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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §3;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/03/0106Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen der Agesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Schneider & Schneider Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Stephansplatz 8a, gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien vom 4. September 2017, 1) Zl. VGW-101/V/042/11981/2017-1 (protokolliert zur Zl. Ra 2017/03/0105) und 2) Zl. VGW- 101/V/042/11985/2017 (protokolliert zur Zl. Ra 2017/03/0106), jeweils betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einer Angelegenheit nach dem Kraftfahrliniengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Parteien: 1. H GesmbH in G, vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, 2. L in Ub, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 44/7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.692,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheiden des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 1. Juni 2017 wurde den mitbeteiligten Parteien eine Konzession für den Betrieb der österreichischen Teilstrecke der grenzüberschreitenden Kraftfahrlinie "Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien" bzw. "Wien - Belgrad - Ub - Arandelovac - Wien" erteilt.
2 Gegen diese Bescheide erhob die revisionswerbende Partei Beschwerden, über die zunächst der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Beschwerdevorentscheidungen vom 20. Juli 2017 entschied. Zusammen mit den Beschwerdevorentscheidungen entschied der Bundesminister auch, die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der revisionswerbenden Partei auszuschließen. Dies begründete der Bundesminister damit, dass aufgrund "des insistierenden Verhaltens beider Parteien (...) ein schneller Abschluss eines allfälligen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht nicht zu erwarten" sei. Angesichts der Aktenlage in (näher bezeichneten) vorangegangenen, nicht abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien und eines beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Gesetzesprüfungsverfahrens zu § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG erscheine ein Obsiegen der revisionswerbenden Partei in absehbarer Zeit denkunmöglich, da der Ausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b KflG nach wie vor das zentrale Argument der revisionswerbenden Partei darstelle. Gegen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde spräche auch der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 2017, Ra 2016/03/0092 bis 0093, mit dem die aufschiebende Wirkung im vorangegangenen Verfahren bei fast identem Sachverhalt endgültig ausgeschlossen worden sei. Aufgrund des auch im vorliegenden Fall lediglich pauschalierend-redundanten Vorbringens der revisionswerbenden Partei zu diversen "Einnahmenverlusten" wäre die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nahezu schikanös.
3 Gegen diese Bescheide über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden erhob die revisionswerbende Partei Beschwerden an das Verwaltungsgericht. Dieses hat die Beschwerden mit den nunmehr angefochtenen Beschlüssen als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 In der Begründung legte das Verwaltungsgericht zunächst den Verfahrensgang dar und traf aus den Verwaltungsakten - auch zu früheren Konzessionsverfahren - Feststellungen zur Vorgeschichte der Verfahren. Aufgrund des unstrittigen Akteninhalts stehe fest, dass die zweitmitbeteiligte Partei im Zeitraum zwischen März 1998 und der Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 2015, 2012/03/0109 und 2012/03/0111, "durchgehend über die Konzession zum Betrieb der gegenständlichen Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac" bzw. Wien - Ub" verfügt und diese auch ausgeübt habe. Ebenso habe die erstmitbeteiligte Partei im Zeitraum zwischen der Erlassung der ihr erteilten Konzession vom 6. Juni 2012 bis zur Erlassung des eben zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes "durchgehend über die Konzession zum Betrieb der gegenständlichen Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac" verfügt und diese auch ausgeübt.
5 Zudem stehe fest, dass infolge zweier Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes vom 8. Juli 2016 die mitbeteiligten Parteien zwischen dem 29. Juni 2015 und dem 5. Juni 2017 befugt gewesen seien, "die gegenständliche Kraftfahrlinie" zu betreiben. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das Verwaltungsgericht über die gegen zwei Konzessionsbescheide eingebrachten Beschwerden der revisionswerbenden Partei noch nicht entschieden habe.
6 Im Falle der Stattgabe der Beschwerden wären die mitbeteiligten Parteien gehalten, alle Betriebsmittel wie etwa die Autobusse für die Dauer des Beschwerdeverfahrens ungenützt abzustellen. Zudem wäre das bisher auf dieser Kraftfahrlinie beschäftigte Personal zu kündigen. Im Zuge der Interessenabwägung sei daher zu prüfen, ob das rechtliche Interesse der revisionswerbenden Partei am Schutz vor Konkurrenten im Fall der "Bewilligung der gegenständlichen beantragten Ausschlüsse der aufschiebenden Wirkung" (erkennbar gemeint: im Fall der Abweisung der Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) schwerwiegender beeinträchtigt sei als das Interesse der mitbeteiligten Parteien auf den Betrieb der genehmigten Kraftfahrlinie, insbesondere im Hinblick darauf, dass die mitbeteiligten Parteien seit über 19 bzw. seit über fünf Jahren vor der Beschwerdeeinbringung diese Kraftfahrlinie rechtmäßig betrieben hätten. Im Anbetracht dieses Umstandes erscheine das rechtliche Interesse der mitbeteiligten Parteien "am Weiterbetrieb dieser Kraftfahrlinie" während der Dauer des Verfahrens in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht besonders schwerwiegend. Demgegenüber erscheine das Recht der revisionswerbenden Partei auf den Schutz vor Konkurrenten schon im Hinblick auf die Garantien des § 6 StGG und des Art. 15 Abs. 2 GRC und des Art. 16 GRC, welche "grundsätzlich einen gesetzlichen Schutz vor Konkurrenten untersagen" würden, sehr gering. Bemerkt werde, dass der Verwaltungsgerichtshof in einer Konstellation, in welcher dieselbe Interessenabwägung erfolgt sei, diese nicht beanstandet habe (Hinweis auf VwGH 3.2.2017, Ra 2016/03/0092).
