Genannte neben der bereits erwähnten Photographie seiner Tazkira, zwei Schulnachweise, drei Sprachkursbesuchsbestätigungen sowie ein weiteres Bestätigungsschreiben.

Primäres Ausreisemotiv wäre sein Wunsch, in Sicherheit leben zu können, gewesen. Konkret habe sich der Beschwerdeführer von den Taliban bedroht gefühlt, nachdem er einmal einen Zwischenfall mit diesen miterlebt hätte. Auf der Fahrt von KABUL nach XXXX sei das von ihm benutzte Fahrzeug von Mitgliedern der eben genannten Islamistengruppe angehalten und kontrolliert worden. Der Asylwerber wäre dazu aufgefordert worden, auszusteigen und seine Tazkira vorzuweisen. Angesichts der Tatsache, dass dieser das gewünschte Personaldokument nicht bei sich getragen habe, hätte man ihn zwar mit schwerwiegenden Konsequenzen im Falle einer neuerlichen Anhaltung mit gleichem Ergebnis gedroht, jedoch ansonsten - nach Anfertigung einer Photographie - unbehelligt seines Weges ziehen lassen. Das Mitführen seiner Tazkira würde jedoch im Falle des Antragstellers ebenfalls zu Problemen führen, da darin sein Schulbesuch vermerkt sei; schließlich wären die Taliban bekanntermaßen generell entschiedene Gegner von Bildung aller Art.

Wann sich dieser Vorfall konkret ereignet habe, könne er zwar nicht mehr genau zuordnen, aber müsse alles ungefähr zwei Jahre zurückliegen. "Ein genaues Datum kann ich nicht sagen. Es war am Nachmittag gegen 15.00h (Seite 95 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

Der Grund für seine Reise habe darin gelegen, die Ergebnisse für seine Studienzulassungsprüfung zu der seinerseits favorisierten Studienrichtung "Erdkunde" abzuholen. Wenngleich die Prüfungsresultate eigentlich auf einer Internetseite veröffentlicht würden, so wäre es dennoch für ihn unumgänglich gewesen, zuvor nach Kabul zu reisen, um dort die Zugangsdaten in Form eines individuellen Benutzernamens und Passworts zu erhalten. Mit 243 erreichten von insgesamt 326 Punkten hätte er den Eingangstest auch erfolgreich bestanden, dennoch habe der Rechtsmittelwerber bei dieser Gelegenheit offiziell bekanntgegeben, "dass ich doch nicht studieren möchte, weil ich die Möglichkeit nicht habe (Seite 97 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Der Hauptgrund für diese schwerwiegende Entscheidung sei in der vom Asylwerber ausgesprochen negativen Sicherheitslage in Afghanistan gelegen, welche von Tag zu Tag schlimmer würde. Es wäre für den BF viel zu gefährlich öfters den Weg auf sich zu nehmen. Nach Erhalt dieser ansonsten durchaus positiven Bilanz und einem insgesamt drei bis vier Tage langen Aufenthalt bei Freunden hätte sich der Berufungswerber wieder auf den Heimweg gemacht und wäre im Zuge dessen in die zuvor geschilderte Kontrolle der islamischen Fundamentalisten geraten. Demgegenüber würden aktuell die eben genannten Freunde seiner Schulzeit ihre jeweiligen Studien in KABUL weiterführen. Befragt, warum er nicht ebenso seinen Wohnsitz in die afghanische Hauptstadt verlegt und dort wie seine Kameraden aus der Schulzeit gelebt, gearbeitet und studiert habe, wodurch auch der allenfalls als riskant eingestufte Reiseweg zwischen seinem Wohnort und der Universität wegfallen würde, behauptete dieser zunächst kein Geld für eine Wohnung sowie keine Dokumente für eine Arbeit besessen zu haben. Auf Vorhalt, zumindest für die Anfangsphase eine Unterkunft über seine zuvor ins Treffen geführten Freunde bereitgestellt bekommen zu können, sowie angesichts der laut eigenem Vorbringen angeblich mitgeführten Schul- und Maturazeugnisse objektiv dazu in der Lage zu sein, Arbeit zu finden, verwies der Rechtsmittelwerber auf das grundsätzliche Problem in KABUL ohne akademischen Abschluss eine Anstellung zu finden. "Man muss entweder einen Bachelor oder einen Masterabschluss haben, um eine Arbeit zu bekommen (Seite 99 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Nachgefragt, ob dies auch für Baustellen gelten würde, räumte der Genannte ein, er wäre dann ein einfacher Arbeiter gewesen und hätte arbeiten können, aber wäre dennoch die Sicherheitslage schlecht.

Zu seiner nunmehr behaupteten Hinwendung zum Christentum befragt, gab der Antragsteller an, zwar kein offizieller Angehöriger dieser Religion zu sein, jedoch würde er seit ungefähr sieben Monaten einmal pro Woche in WIEN die Kirche besuchen. Dort würde man ihn alles über Gott und Jesus lehren. Eine heilige Messe habe er aber bislang noch nicht besucht. Welcher Konfession er angehöre, könne er nicht sagen und beschränke sich sein Wissen hinsichtlich des konkreten Glaubensinhaltes nach eigener Aussage und langen Nachdenkens auf die Tatsache, wonach "Gott der Sohn Gottes (Seite 102 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)" wäre und eines der Wunder Christi jenes der Wandlung von Wasser zu Alkohol gewesen sei. "Sonst weiß ich nichts (Seite 103 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Von den christlichen Festtagen wäre ihm Weihnachten ein Begriff, welches "am 30." gefeiert werde - in welchem Monat "habe ich vergessen (Seite 103 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Vom Christentum verspreche er sich persönlich ein deutlich besseres Leben als vom Islam; ansonsten wären ihm noch die Johanniter und die Malteser als weitere Religionsgemeinschaften bekannt. Auch seien dem Beschwerdeführer bislang weitere Details der christlichen Glaubenslehre noch nicht untergekommen, darunter etwa Begrifflichkeiten wie "Sakramente" und "Jünger". Bei Maria müsse es sich nach seinem Dafürhalten um die Frau Jesu handeln und Josef wäre einer von insgesamt zwei Göttern, nämlich jener auf Erden, während der andere im Himmel herrsche. Schließlich musste der Antragsteller resignierend eingestehen: "Ich weiß, dass ich es nicht weiß (Seite 104 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

