TE OGH 1984/12/13 8Ob50/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Maria I*****, 2) Helga I*****, 3) Herta I*****, und 4) mj Renate I*****, alle vertreten durch Dr. Hartmut Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Josef P*****, und 2) I***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1) 653.894,80 S sA und Zahlung einer monatlichen Rente von 9.467,80 S, 2) 20.882,23 S sA, 3) 20.882,23 S sA und 4) 327.197,83 S sA und Zahlung einer monatlichen Rente von 4.920,40 S, Revisionsstreitwert hinsichtlich der Erstklägerin 315.007,77 S (179.597,25 S nach dem RAT) und hinsichtlich der beklagten Parteien 1.018.300,75 S (572.260,75 S nach dem RAT), infolge Reivsion der erstklagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Februar 1984, GZ 4 R 271/83-66, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom 20. September 1983, GZ 1 Cg 92/81-57, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstklagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens einen Betrag von 8.159,70 S (darin Barauslagen von 590,40 S und Umsatzsteuer von 687,71 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Bei einem vom Erstbeklagten als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen ***** am 14. 5. 1974 auf der ***** Bundesstraße verschuldeten Verkehrsunfall wurden Josef I***** und dessen Tochter Erika getötet. Die Zweitbeklagte ist der Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs des Erstbeklagten. Josef I***** war der Ehegatte der Erstklägerin und der Vater der Zweit-, Dritt- und Viertklägerin. Mit dem im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen rechtskräftigen Teil- und Zwischenurteil des Erstgerichts vom 29. 12. 1978 (ON 14) wurde ausgesprochen, dass das Leistungsbegehren der Klägerinnen dem Grunde nach zu Recht besteht und es wurde festgestellt, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand den Klägerinnen für alle zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 14. 5. 1974 haften, die Zweitbeklagte allerdings nur im Rahmen des zwischen ihr und dem Erstbeklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherungs-vertrags.

Es steht außer Streit, dass Josef I***** ohne Unfall bis 31. 12. 1993 berufstätig gewesen wäre.

Die Erstklägerin begehrte aud dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall (Ersatz der ihr durch den Tod ihres Mannes ergangenen Leistungen iSd § 1327 ABGB) zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 653.894,80 S sA und zur Leistung einer monatlichen Rente von 9.467,80 S vom 1. 9. 1981 bis 31. 12. 1993. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, dass Josef I***** als Kranführer und ab 1. 1. 1979 als Vorarbeiter bei der A***** und später bei anderen Kraftwerksbauten in der Zeit vom 14. 5. 1974 bis 31. 8. 1975 (1. Zeitabschnitt) im Monatsdurchschnitt 14.574,66 S netto verdient hätte, in der Zeit vom 1. 9. 1975 bis 31. 3. 1976 (2. Zeitabschnitt) 16.032,12 S netto, in der Zeit vom 1. 4. 1976 bis 31. 12. 1977 (3. Zeitabschnitt) 17.635,33 S netto, in der Zeit vom 1. 1. 1978 bis 31. 12. 1979 (4. Zeitabschnitt) 19.398,86 S netto und in der Zeit vom 1. 1. 1980 bis 31. 8. 1981 (5. Zeitabschnitt) 21.338,66 S netto. Dazu hätte er in seiner Freizeit wie schon vorher am Ausbau des Einfamilienhauses und dessen Erhaltung gearbeitet, was einem monatlichen Gegenwert von 4.000 S im 1. und 2. Zeitabschnitt, von 4.400 S im 3. Zeitabschnitt, von 4.840 S im 4. Zeitabschnitt und von 5.324 S im 5. Zeitabschnitt entspreche. Die Erklägerin habe zunächst ein eigenes Arbeitseinkommen erzielt, und zwar im 1. Zeitabschnitt monatlich 7.065 S netto und im 2. Zeitabschnitt monatlich 7.771,50 S netto. Die fixen Kosten für Instandhaltung des Haueses und Erhaltung des PKW hätten in den beiden ersten Zeitabschnitten monatlich 5.500 S, im 3. Zeitabschnitt monatlich 6.050 S, im 4. Zeitabschnitt monatlich 6.656 S und im 5. Zeitabschnitt monatlich 7.320 S betragen. Der auf den Unterhalt der Erstklägerin entfallende Anteil am Familieneinkommen hätte im 1. Zeitabschnitt 30 % und in den folgenden Zeiträumen 40 % betragen. Für die Berechnung der von der Erstklägerin ab 1. 9. 1981 verlangten Rente sei von den für den 5. Zeitabschnitt genannten Ziffern auszugehen. Unter Berücksichtigung der von der Erstklägerin bezogenen Witwenpension ergebe sich der eingeklagte Kapitalsbetrag und die eingeklagte Rente.