7 Die ordentliche Revision sei unzulässig, da die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 3.2.2017, Ra 2016/03/0092) abweiche.
Gegen diese Beschlüsse richten sich die vorliegenden, aufgrund des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Einleitung des Vorverfahrens und Erstattung von Revisionsbeantwortungen durch die erstmitbeteiligte Partei und die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde - erwogen hat:
8 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision macht die revisionswerbende Partei in der Revision gegen den erstangefochtenen Beschluss zunächst geltend, das Verwaltungsgericht Wien sei zur Entscheidung nicht zuständig gewesen, da die erstmitbeteiligte Partei ihre Niederlassung in Niederösterreich habe und daher das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung zuständig gewesen wäre.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis vom 24. April 2018, Ra 2017/03/0010, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass für internationale Kraftfahrlinien hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes für Bescheidbeschwerden an den Anfangs- bzw. Endpunkt der Kraftfahrlinie in Österreich anzuknüpfen ist; damit vermag dieses Vorbringen die Zulässigkeit der Revision nicht aufzuzeigen.
10 Weiters macht die revisionswerbende Partei zur Begründung der Zulässigkeit der Revision geltend, das Verwaltungsgericht habe den Verfahrensgegenstand überschritten, da es über die von ihr erhobenen Beschwerden gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG "ohne weiteres Verfahren" und daher aufgrund der Aktenlage dieses Verfahrens zu entscheiden gehabt hätte. Stattdessen habe das Verwaltungsgericht Umstände aus einem anderen noch nicht rechtskräftig erledigten Verfahren herangezogen und zusätzliche Annahmen getroffen; dies sei ihm jedoch nach § 13 Abs. 5 VwGVG verwehrt. Es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Klärung der aus dem Wortlaut "ohne weiteres Verfahren" in § 13 Abs. 5 VwGVG abzuleitenden Rechtsfolgen. Schließlich rügt die revisionswerbende Partei in ihren Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision weitere Verfahrens- und Begründungsmängel, unter anderem den Umstand, dass das Verwaltungsgericht unzutreffende Annahmen über den Gegenstand des Verfahrens und über die Auswirkungen einer Aufhebung der vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheide auf die mitbeteiligten Parteien getroffen habe.
11 Die Revision ist zulässig, weil bislang - wie von der Revision dargelegt - nicht hinreichend Rechtsprechung zu § 13 Abs. 5 VwGVG besteht, um dem Verwaltungsgericht die zur Auslegung erforderlichen Leitlinien vorzugeben. Die Revision erweist sich auch als berechtigt.
12 § 13 VwGVG lautet auszugsweise wie folgt:
"Aufschiebende Wirkung
§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(...)
(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen."
13 Nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung; diese kann jedoch gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
14 Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033 und Ro 2018/08/0005). Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist daher eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden bzw. gravierende Nachteile für eine Partei, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen Verfahrensparteien entstehen würden.
15 Diesen Anforderungen wurde der Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie nicht gerecht, zumal darin lediglich auf die erwartete Verfahrensdauer und das nach Ansicht der Behörde "pauschalierend-redundante" Vorbringen einer Verfahrenspartei abgestellt wurde, während eine Auseinandersetzung mit den berührten öffentlichen wie privaten Interessen und den sich bei Nichtaberkennung der aufschiebenden Wirkung ergebenden Nachteilen gänzlich unterblieb. Alleine ein "insistierendes Verhalten" der Verfahrensparteien - worunter die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde offenbar versteht, dass diese ihre jeweiligen Rechtspositionen auch im Rechtsmittelweg verfolgen - vermag den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung jedenfalls nicht zu begründen. Dasselbe gilt für die nicht weiter begründete Annahme, ein schneller Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sei nicht zu erwarten, zumal das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 34 Abs. 1 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen zu entscheiden.
16 Die revisionswerbende Partei hat in ihren Beschwerden ausdrücklich unter anderem die fehlenden Feststellungen und die fehlende Interessenabwägung gerügt.
17 Das Verwaltungsgericht hat daraufhin ergänzende Feststellungen aus den Akten - auch aus den Akten anderer die Verfahrensparteien betreffender Verfahren - getroffen und nach Vornahme einer Interessenabwägung, jedoch ohne den Verfahrensparteien zuvor Gehör einzuräumen, die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
18 Die revisionswerbende Partei vertritt im Ergebnis die Auffassung, dass es dem Verwaltungsgericht - weil dieses nach § 13 Abs. 5 VwGVG "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden" habe - verwehrt sei, bei seiner Entscheidung Umstände zu berücksichtigen, die weder im Bescheid der Verwaltungsbehörde noch in der dagegen erhobenen Beschwerde thematisiert wurden.