Im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan müsse der Asylwerber nach eigenem Dafürhalten mit dem Schlimmsten rechnen. So würde man ihn im Falle des Bekanntwerdens seiner Konversion zum Christentum steinigen und würden die Taliban ihn davon unabhängig schon allein deshalb töten wollen, da er ein Angehöriger der Volksgruppe der Hazara sei. So würden Mitglieder der eben genannten Islamistengruppe, wie auch jene des IS (DAESH) regelmäßige Busse anhalten, die Passagiere aussteigen lassen und die darunter befindlichen Vertreter seiner Volksgruppe ermorden. "Alle anderen dürfen weiterfahren (Seite 107 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."

Als Beweismittel präsentierte der Beschwerdeführer unter einem die Farbkopie eines Photos seiner angeblichen Tazkira, zwei Farbkopien von zwei Photos von Schulzeugnissen, drei Teilnahmebestätigungen von Deutschkursen sowie eine Bestätigung über die persönliche Unterstützung bei einer nicht näher definierten gemeinnützigen Tätigkeit im Ausmaß von fünf Stunden (vgl. Seiten 109 bis 121 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

3. In weiterer Folge hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit angefochtenem Bescheid vom 08.02.2017, Zl. XXXX , sowohl den Antrag auf internationalen Schutz vom 25.09.2015 gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.) wie auch jenen hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß §§ 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. (Spruchpunkt II.) und zudem keine "Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 leg. cit. erteilt, sondern stattdessen eine Rückkehrentscheidung gegen den Rechtsmittelwerber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF erlassen. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 leg. cit. festgestellt, wonach die Abschiebung des Genannten gemäß § 46 leg. cit. in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg. cit. beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde seitens der Erstinstanz in Bezug auf Spruchpunkt I. ausgeführt, wonach der Beschwerdeführer weder sein Alter noch die Verinnerlichung seiner Konversion zum Christentum im gesamten Verfahrensverlauf glaubhaft zu machen vermocht und zudem ein im höchsten Maße vages, widersprüchliches und in keiner Weise plausibles Vorbringen erstattet hätte. Trotz Aufforderung, seine Motivlage für die Flucht, sowie die konkrete Bedrohung möglichst lebensnah und detailreich zu schildern, habe es der Rechtsmittelwerber beflissentlich vermieden, Einzelheiten zu nennen oder Präzisierungen vorzunehmen. Bereits aus diesem Faktum heraus könne geschlossen werden, dass die vor der belangten Behörde vorgebrachte Fluchtgeschichte nicht auf realem Erleben beruhe, sondern vielmehr ein während einer Verhandlungspause eilig in seinen Grundzügen konstruiertes Konstrukt seiner Phantasie. Auch sei in Bezug auf zeitliche und sachliche Darstellungselemente eine Tendenz zu Nachjustierungen und Unplausibilitäten zu erkennen, welche im Ergebnis die Schilderungen des Genannten nicht einmal in Ansätzen glaubhaft erscheinen lasse, sondern vielmehr die Intention des Beschwerdeführers nahelege, sich durch erfolgreiche Asylantragstellung in Österreich ein besseres Leben zu verschaffen.

Ebensowenig wäre hinsichtlich des Antragstellers eine Zuerkennung subsidiären Schutzes unter Spruchpunkt II. in Betracht gekommen, zumal dieser keine allenfalls drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Afghanistan glaubhaft machen hätte können; so sei dieser nicht nur in gesundheitlicher und ausbildungsmäßiger Hinsicht objektiv dazu in der Lage seinen Lebensunterhalt durch Ausübung diverser entgeltlicher Tätigkeiten zu decken, sondern verfüge er nach eigenen Angeben in KABUL über ein bestehendes soziales Netzwerk auf welches er im Bedarfsfall zurückgreifen könne. Eine allgemein relevante Gefährdungslage in Bezug auf die afghanische Hauptstadt sei nicht erkennbar und wäre generell eine Erhöhung der Zahl rückkehrwilliger Staatsbürger aus dem Ausland, insbesondere Pakistan, feststellbar, welche durch die Verdoppelung von UNHCR-Unterstützung ausgelöst worden sei. Vor diesem Hintergrund könne daher nicht erkannt werden, dass der Antragsteller in Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland in eine ausweglose Situation geraten oder der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt werden könnte. Dies gelte in besonderem Maße für KABUL, welches am Luftweg absolut erreicht werden könne sowie Arbeit, Sicherheit und zumutbare Lebensbedingungen biete.