Die Beklagten bestritten die Höhe der von der Erstklägerin angeführten Beträge und wendeten im Wesentlichen ein, dass Josef I***** die behaupteten Arbeitsleistungen nicht erbracht habe. Er habe auch den PKW für sich allein benützt. Die Erstklägerin habe freiwillig und zum offenbaren Nachteil der Beklagten ihre berufliche Tätigkeit mit 31. 3. 1976 aufgegeben.

Dem entgegnete die Erstklägerin, dass sie schon vor dem Unfall beabsichtigt und mit ihrem Ehemann vereinbart habe, ihre berufliche Tätigkeit in nächster Zeit zu beenden.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 382.354 S sA und einer monatlichen Rente von 5.310 S vom 1. 9. 1981 bis 31. 12. 1993 an die Erstklägerin, zur Zahlung von je 6.559 S sA an die Zweit- und Drittklägerin und zur Zahlung von 13.260 S sA und einer monatlichen Rente von 188 S vom 1. 9. 1981 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, längstens bis 31. 12. 1993, an die Viertklägerin. Das Mehrbegehren aller vier Klägerinnen wies es ab.

Es stellte, soweit für die Beurteilung der allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Ansprüche der Erstklägerin von Bedeutung, im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Josef I***** war seit 1960 als Kranführer bei der Baufirma M***** beschäftigt. Er war dabei mit geringfügigen Unterbrechungen ständig bei Arbeiten im Rahmen der A***** eingesetzt, zuletzt in *****. Dann folgte nahtlos die Errichtung weiterer Kraftwerke, nämlich bis 1979 ***** und bis 1982 *****. Dann wurde mit dem Kraftwerk ***** begonnen, dessen Fertigstellung bis 1984 geplant ist. Voraussichtlich werden damit die Kraftwerksbauten an der Donau noch nicht beendet sein. Im Gespräch sind derzeit noch Kraftwerke in *****, ***** und *****.

Josef I***** hatte einen sehr guten Ruf als Kranführer und wäre daher aller Voraussicht nach mit etwa 1. 1. 1979 als Vorarbeiter eingestuft worden. Er hätte in den fünf Zeitabschnitten mindestens die von den Klägerinnen angeführten monatlichen Durchschnittsnettoeinkünfte erzielt, also im ersten Abschnitt 14.574,66 S, im zweiten Abschnitt 16.032,12 S, im dritten Abschnitt 17.635,33 S, im vierten Abschnitt 19.398,86 S und im fünften Abschnit 21.338,66 S. In diesen Beträgen sind die Familienbeihilfen nicht enthalten.

Die Erstklägerin war seit dem Jahr 1964 bei der Firma ***** in ***** (Bayern) beschäftigt. Sie arbeitete dort als Näherin in der Wäscheerzeugung. Maßgebend für diese Tätigkeit war zumindest zum Teil, dass die Ehegatten I***** das zusätzliche Einkommen für den damals im Gang befindlichen Ausbau ihres Hauses dringen benötigten.

Im Laufe der Zeit äußerte sich jedoch Josef I***** wiederholt dahin, dass die Erstklägerin diese Arbeit früher oder später aufgeben sollte, um sich mehr dem Haushalt und der Kindererziehung widmen zu können. Die Kinder wurden damals von der im Jahr 1905 geborenen Mutter der Erstklägerin betreut, die im selben Haus wohnte. Sie war aber mit fortschreitendem Alter dieser Aufgabe immer weniger gewachsen. Als die Erstklägerin zu ihrem vierten Kind, der Viertklägerin, schwanger war, fassten die Ehegatten I***** ins Auge, dass die Erstklägerin noch den Karenzurlaub ausnütze und dann ihre berufliche Tätigkeit beende.