19 Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht nach der eindeutigen Regelung des § 22 Abs. 3 VwGVG auch im Fall einer Beschwerde gegen den von der Behörde verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde auf Sachverhaltsänderungen nach Erlassung des Bescheids Bedacht zu nehmen hat (vgl. VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028). § 13 Abs. 5 VwGVG steht aber auch der Berücksichtigung jener für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung maßgeblichen Umstände nicht entgegen, die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsbehörde gegeben waren, die aber nicht Eingang in die Begründung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheids gefunden hatten. Dem Verwaltungsgericht ist es daher bei der nach § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG unverzüglich zu treffenden Entscheidung nicht verwehrt, seine Feststellungen und die vorzunehmende Abwägung auf den gesamten Inhalt des Verfahrensaktes und das Beschwerdevorbringen zu stützen. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei hat sich das Verwaltungsgericht daher auch im Fall einer - wie im vorliegenden Fall - grob mangelhaften Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht darauf zu beschränken, diese Entscheidung ersatzlos zu beheben, sondern hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 5 bzw. § 22 VwGVG eigenständig zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen.
20 Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde gegen einen Bescheid nach § 13 Abs. 2 VwGVG gemäß § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden". Dies impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0049). Da die Entscheidung "ohne weiteres Verfahren" ergeht, hat die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren bzw. die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (vgl. dazu VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033). Schließlich kann sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nach § 13 Abs. 5 VwGVG auch auf Beschwerdevorbringen stützen, dem die anderen Verfahrensparteien, obgleich es ihnen möglich war, nicht entgegengetreten sind (vgl. dazu VwGH 1.9.2014, Ra 2014/03/0028).
21 Im hier zu beurteilenden Fall hat das Verwaltungsgericht seinen Entscheidungen jedoch Feststellungen bzw. Annahmen zugrunde gelegt, die weder den bekämpften Bescheiden, noch den Beschwerden entnommen und die den Verfahrensparteien auch nicht vorgehalten worden waren. Dies betrifft neben den Annahmen über die den mitbeteiligten Parteien im Fall einer Stattgabe der Beschwerde entstehenden Nachteile vor allem die Feststellungen, wonach die mitbeteiligten Parteien die "verfahrensgegenständlichen Konzessionen" bereits seit über 19 bzw. seit über fünf Jahren vor der Beschwerdeeinbringung rechtmäßig betrieben hätten, was die revisionswerbende Partei bestreitet und was sich aus den Verwaltungsakten auch in dieser Form nicht nachvollziehen lässt, zumal die Kraftfahrlinie Arandelovac - Ub - Belgrad - Wien (und umgekehrt) nicht mit der Kraftfahrlinie Wien - Ub - Arandelovac oder Wien - Ub gleichgesetzt werden kann. Zu diesen Umständen wurde die revisionswerbende Partei auch nicht gehört, sodass sie gehindert war, das nun in der Revision zu diesen Punkten erstattete, nicht von vornherein als unzutreffend zu erkennende Vorbringen bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorzutragen.
22 Die auf eine rasche Entscheidung über die aufschiebende Wirkung abzielende Bestimmung des § 13 Abs. 5 letzter Satz VwGVG geht zwar davon aus, dass eine Entscheidung "ohne weiteres Verfahren" getroffen wird, also in der Regel auf der Grundlage des Verfahrensaktes und der Beschwerde sowie den allenfalls dazu erstatteten Äußerungen anderer Verfahrensparteien. Diese Bestimmung kann aber nicht dahin verstanden werden, dass es dem Verwaltungsgericht damit freigestellt wäre, seine Entscheidung auf Sachverhaltselemente (hier: Feststellungen aus Akten eines anderen Verfahrens sowie ohne diesbezügliches Vorbringen der mitbeteiligten Parteien getroffene Annahmen zu den diesen entstehenden Nachteilen) zu stützen, die im Verfahren bis dahin nicht eingebracht worden waren, sodass die Verfahrensparteien keine Gelegenheit zur Äußerung zu den entsprechenden Bescheinigungs- oder Beweisergebnissen hatten. Kommt das Verwaltungsgericht daher - wie im hier vorliegenden Fall - bei Prüfung der Beschwerde zum Ergebnis, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zwar im Ergebnis Bestand haben soll, dies jedoch auf Bescheinigungs- bzw. Beweismittel zu stützen wäre, zu denen einzelnen oder allen Verfahrensparteien noch keine Äußerung möglich war, so hat es diese Bescheinigungs- bzw. Beweismittel mit der Gelegenheit zur Äußerung zuzustellen oder die Verfahrensparteien in geeigneter anderer Weise dazu zu hören (zur fundamentalen Bedeutung der Wahrung des Parteiengehörs vgl. etwa VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0085, mwN); auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu diesem Zweck ist nicht ausgeschlossen, wenn auch grundsätzlich nicht geboten.
23 Die angefochtenen Beschlüsse waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 5. September 2018
Schlagworte
Parteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017030105.L00Im RIS seit
08.10.2018Zuletzt aktualisiert am
15.10.2018