Die unter Spruchpunkt III. ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei zwingend erfolgt, zumal keine der taxativ in § 57 AsylG aufgezählten Voraussetzungen in casu vorliegen würde. Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK werde im vorliegenden Fall ebensowenig berührt, zumal der Asylwerber im Bundesgebiet über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. In Bezug auf das Recht auf Achtung des Privatlebens sei auszuführen, demzufolge sich der Rechtsmittelwerber erst kurz in Österreich befinde, keinerlei Arbeit nachgehe und über lediglich geringe Deutschkenntnisse verfüge. Auch sonst seien keinerlei integrationsverfestigende Faktoren im Verfahren hervorgetreten, weshalb im Ergebnis das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in casu im Vergleich zum privaten Interesse des Asylwerbers klar überwiege und daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sachlich geboten erscheine. Folgerichtig müsse auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen versagt, sowie die Abschiebung nach Afghanistan als zulässig qualifiziert werden.

4. Mit Eingabe vom 27.02.2017 hat die gewillkürte Vertreterin des Rechtsmittelwerbers fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht. Inhaltlich wurden der belangten Behörde sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, vorgeworfen.

Demnach habe der Genannte im Gegensatz zu der von der Erstinstanz vertretenen Meinung sein Fluchtvorbringen durchaus sehr detailliert und lebensnah gestaltet. Die wiederholten Fehler in der Angabe seines Geburtsdatums würden einerseits aus dessen faktischen Unkenntnis des selbigen, sowie verschiedenen Rechenfehlern bei der Umrechnung resultieren. Weshalb auf der im Verfahren präsentierten Geburtsurkunde, bei der es sich um ein Originaldokument handle, die Zahl "17" in arabischen Ziffern aufscheine, entziehe sich der Kenntnis des Asylwerbers, aber hätte dieser ohnehin nie dieses Alter angegeben, weshalb es auch keinen Sinn ergeben würde, diesen Umstand eigens zu thematisieren.

Das fehlende Wissen in Bezug auf das Christentum stelle sich keineswegs so umfangreich dar, wie vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl behauptet. So habe der Genannte immerhin gewusst, dass es sich beim Teufel um einen ehemaligen Engel handle. Da sich die regulären Ausschüttungen aus der Grundversorgung bedauerlicherweise in engen Grenzen halten würden, nutze der Beschwerdeführer die ihm zur Verfügung stehenden Mittel primär um in WIEN Gottesdienste in der iranischen Kirche besuchen zu können, anstatt Religionsunterricht zu konsumieren. Das Wissen über das Christentum werde sich "mit der Zeit vertiefen (Seite 237 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)", nicht zuletzt angesichts der Absicht, sich im Frühjahr taufen zu lassen.

Die vermeintlichen Widersprüche des Antragstellers würden primär auf die in Afghanistan herrschende andersartige Zeitrechnung zurückgehen. Zudem sei es mittlerweile wissenschaftlich belegt und daher hinlänglich bekannt, "dass traumatisierte Personen massive Probleme mit der Angabe mit zeitlichen Zusammenhängen haben (Seite 238 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)." Als Angehöriger der Hazara werde er von Mitgliedern der Taliban und des IS regelmäßig kontrolliert und würde aus diesem Faktum heraus die unterschiedliche Zahl von Bedrohungen, wie im Verfahren behauptet, zurückgehen.

Beantragt wurde daher 1) eine mündliche Beschwerdeverhandlung - inklusive der nochmaligen Einvernahme des BF - anzuberaumen; 2) falls nicht alle zu Lasten des BF gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw., allenfalls dem BF einen Verbesserungsauftrag zu erteilen und ihm einen Verfahrenshelfer beizustellen, um die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können; 3) den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zu beheben, und dem BF den Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen; in eventu 4) den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - bzgl. des Spruchpunktes II zu beheben und dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1. Z 1 AsylG zuzuerkennen; 5) den angefochtenen Bescheid bzgl. des Spruchpunkte III. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt wird; in eventu 6) den angefochtenen Bescheid aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass dem BF ein "Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" erteilt wird; in eventu 7) den angefochtenen Bescheid - im angefochtenen Umfang - ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen;

5. Die Beschwerdevorlage wurde von der belangten Behörde am 28.02.2017, mit 02.03.2017 hg. einlangend, an das BVwG übermittelt.

6. Mit Schriftsatz vom 20.09.2017 übermittelte der Rechtsmittelwerber über seine gewillkürte rechtsfreundliche Vertretung die Kopie einer auf seinen Namen ausgestellten angeblichen Taufbestätigung der evangelikalen XXXX vom 16.04.2017.

7. In weiterer Folge langte am 07.03.2018 eine schriftliche Stellungnahme des rechtsfreundlich vertretenen Antragstellers in Bezug auf die zuvor seitens des Bundesverwaltungsgerichts mit der Ladung zugesandten Länderberichten und Gutachten ein. Nach einleitender Zusammenfassung des bisherigen Vorbringens, beschränken sich die daran anschließenden Ausführungen im Wesentlichen auf die Beanstandung der formellen Gutachtensqualifikation der von der Rechtsmittelinstanz herangezogenen Länderberichte.