Es kam dann der streitgegenständliche Verkehrsunfall dazwischen, sodass die Erstklägerin nicht sogleich ihr Arbeitsverhältnis beendete. Sie tat dies erst zum 31. 3. 1976 aus Anlass der Auflassung der Betriebsstätte der Firma ***** in *****. Die hätte in der Folge auch bei der die Betriebsstätte übernehmenden Nachfolgefirma S***** wieder Beschäftigung finden können, wobei allerdings die Arbeit etwas schwerer gewesen wäre. Diese Erschwernis spielte aber bei ihrem Entschluss, die Berufsarbeit aufzugeben, keine wesentliche Rolle.

Der Erstbeklagte war zunächst wegen des Verkehrsunfalls mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 12. 11. 1974 freigesprochen worden. Am 13. 8. 1975 beantragte die Staatsanwaltschaft Linz die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Erstbeklagten. Diesem Antrag wurde mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 18. 12. 1975 stattgegeben. Einer Beschwerde dagegen wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 4. 2. 1976 keine Folge gegeben. Der Erstbeklagte wurde dann mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 11. 5. 1976 des Vergehens der fahrlässigen Tötung schuldig erkannt. Dieser Schuldspruch wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 10. 5. 1977 bestätigt. Die Erstklägerin, die die Wiederaufnahme des Strafverfahrens angeregt hatte, wusste über dessen Gang Bescheid. Die durch den Gang des Strafverfahrens offenbar verbesserten Aussichten auf Realisierung ihrer Schadenersatzansprüche waren jedoch für sie kein wesentliches Motiv, ihren Arbeitsplatz aufzugeben.

Die Erstklägerin verdiente bei der Firma ***** vom 8. 7. bis 31. 12. 1974 netto 7.160,32 DM, im Jahr 1975 14.098,78 DM und vom 1. 1. bis 31. 3. 1976 3.760,92 DM. Vom 6. 4. bis 7. 7. 1974 bezog sie Mutterschaftsgeld. Der Valutengeldkurs der DM, der tageweise verlautbart wird, betrug zum 1. 10. 1974 700 S, zum 1. 7. 1975 696,50 S und zum 1. 3. 1976 706 S. Die Lohneinkünfte der Erstklägerin errechnen sich für die Zeit vom 8. 7. bis 31. 12. 1974 mit 50.122,24 S, für das Jahr 1975 mit 98.198 S und für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 3. 1976 mit 26.522,10 S.

Das Mutterschaftsgeld der Erstklägerin betrug täglich 25 DM. Nach dem Umrechnungskurs ergab sich daraus für 53 Tage ein Mutterschaftsgeld von 9.275 S.

Im Monatsdurchschnitt betrug das Einkommen der Erstklägerin aus ihrer beruflichen Tätigkeit und aus dem Mutterschaftsgeld in erster Periode 8.055,65 S und in der zweiten Periode 8.469,25 S. Vom 1. 4. bis 31. 10. 1976 bezog die Erstklägerin ein Arbeitslosengeld von monatlich 3.384 S.

Der Erstklägerin wurden folgende Beträge an Witwenpension netto ausbezahlt, und zwar unter Berücksichtigung zweiter Sonderzahlungen im Jahr und ohne Familienbeihilfe: in der ersten Periode 22.780,45 S, in der zweiten Periode 9.945,65 S, in der dritten Periode 69.510,35 S, in der vierten Periode 98.173,60 S und in der fünften Periode 90.851,60 S. Im Monatsdurchschnitt betrug die Witwenpension im Jahr 1981 4.678 S.