8. Wenige Tage später, konkret am 12.03.2018, präsentierte der Asylwerber, abermals am Faxwege und über seine rechtsfreundliche Vertretung, ein Konvolut an Unterlagen zum Beweis seiner bisherigen Integrationsbemühungen, bestehend aus:

* einer Rotes Kreuz - Bestätigung vom 26.02.2018, in welcher dem Beschwerdeführer eine wöchentliche gemeinnützige Hilfstätigkeit seit Ende 2017 attestiert wird;

* der Kopie einer knapp bestandenen ÖSD - Deutschprüfung vom 05.12.2017, Niveaustufe A1;

* einer Deutschkursteilnahmebestätigung für den Zeitraum vom 18.09. bis zum 01.12.2017, Niveaustufe A1;

* einer Deutschkursteilnahmebestätigung für den Zeitraum vom 29.06. bis zum 14.09.2017, Niveaustufe A0;

* einer Teilnahmebestätigung des Werte- und Orientierungskurses vom 21.09.2016;

* einem Empfehlungsschreiben einer Privatperson vom 01.03.2018, in welchem der Genannte als ruhiger, freundlicher und sehr höflicher junger Mann beschrieben wird, welcher "gerne in Österreich leben würde (vgl. Faxschreiben vom 12.03.2018)";

* einem weiteren "i.V." unterfertigten Empfehlungsschreiben einer ehrenamtlichen Flüchtlingshelferin vom 27.02.2018, dem eine von weiteren 21 ehrenamtlichen Personen aus diesem Bereich signierte Unterschriftenliste beigelegt ist.

9. Am 26.03.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung einer für den BF einwandfrei verständlichen Dolmetscherin für DARI eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"Eröffnung des Beweisverfahrens

RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.

BF: Ich heiße XXXX , ich wurde im Jahr XXXX geboren (= XXXX ), ich wurde in XXXX geboren. Zuletzt habe ich in der Ortschaft XXXX in der Provinz XXXX gelebt.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin aus Afghanistan, bin Hazara und spreche Dari.

RI: Haben Sie Dokumente, welche ihre Identität beweisen?

BF: Ich hatte bereits im Asylverfahren meine Tazkira vorgelegt.

RI: Reisepass haben Sie keinen?

BF: Nein.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF: Ich bin Schiit.

RV: Welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie jetzt an?

BF: Zur Zeit bin ich Christ.

RI: Wieso zur Zeit?

BF: Ich bin Christ geworden.

RI: Welcher christlichen Konfession gehören Sie genau an?

BF: Protestantisch.

RI: Sie sind Protestant?

BF: Ja.

RI: Sind Sie Lutheraner, Waldenser, Hussit, Reformierter, Presbyterianer, Täufer, Baptist, Pietist, Methodist, Wesleyaner, Adventist, Evangelikaler oder Mitglied der Pfingstbewegung oder Mitglied einer apostolischen Kirche?

BF: Das weiß ich nicht.

RI: Seit wann sind Sie Christ?

BF: Seit zwei Jahren.

RI: Wann haben Sie gemerkt, dass Sie kein gläubiger Muslim mehr sind?

BF: Auch als ich in Afghanistan war, war ich nicht besonders gläubig. Ich hatte keinen richtigen Glauben an den Islam.

RI: Sind Sie in Afghanistan in die Moschee gegangen?

BF: Gelegentlich, aber nicht sehr oft.

RI: Haben Sie Ihre Tagesgebete in Afghanistan verrichtet?

BF: Als ich klein war, habe ich das Gebet verrichtet. Später dann nicht mehr.

RI: Wie oft im Monat waren Sie in der Moschee in Afghanistan?

BF: Einmal im Monat, aber nicht sehr oft.

RI: Ist es Ihrem persönlichen Umfeld nicht aufgefallen, dass Sie so selten in der Moschee waren?

BF: Nein.

RI: Was hat Ihre Familie dazu gesagt, dass Sie so selten in der Moschee in Afghanistan waren?

BF: Meine Familie hat dazu nichts Besonderes gesagt.

RI: Wann sind Sie mit dem christlichen Glauben das erste Mal in Kontakt gekommen?

BF: In die Pension, wo ich noch immer lebe, ist eine Dame gekommen. Sie hatte immer Zetteln dabei und hat diese verteilt. Ich habe mich anfänglich über den christlichen Glauben informiert. Dann habe ich mit einer anderen Österreicherin über den Glauben gesprochen und auch darüber, wie ich mich weiter bilden kann. Sie hat mir eine Adresse in ST. PÖLTEN gegeben.

RI: Wer war die Dame, die in Ihrer Pension Zetteln verteilt hat?

BF: Ich kenne ihren Namen nicht. Sie hat in der Pension die Zetteln verteilt und hat auch Farsi gesprochen und ist aus WIEN gekommen. Sie hat aber nur wenig Farsi gesprochen.

RI: Was stand auf den Zetteln?

BF: Über Jesus Christus. Wie man an den Jesus Christus glaubt, wie man ein Leben führen soll. Wie man sich dem Nachbarn gegenüber verhalten soll sowie wie man sich in der Gesellschaft verhalten soll.

RI: Wie haben diese Zetteln genau ausgesehen?

BF: Es war ein Din A4 Zettel, in der Mitte gefalten. Es war mit dem Computer geschrieben und mit einem Foto versehen.

RI: Mit was für einem Foto?

BF: Auf dem Foto waren eine Frau, ein Mann und zwei Kinder abgebildet. Es hat eine Familie gezeigt.

RI: Auf dem Zettel standen alle die von Ihnen genannten Verhaltensregeln?

BF: Ja, auch über Jesus Christus war einiges darauf.

RI: Sie haben vorhin gemeint, Sie haben sich weiter über den christlichen Glauben informiert. Wie fand diese Informationseinholung statt?

BF: Anfänglich habe ich diesen Zettel gelesen. Später sind auch Iraner in die Unterkunft gekommen. Sie haben uns Unterlagen gegeben und meinten wir sollen diese Unterlagen lesen. Wenn wir Interesse haben, dann sollen wir uns dann an die unten angegebene Adresse wenden.

RI: Welche Adresse war das?

BF: Es war eine Adresse in WIEN. Die genaue Adresse habe ich vergessen.

RI: War das die Adresse einer Pfarrgemeinde oder war das die Adresse einer Informationsstelle, Wer war der genaue Adressat?

BF: Es war die Adresse einer Kirche.

RI: Sie haben sich dann an die Kirche gewandt?

BF: Nein, ich bin zu einer Österreicherin gegangen, sie heißt Margit. Sie hat mir die Adresse der freien Kirche in ST. PÖLTEN gegeben.

RI: Woher kannten Sie Margit?

BF: Ich hatte einen Bekannten, er war mit mir in derselben Unterkunft untergebracht. Er wurde dann nach GARMEN (kleine Stadt in der Nähe von ST. PÖLTEN) gebracht. Margit war mit diesem Bekannten befreundet. Über diesen Bekannten habe ich sie kennengelernt. Sie gab mir die Adresse in ST. PÖLTEN.

RI: Wie hieß der Bekannte?

BF: XXXX .

RI: Ist Margit auch zu Ihnen in die Unterkunft gekommen?

BF: Nein.

RI: Was geschah nachdem Sie von Margit die Adresse in ST. PÖLTEN bekommen haben?

BF: Über Margit habe ich XXXX kennen gelernt. Er sagte mir, dass ich ab nun in seine Kirche kommen soll.

RI: Wer ist XXXX ?

BF: Er arbeitet in der Kirche, ist ein Mitglied der Kirche.

RI: Was geschah dann?

BF: Ich bin dann jeden Sonntag in die Kirche gegangen.

RI: Wo ist die Pension in der Sie leben?

BF: In XXXX .

RI: Sie reisen jeden Sonntag von XXXX nach ST. PÖLTEN um in die Kirche zu gehen?

BF: Ja.

RI: Warum haben Sie sich gerade eine Kirche in ST. PÖLTEN ausgesucht, Sie hätten ja auch in eine Kirche in Ihrer Nähe gehen können?

BF: In XXXX gibt es eine Kirche, das ist aber eine katholische Kirche.

RI: Diese hat Sie nicht interessiert?

BF: Nein.

RI: Was ist für Sie der Unterschied zwischen dem protestantischen und dem katholischen Glauben?

BF: Der Name Katholik bedeutet „Die Gesellschaft" und Protestant bedeutet, diejenigen die dagegen protestieren.

RI: Gegen was protestieren?

BF: Das Wort Protestant bedeutet gegen etwas protestieren.

RI: Warum wollen Sie gegen etwas protestieren bzw. gegen was wollen Sie protestieren?

BF: Ich weiß nur, was die beiden Wörter bedeutet. Genau kann ich es nicht erklären.

RI: Ich versuche nur Ihre genaue Motivation zu begreifen, Sie sagen Sie wollten zu einer protestantischen Kirche in ST. PÖLTEN und die katholische Kirche in XXXX käme für Sie nicht in Frage. Ich möchte von Ihnen wissen, warum? Was macht für Sie den Unterschied?

BF: Wegen des Namens: Katholik bedeutet Gesellschaft und Protestant bedeutet der der dagegen protestiert.

RI: Wann wurden Sie getauft?

BF: Vor etwa einem Jahr.

RI: Wie lange haben Sie sich auf die Taufe vorbereitet? Haben Sie einen Kurs absolviert?

BF: Ein Jahr. Ich habe dazu einen Kurs absolviert.

RI: Wie oft pro Woche sind Sie in den Kurs gegangen?

BF: Jeden Sonntag. Ich bin nach WIEN gefahren. Ich ging in die Kirche namens XXXX , dort hatte ich den Glaubenskurs. Nach dem Kurs bin ich in die Kirche in WIEN gegangen.

RI: Was war mit der Kirche in ST. PÖLTEN, sind Sie dort auch hingegangen?

BF: Ich bin zweieinhalb oder drei Monate in ST. PÖLTEN in die Kirche gegangen. Da mein Deutsch damals nicht so gut war, hat mir ein Iraner von der Kirche in ST. PÖLTEN geraten, in die Kirche nach WIEN zu gehen.

RI: Wann sind Sie gewechselt von der Kirche in ST. PÖLTEN nach WIEN?

BF:; Genau kann ich mich nicht erinnern. Ich bin auf jedenfall, zweieinhalb bis drei Monate in ST. PÖLTEN in die Kirche gegangen, danach wechselte ich nach WIEN.

RI: Wie lange sind Sie ungefähr in der Gemeinde in WIEN?

BF: Seit ungefähr einem Jahr und drei Monaten.

RI: Sie fahren jeden Sonntag von XXXX nach WIEN und wieder zurück?

BF: Ja.

RI: Welcher Kirchengemeinde in WIEN gehören Sie an?

BF: Ich bin in der Kirche XXXX .

RI: Ist das auch eine Freikirche?

BF: Ja, die Kirche heißt XXXX . Das ist eine Kirche der Afghanen und Iraner.

RI: Haben Sie afghanische Freunde in Ihrer Pension?

BF: Ja sehr viele. In der Unterkunft sind nur Afghanen untergebracht. Es gibt sehr wenige Araber, Ukrainer und Somalier.

RI: Wie haben Ihre afghanischen Freunde in der Unterkunft auf Ihren Glaubenswechsel reagiert?