Die Familie I***** bewohnte ein erdgeschoßiges Einfamilienhaus, welches die Erstklägerin von ihren Eltern geerbt bzw übernommen und in welchem ihre Mutter ein Wohnrecht hatte. Dieses Haus enthielt zunächst ein Zimmer mit Kochgelegenheit, einen weiteren Raum, der der gesamten Familie einschließlich der Mutter als Schlafraum diente, und ein Zimmer, in welchem eine Tante der Klägerin kraft eines Wohnrechts wohnte. Diese zog jedoch bereits vor etwa 13 Jahren aus.

Ab dem Jahr 1960 wurde dieses Hause erweitert und aufgestockt. Im Zeitpunkt des Todes von Josef I***** enthielt es auch ein Obergeschoß mit 4 ausgebauten Räumen und eine Mansarde, die allerdings noch nicht ausgebaut war. Im Obergeschoß wurden fortan zwei Räume von der Mutter der Erstklägerin bewohnt. Dort befindet sich auch ein Kinderzimmer, das derzeit leer steht, und noch ein kleineres Zimmer, welches für Besuche, vor allem der Zweit- und Drittklägerin, vorgesehen ist. Diese beiden Töchter hielten sich seit 1975 nur noch teilweise im elterlichen Haus auf. Seit mindestens etwa drei Jahren wohnen sie vollständig außerhalb.

Für die Bauarbeiten hatten die Ehegatten I***** zwar eine Bauunternehmung beigezogen, doch half Josef I***** tatkräftig mit. Er verwendete dazu praktisch seinen ganzen Urlaub und die freien Wochenenden. Früher kam er öfter jedes Wochenende nach Hause, später meistens jedes zweite, dann aber schon am frühen Freitagnachmittag. Er fuhr dann erst am Montagnachmittag zur Nachtschicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurück. Er wollte dieses Haus nach seinen Worten zu einem Schmuckkästchen gestalten.

Nach dem Tode ihres Gatten ließ die Erstklägerin noch eine Zentralheizung einbauen, weil die Ofenheizung nicht mehr den Sicherheitsvorschriften entsprach. Sie ließ auch Rolläden einbauen, einen Gartenzaun errichten und Waschbeton-Platten legen. Derzeit wäre noch eine Decke über der Wohnküche zu legen, weil die alte Holztramdecke bereits schadhaft ist. Außerdem wäre eine Reparatur oder Erneuerung des Daches angebracht. Ursprünglich war auch noch die Errichtung einer freistehenden Garage beabsichtigt gewesen.

Josef I***** hatte aber nicht nur am Ausbau des Hauses gearbeitet, sondern er besorgte auch kleinere Reparaturen im Haus, verrichtete Anstreicharbeiten und dergleichen. Derzeit muss die Klägerin solche Arbeiten durch fremde Kräfte besorgen lassen.

Josef I***** hielt einen PKW Peugeot 404 aus dem Baujahr 1966, der zuletzt einen Zeitwert von etwa 18.000 S hatte. Er benützte diesen Wagen für seine Fahrten zum Arbeitsplatz, unternahm aber an den Wochenenden auch gelegentlich eine Einkaufsfahrt mit seiner Frau nach Peilstein oder Linz, an besonderen Festtagen auch eine Ausflugsfahrt mit seiner Familie. Jetzt verwendet die Klägerin für ihre Einkäufte in Peilstein oder Kollerschlag ein Moped, weil die nächsten Geschäfte über 3 km von ihrem Haus entfernt sind.

Die Familie I***** lebte an sich sparsam, weil ein erheblicher Teil des Familieneinkommens für den Ausbau des Hauses verwendet wurde. Man war in manchen Belangen aber auch großzügig. So hatten die Erstklägerin und ihr Ehegatte ihrer Mutter eine neue Kücheneinrichtung um etwa 50.000 S gekauft und beabsichtigt, dieser auch ein Bad und WC im 1. Stock einzurichten, ohne dazu verpflichtet zu sein.

Die beiderseitigen Einkünfte wurden von der Erstklägerin und ihrem Ehegatten gemeinsam verwaltet und verwendet. Irgendwelche Anteile des individuellen Verbrauchs sind weder ziffernmäßig noch prozentuell festzustellen. Josef I***** konnte sich an seinen Arbeitsplätzen in einer Werksküche verpflegen.