BF: Die anderen Unterkunftnehmer wissen nicht, dass ich in die Kirche gehe. Es gibt zwei Iraner und zwei Afghanen, die in die Kirche gehen. Von denen weiß es jeder, sie gehen aber in eine andere Kirche. Von meinen Bekannten weiß es noch niemand.

RI: Gehen die anderen aus Ihrer Unterkunft in eine Moschee?

BF: Genau weiß ich es nicht, aber ich glaube.

RI: Fällt es da nicht auf, dass Sie nicht auch in die Moschee mitgehen?

BF: Nein es fragt niemand danach. Außerdem gibt es dort in der Nähe auch keine Moschee.

RI: Gibt es in Ihrer Pension einen Gebetsraum?

BF: Nein.

RI: Wo verrichten die Afghanen in Ihrer Pension ihr tägliches Gebet?

BF: Das weiß ich nicht. Vermutlich verrichten sie ihr Gebet in ihren Zimmern.

RI: Haben Sie in Ihrer Pension ein Zimmer für sich alleine oder teilen Sie sich Ihr Zimmer mit jemand anderen?

BF: Früher waren wir zu dritt in einem Zimmer, jetzt bin ich alleine.

RI: Seit wann sind Sie alleine in einem Zimmer?

BF: Seit zweieinhalb oder drei Monaten.

RI: Als Sie sich das Zimmer mit zwei anderen geteilt haben, wo haben diese Ihr tägliches Gebet verrichtet?

BF: Im Zimmer hat niemand sein Gebet verrichtet.

RI: Haben die Afghanen in Ihrer Pension den Ramadan eingehalten?

BF: Ja, einige haben den Ramadan eingehalten.

RI: Sie auch?

BF: Nein.

RI: War es nicht auffällig, dass Sie den Ramadan offensichtlich nicht eingehalten haben? Haben Ihre Mitbewohner da nicht Verdacht geschöpft?

BF: Einige haben mich gefragt, warum ich nicht faste. Ich sagte nur das ich es nicht kann, mehr haben sie nicht gefragt. Es gab welche die es gemacht haben und welche die es nicht gemacht haben.

RI: Sie haben vorhin erwähnt, dass es zwei Iraner und zwei Afghanen in Ihrer Pension gibt von denen man weiß das sie in die Kirche gehen. Wie haben die anderen afghanischen Mitbewohner in Ihrer Pension auf die Christen reagiert?

BF: Einige Afghanen sagten dass es eine schlechte Sache ist, dass diese Personen Ihren Glauben aufgegeben haben.

RI: Wurden diese Christen in Ihrer Pension, von denen bekannt war das sie Christen waren auch bedroht oder misshandelt?

BF: Nein.

RI: Haben Sie an der letzten Weihnachtsmette teilgenommen?

BF: Ja.

RI: Wann ist Weihnachten?

BF: Am 25.12.

RI: Was ist an Weihnachten passiert, warum ist das ein Festtag?

BF: Am 25.12 ist die Geburt von Jesus Christus. Es ist der Beginn der Grundlage des christlichen Glaubens. An diesem Tag wird die Geburt von Jesus Christus gefeiert.

RI: Wer ist Jesus Christus für Sie?

BF: Für mich ist Jesus Christus mein Gott.

RI: Wer ist der heilige Geist?

BF: Der heilige Geist ist eine Person. Der heilige Geist kommt in der Gestalt von drei Personen.

RI: Was ist die Bibel für Sie?

BF: Es ist ein heiliges Buch für mich. Es ist etwas Großartiges über das Leben von Jesus Christus. Die Bibel besteht aus 66 Teilen, 39 Kapitel gehören zum Alten Testament und 27 zum Neuen.

RI: Nachdem Sie ja jeden Sonntag nach Ihren Angaben in die Kirche gehen, frage ich Sie, was ist Ihre liebste Bibelstelle?

BF: Matthäus, Lukas und Johannes.

RI: Das sind Evangelisten. Was ist Ihre liebste Bibelgeschichte?

BF: Für mich sind alle Stellen liebenswert. Vor allem die über das Leben von Jesus Christus.

RI: Was ist der Koran für Sie? Was bedeutet Ihnen der Koran?

BF: Es ist ein Buch für die Moslems welches überliefert wurde.

RI: Was bedeutet das für Sie?

BF: Im Moment hat das keine Bedeutung für mich. Ich glaube nicht an den Islam.

RI: Was gefällt Ihnen am Christentum? Warum hat das für Sie so eine besondere Anziehungskraft?

BF: Das Christentum bedeutet der richtige Weg, die richtige Behandlung und der Weg zu einem guten Leben.

RI: Was missfiel Ihnen am Islam, weil Sie davon abgefallen sind?

BF: Im Islam gibt es zur Gänze Elend und die Rechte der Frauen werden missbraucht. Meiner Meinung nach, dass was im Islam gemacht wird, wird in keiner anderen Religion praktiziert.

RI: Was denn?

BF: Es gibt keine Freiheiten, die Rechte der Frauen und Männer sind nicht gleich gestellt, der Bruder tötet den Bruder, ein vierjähriges oder fünfjähriges Kind wird vergewaltigt. Das ist im Islam so.

RI: Sie beschreiben gesellschaftliche Probleme in islamischen Ländern. Mich interessieren die Glaubensinhalte, weswegen Sie sich vom Islam abgewendet haben.

BF: Ich hatte keinen richtigen Glauben an den Islam.

RI: Glauben Sie an einen Gott?

BF: Ja.

RI: Wieso fällt es Ihnen leichter an den Gott des Christentums zu glauben als an den Gott des Islams?