Die Zweitklägerin besuchte nach der Pflichtschule eine Haushaltungsschule, welche sie im Sommer 1975 mit 16 Jahren beendete. Sie trat anschließend in das Berufsleben ein. Die Drittklägerin beendete ihre Pflichtschule gleichfalls im Sommer 1975 und arbeitet seither, da sie geistig behindert ist, beträchtlich unterbezahlt in einem Gasthaus.

Die fixen Haushaltskosten stehen bis zum Jahre 1981 nicht fest. Im Jahre 1982 betrugen sie ohne Heizungskosten rund 12.984 S (unter Ausklammerung der Versicherung für das Moped von 440 S und der Steuer von 328 S). Die Heizungskosten stehen auch für das Jahr 1982 nicht fest. In diesen Beträgen ist die Instandhaltung der Wohnung nicht inbegriffen. Deren Höhe steht gleichfalls nicht fest. Dies gilt auch für die persönlichen Arbeitsleistungen, die Josef I***** in der Zeit nach dem Unfall noch für den restlichen Ausbau des Hauses und anfallenden Reparaturen erbracht hätte.

Unter Anwendung des § 273 ZPO ging das Erstgericht davon aus, dass die fixen Haushaltskosten im 1. Zeitabschnitt 2.600 S, im 2. Zeitabschnitt 2.800 S, im 3. Zeitabschnitt 3.000 S, im 4. Zeitabschnitt 3.300 S und im 5. Zeitabschnitt 3.700 S monatlich betrugen, dass der Gegenwert der von Josef I***** beim Ausbau und der Erhaltung des Hauses erbrachten Arbeitsleistungen in den ersten beiden Zeitabschnitten mit 1.500 S, im 3. und 4. Zeitabschnitt mit 500 S und ab dem 5. Zeitabschnitt mit 600 S monatlich anzunehmen ist und dass bei der Aufteilung des Familieneinkommens auf die Unterhaltsbedürfnisse der Erstklägerin im 1. Zeitabschnitt 30 %, im 2. Zeitabschnitt 42 %, im 3. Zeitabschnitt 40 % und im 4. und ab dem 5. Zeitabschnitt 38 % entfielen.

Rechtlich gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis bei Beurteilung der Ansprüche der Erstklägerin sei davon auszugehen, dass die berufliche Tätigkeit des Josef I***** bei den Kraftwerksbauten über den Schluss der Verhandlung hinaus gesichert sei. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen und die unter Anwendung des § 273 ZPO angenommenen Ziffern über die Höhe des Einkommens des Verstorbenen und seiner Ehegattin, die von ihm zu Unterhaltszwecken erbrachten Arbeitsleistungen am Haus, die Höhe der fixen Haushaltskosten und die Aufteilung des Familieneinkommens seien der Erstklägerin aus dem Titel des Unterhaltsentgangs für den 1. Zeitabschnitt 35.762,80 S, für den 2. Zeitabschnitt 23.842,20 S, für den 3. Zeitabschnitt 95.221,90 S, für den 4. Zeitabschnitt 118.634 S, für den 5. Zeitabschnitt 108.892,60 S und ab dem 1. 9. 1981 eine monatliche Rente von 5.310 S zuzusprechen und ihr Mehrbegehren abzuweisen.

Dieses Urteil wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Erst-, Zweit- und Drittklägerin in der Hauptsache nicht Folge. Hingegen gabe es der Berufung der Viertklägerin und der Beklagten teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es der Erstklägerin einen Betrag von 381.100,75 S sA und eine monatliche Rente von 5.310 S vom 1. 9. 1981 bis 31. 12. 1993, der Zweit- und der Drittklägerin je einen Betrag von 5.982,30 S sA und der Viertklägerin einen Betrag von 21.667,32 S sA und eine monatliche Rente von 714 S vom 1. 9. 1981 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, längstens bis 31. 12. 1993, zusprach und das Mehrbegehren aller vier Klägerinnen abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, das die Revision hinsichtlich der Viertklägerin nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen der von beiden Streitteilen behaupteten Verfahrensmängel und stellte aufgrund einer Beweisergänzung fest, dass die der Erstklägerin ausbezahlte Witwenpension im 1. Zeitabschnitt 23.947,46 S und im 3. Zeitabschnitt 69.580,35 S betrug. Es traf auch die Höhe der den Kindern ausbezahlten Waisenpension betreffende abweichende Feststellungen, übernahm aber im Übrigen die Feststellungen des Erstgerichts.