BF: Jesus Christus hat viel für die Menschheit getan. Er wurde wegen der Sünden der Menschen gekreuzigt.

RI: Ist Jesus Ihrer Meinung nach am Kreuz gestorben?

BF: Ja.

RI: Wissen Sie, was diese Woche im Christentum gefeiert wird?

BF: Das weiß ich nicht.

RI: Wissen Sie was Ostern ist?

BF: Im Christlichen Glauben?

RI: Ja.

BF: Ich kenne die Bezeichnung die Sie meinen nicht.

D: Auf Dari heißt Ostern Eid - e- Pak. BF versteht das Wort nicht.

RI: Was wissen Sie über die Auferstehung Christus?

BF: Er hat sich Maria Magdalena als erstes gezeigt.

RI: Kennen Sie die heilige Maria? Wer ist das?

BF: Sie ist die Mutter von Jesus Christus.

RI: Waren Sie gestern in der Kirche?

BF: Ja.

RI: Dann müssten Sie doch von der beginnenden Karwoche gehört haben. Das war in allen Predigten.

BF: Gestern wurde alles auf Deutsch abgehalten. Ich habe auch ein Informationsblatt erhalten. Da mein Deutsch nicht so gut ist, habe ich nicht viel verstanden.

RI: Wer ist Mohammad für Sie? Was bedeutet er für Sie?

BF: Ich weiß es nicht.

RI: Sie wissen aber wer er ist?

BF: Ja.

RI: Was bedeutet er für Sie?

BF: Mohammad ist der Prophet im Islam.

RI: Und welche Bedeutung hat er für Sie?

BF: Welche Stellung er im Christentum hat weiß ich noch nicht.

RI: Welche Bedeutung hat er für Sie persönlich?

BF: Er ist ein Prophet.

RI: Wiederholt die Frage.

BF: Ich weiß es nicht.

RI: Wann waren Sie das letzte Mal in einer Moschee?

BF: Als ich noch in XXXX war.

RI: Was sagt Ihre Familie zu Ihrer Konversion?

BF: Meine Familie weiß nicht, dass ich meinen Glauben gewechselt habe.

RI: Wie glauben Sie, würde Ihre Familie darauf reagieren, wenn Sie ihr erzählen würden, dass Sie jetzt Christ sind?

BF: Sie wären sehr beunruhigt.

RI: Würde Ihre Familie den Religionswechsel gut heißen oder würde Ihre Familie Sie überzeugen wollen, wieder Muslim zu werden?

BF: Sie werden beunruhigt sein. Ich habe mir diese Religion ausgesucht und bis zu meinem Lebensende werde ich auch diese Religion haben. Es ist der Familie überlassen ob sie es gut heißen oder nicht.

RI: Haben Sie regelmäßig Kontakt zu Ihrer Familie in Afghanistan?

BF: Nicht viel, gelegentlich.

RI: Wie oft? Einmal die Woche, zwei Mal die Woche?

BF: Manchmal alle zwei Monate, gelegentlich auch einmal im Monat.

RI: Wie kommunizieren Sie?

BF: Über Messanger, mein Bruder hat FACEBOOK.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie bisher ausgeübt?

BF: Ich wurde mit sieben Jahren eingeschult. Ich habe insgesamt 14 Jahre die Schule besucht. Ich habe die neunte Klasse wiederholt. Dann habe ich die 12. Klasse abgeschlossen. Ein Jahr habe ich nach dem Schulabschluss gearbeitet. Ich konnte nicht direkt eine Universität besuchen, da ich es mir nicht leisten konnte. Ich habe ein Jahr gearbeitet und mir etwas Geld auf die Seite gelegt. Ich habe mich dann für die Aufnahmeprüfung an der Universität angemeldet.

RI: Welche Universität?

BF: Universität KABUL. Davor habe ich ein Jahr einen Vorbereitungskurs besucht. Ich habe dann in XXXX die Vorbereitungsprüfung für die Universität abgelegt. Ich habe die Prüfung geschafft. Ich habe 243 Punkte erlangt und ich wurde an der Landwirtschaftsuniversität in KABUL aufgenommen.

RI: Wie wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie die Vorbereitungsprüfung für die Universität bestanden haben?

BF: Die Ergebnisse wurden vom Ministerium für höhere Bildung veröffentlicht, jeder hat nach der Ablegung der Prüfung einen Code für den Internetzugang erhalten. Nachdem die Ergebnisse veröffentlicht wurden, konnte man über die Seite des Ministerium für höhere Bildung erfahren ob man die Prüfung bestanden hat oder nicht.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort im Afghanistan auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF: Nein.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in Afghanistan und in welcher Stadt?

BF: Die meisten Verwandten leben in XXXX , im Distrikt XXXX .

RI: Welche engeren Verwandten von Ihnen leben noch in Afghanistan?

BF: Ich habe einen Onkel mütterlicherseits, einen Onkel und eine Tante väterlicherseits. Ein Onkel und eine Tante väterlicherseits sind bereits verstorben.

RI: Was ist mit Ihren Eltern und Ihren Geschwistern?

BF: Sie sind in XXXX im Dorf XXXX aufhältig.

RI: Wie viele Geschwister haben Sie?

BF: Ich habe eine Schwester und zwei Brüder?

RI: Beide Eltern leben noch?

BF: Ja.

RI: Zu wem aus Ihrer Familie im Afghanistan haben Sie Kontakt?

BF: Zu meinem Bruder.

RI: Wie finanziert Ihre im Afghanistan lebende Familie ihren Unterhalt?