Rechtlich führte es im Wesentlichen aus, bei der Ermittlung des Entgangs iSd § 1327 ABGB sei regelmäßig auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteile jedes Hinterbliebenen abzustellen. Dabei sei von den tatsächlichen Verhältnissen im Unfallszeitpunkt auszugehen: es sei der fiktive schädigungsfreie Verlauf den Verhältnissen, die der schädigende Eingriff hervorgerufen habe, gegenüberzustellen. Zukünftige Einkommenserhöhungen des Unterhaltspflichtigen, die auf der Grundlage der Verhältnisse zur Todeszeit verlässlich beurteilt werden könnten, müssten berücksichtigt werden. Der Unterhaltsentgang sei für jeden Hinterbliebenen getrennt zu ermitteln. Die Anwendung bestimmter Prozentsätze bei der Aufteilung des Familieneinkommens für die Unterhaltsbedürfnisse der einzelnen Familienmitglieder sei von vornherein nicht möglich; es komme hier immer entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Wenn aber konkrete Verfahrensergebnisse fehlten, könnten die Ersatzansprüche nach § 1327 ABGB, insbesondere die Konsumquote und auch die fixen Haushaltskosten, unter Heranziehung des § 273 ZPO bestimmt werden. Auch wenn bei der Bemessung der Ersatzansprüche grundsätzlich von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Todes des Unterhaltspflichtigen auszugehen sei, sei doch auf mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartende Entwicklungen Bedacht zu nehmen. Es liege grundsätzlich am Schädiger, bei Änderungen der Verhältnisse auf deren Berücksichtigung zu dringen. Nur dort, wo nach allgemeiner Erfahrung schon im vorhinein mit einer Änderung der Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt zu rechnen sei, sei schon bei der Bemessung auf künftige Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze seien Dauer und Ende der Rentenansprüche richtig beurteilt worden. Das fiktive Einkommen des Josef I***** bis zum Jahr 1981 (5. Zeitabschnitt) sei ausgehend von den Verhältnissen im Unfallszeitpunkt festgestellt worden; von seiner Weiterbeschäftigung bei der A***** unter den gleichen Bedingungen sei nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Mangels ausreichender Verfahrensergebnisse seien auch die fixen Kosten, die Konsumanteile der einzelnen Familienmitglieder in den einzelnen Zeitabschnitten und die Beträge, die der Arbeitsleistung des Getöteten beim Hausbau und bei Reparaturen entsprächen, nach § 273 ZPO bestimmt worden. Entscheidend sei dabei, dass Josef I***** immer auswärts bei Kraftwerksbauten gearbeitet habe, zuerst wöchentlich und später nur alle zwei Wochen heimgekommen sei, die Verpflegung während der Arbeitszeit in der Werksküche eingenommen und für seine Fahrten zum Arbeitsplatz den PKW benützt habe. Auch wenn die Ehegatten I***** mit ihrer Familien sparsam gelebt hätten, benötige doch ein Mann, der großteils außerhalb des gemeinsamen Haushalts leben müsse, erfahrungsgemäß einen größeren Anteil des Gesamteinkommens, zumal er den PKW weitaus überwiegend für seine Fahrten zur Arbeitsstelle benützt habe.

Behauptungen, dass der Bau der Donaukraftwerke *****, ***** und ***** nicht im Anschluss an die Fertigstellung des Donaukraftwerks ***** erfolgen werde, hätten die Beklagten in erster Instanz nicht aufgestellt; bei ihrem diesbezüglichen Vorbringen im Berufungsverfahren handle es sich um eine unzulässige Neuerung.

Unter Anwendung der dargelegten Grundsätze errechneten sich ausgehend von den ermittelten Beträgen und von der Rechtsprechung zur Ermittlung des Unterhaltsentgangs (EFSlg 36.218, 36.222 ua) die von den Beklagten der Erstklägerin zu ersetzenden Unterhaltsbeträge wie folgt:

1. Zeitabschnitt     S 34.580,54

Ab 1. 9. 1981 gebühre der Erstklägerin eine Rente von monatlich 5.310 S.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richten sich die Revision der Erstklägerin und der Beklagten. Die Erstklägerin bekämpft sie im Umfang der Abweisung ihres Kapitalbegehrens mit einem Betrag von 121.564,17 S sA und ihres Rentenbegehrens mit monatlichen Beträgen von 1.612,03 S aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Erstklägerin ein weiterer Betrag von 121.564,17 S sA an Kapital und monatliche Renten seit 31. 8. 1981 in der Höhe von je 6.922,03 S zuerkannt werden; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichts im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens der Erstbeklagten gleichfalls aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil (in diesem Umfang) aufzuheben und die Rechtssache (in diesem Umfang) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen oder es dahin abzuändern, dass die Klage hinsichtlich der Erstklägerin abgewiesen werde.

Sowohl die Erstklägerin als auch die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Beschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Der in beiden Rechtsmitteln geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Erstklägerin versucht in ihrer Rechtsrüge darzutun, dass bei ihrer Meinung nach richtiger Anwendung der Bestimmung des § 273 ZPO der Wert der Arbeitsleistungen ihres Ehegatten beim Ausbau und bei der Erhaltung des Hauses mit mindestens 3.000 S monatlich zu ermitteln sei und dass die auf sie entfallenden Konsumquoten im 1. Zeitabschnitt mit 66 %, im 2. Zeitabschnitt mit 52 %, im 3. Zeitabschnitt mit 52 bzw 53 % und in den folgenden Zeitabschnitten mit 53 % anzunehmen seien.

Das Ergebnis einer Einschätzung nach § 273 ZPO ist im Revisionsverfahren als Frage der rechtlichen Beurteilung überprüfbar (SZ 48/73; 8 Ob 120/82; 8 Ob 259/82; 8 Ob 76/83 ua).

Zur Höhe der nunmehr im Rechtsmittel der Erstklägerin behaupteten Konsumquoten ist zunächst darauf zu verweisen, dass sie selbst im Verfahren erster Instanz für den 1. Zeitabschnitt eine auf sie entfallende Konsumquote von 30 % und für die folgenden Zeitabschnitte eine solche von 40 % behauptet hat. Zieht man die Sorgepflichten für die Kinder in Betracht (solange sie nach den Feststellungen der Vorinstanzen bestanden) und berücksichtigt man, ferner, dass der getötete Ehemann der Erstklägerin ständig auswärts arbeitete und sich daher nahezu zur Gänze außerhalb des ehelichen Haushalts selbst erhalten musste, dann kann in den von den Vorinstanzen unter Anwendung des § 273 ZPO angenommenen auf den Unterhalt der Erstklägerin entfallenden Anteilen am Familieneinkommen ein Rechtsirrtum zu Lasten der Erstklägerin nicht erkannt werden.

Das gleiche gilt aber auch für die Annahme der Vorinstanzen über den Wert der vom Getöteten für den Ausbau und die Erhaltung des Hauses erbrachten Arbeitsleistungen. Auch hier kann keinesfalls übersehen werden, dass der Eheman der Erstklägerin infolge seiner auswärtigen Berufstätigkeit nur selten nach Hause kam (zunächst zu den Wochenenden und später nur mehr in Abständen von 14 Tagen), sodass schon aus diesem Grund – abgesehen von der Abnahme der Arbeit, nachdem der Hausbau im Wesentlichen fertiggestellt war – der Umfang dieser vom Getöteten Arbeiten nicht jenes Ausmaß erreicht haben kann, das die Erstklägerin behauptete. Auch in dieser Richtung entsprechen die auf § 273 ZPO gestützten Annahmen der Vorinstanzen durchaus einer lebensnahen Betrachtungsweise und kann in ihnen ein Rechtsirrtum zum Nachteil der Erstklägerin nicht erkannt werden.