BF: Aus der Landwirtschaft. Ich habe ein Jahr nach der Schule gearbeitet und habe auch in diesem Jahr zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen.

RI: Wie haben Sie dieses Jahr zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen?

BF: Ich habe den Einkauf für die Familie erledigt. Ich habe selbstständig einkaufen können. Ansonsten lebt die Familie von der Landwirtschaft.

RI: Meine Frage betrifft die jetzige finanzielle Situation Ihrer Familie.

BF: Die Familie lebt von der Landwirtschaft und sie kommt über die Runden.

RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb von Afghanistan leben? Wenn ja, wo?

BF: Nein habe ich nicht. Ich habe nur einen Onkel mütterlicherseits der derzeit im Iran lebt und arbeitet.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF: Vor etwa zwei Jahren und sechs oder sieben Monaten.

RI: Sind Sie seit Ihrer Einreise in Österreich wieder einmal in Afghanistan gewesen, im Rahmen einer Reise oder eines Urlaubs?

BF: Nein, ich war durchgehend in Österreich.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

BF: Mein Leben war in Gefahr. Deswegen war ich gezwungen zu flüchten. Seit meiner Geburt herrscht in Afghanistan Krieg. Es gibt keine Sicherheit. Ich hatte immer die Hoffnung, dass sich die Lage in Afghanistan verbessert. Anstatt, dass sich die Lage in Afghanistan verbessert, ist sie schlechter geworden. Die Taliban habe mich einmal angehalten, ich musste aus dem Auto aussteigen. Ich war auf dem Weg von KABUL nach XXXX . Man verlangte meine Tazkira. Die Taliban sind gegen Studenten und gegen Regierungsmitarbeiter. Aus Angst habe ich nie eine Tazkira oder Unterlagen von der Universität mitgeführt. Ich musste aus dem Auto aussteigen. Sie wollten meine Tazkira, ich hatte sie aber nicht bei mir. Wir waren zu viert, als wir von den Taliban angehalten wurden. Einer von uns hatte eine Tazkira. In seiner Tazkira war angeführt, dass er Verkäufer ist. Die Taliban ließen uns weiter fahren und sagten, dass wir in Zukunft eine Tazkira mitführen sollen. Wenn wir das nächste mal auf dieser Route keine Tazkira mitführen sollten, dann werden sie anders mit uns umgehen.

RI: Was war das für ein Auto mit dem Sie gefahren sind?

BF: Es war ein Linienbus.

RI: Sie haben gesagt, Sie waren auf dem Weg von KABUL nach XXXX . Was haben Sie in KABUL gemacht?

BF: Ich bin nach KABUL gefahren, nachdem ich erfahren habe, dass ich die Aufnahmeprüfung für die Universität geschafft habe. Ich musste nach KABUL um mich bei der Universität vorzustelle und gleichzeitig habe ich auch eine Bestätigung verlangt, dass ich im Moment das Studium aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten nicht beginnen kann.

RI unterbricht die Verhandlung um 12:00 Uhr

Fortsetzung der Verhandlung um 12:11 Uhr.

RI: Haben Sie von dem Umstand, dass Sie Ihre Aufnahmeprüfung bei der Universität bestanden erfahren, bevor Sie nach KABUL gefahren sind?

BF: Nachdem die Ergebnisse veröffentlicht wurden, bin ich nach KABUL gefahren.

RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 02.02.2017 haben Sie auf Seite 3 des Protokolls auf die Frage warum Sie von

KABUL nach XXXX , geantwortet: „ Ich habe meine Concord (Studienzulassungsprüfung) abgelegt und wollte die Ergebnisse abholen." Auf Seite 6 des Protokolls, haben Sie auf die Frage, ob Sie das Ergebnis am ersten Tag in KABUL erfahren haben, geantwortet:„ Nein!" und ergänzten: „ Erst am zweiten Tag." Meine Frage an Sie ist nun, warum Ihre heutige Geschichte, von der Geschichte die Sie vor dem BFA gesagt haben, in diesem Punkt abweicht.

BF: Können Sie die Frage wiederholen?

RI: Ich fasse zusammen: Sie haben heute in der Verhandlung gemeint, dass Sie vom Bestehen Ihrer Aufnahmeprüfung bei der Universität bereits erfahren haben, bevor Sie nach KABUL gefahren sind. Vor dem BFA haben Sie am 02.02.2017 allerdings mehrfach behauptet, dass Sie nach KABUL gefahren sind, um sich über die Ergebnisse der Studienzulassungsprüfung dort zu informieren. Was stimmt jetzt?

BF: Ich glaube der andere Dolmetscher hat den Sinn was ich angegeben habe, nicht verstanden. Ich habe vom Ministerium einen Zugangscode bekommen. Durch diesen Code konnte ich auf der Seite des Ministeriums meine persönlichen Daten und meine Prüfungsergebnisse erfahren. Nachdem ich die Prüfungsergebnisse erfahren habe, bin ich nach KABUL gefahren. Erst nachdem die Prüfungsergebnisse veröffentlicht waren, konnte ich nach KABUL fahren. Vermutlich hat dies der Dolmetscher falsch verstanden.

RI: Vorhaltung: Sie wurden auf Seite 3 und 4 des Protokolls vor der Einvernahme vor dem BFA am 02.02.2017 mehrfach gefragt, warum Sie nach KABUL gefahren sind. Sie haben immer wieder davon gesprochen, dass es um die Ergebnisse der Studienzulassungsprüfung ging. Meine Frage an Sie, wurde Ihnen das Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA rückübersetzt?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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