Damit ist aber den von der Erstklägerin in ihrem Rechtsmittel angestellten Berechnungen die Grundlage entzogen.

Die Beklagten versuchen in ihrer Rechtsrüge darzutun, es müsse als notorisch angesehen werden, dass Josef I***** ab dem Jahr 1984 nicht mehr bei der A***** beschäftigt hätte werden können, weil nach Abschluss der Arbeiten am Donaukraftwerk ***** nicht unverzüglich mit dem Bau des nächsten Donaukraftwerks ***** begonnen werden könne; ein Bautermin in ***** sei wegen der gegen den Bau dieses Kraftwerks aus Gründen des Naturschutzes geltend gemachten Bedenken nicht abzusehen. Ab 1984/1985 wäre unter diesen Umständen das Einkommen des Getöteten iSd § 273 ZPO in der Höhe des durchschnittlichen Arbeitsloseneinkommens, jedenfalls aber nicht in der Höhe des überdurchschnittlich hohen Bezugs eines Facharbeiters bei den Donaukraftwerken anzunehmen gewesen.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass diesen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, welches bestimmte fiktive Einkommen des Getöteten ab welchem bestimmten Zeitpunkt die Beklagten damit behaupten wollen.

Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung bei der Bemessung von Renten grundsätzlich von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz auszugehen, wobei allerdings auch auf bestimmte Änderungen des Sachverhalts in der Zukunft Bedacht zu nehmen ist. Der Gesetzgeber hat den der Bemessung künftiger Renten innewohnenden Unsicherheitsfaktor in Kauf genommen. Es liegt daher grundsätzlich am Verurteilten, bei Änderungen der Verhältnisse auf ihre Berücksichtigung zu dringen. Nur dort, wo nach allgemeiner Lebenserfahrung schon im vorhinein mit einer Änderung der Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt zu rechnen ist, ist schon bei der Bemessung auf künftige Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Auf eine ungewisse Möglichkeit des Eintritts künftiger Umstände, die die Rentenverpflichtung beeinträchtigen könnten, ist bei der Rentenbemessung nicht Bedacht zu nehmen (RZ 1979/24 mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen; 8 Ob 151/80; 8 Ob 150/83 ua).

Offenkundige Tatsachen iSd § 269 ZPO sind im Wesentlichen eingeleitete bekannte oder aus der täglichen Erfahrung abgeleitete Tatsachen (siehe dazu Fasching Kommentar III 265 f; JBl 1963, 617; JBl 1972, 540 ua). In diesem Sinne war es im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz nicht einmal offenkundig, dass sich beim geplanten Beginn des Baues des Donaukraftwerks ***** eine Verzögerung ergeben werde; noch viel weniger war es offenkundig, dass Josef I***** nach Fertigstellung des Donaukraftwerks ***** nicht mehr bei der ***** beschäftigt worden wäre. Dabei handelt es sich auch nicht um eine Änderung der Verhältnisse, mit der nach allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen gewesen wäre, sondern vielmehr um eine völlig ungewisse Möglichkeit einer künftigen Entwicklung.

Im Sinne der oben dargelegten rechtlichen Grundsätze sind damit die Vorinstanzen zutreffend bei der von ihnen zu erstellenden Prognose über die künftige Entwicklung des Einkommens des Getöteten von der Sachlage ausgegangen, wie sie sich im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz darstellte.

Es bleibt den Beklagten unbenommen, künftige Änderungen der Verhältnisse zu ihren Gunsten geltend zu machen. Einen dem Berufungsgericht unterlaufenen Rechtsirrtum vermögen sie aber mit ihren Revisionsausführungen ebensowenig aufzuzeigen wie die Erstklägerin.

Es musste daher beiden vorliegenden Rechtsmitteln ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40, 41, 50 ZPO. Die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen haben die Erstklägerin und die Beklagten selbst zu tragen. Der Erstklägerin gebührt der Ersatz der Differenz der Kosten der erstatteten Revisionsbeantwortungen.

Textnummer

E122777

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00050.840.1213.000

Im RIS seit

08.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten